Warum dienen?

Eine brillante Antwort auf diese Frage hat Peter van Uhm, der Oberkommandierende der niederländischen Streitkräfte, auf der TEDx-Konferenz in Amsterdam gefunden. Man kann diesen Auftritt, auf den Thomas Wiegold mich aufmerksam gemacht hat, getrost als eine Sternstunde strategischer Kommunikation bezeichnen. Die Inszenierung ist perfekt, der Inhalt überzeugend, mithin in Deutschland quasi undenkbar. Ein bei allem Pathos für mich wesentliches Element dieser Rede ist jedoch, dass ich keine Sekunde daran zweifeln muß, dass van Uhm seine Waffe jederzeit in den Dienst des Volkes, also einer zivilen Instution stellen wird. Das ist es, was den modernen Soldaten auszeichnet.

Best of-Werbung für den militärischen Dienst

Martin Kisza, Student an der Hochschule Mittweida, hat unter dem Titel „Jede Armess ist cooler als die Bundeswehr“ einen lesenswerten Kommentar zur Debatte um das Bundeswehr-YouTube-Werbevideo verfasst. Nun geht es als Soldat und Krieger zwar nicht darum, besonders cool zu sein, sondern um einen ernsthaften, anspruchsvollen Beruf. Bei dessen Medialisierung hingegen, ist ein gewisser Coolness-Faktor zielführend, denn es ist ein hoch-emotionaler Beruf. Filme, die für diesen Beruf werben, müssen also nicht zeigen, wie er ist, sondern, wie er sich anfühlt. Von diesen Filmen hat Kisza ein paar recherchiert, sie aber leider nicht in seinen Blog eingebunden, weshalb ich das hier im folgenden tue. Vielleicht ergibt sich daraus ja auch eine kuratierte Hitparade auf YouTube. Mein Favorit ist der Clip des französischen Heeres (der auch den Einsatz im Innern zeigt, den ich in Deutschland für falsch halte). Aber nun, Film ab!:

Der Arnold-Malczak-Effekt, oder wie virale Werbung mit Web-Videos funktioniert

„Als Streisand-Effekt wird bezeichnet, wenn durch den Versuch, eine Information zu unterdrücken, genau das Gegenteil erreicht wird, nämlich die Information besonders bekannt gemacht wird.“ (Quelle: Wikipedia)

„Als Arnold-Malczak-Effekt wird der Versuch bezeichnet, durch falsche Tatsachenbehauptungen die Depublikation eines Bundeswehr-Werbefilmchens zu unterdrücken erwirken und genau das Gegenteil zu erreichen.“ (Quelle: Eigene Erhebungen)

Vergleicht man die Statistik der meistgesehenen Videos auf dem offiziellen YouTube-Kanal der Bundeswehr mit den Aufrufen des von den beiden Bundestagsabgeordneten kritisierten Videos, belegt dieses in der aktuellen Hitparade mit kumuliert fast 90.000 Aufrufen (Stand 21.11.2011) Rang 5. Nicht schlecht für ein etwas lieblos aus Archivmaterial zusammengeschnittenes Musikvideo.

Darüber, wie sich das Video verbreitet hat, gibt die folgende Statistik des am weitesten verbreiteten Uploads Auskunft (Dank an Leser Michael). Interessant ist daran neben der hohen Verbreitung über die Online-Medien, die inhaltlich mehrheitlich der Skandalisierung durch die Kritiker folgten, auch der hohe Anteil mobiler Zugriffe (>6.000):

Statistik Verbreitung Bundeswehr-Video

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Filmhandwerk

Angesichts der aufgeregte Diskussion über ein schnell und billig produziertes Werbefilmchen der Bundeswehr ist ein Aspekt bislang nur wenig thematisiert worden: Professionelle Anforderungen an das Handwerk der Medienproduktion. Zum Vergleich ein aktueller Werbefilm der US Army:

Was diesen Film auszeichnet ist eine klare Storyline, handwerklich perfekt erzählt. Was er ausblendet ist die Einsatzrealität. Das ist erlaubt, denn es ist Werbung. Aber der Film steht in einem Gesamtkontext der Kommunikation der US-amerikanischen Streitkräte, die diese Realität bewusst zeigt und mit dieser Medialisierung des Militärischen sowohl Anerkennung für soldatische Leistungen transportiert, als auch eine kritische Diskussion über den Einsatz des Militärs möglich macht.

Und ja, das kostet Geld, das kostet Mühe, und es verlangt als Fundament eine Kommunikationsstrategie, die nicht beim ersten lauen Lüftchen zusammenbricht.

Sex, Lügen und Video

100 Sekunden reichen, um Politik, Medien und einen kleinen Teil der Gesellschaft in Aufregung zu versetzen. Grund genug, sich dem Objekt, an dem sich eine heftige Debatte entzündet hat – ein Musikvideo der Bundeswehr – einmal „sina ira et studio“ (ohne Zorn und Mühe) zu nähern. Das Video dürfte den Leserinnen und Lesern dieses Blogs hinreichend bekannt sein. Wem nicht, der kann es sich hier ansehen:

Die folgende Auseinandersetzung wird sich mit den folgenden Aspekten befassen:

– Stellungnahme des Verteidigungspolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion Rainer Arnold

– Stellungnahme der Sprecherin für Abrüstungspolitik Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Grüne, Agnieszka Malczak

– Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung

– Handeln des Bundespresseamtes

– Handwerkliche Qualität des Videos und Handeln des Bundesministeriums der Verteidigung

– Mediale Rezeption der Auseinandersetzung und insbesondere journalistisches Qualitätsverständnis

Als Methoden kommen eine qualitative Kommentierung der Originaltexte – soweit verfügbar – sowie eine Einschätzuung auf langjähriger medienpraktischer Erfahrung des Autors zum Einsatz.

1. Stellungnahme Arnold

Neuer Werbespot der Bundeswehr – gewaltverherrlichend und geschmacklos

Zu dem auf YouTube unter Bundeswehr. Online neu eingestellten Werbespot des Bundesministers der Verteidigung
(Falsche Tatsachenbehauptung. Der Spot wurde auf dem YouTube-Kanal der Bundesregierung veröffentlicht) erklärt der Verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Rainer Arnold:
Der neue Werbespot zur Gewinnung von Nachwuchspersonal (Falsche Tatsachenbehauptung. Der Spot ist ein Instrument, um den YouTube-Kanal der Bundeswehr zu bewerben, was unter anderem daran deutlich wird, das am Ende des Spots der URL dieses Kanals eingeblendet wird. Es erfolgt weder ein Verweis auf Karriermöglichkeiten noch eine Aufforderung an potentielles Nachwuchspotential, sich über diese zu informieren.) schadet massiv dem Ansehen und dem guten Ruf der Bundeswehr. (Zulässige, dennoch unbegründete Meinungsäußerung. Inwiefern können Videobilder, die im vom Parlament getragenen und kontrollierten Dienstalltag der Bundeswehr erstellt wurden, dem Ansehen und dem guten Ruf der Bundeswehr schaden?)

Es wird eine Klientel angesprochen, die anfällig für Gewaltbereitschaft ist, und sich nicht um die besondere Bedeutung der Bundeswehr in der Gesellschaft kümmert. (Falsche Tatsachenbehauptung. Der Spot zeigt explizit keinerlei unmittelbare Gewaltanwendung, insbesondere keine Opfer von Gewalt, sondern ausschließlich Aufnahmen aus vom Bundestag mandatierten Einsätzen bzw. dem Übungsbetrieb der Bundeswehr. Im Übrigen stellt der perjorative Gebrauch des Begriffs „Klientel“ eine Beleidigung von Teilen des Publikums dar, das sich in dem Spot wiederfindet.)

Die musikalische Einbettung der Nationalhymne in Heavy-Metall-Rhythmen begleitet vom Abschuss von Raketen und dem Einschlag detonierender Bomben bei Sirenengeheul ist gewaltverherrlichend, geschmacklos und so nicht hinnehmbar. (Zulässige, aber abwegige Meinungsäußerung. Der Abschuß von Raketen sowie Detonationen von Bomben, die im Übungsbetrieb bzw. im Einsatz aufgenommen wurden, sind nicht gewaltverherrlichend, insbesondere weil keine Opfer und vor allem keine Protagonisten gezeigt werden, die den Einsatz von Gewalt als Triumph empfinden.)

Mit der Freigabe dieses Werbespots verstößt der Verteidigungsminister massiv gegen seine Pflichten als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte. Das von ihm auch stets öffentlich proklamierte Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein von Soldatinnen und Soldaten bei der Ausübung ihrer schwierigen Einsätze wird mit Füßen getreten. Die Glaubwürdigkeit des von ihm kreierten Wahlspruches „Wir.Dienen.Deutschland.“ wird durch diesen Werbespot ad absurdum geführt.
(Falsche Tatsachenbehauptungen. Gemäß der Geschäftsordnung des BMVg ist der Bundesminister der Verteidigung nicht für die Freigabe von Werbespots verantwortlich. In einer modernen Armee gilt darüber hinaus ein arbeitsteiliges Prinzip, das Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Verantwortung für Entscheidungen überträgt. Der Werbespot führt den Wahlspruch „Wir.Dienen.Deutschand.“ nicht ad absurdum, sondern verdichtet ihn im Gegenteil in einer vor allem für ein junges Publikum attraktiven Weise.)
Der Verteidigungsminister wird aufgefordert, diesen Werbespot unverzüglich aus dem Netz zu nehmen und sich bei weiteren Werbemaßnahmen darauf zu besinnen, welche Verantwortung unser Staat bei der Rekrutierung junger Frauen und Männer übernimmt. Für die jungen Frauen und Männer, die sich ernsthaft damit beschäftigen, in die Bundeswehr einzutreten, muss dieser Werbespot abstoßend wirken.
(Falsche Tatsachenbehauptung. Der Spot wirkt nicht abstoßend auf junge Frauen und Männer, die sich ernsthaft damit beschäftigen, in die Bundeswehr einzutreten, was unter anderem dadurch dokumentiert ist, dass junge Frauen und Männer, die bereits in der Bundeswehr dienen, den Spot positiv bewerten. Darüber hinaus hat eine aktuelle Untersuchung des Unternehmens TNS Emnid im Auftrag der Bundeswehr ergeben, dass dieses Publikum sich dynamerischere und realistischere Bilder aus der Bundeswehr wünscht.)

Zusammenfassende Bewertung: Rainer Arnold stellt wiederholt falsche Tatsachenbehauptungen auf und verdreht in propagandistischer Absicht die Fakten. Arnold versucht mit diese Stellungnahme die Öffentlichkeit zu täuschen. Darüber hinaus dokumentiert die Stellungnahme mehrfach mangelnde Sachkenntnis.

2. Stellungnahme Malczak

Dienst bei der Bundeswehr als Ballerspiel: Öffentlichkeitsarbeit ohne jedes Augenmaß

Zum veröffentlichten YouTube-Video der Bundesregierung „Die Bundeswehr online“ erklärt Agnieszka Malczak, Sprecherin für Abrüstungspolitik:

Wir sind entsetzt über diese Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung. Dieses Video stellt eine Verherrlichung militärischer Gewalt und kriegerischer Auseinandersetzungen dar. Bilder und Musik gleichen teilweise einem Ego-Shooter und entwerfen so ein Zerrbild des Dienstes bei der Bundeswehr.
(Falsche Tatsachenbehauptung. Das Video stellt keine Verherrlichung militärischer Gewalt und kriegerischer Auseinandersetzungen dar, sondern zeigt im Gegenteil ausschließlich Bilder aus Übungen und Einsätzen der Bundeswehr, die schon deshalb kein Zerrbild des Dienstes bei der Bundeswehr zeigen können. Bilder und Musik gleichen genau nicht einem Ego-Shooter. Solche Bilder zeichen sich, wie der Name schon sagt, durch die Ich-Perspektive aus. Diese Bilder lassen sich u.a. durch den Einsatz so genannter Helmkameras erzeugen. Entsprechende Bilder kommen im Video nicht zum Einsatz.)

Besonders die Untermalung einer Bombendetonation mit der Nationalhymne lässt jede politische und historische Sensibilität vermissen.
(Falsche Tatsachenbehauptung. An keiner Stelle des Videos ist eine Bombendetonation durch die Nationalhymne untermalt. Im Gegenteil. In Sekunde 57 des Videos, die explizit keine Bombendetonation, sondern die Explosion vermutlich einer Übungsgranate bzw. einer kleinen Übungssprengladung zeigt, endet die Nationalhymne und es erfolgt ein Schnitt auf Soldaten in einer Übung. Damit dokumentiert der Schnitt das real existierende Spannungverhältnis zwischen ihrem friedlichen Heimatland (Deutschland-Nationalhymne) sowie den Szenarien auf die sie sich wegen politischer Entscheidungen vorbereiten müssen.)

Dieses Video passt so gar nicht zu den Ankündigungen der Bundesregierung, dass die laufenden Bundeswehreinsätze zur Schaffung von Stabilität und Frieden beitragen sollen. Nach der Aussetzung der Wehrpflicht stellt sich jetzt die Frage, wer sich künftig für einen Dienst bei der Bundeswehr entscheidet. Dieses Video spricht hier sicherlich nicht die gewünschte Zielgruppe an.
(Falsche Tatsachenbehauptung. In den laufenden Bundeswehreinsätzen muss die Bundeswehr Gewalt einsetzen, um zur Schaffung von Stabilität und Frieden beizutragen. Ob dies grundsätzlich richtig ist, ist sicher diskutierenswert, aber hier fehl am Platz. Darüber hinaus wirkt der Spot nicht abstoßend auf die gewünschte Zielgruppe, was unter anderem dadurch dokumentiert ist, dass junge Frauen und Männer, die bereits in der Bundeswehr dienen, den Spot positiv bewerten. Darüber hinaus hat eine aktuelle Untersuchung des Unternehmens TNS Emnid im Auftrag der Bundeswehr ergeben, dass dieses Publikum sich dynamischere und realistischere Bilder aus der Bundeswehr wünscht.)

Wir fordern die Bundesregierung auf, in der Öffentlichkeitsarbeit für die Bundeswehr auf gewaltverherrlichende Darstellungen zu verzichten. Die Außenkommunikation der Bundeswehr muss stattdessen durch Sachlichkeit, Transparenz und Ehrlichkeit gekennzeichnet sein.
(Falsche Tatsachenbehauptung und nicht zu erfüllende Forderung. Das Video ist nicht gewaltverherrlichend, s.o. Die Forderung nach Sachlichkeit, Transparenz und Ehrlichkeit in der Außenkommunikation ist unerfüllbar, denn:
– Innen- und Außenkommunikation sind in einer durch das Internet vernetzten Gesellschaft de facto nicht mehr zu trennen
– Der Beruf des Soldaten ist hochemotional, denn er verlangt von Soldatinnen und Soldaten die Bereitschaft, ihr Leben einzusetzen. Eine sachliche Darstellung kann dem nicht gerecht werden. Die Forderungen nach Transparenz und Ehrlichkeit erfüllt der gezeigte Spot, denn er zeigt auschließlich Bilder aus dem Dienstbetrieb der Bundeswehr.)

Zusammenfassende Bewertung: Agnieszka Malczak stellt wiederholt falsche Tatsachenbehauptungen auf und verdreht in propagandistischer Absicht die Fakten. Sie versucht mit diese Stellungnahme die Öffentlichkeit zu täuschen und formuliert zudem unerfüllbare, nicht sachgerechte Forderungen an die Kommunikation der Bundeswehr.

3. Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung

Von Seiten des BMVg ist unter anderem die folgende Stellungnahme in den Stuttgarter Nachrichten dokumentiert:

„Der Videoclip stellt ein umfassendes, realistisches und vor allem transparentes Bild über den Alltag und die Einsatzwirklichkeit unserer Soldatinnen und Soldaten dar. Mit schnellen Schnittfolgen und moderner Musik entspricht der Beitrag dem Stil zeitgemäßer You-Tube-Clips.“

Die Stellungnahme ist sachgerecht und zweckmäßig.

4. Handeln des Bundespresseamtes

Das Bundespresseamt hat sich entschieden diesen Spot auf dem YouTube-Kanal der Bundesregierung zu veröffentlichen. Diese Entscheidung erscheint – vor allem im Nachhinein – nicht sachgerecht, denn mit dem Spot „Wir.Dienen.Deutschland.“ hätte ein weniger polarisierendes Video zur Verfügung gestanden, das ein breiteres Publikum anspricht. Die Depublizierung des Videos auf dem YouTube-Kanals der Bundesregierung angesichts der heftigen, wenn auch unsachlichen, Kritik ist nachvollziehbar. Eine komplette Entfernung des Videos auch aus dem YouTube-Kanal der Bundeswehr ist dagegen nicht nachvollziehbar.

Update: Inzwischen gibt es eine Stellungnahme des Bundespresseamtes. Diese ist in sich schlüssig, liefert aber eine abwegige und unglaubwürdige Begründung. So lange die Konsistenz gewahrt bleibt, ist das eine herkömmliche PR-Taktik, die darauf abzielt, dass das Thema versandet, was im vorliegenden Fall – zu Recht – bald passieren dürfte.

5. Handwerkliche Qualität des Videos und Handeln des Bundesministeriums der Verteidigung

Das Video entspricht qualitativ einem Niveau, das man von Auszubildenden zum Mediengestalter Bild und Ton etwa im 2. Lehrjahr erwarten kann. Der Schnitt auf Musik entspricht nicht an allen Stellen dem Takt und begünstigt bei Sekunde 57 sogar eine Fehlinterpretation. Hier hat der Bearbeiter den Effekt über den Inhalt gestellt. Ein weiterer handwerklicher Mangel ist die fehlende Einbindung des Links auf den YouTube-Kanal der Bundeswehr. Diesen habe ich in der wiederhergestellten Fassung mit Hilfe des YouTube-Editors eingefügt.

Aus der Perspektive eines modernen, aufgeklärten Kommunikationsmanagement ist festzuhalten, dass die Entscheidung, zum wiederholten Male identisches Archivmaterial einzusetzen, und dann auch noch solches, das kurz zuvor für einen Spot zum neuen Selbstverständnis der Bundeswehr verwendet wurde, nicht sachgerecht ist. Im Gegenteil: Dadurch nutzen sich solche Bilder ab und werden langfristig unglaubwürdig. Die Bundeswehr wäre gut beraten, solche Mehrfachnutzungen zu minimieren und stattdessen deutlich mehr Originalmaterial gezielt zu bestimmten Zwecken zu produzieren.

6. Mediale Rezeption der Auseinandersetzung und insbesondere journalistisches Qualitätsverständnis

Die online verfügbare Berichterstattung über das Video wird von einer unreflektierten Übernahme der Erklärungen von Arnold und Malcak geprägt. Trotz wiederholter falscher Tatsachenbehauptungen gelingt es den beiden Politikern ein strategisches Narrativ zu etablieren, bei dem der Begriff „Gewaltverherrlichung“ eine zentrale Rolle spielt. Eine fundierte Auseinandersetzung mit demVideo selbst erfolgt kaum. Damit unterstreicht die Berichterstattung die Befunde verschiedener wissenschaftlicherUntersuchungen, die als Ursachen für mangelnde journalistische Qualität unter anderem fehlende Sachkompetenz, hohe Selbstreferenz, Zeitdruck und Personalmangel nennen.

Update: Die Bearbeitung des Themas durch die Medien Spiegel Online und stern.de folgt einer herkömmlichen Skandalisierungslogik, die losgelöst vom eigentlichen Gegenstand die darauf aufbauende Kontroverse zum Zentrum macht. Dabei zeigt sich unter anderem die Wirksamkeit der durch die beiden Oppositionspolitiker gewählten Strategie, deren Täuschungsversuche damit als erfolgreich zu bewerten sind.

Und der Sex? Der passte so schön in die Überschrift.

Da isses wieder

Das Internet vergisst nichts, in diesem Fall der Google-Cache. Nach reiflicher Überlegung und einem „Hausfrauencheck“ mit meiner weitaus besseren Hälfte, sehe ich es als meine staatsbürgerliche Pflicht an, den Diskussionsgegenstand allen Interesierten verfügbar zu machen, verbunden mit der Bitte, dem Internet zu helfen, dieses Video nicht wieder zu vergessen.

Wünschenswerte Wirklichkeiten

Hurra, ein Skandal. Davon will auch noch schnell das Bendler-Blog profitieren. Worum geht es? Die Bundesregierung hat ein Video auf ihrem YouTube-Kanal veröffentlicht, das die Bundeswehr zum Thema hat, und das bereits bei Thomas Wiegold heftig diskutiert wird.

Mir kommen das Video und die Bilder sehr bekannt vor. Kein Wunder, denn es besteht aus teilweise sehr altem Archivmaterial. Zur Skandalisierung taugt es aber allemal. So äußert sich Agnieszka Malczak, Sprecherin für Abrüstungspolitik der Bundestagsfraktion der Bündnis90/Grünen entsetzt, weil das Video „eine Verherrlichung militärischer Gewalt und kriegerischer Auseinandersetzungen“ darstelle. Gleichzeitig fordert sie – und das ist eine wirklich interessante Formulierung -, dass „die Bundesregierung (…), in der Öffentlichkeitsarbeit für die Bundeswehr auf gewaltverherrlichende Darstellungen (…) verzichtet“ UND „(d)ie Außenkommunikation der Bundeswehr (…) stattdessen durch Sachlichkeit, Transparenz und Ehrlichkeit gekennzeichnet sein (solle).“

Das, liebe Frau Malczak, ist nicht nur Pippi-Langstrumpf-Politik, sondern im Kern eine Aufforderung zur Täuschung, wenn nicht gar zur Lüge. Wir kennen das aus der PR-Arbeit, die man auch als Konstruktion wünschenswerter Wirklichkeiten bezeichnen kann. Pippi sang dazu: „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.“

Sie, Frau Malczak, fordern Ehrlichkeit. Ich frage mich, ob Sie damit umgehen könnten, denn die Einsatzrealität der Bundeswehr ist gewalttätiger, als Sie es sich vorstellen können und die im Video gezeigten Ausschnitte sind nicht gewaltverherrlichend, sondern ein dringend gebotener Einblick in diese Realität. Oder wie es Jack Nicholson in der Rolle des Colonel Jessup so schön sagt: „You can´t handle the truth!“

Und hier die deutsche Synchronübersetzung (Danke, Josef):

Update: Wie es aussieht, hat die Bundesregierung auf die Kritik reagiert und das Video depubliziert. Ich halte die Entscheidung für politisch angemessen. Allerdings war dann die Entscheidung, das Video zu publizieren, falsch, denn wenn man weder eine Begründung noch das Rückgrat hat, dafür einzustehen, sollte man die Außenkommunikatioon lieber ganz einstellen.

Medienpraktisch interesant ist, dass es nur eines anderen Schnittes und einer anderen Musik bedurfte, um aus dem  folgend eingebundenen Video ein „gewaltverherrlichendes“ zu machen, bzw. eines, dass es Politikern der Opposition erlaubt, diesen Vorwurf konstruieren zu können. Übrigens Vertretern zweier Parteien, die deutschen Soldatinnen und Soldaten das Mandat erteilt haben, Deutschlands Freiheit am Hindukusch zu verteidigen.

Persönliche Kommunikation aus dem Einsatz – Was muß besser werden?

Wir haben hier im Blog bereits öfters die Frage diskutiert, wie es um die Kommunikationsmöglichkeiten der Soldatinnen und Soldaten mit der Heimat bestellt ist. Vor allem im Vergleich zu anderen NATO-Nationen, allen vorweg den USA, ist die Telekommunikationsausstattung deutscher Truppen quasi traditionell schlechter. Während in der kommenden Vorweihnachtszeit die Feldpost vermutlich einen neuen Transportrekord aufstellen wird – danke dafür -, hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die elektronische Bandbreite der Bundeswehr nach wie vor eher der eines analogen Modems entspricht.

Ist das so? Ist das überall so? Wo ist es gut? Wo nicht? Was braucht Ihr im Einsatz? (Und was nicht).

Um diese und andere Fragen zu klären, hat sich im Bundestag eine interfraktionelle Arbeitsgruppe – es geht also mal nicht um Parteipolitik – gegründet, die Vorschläge zur Verbesserung der Kommunikation aus dem Einsatz erarbeiten soll.

Der SPD-Abgeornete Lars Klingbeill sammelt Eure Vorschläge auf seinem Blog. Alternativ könnt Ihr auch hier kommentieren oder dem Büro von Lars Klingbeil eine Mail schicken: lars.klingbeil@bundestag.de.

Also: Wie können die Kommunikationsmöglichkeiten (per Telefon, Skype, Internet, etc.) verbessert werden? Welche konkreten Änderungen sind dringend notwendig?

Danke für die Unterstützung.