Neuorganisation BMVg

Thomas Wiegold betreibt mal wieder – interessante – Kästchenkunde. Heute auf der Agenda: Die Neuordnung des Verteidigungsministeriums. Aus Sicht des Kommunikationsmanagements ist interessant, wie sich das Ministerium hier aufstellt:
– Der ehemalige Arbeitsbereich 3 – Medien ist gestrichen.
– Der ehemalige Arbeitsbereich 2 – Öffentlichkeitsarbeit umfasst jetzt auch das Ressort Internet.
– Das bislang selbständige Referat Personalmarketing wird mit Führung, Bildung und Qualifizierung zu einer Abteilung zusammmengelegt. Abteilungsleiter ist MinDir Christian Nachtwey, bisher Unterabteilungsleiter II in der Abteilung Wehrverwaltung, Infrastruktur und Umweltschutz.
– Der Stab Stab strategische Kommunikation (zu Guttenbergs Prätorianer sind ohnehin schon längst in alle Winde zerstreut) existiert schon seit dem Antritt des neuen Ministers nicht mehr.

Insbesondere mit Blick auf das Personalmarketing darf man gespannt sein, ob mit der Neuorganisation auch eine engere Führung einhergeht, die dem herrschenden Dilettantismus entgegenwirkt.

Weiterhin unbefriedigend ist die „kommunikative Ausstattung“ des Generalinspekteurs (über seine formale Unterordnung gegnüber den Staatssekretären hatten wir bei Augengeradeaus bereits diskutiert). Im Organigramm ist keine eigenständige Kommunikationsressource des GI zu finden. Dabei bräuchten er (und die Bundeswehr) genau das: einen eigenen Kommunikationschef. Den gibt es – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung – zwar. Der ist aber Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes.

Wahrheiten und Gefühle

„Ich bin ziemlich sicher, dass ein wesentlicher Teil der Ablehnung des Afghanistan-Einsatzes in Teilen der Bevölkerung darin begründet ist, dass die Menschen das Gefühl haben, ihnen ist nicht die Wahrheit gesagt worden.“

Es ist eine bemerkenswerte Einsicht, die Verteidigungsminister Thomas de Maizière, in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung mitteilt. Bemerkenswert unter anderem deshalb, weil eben dieser Umgang mit der Wahrheit, Gegenstand einer Untersuchung des Deutschen Rates für Public Relations (DRPR) war.

Konkret ging es dabei um die Kommunikationspolitik des Verteidigungsministeriums nach der Bombardierung zweier Tankstlaster in Kunduz. Der Vorwurf: Der ehemalige Sprecher des Ministeriums, Dr. Thomas Raabe,  habe „eigenmächtig, und ohne dies mit der militärischen Führung abzustimmen, die Linie vorgegeben, zivile Opfer auszuschließen, obwohl dem BMVg schon frühzeitig Hinweise auf solche vorgelegen hätten.“ (Zur Kenntnis: Die Untersuchung habe ich am 29. April 2010 – also vor fast 2 Jahren – mit einer Beschwerde beim DRPR ausgelöst. Einen Kommentar zur Frage von PR und Ethik hatte ich seinerzeit hier verfasst).

Nun also hat der Rat gesprochen. Der Spruch ist mir in der vergangenen Woche mit der Bitte zugegangen, ihn vertraulich zu behandeln, bis er in dieser Woche veröffentlicht werde. Dieser Bitte, und das habe ich dem Rat mitgeteilt, kann ich wegen der Relevanz, vor allem aber wegen der langen Laufzeit des Verfahrens nicht entsprechen, zumal der Ratsspruch bis heute immer noch nicht veröffentlicht wurde. Was also sagt der Rat?

„Der Rat hat nach eingehender Prüfung der Vorwürfe mehrheitlich die Einstellung des Verfahrens gegen Herrn Dr. Thomas Raabe und das Bundesministerium der Verteidigung, als für die Kommunikation verantwortliche Organisation, beschlossen. Der Rat ist zur Auffassung gelangt, dass auf Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden öffentlichen Quellen, wobei insbesondere der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vom 25.10.11 zu nennen ist, die angezeigten Verstöße nicht zweifelsfrei belegbar sind.

Der Rat stellt in diesem Zusammenhang fest, dass sich das BMVg, welches Herrn Dr. Raabe für eine Befragung des Rats nicht von seiner Schweigepflicht entbinden wollte, nicht an der Aufklärung des Falls beteiligt hat und keine Stellung zu den Fragen des DRPR nehmen wollte.“

Das ist, und die Juristen unter den Lesern mögen mir die Floskel nicht allzu übel nehmen, allenfalls ein Freispruch zweiter Klasse. Das wird auch an einem Minderheitenvotum von fünf Ratsmitgliedern deutlich, dessen Veröffentlichung die Mitglieder des DRPR am 16. März zugestimmt haben. Es lautet:

„Fünf Ratsmitglieder sprachen sich entgegen der Mehrheit von zehn Ratsmitgliedern für eine Mahnung des BMVg aus. Zwar sei eine Irreführung der Öffentlichkeit tatsächlich nicht zweifelsfrei belegbar. Das Kommunikationsverhalten der Verantwortlichen im BMVg nach dem Militärschlag in Kunduz habe aber gezeigt, dass es im Bereich Kommunikation zum damaligen Zeitpunkt offenbar keinen Mechanismus gegeben habe, der dazu beigetragen hätte unterschiedliche, auch widersprüchliche Quellen über die Möglichkeit ziviler Opfer zusammenzutragen und bewerten zu können. Im Zweifel hätte der Hinweis an die Öffentlichkeit auf noch laufende Untersuchungen bzw. auf die Vorläufigkeit bestimmter Bewertungen genügt.“

Insgesamt bedeutet der Ratsspruch also zweierlei. Ein ehemaliges Mitglied des Präsidiums des Bundesverbandes deutscher Pressesprecher – einer der Trägerverbände des DRPR – kann nicht belegen, dass er im Einklang mit der – kontrovers diskutierten – Berufsethik gehandelt hat, der sich auch sein Verband verpflichtet fühlt (und übte stattdessen sein Ehrenamt im Verband weiter aus). Darüber hinaus weigert sich das Bundesverteidigungsministerium weiterhin an der Aufklärung des Falles mitzuwirken, und verpasst damit systematisch die Chance, einen anderen Umgang mit der Wahrheit zu finden, als in der Vergangenheit. Oder um es anders zu sagen: Das Ministerium lässt den Worten des Ministers de Maizière keine Taten folgen. Wundere sich einer über die Gefühle, die das bei Menschen auslöst.

Waffenloser Dienst

Wer meinte, nur Studierende kämen auf die Idee waffenlos für die Bundeswehr zu werben, muss sich spätestens jetzt eines Besseren belehren lassen. Das kann die Bundeswehr schon ganz alleine. In diesem Fall für den Freiwilligen Wehrdienst. Film ab:

„Bürokauffrau light“

„Sonnenaufgang auf See“

Die Videos der design akademie berlin sind übrigens mittlerweile aus Vimeo entfernt worden. Es gibt sie jetzt „exklusiv“ auf dem YouTube-Channel der Bundeswehr. Ihre eigene Projektbox hat sich die design akademie damit auch zerschoßen. Soweit zum Thema virale Effekte nutzen. Spitzenleistung!

Welchen Weg wählst Du?

Angeregt durch einen Kommentar in der Diskussion um die Werbespots, die Studierende der design akademie berlin gedreht haben, habe ich mir die aktuelle Rekrutierungskampagne des US Marine Corps mal angeschaut. „Towards the Sounds of Chaos“ ist das Leitmotiv, das sich auch auf der Microsite wiederfindet. Etwas frei übersetzt also „Dahin wo es kracht.“

Jetzt lassen wir mal außer Acht, ob die Politik der USA nicht einiges von dem Chaos, dem die Marines sich zuwenden sollen, mitverursacht hat, und schauen uns das Werbevideo an:

Werbung schaffen ohne Waffen

Na, da bin ich mal auf die Reaktionen gespannt. Ab Montag gibt es auf dem YouTube-Kanal der Bundeswehr vier Werbespots zu sehen, die Studierende der design akademie berlin gedreht haben. Wer nicht warten möchte, schaut sie sich einfach hier an:

The War Ballet

Wir bilden aus

Was treibt Dich an

The Sprayers

Interessant fand ich die Meinung einer der Studierenden, man wolle das Thema bewusst ohne Waffen und Uniform aufbereiten, geäußert hier im Teaser auf dem YouTube-Kanal der Bundeswehr. Scheint, als habe die friedliche Botschaft der Bundeswehrkommunikation die junge Zielgruppe tief durchdrungen: