About Jung

In der großartigen Komödie „About Schmidt“ spielt Jack Nicholson einen Chef, bei dem an seinem letzten Arbeitstag alle froh sind, dass er geht. Wenn man den ebenfalls großartigen Artikel von Markus Feldenkirchen im aktuellen Spiegel liest, könnte man auf die Idee kommen, dass der aktuelle Bundesverteidigungsminister bei seinen Kollegen, Mitarbeitern und der Öffentlichkeit ebenfalls nicht wohlgelitten ist.

Natürlich ist der Artikel unfair, und natürlich zeigt er eindrucksvoll, wie die Tendenz zur Personalisierung der Politik die Sachthemen überlagert. Aber ein Satz wie der folgende ist immer auch ein Indiz für ein völliges Versagen der verantwortlichen Kommunikationsmanager. „Jung kann (…) leidenschaftlich reden über Eintracht Frankfurt, über Hessen, Helmut Kohl, die Deutsche Einheit, den deutschen Weinbau oder den deutschen Wahlkampf. Er redet dann doppelt so schnell, die Sätze folgen einer klaren Grammatik, der Wortschatz weitet sich, Jung glüht auf. Dann sind interessante Gespräche mit ihm möglich, voller Kenntnis, voller Leidenschaft. — Es sollte eben nur nicht um Außen- und Sicherheitspolitik gehen.“

Was werden die so genannten Presseprofis in Berlin nun tun? Abgesehen davon, dass Feldenkirchen bei der nächsten Ministerreise vermutlich etwas länger für ein Ticket wird anstehen müssen, oder gar zur persona non grata erklärt werden wird, dürften sie vermutlich weiterhin hilflos bleiben. Wie hilflos, unterstreicht der bereits gestern erwähnte Bericht auf der Webseite des Ministeriums, dass sich damit rühmt, vom Forschungsinstitut Medien Tenor unter anderem dafür ausgezeichnet worden zu sein, „ein eigenständiges Medienimage aufzubauen, das nicht vom jeweiligen Minister abhängig war. Hierbei konnte das Verteidigungsministerium mit deutlichem Abstand den Spitzenplatz erringen.“

In Zahlen ausgedrückt bedeutet dieser deutliche Abstand, so der Spiegel, dass 39 Prozent der Deutschen noch nie von Jung gehört haben, er mithin der unbekannteste Minister des Kabinetts sei. Das nennt man wohl „Hidden Champion“, wobei die Frage erlaubt sein muss, worin denn die Meisterschaft besteht. In der Kommunikationspolitik sicher nicht.

Presse (Kriegs)-Erklärung: Wie unbedarfte Journalisten die Medienarbeit der Bundeswehr bewerten

Steven Hutchings, der an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach im Rahmen seiner Diplom-Arbeit einen engagierten aber nicht wirklich erhellenden Film über die Informations- und Medienarbeit der Bundeswehr gedreht hat, verbreitet seine Thesen von der medialen Allmacht der Bundeswehr nun auch im eigentlich sehr fundierten e-zine TELEPOLIS. Der zentrale Vorwurf: die Bundeswehr betreibt Integrierte Kommunikation.

Wenn es doch nur so wäre. Jetzt beginnt die die Bundeswehr mit ungefähr 10 Jahren Verspätung damit, ihre Medienarbeit zu professionalisieren, und schon holt ein unbedarfter Schreiberling die Verschwörungstheorie-Keule hervor, um zwar chronologisch sauber sortiert, aber intellektuell überfordert, ein paar Fakten aufzuschreiben und daraus zu schließen, dass nun der vernetzte Medienkrieg begonnen habe.

Schön wäre es, denn dann müsste sich die bundesrepublikanische Öffentlichkeit endlich einmal ernsthaft mit dem Einsatz der Bundeswehr beschäftigen. Bis es soweit ist, können überforderte Journalisten weiter von der vermeintlichen medialen Macht des Militärs schwadronieren. Die ist zwar nicht wirklich existent, aber die bloße Behauptung ist derart wirkmächtig, dass sie eine gründliche Recherche und kritische Analyse leicht ersetzt. Und das ist die eigentliche Macht der Medien der Militärs: die Unfähigkeit der Beobachter, sie zu beobachten und zu verstehen.

Gar nicht dazu passen will die jüngste Auszeichnung, die die Bundeswehr für ihre angeblich gelungene Medienarbeit erhalten hat. Folgt man dem Forschungsinstitut Media Tenor, ist es dem Bendlerblock nämlich unter allen Ministerien am besten gelungen „ein eigenständiges Medienimage aufzubauen, das nicht vom jeweiligen Minister abhängig war.“ Da freut sich der Chef doch, oder?

Vielleicht lohnt sich hier aber auch der Blick in das ewige Archiv Internet. Dort findet sich beispielsweise ein interessanter Bericht aus der Neuen Zürcher Zeitung zur Wissenschaftlichlichkeit solcher Erhebungen.