re:publica Sneak Preview

Drei Soldaten ausgerüstet mit dem Gladius-System von Rheinmetall Defence. Darauf die Überschrift Digital Natives.

In knapp 2 Wochen ist es soweit: re:publica 2013. Thomas Wiegold und ich haben die Ehre – und das meine ich so – ein Thema auf die Bühne zu bringen, dass uns am Herzen liegt. “Die Digital Natives ziehen in den Krieg” haben wir unsere Session überschrieben. Thomasaus der Perspektive des Journalisten und ich aus der Perspektive des Kommunikationsberaters und ehemaligen Soldaten werden über den Krieg, seine Akteure und das Social Web sprechen. Es wird unter anderem um kulturelle Codes, journalistische Darstellungsformen, die Gamifizierung von Propaganda und die kriegerische digitale Boheme gehen. Noch arbeiten wir an unserer Präsentation. Das Titelbild haben wir schon.

P.S.: Ich freue mich, wenn ich einige Leserinnen und Leser am 8. Mai treffen werde. Und keine Scheu. Sprecht mich einfach an. Ich bin netter als ich schreibe.

Praktikantenpressearbeit

„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ Dieses, Albert Einstein zugeschriebene Zitat, ist der neuesten aus dem Bundesverteidigungsministerium kolportierten Torheit durchaus angemessen. Der WAZ-Mediengruppe, die sich aktuell nicht nur durch massiven Stellenabbau, sondern auch durch eine von ihrem Investigativchef David Schraven vorangetriebene Journalismus-Simulation, den so genannten Afghanistan-Papieren, auszeichnet, ist es angeblich gelungen, das Ministerium zum Teil ihrer Relevanzinszenierung zu machen.

Das BMVg habe, so die WAZ auf ihrem Rechercheblog, mit Verweis auf das Urheberrecht, verlangt, die veröffentlichten Dokumente aus dem Internet zu löschen. Weil die WAZ weder den genauen Wortlaut noch das Datum des juristischen Begehrens nennt, kann man nur spekulieren, ob vielleicht jemand in den Osterferien den Praktikanten in Rechtsabteilung und Presse- und Informationsstab im Bendlerblock unvorsichtiger Weise den Schlüssel zum Verfügungsraum überlassen hat. Im Ergebnis bleibt, dass Einstein sich zumindest in einem Teil seiner Aussage weiter sicher sein kann.

Nachtrag:

Thomas Wiegold hat recherchiert. Urheber dieser Groteske ist vermutlich die Rechtsabteilung des Ministeriums.

Nachtrag 2: Es ist in der Tat die Rechtsabteilung. Absender der Abmahnung an die WAZ Mediengruppe ist das Referat I 5.

Designdesaster an der Führungsakademie

Screenshot Website Führungsakademie der Bundeswehr

Ja, ich weiß, es kommt auf die inneren Werte an. Das Designdesaster, dass die Führungsakademie der Bundeswehr allerdings mit ihrer neuen Internetseite angerichtet hat, kann dennoch nicht unkommentiert bleiben. (Und wer jetzt auf die Idee kommt, zu bemerken, dass dieses Blog auch alles andere als eine Augenweide ist, der hat Recht. Die WordPress-Standardgestaltung stammt vermutlich aus dem vergangenen Jahrtausend und hatte selbst damals allenfalls Baumarktniveau. Aber das Blog ist auch nicht die höchste militärische Ausbildungseinrichtung Deutschlands.)

Zurück zum Stück. Die gute Nachricht: Das Verteidigungsministerium hat offenbar die Style Guide-Knute des einheitlichen Content Management Systems entfernt (stattdessen kommt Joomla zum Einsatz). Doch statt Gedankenfreiheit herrscht in Hamburg zumindest in Sachen Online-Kommunikation Gedankenlosigkeit. Das ist ärgerlich, und selbst wenn es dafür 1000 Gründe – beispielsweise kein Budget – geben mag, dieser Webauftritt ist beschämend.

Die – ich wiederhole mich – höchste militärische Ausbildungseinrichtung der Bundeswehr präsentiert sich im World Wide Web im Stile eines x-beliebigen Sparkassen-Seminarzentrums in der Lüneburger Heide mit einer Bildsprache, die allenfalls assoziativ einen Zusammenhang mit dem Kernauftrag der Akademie – Truppenführung im Krieg – herstellt. Inhaltlich ist die Seite ähnlich schwach, mehr Sammelsurium vorhandener Texte als Ergebnis eines geplanten redaktionellen Prozesses. Und dass eine Institution, die nicht nur Deutschland in der Welt repräsentiert sondern auch zahlreiche internationale Lehrgangsteilnehmer hat, kein englischsprachiges Angebot bereit stellt, ist einfach nur peinlich.

Auch technisch ist die Seite ihrer Zeit zurück. Die Bilder im vermeintlich modischen Slider nehmen nicht nur 50 Prozent des Viewports ein, sondern skalieren auch falsch. Von responsive Design, also der automatischen Anpassung an unterschiedliche Endgeräte, keine Spur. Darüber hinaus sind die Bilder nicht mit Inhalten hinterlegt und inwiefern Alternativtexte wie „lachen neu“ oder „wassertraeger“ den Vorgaben der BITV 2.0 entsprechen, hätte ich auch gerne gewusst. Ähnlich katastrophal ist die Qualität der Texte. So finden sich beispielsweise auf der Seite Kontakt über die man zur Abteilung „Führungsakademie der Bundeswehr – Nationale und Internationale Beziehungen (NIB)“ die folgenden Stilblüten:

Auf den Passus „Unsere Abteilung setzt sich aus folgenden Bereichen zusammen“ folgt die grammatikalisch interessante Fortsetzung „das Team Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“, „das Team Kontakte“, „die Web-Redaktion und“ „die Alumni-Kontaktstelle der Führungsakademie der Bundeswehr.“ Wie wäre es denn hier mit richtigen Artikeln wie „dem“ und „der“?

Und während sich der Leiter der Abteilung so vorstellt wie Radiomoderatoren seit Beginn der 90er Jahre „Ich bin …“ stehen neben den Portraits der Leiter der Abteilungen Presse und Kontakte Texte, die einmals auf  „das Team“, ein anderes Mal auf  „unser Team“ verweisen.

Das ist, zusammenfassend, Flickschusterei, und wer auch immer diese Seite zusammengefrickelt hat – sei es ein Stabsoffizier oder ein Stabsdienstsoldat, der sich mit einem Open Source Content Management System auskennt, er oder sie wurde(n) schlecht geführt. Das ist umso ärgerlicher als dass diese Arbeit vermutlich unter hohem persönlichen Einsatz auch über die normale Dienstzeit hinaus geschehen und aller Anerkennung wert ist. Das Ergebnis bleibt ein Desaster und die Verantwortung dafür trägt der Kommandeur der Akademie. Er ist auch derjenige, der veranlassen muss, dass die Führungsakademie einen ihrer Bedeutung und ihrer inhaltlichen Qualität angemessene Präsenz im Internet bekommt, denn die inneren Werte einer Institution verdienen, professionell dargestellt zu werden.