ZRedInfoABw

Ich neige mein Haupt in Demut vor den Kommunikationsgenies im Bendler-Block. Immer wenn man glaubt, es ginge nicht absurder, schaffen sie es, noch eine Schippe drauf zu legen. Thomas Wiegold hat heute die Antworten auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion zur Neuausrichtung der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr veröffentlicht. Dieser können wir nicht nur entnehmen, dass die Bundeswehr mit der Informations- und Medienzentrale über „eine hochspezifische Sonderinfrastruktur (z.B. Fernsehstudios, Radiostudios, Pressekonferenzsaal), für die es zu großen Teilen seit längerem und auch zukünftig keinen begründeten Bedarf mehr gibt“, sondern auch, dass die Bundeswehr für 153.400 Euro eine nichttechnische Studie beauftragt hat, um die adäquate technische Ausstattung für die ZRedInfoABw (Zentralredaktion der Informationsarbeit der Bundeswehr) zu ermitteln und – jetzt kommt es – „eine über die Bundeswehr hinaus fachlich anerkannte Ausbildung für Videojournalisten zu konzipieren.“

Wer jetzt ein Pfeifen im Ohr hat oder ungläubig den Kopf schüttelt, bzw. diesen gerade auf die Tischkante schlägt: You are not alone.

Die „AG Schmalfilmfreunde Bendler-Block“ (Küppersbusch in Tagesschaum), die unter anderem über Jahre ein genau darauf ausgerichtetes Instrument – die Einsatzkameratrupps – am lange Arm fast verhungern ließ und keinerlei Qualität zuließ, will sich als Ausbilder gerieren? Echt jetzt. Geht sterben. Haltet die Klappe.

 

Studie „Qualität der Kommunikationsberatung“

Am heutigen Freitag mal wieder ein Servicelink. Die Universität Leipzig hat sich in einer Studie der Qualität der Kommunikationsberatung von Agenturen in Deutschland angenommen (Das Bendler-Blog als Sonderform eines Fernlehrganges für Bundeswehrkommunikatoren auf Basis der konfrontativen Pädagogik wird davon nicht erfasst). Die Ergebnisse halte ich insofern für die Leserinnen und Leser hier interessant, als das auch in militärischen Organisationen – sowohl in der Bundeswehr als auch beispielsweise in internationalen Stäben – die Kommunikationsabteilungen selbst sehr häufig eine beratenden Funktion gegnüber Kommandeuren haben.

Hier markiert die Bewertung der Studienergebnisse durch Professor Ansgar Zerfaß ein interessantes Spannungsfeld. „Beratungsqualität hat für PR-Agenturen eine ganz hohe Bedeutung und wird klar als Wettbewerbsfaktor erkannt“, so Professor Zerfaß. „Erstaunlicherweise vertreten aber nur 11 Prozent der von uns befragten Agenturchefs vorbehaltlos die Meinung, dass die Qualität in erster Linie von den Kunden beziehungsweise Auftraggebern beurteilt werden sollte. Fast ebenso viele verlassen sich auf das eigene Urteil. Die Mehrheit orientiert sich primär an den Adressaten der Kommunikationsmaßnahmen wie Journalisten und Veranstaltungsbesuchern. Das ist zu hinterfragen. Von Dienstleistern muss man eine klare Kundenorientierung erwarten.“ Dieser Einschätzung widerspreche ich insofern, als daß nach meinem Verständnis auch bei der Kommunikation die Wirkung im Ziel entscheidend ist. Das heißt nicht, dass der Zweck die Mittel heiligt, aber nach meinem Verständnis ist es eine der ureigensten Aufgaben der Kommunikationsberatung, die Vorgaben der Führung zu hinterfragen und einen eigenen, kommunikativen Beitrag zur Lösung der Aufgabenstellung zu formulieren. Das bedeutet auch, daß sich Kundenorientierung häufig im Widerspruch zum Kunden zeigen kann, eben weil die Kommunikationsberaterin sich die Position des Publikums zu eigen macht. Das hätte im konkreten Fall bei Verteidigungsminister de Maizière vielleicht zu einer sorgfältigen Wortwahl führen können. Aber lest selbst:

„Eine mörderische Entscheidung“ – Der Film zum Kunduz-Bombardement

Programmtip für den 30. August (ARTE) bzw. den 4. September (ARD, mit anschließender Diskussion bei Anne Will). Der Fernsehfilm „Eine mörderische Entscheidung“ will die Ereignisse zwischen April und September 2009 rekonstruieren, die schließlich zur Bombariderung zweier Tanklaster im Kunduz-Fluß führten. Mit den Presseunterlagen des NDR kann man sich schon ganz gut auf die Sendung einstimmen, der Trailer vermittel einen ersten Eindruck von der Machart des Filmes. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wobei ich mich sehr wundere, dass von offizieller Seite noch kein Protest gegen den Filmtitel zu hören war. Die Entscheidung von Klein, den Bombenabwurf zu befehlen, war unbestritten tödlich. Mörderisch war sie nicht. Es ist aber bezeichnend, dass sich bislang niemand gegen diese ehrabschneidende Formulierung verwahrt hat und sich eindeutig vor Klein gestellt hat. Vielleicht ist es aber auch verständlich, schließlich hieße das, auch das eigene Versagen einzugestehen.

Schweigen ist Gold

„Ist der Ruf erst ruiniert, spricht´s sich völlig ungeniert.“ So oder so ähnlich scheint derzeit die morgendliche Parole im Bundesverteidigungsministerium zu lauten. Ganz gleich über welches Thema die Medien berichten, wir lesen das nicht gründlich, sondern hauen erstmal vorsorglich eine Erklärung raus. Das jüngste Beispiel dieser intellektuellen Minderleistungen befasst sich mit einer Äußerung des Verteidigungsministers Thomas de Maizière. Die BILD-Zeitung hatte am 10. August unter der Überschrift „De Maizière unterstellt seinen Soldaten Unterforderung“ über einen Besuch des Ministers beim Kommando der Luftwaffe in Berlin-Gatow berichtet, bei dem der Minister gesagt hatte: „Manchmal ist ein Burn-out auch das Ergebnis von Unterforderung.“ Dieser Satz sei, so das Ministerium, aus dem Gesamtzusammenhang gerissen und sinnentfremdend genutzt, um eine Geschichte zu konstruieren.

Na, das überrascht mich aber sehr, dass die BILD-Zeitung angeblich Aussagen aus dem Gesamtzusammenhang reißt und sinnentfremdend nutzt, um Geschichten zu konstruieren. Dumm nur, dass der wirkliche Gesamtzusammenhang, den die Sprechererklärung zu geben glaubt, die Sache nicht besser macht. Im Gegenteil.

Auf die Frage des Welt Redakteurs Thorsten Jungholt: „Nun kommen vom Bundeswehr-Verband oder Verband der Beamten in der Bundeswehr ja immer sehr eindeutige Stimmungsbilder, die ich zitiere erst einmal: „Stimmung ist so schlecht wie seit 40 Jahren nicht mehr, Burn-out in der Truppe“ was halten Sie von diesen Einschätzungen der Gewerkschaft?“, antwortete de Maizière angeblich wie folgt: „Sie sagen zu Recht das sind Gewerkschaften. Gewerkschaften und Verbände weisen natürlich zu Recht auf die kritischen Teile hin. Das ist verständlich und die gibt es auch. Es gibt solche wirklich sehr schweren Situationen gerade bei Standorten die wir komplett schließen oder von lieb gewonnenen Gewohnheiten Abstand nehmen müssen. Es gibt auch die Situationen, wo die alten Verfahren nicht mehr laufen und die neuen Verfahren noch nicht gut laufen. Das ist ein unvermeidlicher Prozess im Rahmen einer solchen großen Veränderung.“

„Was das Burn-out angeht so teile ich diese Einschätzung nicht. Es gibt in der Tat zum Teil sehr einsatzbelastete Teile der Bundeswehr, dazu gehört zum Teil auch das fliegende Personal – das ist wahr – aber gerade da sehe ich eine hohe Motivation und eine hohe Bereitschaft das Letzte zu geben, um ihre Kameraden zu transportieren oder im Einsatz ihren Dienst zu tun. Und wir haben gesehen wie hoch motiviert die Soldatinnen und Soldaten bei der Bewältigung der Flutkatastrophe waren.“

„Manchmal ist auch ein Burn-out das Ergebnis einer Unterforderung oder jedenfalls verbunden mit dem Eindruck nicht richtig gebraucht zu werden und eine Situation zu haben wo man etwas sinnloses tut. Das ist zum Teil bei der Neuausrichtung auch unvermeidlich. Wenn man lange in den alten Strukturen ist und eigentlich schon in den neuen Strukturen lebt. Also ich sehe durchaus die kritischen Elemente die der Bundeswehr Verband sieht, aber ich sehe das ist nicht das vollständige Bild der Bundeswehr.“

Das heißt im Klartext:

– nur Teile der Bundeswehr sind hochbelastet, die Masse aber nicht.
– bei der Neuausrichtung ist es unvermeidlich, etwas sinnloses zu tun, und weder ich als Minister noch meine Führungskräfte haben die Absicht, daran etwas zu verändern, denn es ist naturgegeben.
– Gewerkschaften und Verbände weisen auf kritische Teile hin, während ich und meine Stäbe uns die Welt weiter malen, wie sie uns gefällt.
– Wer das nicht versteht, hat keine Ahnung. (siehe auch die Diskussion bei Augengeradeaus)

Manchmal muss man der BILD-Zeitung fast dankbar sein, dass sie Sätze aus dem Gesamtzusammenhang reißt und sinnentfremdend nutzt, um eine Geschichte zu konstruieren, denn damit gibt sie intellektuell überforderten Pressesprechern die Gelegenheit noch viel schönere Geschichten zu konstruieren. Die Sprechererklärungen sind Dokumente des Scheiterns einer professionellen Pressearbeit.

Und wo wir gerade beim Thema sind. Eine Sprechererklärung wünsche ich mir zum Titel des Filmes zum Kunduz-Bombardement , der zunächst ams 30. August auf ARTE und dann am 4. September im Ersten ausgestrahlt wird.  „Eine mörderische Entscheidung“ ist nicht nur reißerisch, sondern in Bezug auf Oberst Georg Klein ehrabschneidend. Aber vermutlich werden wir in diesem Land noch lange darauf warten müssen, dass sich ein Minister vor einen Soldaten stellt.

Grundsatzfragen und ein Teilerfolg der St. Augustin-Lobby

Ein Leser hat in den Kommentaren dankenswerter Weise auf eine kleine Anfrage der SPD-Fraktion zur Neuausrichtung der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr hingewiesen. In den 16 Fragen geht es nur in der ersten darum, nach welchem Gesamtkonzept diese Neuausrichtung erfolgen soll . (Meine Vermutung: es gibt keines, weil im Ministerium niemand gesamtkonzeptionell denkt, dafür viel Stückwerk von Engagierten und ebenso viel Blockade von den Andersengagierten). Vor allem nimmt die Anfrage die Entscheidung des Verteidigungsministeriums auf´s Korn, eine Zentralredaktion in Berlin aufzubauen und im gleichen Zuge die Informations- und Medienzentrale (IMZBw) in St. Augustin zu schließen. Dass es das Thema jetzt nun nochmal ins Parlament schafft, ist sicher auch dem Wahlkampf geschuldet. In jedem Fall ist es ein Teilsieg der St. Augustin-Lobby, die sich mit Händen und Füßen gegen die Schließung ihres Hause wehrt.

Leser dieses Blogs wissen, dass ich angesichts der Qualität zahlreicher Produkte der IMZBw nicht wirklich überzeugt bin, dass die Medienproduktion der Bundeswehr im Rhein-Sieg-Kreis stattfinden muss. Allerdings: Ich habe die Ursachen auch immer in der Führung durch die Bundeswehr vermutet und glaubte, mit einem Umzug seien ein Neubeginn und vor allem eine Wende zum Besseren verbunden. Das Desaster, das sich nun beim Aufbau des neuen Medienhauses der Bundeswehr in Berlin andeutet, legt nahe, dass ich falsch lag. Vielleicht wäre es besser, man beließe alles beim Alten, ließe die Medienzentrale weiter gemütlich vor sich hinwerkeln, während in Berlin ein paar Propagandamedien zusammengeschustert werden und vertraute ansonsten darauf, dass sich periodisch echte Profis dem Thema widmeten. Das kann in meiner Vorstellung zwar nicht der Anspruch einer Organisation wie der Bundeswehr sein, aber was soll es: Offensichtlich ist zumindest die Truppe – bspw. in Umfragen oder in Arbeitgeberrankings – nach wie vor beliebt, und das offenkundig trotz der aus dem Bendler-Block so unglaublich schlecht geführten Kommunikation.

Alternativ könnte man aber auch alle, die guten Willens sind an einen Tisch rufen und auch für die Kommunikations- und Medienarbeit Strukturen schaffen, die der Truppe gerecht werden. Dazu kann dann auch meinetwegen auch ein Produktionshaus in St. Augustin gehören. Wenn sie richtig geführt werden, sprich: wenn sie durch die Führung befähigt werden, gut zu arbeiten, ist es nicht entscheidend, wo Menschen arbeiten.

Die Führungsakademie der Bundeswehr im Internet – Revision

Nach der Kritik an ihrem Webauftritt hat die Führungsakademie der Bundeswehr im Stillen einen Neustart gewagt. Der neue Auftritt ist zwar immer noch nicht „leading edge“ in Sachen Webdesign, wird aber der Bedeutung und Rolle der höchsten militärischen Ausbildungseinrichtung besser gerecht. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Programmhinweise: TV-Berichte über die Einsatzkameratrupps

Gleich zweimal sind die Einsatzkameratrupps der Bundeswehr in diesen Tagen Thema im Fernsehen. Einblick, das Medienmagazin des Bayerischen Rundfunks, sendete am 4.8. eine 10-minütige Kurzreportage, Zapp strahlt ein weiteres Stück heute Abend in der Sendung ab 23.20 Uhr aus. In beiden Beiträgen trete ich kurz als Mitgründer des EKT auf.