Im Nachtprogramm versteckt

Der Titel „Todesfalle Hindukusch“ klingt natürlich reißerisch. Dennoch sollte man sich die Dokumentation des ZDF anschauen. Nicht nur, weil es die Redakteure im Unterschied zu seinem Stab geschafft haben, dem Verteidigungsminister ein gutes Statement abzunehmen, sondern vor allem weil sehr viele Soldaten recht ungefiltert zu Wort kommen – und auch das böse K-Wort sagen (Krieg, wobei der Minister sich noch dagegen wehrt und dies klar und plausibel begründet, in dem er es gegen den 2. Weltkrieg abgrenzt). Die gesamte Doku ist – Stand heute – auch in der ZDF-Mediathek abrufbar, so dass wirklich Interessierte auch den späten Sendetermin umgehen können. Wünschenswert wäre – wie bei so vielen anspruchsvollen Stoffen – dass die öffentlich-rechtlichen Sender solche Themen wenigstens mal um 22.15 zeigen.

Endlich!

Das Bundeswehr eigene Fernsehprogramm bwtv bot ja auch im Rahmen dieses Blog schon reichlich Gelegenheit für Diskussionen. Nun scheint es, dass die Führung ein Einsehen hat und gewillt ist, das Programm von Menschen machen zu lassen, die es können (sollten). Die Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb der Bundeswehr (g.e.b.b.) lädt private Fernsehmacher ein, ein Konzept zum weiteren wirtschaftlichen Betrieb von bwtv zu entwickeln. (Unterlagen des Teilnahmewettbewerbs hier). Das entscheidende Wörtchen ist hier „wirtschaftlich“ und man darf gespannt sein, welche Kalkulation die Unternehmen, die sich an diesem Wettbewerb beteiligen erarbeiten, sobald sie die „vollständigen Unterlagen, die notwendig sind, um ein tragfähiges Konzept zu entwickeln und zu kalkulieren“ (Zitat aus der Ausschreibung) erhalten haben.

Qualitätsmaßstäbe – Die Bundeswehr legt die Messlatte höher

Anlass zum Schmunzeln liefert die Selbstbeschreibung, die die g.e.b.b. mit Blick auf die Qualität des Programms in ihrer Ausschreibung formuliert hat (oder auf Anweisung formulieren musste). Dort heißt es unter anderem: „Das Programm wird in state-of-the-art Fernsehqualität produziert und entspricht somit in Qualität und Anmutung öffentlich rechtlichen Sendeanstalten.“ Hier ist der Wunsch ganz eindeutig der Vater des Gedankens. Dennoch, der Anspruch ist richtig, die Wirklichkeit aber – noch – traurig. Prognose: um die Qualität des Programmes substantiell zu verbessern, muss die Bundeswehr etwas mehr Geld in die Hand nehmen als bisher.

Der potentielle Bieterkreis

Wenn die g.e.b.b. das Verfahren ernsthaft betreibt, sollte es ihr nicht schwerfallen, einen (oder mehrere) Anbieter zu finden. Wünschenswert im Sinne der Qualität wäre ein Stelldichein des Who-is-Whos der deutschen Corporate TV-Szene. In Betracht könnten unter anderem die Atkon AG aus Wiesbaden (haben bereits bwtv-Erfahrung), fischerAppelt, tvmedia (ehemals DaimlerChrysler TV Media und derzeit unter anderem für die Arbeitsagentur im Einsatz) oder Bavaria Film Interactive (arbeiten u.a. für Audi, BMW und SAP) kommen. Auch die ehemalige T-Systems-Tochter Media Broadcast könnte ihren Hut in den Ring werfen. Darüber hinaus dürften sich auch kleinere Anbieter die Sache mal anschauen, denn der kolportierte Etat des bisherigen Programms von unter 2 Millionen Euro dürfte auch von diesen zu stemmen sein. Entscheidend wird dabei sicher auch das Projektmanagement sein, wobei die Übertragungskapazitäten der Satellitenbetreiber das kleinste Problem sein dürften. Nach wie vor spannend ist, ob die Bundeswehr im Rahmen einer möglichen Vergabe endlich den längst überfälligen Schritt in Richtung Internet-Fernsehen gehen wird.

Noch offen – wer führt bwtv in Zukunft

Eine mögliche Vergabe von Redaktion und Produktion an einen privaten Anbieter ist richtig. Allerdings wird damit noch nicht die Frage beantwortet, wer auf Seiten des Verteidigungsministeriums das Medium führen wird. Formal wird das weiterhin der Presse- und Informationsstab des Ministeriums sein. Dessen Leiter ist allerdings bislang noch nicht dadurch aufgefallen, bwtv im Rahmen der Möglichkeiten zu nutzen oder gar zu fördern. Es bleibt also zu hoffen, dass der nun gestartete Teilnahmewettbewerb nicht der letzte Nagel für den Sarg des Programms ist, sondern der entscheidende Impuls, um dessen Möglichkeiten konsequent zu nutzen und die Bundeswehr im Wettbewerb der Bilder angemessen zu positionieren. Die Soldatinnen und Soldaten hätten es verdient.

Besäufnisse auf Staatskosten?

Wenn man einem aktuellen Bericht der Rhein-Zeitung glaubt, hat das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) angeblich jahrelang Gelder zweckentfremdet. Konkret sollen die Verantwortlichen des BWB mit Geldern für die Öffentlichkeitsarbeit andere Veranstaltungen finanziert haben. Das klingt auf den ersten Blick natürlich skandalös. Schaut man aber genauer hin, muss man sich doch schon so einige Fragen stellen. Die erste, ganz aus Sicht einer professionellen Kommunikation gedacht: Was wenn nicht Familienfeiern, Sommerfeste und Prinzenempfänge ist denn in den Augen des Bundesrechnungshofes Öffentlichkeitsarbeit? Die von der Rhein-Zeitung zitierte Aussage der Prüfer „Der karnevalistische ,Prinzenempfang“ ist weder als Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit noch als dienstlich repräsentative Veranstaltung einzuordnen“ offenbart ein erschreckendes Ausmaß an Unkenntnis über das Thema Öffentlichkeitsarbeit, fügt sich also nahtlos ins Gesamtbild der Bundeswehrkommunikation ein.

Was steckt dahinter?

Jeder, der einmal im militärischen Kontext mit Repräsentationsaufgaben betraut war, wird sich mit Schrecken an die veranschlagten Kostensätze für die Gästebetreuung erinnern. Die Alternativen hießen in der Regel „Kaltgetränk orange/grün/rot“oder Zuschuß aus dem eigenen Geldbeutel. Insbesondere Angehörige von Unteroffizier- und Offizierkorps mochten sich häufig nicht die Blöße geben, ihren Gästen die BW-Standardkost zuzumuten – vor allem dann, wenn sie selbst schon einmal die Gastfreundschaft und Bewirtung ausländischer Gastgeber erfahren hatten. Jetzt hat offenbar ein „Mitarbeiter des Präsidialbüros“ im Rahmen institutioneller Notwehr deratigen Peinlichkeiten entgegengewirkt. Dafür fordern die Prüfer nun „unverzüglich einschneidende dienst- und haftungsrechtliche Maßnahmen.“ Dem kann man sich nur anschließen. Wie wäre es beispielsweise mit einer besonderen förmlichen Anerkennung für Eigeninitiative und zielgerichtete Investition in die Außen- und Innendarstellung? Denn das Familien und das lokale sowie Vereinsumfeld zur Öffentlichkeit einer Behörde wie dem BWB gehöre, kann nur bestreiten, wer andere Absichten verfolgt, als die Haushaltsdisziplin zu wahren (wobei hier über die mögliche formale Richtigkeit der Vorwürfe keine eindeutige Aussage möglich ist).

Angesichts der veröffentlichten Vorwürfe – und der Tatsache, dass diese Vorwürfe überhaupt veröffentlicht werden – spricht vieles dafür, dass hier eine interne Fehde ausgetragen wird. Das wird insbesondere bei den in Frage stehenden Summen deutlich, die im Bericht genannt werden. Der einzig konkrete Betrag der unerlaubten Finanzierungsbeihilfen: 3609,60 Euro. Zusätzlich gibt es noch nebulöse Formulierungen über angebliche Kosten in Millionenhöhe durch Beteiligung anderer Bundeswehreinrichtungen. Die Summen sind lächerlich gering, die kolportierten angeblichen Kosten an den Haaren herbeigezogen und der Vorwurf der Zweckentfremdung aus der Außensicht unhaltbar. Man darf also gespannt sein, wer hier wessen Kopf im Visier hat. Es wäre nicht verwunderlich, wenn die geplanten Umstrukturierungen und Stellenkürzungen im BWB dabei zumindest eine (Neben-)Rolle spielten. Wir warten gespannt auf die nächste Runde.