Besäufnisse auf Staatskosten?

Wenn man einem aktuellen Bericht der Rhein-Zeitung glaubt, hat das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) angeblich jahrelang Gelder zweckentfremdet. Konkret sollen die Verantwortlichen des BWB mit Geldern für die Öffentlichkeitsarbeit andere Veranstaltungen finanziert haben. Das klingt auf den ersten Blick natürlich skandalös. Schaut man aber genauer hin, muss man sich doch schon so einige Fragen stellen. Die erste, ganz aus Sicht einer professionellen Kommunikation gedacht: Was wenn nicht Familienfeiern, Sommerfeste und Prinzenempfänge ist denn in den Augen des Bundesrechnungshofes Öffentlichkeitsarbeit? Die von der Rhein-Zeitung zitierte Aussage der Prüfer „Der karnevalistische ,Prinzenempfang“ ist weder als Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit noch als dienstlich repräsentative Veranstaltung einzuordnen“ offenbart ein erschreckendes Ausmaß an Unkenntnis über das Thema Öffentlichkeitsarbeit, fügt sich also nahtlos ins Gesamtbild der Bundeswehrkommunikation ein.

Was steckt dahinter?

Jeder, der einmal im militärischen Kontext mit Repräsentationsaufgaben betraut war, wird sich mit Schrecken an die veranschlagten Kostensätze für die Gästebetreuung erinnern. Die Alternativen hießen in der Regel „Kaltgetränk orange/grün/rot“oder Zuschuß aus dem eigenen Geldbeutel. Insbesondere Angehörige von Unteroffizier- und Offizierkorps mochten sich häufig nicht die Blöße geben, ihren Gästen die BW-Standardkost zuzumuten – vor allem dann, wenn sie selbst schon einmal die Gastfreundschaft und Bewirtung ausländischer Gastgeber erfahren hatten. Jetzt hat offenbar ein „Mitarbeiter des Präsidialbüros“ im Rahmen institutioneller Notwehr deratigen Peinlichkeiten entgegengewirkt. Dafür fordern die Prüfer nun „unverzüglich einschneidende dienst- und haftungsrechtliche Maßnahmen.“ Dem kann man sich nur anschließen. Wie wäre es beispielsweise mit einer besonderen förmlichen Anerkennung für Eigeninitiative und zielgerichtete Investition in die Außen- und Innendarstellung? Denn das Familien und das lokale sowie Vereinsumfeld zur Öffentlichkeit einer Behörde wie dem BWB gehöre, kann nur bestreiten, wer andere Absichten verfolgt, als die Haushaltsdisziplin zu wahren (wobei hier über die mögliche formale Richtigkeit der Vorwürfe keine eindeutige Aussage möglich ist).

Angesichts der veröffentlichten Vorwürfe – und der Tatsache, dass diese Vorwürfe überhaupt veröffentlicht werden – spricht vieles dafür, dass hier eine interne Fehde ausgetragen wird. Das wird insbesondere bei den in Frage stehenden Summen deutlich, die im Bericht genannt werden. Der einzig konkrete Betrag der unerlaubten Finanzierungsbeihilfen: 3609,60 Euro. Zusätzlich gibt es noch nebulöse Formulierungen über angebliche Kosten in Millionenhöhe durch Beteiligung anderer Bundeswehreinrichtungen. Die Summen sind lächerlich gering, die kolportierten angeblichen Kosten an den Haaren herbeigezogen und der Vorwurf der Zweckentfremdung aus der Außensicht unhaltbar. Man darf also gespannt sein, wer hier wessen Kopf im Visier hat. Es wäre nicht verwunderlich, wenn die geplanten Umstrukturierungen und Stellenkürzungen im BWB dabei zumindest eine (Neben-)Rolle spielten. Wir warten gespannt auf die nächste Runde.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.