Bundeswehr-Werbecheck #2

Bild einer Soldatin mit Gefechtshelm und getarntem Gesicht. Daneben der Spruch Schön Bund, mit d statt t geschrieben, und der Zeile Soldatin in der Bundeswehr

Werbung der Bundeswehr am Verteidigungsministerium in Berlin

Dank eines Tweets einer aufmerksamen Twitter-Nutzerin folgt schon heute die zweite Folge des Bundeswehr-Werbechecks. Diesmal aus der Kategorie Wortspielhölle:

 

Bundeswehr-Werbecheck #1

Ich probiere mal ein neues Format aus: Den Bundeswehr-Werbecheck. Das Prinzip ist sehr einfach, denn nicht ich bewerte darin aktuelle Werbe- und Kommunikationsmaßnahmen der Bundeswehr, sondern Ihr/Sie, also die Leserinnen und Leser dieses Blogs. Halt! Ganz so einfach ist es doch nicht, denn zumindest für mich gibt es ein entscheidendes Prüfkriterium. Ob Ihr/Sie Euch dem anschließt, bleibt Euch/Ihnen überlassen. Das Kriterium heißt:

„Beantwortet die Werbe- oder Kommunikationsmaßnahme zumindest mittelbar die Frage, warum Soldatinnen und Soldaten ihr Leben einsetzen  oder das Leben anderer nehmen sollen?“ – Denn genau darum geht es beim Dienst in den deutschen Streitkräften. Das macht – um im Werberdeutsch zu bleiben – den Markenkern der Bundeswehr aus, konkretisiert im Diensteid der deutschen Soldaten, mit dem sie geloben bzw. schwören, „das Recht und Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“.

Erster Kandidat im Bundeswehr-Werbecheck ist ein brandaktueller Spot aus der Nachwuchswerbung:

 

Unser Zustand

Ehrenhain im Feldlager Mazar e Sharif. Hier gedenken die Soldaten ihrer in Afghanistan gefallenen Kameraden.

Ehrenhain im Feldlager Mazar e Sharif. ZDF/Alex Alfes

 

Viele werden es vermutlich schon mitbekommen haben. Heute Abend läuft im ZDF der erste Teil der Dokumentation „Unser Krieg – Kampfeinsatz in Afghanistan.“  Das ZDF hat zur Sendung eine Microsite mit zusätzlichem Material eingerichtet. Außerdem finden sich in der Mediathek einige aktuelle Berichte, die sich dem Thema Afghanistan aus unterschiedlichen Perspektiven widmen. Was auffällt ist, dass die Bundeswehr selbst dem Thema kommunikativ eher wenig Raum gibt. Sicher, das Ministerium hat einen Pressetross mit zur Übergabe des Feldlagers Kunduz genommen. Die Chance aber, das Besondere des Dienstes der Soldatinnen und Soldaten aus eben dieser soldatischen Sicht darzustellen, haben die Kommunikationsstrategen im Bendlerblock – mal wieder – verpasst.

Aber was, wenn nicht? Wenn es also Absicht ist, dem Milität im Allgemeinen und den Kämpfern im Besonderen keine Bühne zu bauen? Dann, und das sage ich fast völlig ironiefrei, war die Kommunikationstrategie der vergangenen Jahre brillant. Soldaten spielen im breiten öffentlichen Diskurs kaum eine Rolle. Verirrt sich dennoch mal ein General in eine Talkshow – nicht, dass das ein Qualitätsmerkmal wäre – kann man sicher sein, dass hinter seinem Dienstgrad ein a.D. (außer Dienst) steht. Dass wir dennoch mit und nicht nur über unsere Soldaten sprechen, ist vor allem der Verdienst einzelner Soldaten. Soldaten, die sich und ihren Kameraden mit den Veteranenverbänden eine Stimme gegeben haben. Soldaten, die das Tabuthema der Traumatisierung durch Erlebnisse im Einsatz (PTBS) an die Öffentlichkeit gebracht haben. Und Soldaten, die ihre Erinnerungen an den Einsatz am Hindukusch in unterschiedlichster Weise aufgeschrieben haben.

Und weil unser Zustand so ist, wie er ist, ist es nicht verwunderlich, dass die vielleicht einprägsamsten Worte der afghanische Vize-Verteidigungsminister Nasrullah Nasari fand, als er die Mutter eines getöteten deutschen Soldaten, Tanja Menz, ansprach und über ihn, den Stabsgefreiten Konstantin Menz sagte: „Er hat sich geopfert und mit seinem Blut ein Zeichen gesetzt. Er ist auch ein Sohn dieses Landes.“

Es solte uns zu denken geben, dass vergleichbare Worte von der politischen Führung Deutschlands bislang nicht zu hören waren.

 

 

Geschichtsvergessen

Ein bemerkenswertes Detail der Selbstdarstellung der Bundeswehr,  beziehungsweise dessen Fehlen, hat Thomas Wiegold ausgegraben. In der offiziellen Chronologie des Afghanistaneinsatzes fehlt – zumindest auf der entsprechenden Seite der Bundeswehr – jeglicher Hinweis auf den von einem deutschen Oberst angeordneten Bombenangriff auf zwei entführte Tanklaste bei Kundus. Zufall, Absicht, Nachlässigkeit? Man weiß es nicht, aber weil die Bundeswehr das Organisationsprinzip, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut, auch in der Kommunikation professionalisiert hat, vermute ich schlichte Geschichtsvergessenheit. Zur strategischen Absicht fehlt einfach der Denkapparat, zumal in den Tiefen des Content Management Systems weiterhin beispielsweise des damaligen Leiter des Presse- und Informationsstabes, Thomas Raabe, zum „erfolgreichen Einsatz gegen Aufständische im Raum Kundus“ zu finden sind.

Wie dem auch sei. Im kollektiven Gedächtnis unserer Gesellschaft jedenfalls hat sich Kundus – nicht zuletzt durch die mediale Aufarbeitung – einen Platz gesichert. Auch die Bundesregierung hat sich nicht in die Niederungen der Geschichtsklitterung begeben. Im Gegenteil: Auf ihrer Webseite kann man die Statements von Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier nachsehen.