Was machen wir eigentlich hier? – Gute Frage.
Vor wenigen Tagen haben mir die Autoren und Filmemacher Daniel Moj* und Jörg Stolpe geschrieben. Sie haben eine Dokumentation für die ZDF-Sendereihe 37 Grad gedreht und mir angeboten, noch vor der Ausstrahlung erste Ausschnitte des fertigen Film zu sehen. Ichhabe das Angebot gerne angenommen und nicht nur einen Einblick in ihre Arbeit, sondern vor allem in die Arbeit deutscher Soldaten in Mali bekommen. Einen Einblick übrigens, den die Öffentlichkeitsarbeit des Verteidigungsministeriums bislang nicht geben konnte oder wollte – schließlich nutzte man den Einsatz in der Wüste lieber als Übungsplatz und Projektionsfläche für die Nachwuchswerbung. Das ist mit Webserie und Mali-Bot sogar ganz gut gelungen, bis der Absturz eines Kampfhubschraubers und der Tod der Besatzung die Inszenierung störten. Diese, die Erzählung störenden Opfer, wurden am Rande erwähnt und dann durch einen Zeitsprung der Webserie aus dem Drehbuch geschrieben. Ganz so, wie es Hollywood macht, wenn Seriendarsteller während der Dreharbeiten sterben.
Derart tragische Ereignisse sind während der Dreharbeiten von Moj und Stolpe glücklicherweise ausgeblieben, als sie mehr als ein Jahr lang einen jungen Offizier der Gebirgsjägertruppe begleiteten, der als Zugführer mit 41 Mann nach Mali geschickt wurde. Entstanden ist ein bemerkenswert leiser Film, der außerdem – man muss sagen: endlich – auf einem Sendeplatz laufen wird, der ein größeres Publikum erreicht, als für Dokumentationen über die Bundeswehr üblich. Die werden nämlich in der Regel in der Mitternachtschiene versendet. Die Begründung dafür lautet in der Regel, dass es an Interesse beim Publikum mangeln würde, was wiederum die schlechten Quoten der Spätausstrahlungen bestätigen. Jetzt scheint das ZDF der Mut gepackt zu haben, denn das ungeliebte Thema Bundeswehr auf den Sendeplatz von 37 Grad zu heben, kann durchaus zu kontroversen Diskussionen führen. Schließlich zeigt der Sender dort vor allem Geschichten, bei denen es in alle Richtungen menschelt. Das tut es auch bei „Einsatz im Wüstensand – Ein Soldat auf Friedensmission“, und zwar gewaltig.
Mit Matthias Lehna lernen wir einen jungen Mann kennen, der so gar nicht den Klischees entspricht, die das Ministerium so gerne in der Nachwuchswerbung zeigt. Er stellt sich nicht nur die Frage nach dem Sinn, sondern spricht sie auch aus. Lehna ist nachdenklich. Er zweifelt, und er teilt diese Zweifel mit seinen Männern. Das macht ihn glaubwürdig, und als Zuschauer verstehen wir auf einmal besser, warum Soldaten und Soldatinnen bereit sind, zu dienen. Den Sinn des Einsatzes – an dem man zweifeln kann, ja muss – verkörpert in der Dokumentation Lehnas Frau. Sie, die angehende Juristin, ist schwanger als er in den Einsatz geht. Wir erfahren wenig darüber, wie sie die Zeit ohne ihn meistert. Aber ihre wenigen klugen Worte, geben nicht nur ihm sondern dem ganzen Film zusätzlichen Halt.
In diesem Sinne: Einschalten lohnt sich, am Dienstag, den 26. Juni 2018 um 22:15 im ZDF.
* Daniel Moj ist mein Freund. Wir haben gemeinsam ab 2000 den ersten Einsatzkameratrupp der Bundeswehr aufgebaut. Meine Bewertung ist also nicht objektiv. Der Film ist trotzdem klasse 🙂