Werbung und Wirklichkeit

Die Personalwerbung der Bundeswehr ist überragend. Das sagen zumindest Expertinnen und Experten, die in den Jurys von Wettbewerben der Werbe- und Kommunikationsbranche sitzen. So vergab beispielsweise die Jury des Effie Award zum ersten Mal in der Geschichte des Preises einen Grand Effie an die Bundeswehr für die Kampagne Die Rekruten.

Auch bei den PR Report Awards entschied die Jury, dass die Kampagne preiswürdig sei und zeichnet sie in der Kategorie Employer Branding aus. Das freut natürlich auch die betreuende Werbeagentur Castenow.

An dieser Stelle müssen wir die Werbung kurz für eine Wirklichkeitspause unterbrechen, denn die Realität will sich den Fiktionalitäten des Bendlerblocks nicht so recht fügen. So ist nicht nur die Zahl der Bewerber für den freiwilligen Wehrdienst (FWDL) regelrecht eingebrochen, wie die dpa meldet. Nein, auch trotz eines leichten Anstiegs der Bewerberzahlen für eine Laufbahn der Zeitsoldaten, ist die Gesamtzahl der Bewerberinnen und Bewerber von 44.533 auf 43.512 gesunken. Bei den FWDLern bricht darüber hinaus jeder vierte die Ausbildung während der Probezeit ab.

Was die erfolgreichen Werber dazu sagen, werde ich mal versuchen, in Erfahrung zu bringen. Allerdings habe ich wenig Hoffnung dazu etwas substantielles zu erfahren. So antwortete beispielsweise der Sprecher des Verteidigungsminsteriums, Jens Flosdorff, im Jahr 2016 während einer Branchenveranstaltung, wie weit das Ministerium denn mit der Umsetzung des schon lange versprochenen Veteranenkonzepts sei, sinngemäß, dass dies ja nur eine Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit für Reservisten und daher nicht vordringlich sei. Kann man so sehen, aber da jeder Rekrut auch ein potentieller Veteran ist, ist es durchaus plausibel anzunehmen, dass sich junge Menschen auch darüber informieren, wie sich ihr zukünftiger Arbeitgeber verhält, wenn sie denn das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes mal wirklich unter Einsatz ihres Lebens verteidigen müssen. Oder um es mal im Branchenjargon zu sagen: Storytelling und Storydoing müssen zusammenpassen, sonst glaubt es nämlich niemand.