Falsche Federn?

Im Januar hatte die Informations- und Medienzetrale noch damit „gedroht“, mal wieder zur Kamera gegriffen zu haben. Wie es scheint, haben die Verantwortlichen dabei aber verschwiegen, dass sie – glücklicherweise muss man sagen – auf die Kompetenzen von echten Medienprofis zurückgegriffen haben. Die Verantwortung dafür, dass echte Filme und kein Murks herauskommen, hat die Firma Capture MM übernommen.

Teurer Nachwuchs

Ein Grund für die professionelle Hilfe ist sicherlich, dass es bei diesem Projekt vor allem darum geht, Nachwuchs zu werben. Und um diesen mit beschwichtigenden und beschönigenden Bildern einzulullen, ist den Personalwerbern der Bundeswehr das Beste gerade gut genug. Mit mehr als 10 Millionen Euro für die Nachwuchswerbung stehen Ihnen auch viermal so viel Mittel zur Verfügung wie den „normalen“ Öffentlichkeitsarbeitern“ der Bundeswehr, die sich mit rund 2,5 Millionen Euro bescheiden müssen (wobei dieser Titel im Vergleich zu 2007 um etwa 200 Millionen gestiegen ist. Jeweils Nachzulesen im Einzelplan 14 des Bundehauhaltsplans 2008.)

Wozu eine Medienzentrale?

Bleibt abschließend die Frage, warum die Bundeswehr nicht weite Teile der Medienproduktion an echte Profis auslagert, sondern stattdessen in Sankt Augustin bei Bonn eine teure Medienzentrale unterhält? Die Qualität der Produkte, die dieses Haus verlassen, ist sicher nicht der Grund, zumal das dort eingebaute technische Gerät in den vergangenen 10 Jahren nur sehr selten eine vergleichbare Betriebstemperatur wie bei einem nach wirtschaftlichen Kriterien geführtes Medienunternehmen haben dürfte. Selbst als Ausbildungseinrichtung hat die Zentrale offensichtlich zu keinem nennenswerten Kompetenzgewinn auf Seiten der militärischen Kommunikationsmanager beigetragen. Insofern wäre es sicher kein Verlust, hier über eine Privatisierung nachzudenken, und angesichts der rapide gestiegenen Leistungsfähigkeit von Heimcomputern und Videokameras können die Bundeswehrangehörigen in Sankt Augustin voll darauf vertrauen, dass sich Hochzeitsvideos und Experimentalfilme auch mit zivilem Gerät wunderbar herstellen lassen.

Schönredner in Berlin

Es ist kein gutes Zeugnis, das Professor Martin Löffelholz im Interview mit Spiegel Online den Kommunikationsmanagern des Verteidigungsministeriums ausstellt, aber wirklich überraschend ist es nicht. Nun ist Löffelholz keiner der selbsternannten Experten, die immer dann auftauchen, wenn mediale Kleingewinne verteilt werden. Im Gegenteil: er ist einer der wenigen, die sich bereits seit längerem systematisch mit dem Zusammenhang von Krieg und Medien im Allgemeinen und der Kommunikationsarbeit der Bundeswehr im Besonderen befassen. Ein Sachverhalt, der die Arbeit von Löffelholz ironischer Weise von den Bundeswehrhochschulen und dem der Akademie für Information und Kommunikation angeschlossenen Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr unterscheidet. (Man könnte soweit gehen, zu sagen, die Bundeswehr will auch hier gar nicht wissen, was sie nicht weiß) Eine zentrale Forderung, die Löffelholz daraus ableitet – und die nur unterstrichen werden kann – ist die nach einem Forschungsnetzwerk oder Think Tank, die sich der Themen nachhaltig annehmen – also etwas zu tun, das die Schönredner in Berlin systematisch unterlassen.

Schneiderhan goes green

Als ehemaliger Fallschirmjäger kann ich eine grundsätzliche Sympathie zur Farbe Grün nicht verhehlen. Außerdem unterstütze ich natürlich jeden, der sich für den Wald einsetzt, wer sonst gibt dem Infanteristen so viel Schutz, Deckung und bisweilen auch Nahrung.

Eine kontroverse und interessante Auseinandersetzung wird es dagegen hoffentlich auf dem Grünen Friedenskongress am 7. und 8. März in Berlin geben, wenn der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan unter anderem mit Winfried Nachtwei und der ehem. finnische Verteidigungsministerin Elisabeth Rehn, das Thema „Frieden schaffen – aber wie? Krisenintervention und State Building“ diskutieren wird.

Einer ist zu wenig

„Ein Mann formt seine Armee“, überschreibt Eckart Lohse sein Portrait von Wolf Schneiderhahn, dem Generalinspekteur der Bundeswehr, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. So verkürzt (und damit mediengerecht) diese Personalisierung auch ist, spricht vieles dafür, dass sie im Kern eine tiefere Wahrheit enthält. Natürlich würde Schneiderhahn das selbst nicht so sehen. Die Transformationsleistung der vergangenen fünf Jahren ist auch das Ergebnis von vielen anderen, die sich beharrlich an der bürokratischen Logik der Institution Bundeswehr abgearbeitet haben. Doch darunter – und vor allem im Unterschied zu, unerfahrenen zivilen Leitungsstab des Ministerium – ragt Schneiderhahn heraus. Wie sehr, bringt Lohse wie folgt auf den Punkt:

„Schneiderhan, so ist vielfach zu hören, sei der einzige Vordenker, das „Brain“ in der Bundeswehr und im Ministerium. Im Verteidigungsausschuss, so wird berichtet, spreche Jung immer noch so, als sitze er vor der Frankfurter CDU und bete herunter, wo die Bundeswehr überall im Einsatz sei. Wenn Schneiderhan dann ein paar präzise Aussagen über einen Einsatz mache, nickten alle mit dem Kopf.

Diese Einschätzung kann man, vor allem mit Blick auf das von Heyst-Papier, auch unter dem Blickwinkel der Kommunikationsstrategie voll zustimmen. Angesichts der verbleibenden 1 1/2 Jahre im Amt, ist es aber dringend geboten, diese strategische Weitsicht in der Bundeswehrführung tiefer zu verankern und sich die dazu nötige Expertise ins Haus zu holen. Man darf also gespannt sein, wie der neue Einsatzführungsstab besetzt sein wird, denn einer ist zu wenig, um die dringend notwendige Transformation der Bundeswehr weiter voranzutreiben.

Gescheiterte Kommunikationsstrategie 2

Eine verfehlte Informations- und Kommunikationspolitik macht auch Thomas Bauer vom Centrum für angewandte Politikforschung als ursächlich für die geringe Zustimmung der Bevölkerung zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan verantwortlich. Ähnlich wie zu Guttenberg nennt aber auch er nicht Ross und Reiter, sondern belässt es bei der – richtigen – Forderung nach einer Debatte. Etwas konkreter dürften die „Produkte“ der „unabhängigen Denkfabrik“ schon sein.

Gescheiterte Kommunikationsstrategie?

In der aufgeregten (Medien-)Diskussion um den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan lässt eine Bemerkung des CSU-Außenpolitiker Karl-Theodor zu Guttenberg aufhorchen. Im Interview mit Spiegel Online übt er scheinbar deutliche Kritik an der Kommunikationsstrategie. Allein, es wird nicht klar, wen er genau meint, denn er schließt einfach „alle politischen Verantwortungträger“ in seine Kritik ein.

„Unsere Kommunikationsstrategie der letzten Jahre ist gescheitert, wir müssen uns hier definitiv verbessern. Das gilt für alle politischen Verantwortungsträger. In die Bevölkerung hinein und gegenüber den Bündnispartnern muss Deutschland detailgetreuer darstellen, was die Bundeswehr in Afghanistan macht und weshalb sie es tut. In den letzten Jahren wurde von unserer Seite aus mit einer gewissen Schüchternheit kommuniziert, um möglicherweise nach innen keine Verstörungen hervorzurufen. Das hat aber wohl auch dazu geführt, dass die Wahrnehmung bei unseren Bündnispartnern eine falsche ist.“ 

So begrüßenswert die grundsätzliche Einsicht auch ist – sie geht am Kern dessen, was zu verändern ist, vorbei. Zum einen steckt in der Aussage, die Kommunikationsstrategie (wessen eigentlich) sei gescheitert, die Behauptung, es habe überhaupt eine gegeben. Wenn zu Guttenberg damit das Verteidigungsministerium meint, so sollte er dort noch einmal danach fragen, aber nicht allzu enttäuscht sein, wenn er sie nicht findet. Die entsprechenden Konzeptionen und Erlasse des Ministeriums (insbesondere die Teilkonzeptionen Informationsarbeit, Operative Information und Informationsoperationen) sind in weiten Teilen von einer derart bemerkenswerten Unkenntnis und mangelndem Verständnis für das strategische Kommunikationsmanagement geprägt, dass beim besten Willen nicht von einer Kommunikationsstrategie die Rede sein kann. Die Kommunikation der Parteien  kann zu Guttenberg ebenfalls nicht gemeint haben, denn die folgt – richtiger Weise – völlig unterschiedlichen Strategien.

Vom großen Wort der gescheiterten Kommunikationsstrategie bleibt damit nicht viel mehr als ein kleines „wir müssen mehr miteinander reden.“ Das immerhin ist so richtig, dass zu hoffen ist, dass den Worten Taten folgen und sowohl die Abgeordneten als auch das Verteidigungsministerium sich endlich mit der gebotenen Aufmerksamkeit, Professionalität und Nachhaltigkeit diesem Thema widmen. Dann klappt´s auch mit der Strategie.

Milchmädchen und Trockenschwimmer

Weil sich es ja immer so toll anhört, dass Deutschland das drittgrößte Kontingent der ISAF stellt (u.a. hier nachzulesen), jetzt mal eine ganz einfache – und natürlich ebenso falsche – Milchmädchenrechnung. Die USA stellen mit rund 15.000 Soldatinnen und Soldaten die größte Truppe und haben rund 300 Millionen Einwohner, macht einen Soldaten pro 20.000 Einwohner. Deutschland stellt ungefähr einen Soldaten pro 25.000 Einwohner und die Niederlande stellen einen Soldaten pro 10.000 Einwohner. Gemessen an den behaupteten Interessen der deutschen Politik ist das eher ärmlich – oder vielmehr unredlich, wie das Jan Techau und Alexander Skiba in einem Standpunkt der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik treffend herausarbeiten. (Zur Statistik siehe auch den Hinweis von Thomas Wiegold auf den Allied Command Situation Report)

Insbesondere der (erneuten) Forderung nach einer Debatte kann man sich nur anschließen – wobei dabei auch herauskommen kann, dass die Mehrheit der Deutschen den Einsatz ablehnt. Dann aber bitte mit allen – auch materiellen – Konsequenzen, denn das bedeutet nicht mehr und nicht weniger als den Abschied aus vielen Bereichen der Weltgemeinschaft (und damit auch den Verlust der Rolle eines glaubwürdigen Kritikers bspw. der verfehlten Irak-Politik der USA).

Vielleicht ist die Debattenpolitik der Kommunikationsburkaträger in den Parteien und Ministerien aber nicht nur unredlich und unprofessionell, sondern vor allem darauf bedacht einige unangenehme Tatsachen zu verschleiern. Hinter einem dieser Schleier – dem, dass die Bundeswehr überfordert sei (was sie ist) -, liegen nämlich rund 20 Jahre verfehlter Außen- und Sicherheitspolitik inkl. eines Versagens bei der Transformation der Streitkräfte, den eben letztere nun als Trockenschwimmer ausbaden müssen.

Brieffreunde

Auch in Zeiten der digital vernetzten Kommunikation erweisen sich Briefe derzeit wieder einmal als eines der wirksamsten Mittel professionellen Kommunikationsmanagements. Es verwundert kaum, dass die Verantwortlichen im Verteidigungsministerium auch diesem Instrument kaum gewachsen scheinen. Treffend charakterisiert Klaus-Dieter Frankenberger in der Samstag-FAZ die Passivität des Ministeriums und der Bundesregierung als „Feigheit vor dem Bürger.“ und öffnet mit einem Artikel über das Schicksal dreier Bundeswehrsoldaten in der Sonntagsausgabe den gesamten Diskussionsraum von der politisch-strategischen bis zur menschlichen Dimension dieses Einsatzes. In der morgigen Ausgabe der FAZ legt dann Michael Rühle, Leiter des Planungsreferats der Politischen Abteilung der Nato in Brüssel, nach. „Am Rubikon der Kampfeinsätze“ überschreibt er seinen Beitrag, und beschreibt damit ziemlich präzise, wo wir in der Diskussion stehen.

Auch zu dem, was nun zu tun ist, äußert sich Rühle: Erstens müssten Auslandseinsätze künftig weitaus sorgfältiger abgewogen werden als bisher. Zweitens müsse die Bundeswehr den Weg zur Einsatzarmee konsequent weitergehen – mental wie materiell. Und drittens und vor allem müsse die Bundesrepublik eine sicherheitspolitische Debatte führen, die sich an den Konflikten des 21. Jahrhunderts orientiert. Klar ist dabei aber auch, dass die deutsche Politik diese Debatte selbst aktiv vorantreiben muss. Wenn sie dies weiter ihren Brieffreunden überlässt, wird sie keine Gestaltungsmacht beanspruchen dürfen. Das bedeutet aber auch, dass sie nicht mehr mäßigend auf die anderen NATO-Partner wird einwirken können.