Jugendoffizier Jung – und seltsame Sparversuche des Streitkräfteamts

Die Jugendoffiziere sind vermutlich eine der erfolgreichsten Institutionen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr. Verteidigungsminister Jung ist nun quasi in die Fußstapfen dieser 1958 eingerichteten „Sondereinheit“ getreten. In einer zweistündigen Podiumsdiskussion an der Marienschule in Limburg (weitere Bilder hier) diskutierte Jung mit rund 250 Oberschülerinnen über, so der offizielle Titel, „Die sicherheitspolitischen Herausforderungen Deutschlands und die Rolle der Bundeswehr in einer von Terrorismus bedrohten Welt“. Arrangiert hatte das Treffen Klaus-Peter Willsch, Bundestagsabgeordneter mit großem Darstellungsdrang. Insgesamt war die Veranstaltung wohl ein voller Erfolg, und das Engagement des Ministers an der Basis ist sehr zu begrüßen, steht aber in einem seltsamen Kontrast zu einer vermeintlichen Sparmaßnahme in der sicherheitspolitischen Öffentlichkeitsarbeit.

Kein Y. mehr für Jugendoffiziere

Nach übereinstimmenden Aussagen glaubwürdiger und unabhängiger Quellen scheint das Streitkräfteamt, dem die hauptamtlichen Jugendoffiziere unterstellt sind, verfügt zu haben, dass den Jugendoffizieren nur noch wenige Exemplare des Bundeswehr-MagazinsY. zur Verfügung gestellt werden. Statt wie bisher relativ großzügig die jeweils aktuelle Ausgabe an ihre jugendlichen (und erwachsenen) Gesprächspartner verteilen zu können, sind die Jugendoffiziere nun aufgefordert, dem Streitkräfteamt die möglichen Bezieher namentlich zu nennen. Als Hauptgrund für diese Vorgabe werden Einsparbemühungen kolportiert. Der Sparwillen geht mit einem Alternativangebot einher. An Stelle des durchaus attraktiven – und nach Aussage von Jugendoffizieren auch nachgefragten Magazins – bekommen die „Referenten für Sicherheitpolitik“ die Werbepostille „infopost“, verbunden mit der Aufforderung, fortan diese aktiv zu verteilen.

Um sich den ganzen Unsinn dieser Entscheidung – so sie denn stimmt – bewust zu machen, hier ein paar Zahlen:
– Die verbreitete Auflage der Y. liegt bei 73.500 Exemplaren im Monat
– Deutschlandweit gibt es 94 hauptamtliche Jugendoffiziere
– wenn man jedem hauptamtlichen Jugendoffizier (wie bisher) je 50 Exemplare zur Verfügung stellte, wären das 4.700 Exemplare (oder rund 6 Prozent)
– Die Druckkosten für die den Jugendoffizieren zur Verfügung gestellten Exemplaren sind bei dieser Auflage quasi vernachlässigbar (es sei denn, dem Dienstleister ist es, ähnlich wie bei „echten“ Rüstungsgeschäften, gelungen, dem Auftraggeber einen völlig überzogenen Preis in die Bestellung zu schreiben)

Jugendoffiziere zu Nachwuchswerbern?

Was dem ganzen Vorgang die Spitze aufsetzt – und dazu noch in eklatantem Widerspruch zum Auftrag der Jugendoffiziere steht – ist die Aufforderung an die Jugendoffiziere die „infopost“ zu verteilen. Dieses Blättchen ist eindeutig eine Medium der Nachwuchsgewinnung und wird zu Recht vom Referat Personalmarketing in der Abteilung Personal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten des Bundesministeriums der Verteidigung herausgegeben – und von den Empfängern auch als solches erkannt. Inhaltlich hilft es den Jugenoffizieren keinen Schritt weiter – und wird von diesen vermutlich (oder hoffentlich) möglichst direkt wieder dem Wertstoffkreislauf zugeführ. Und vielleicht kann sich mal jemand, der sich damit auskennt der Sache annehmen und den wild gewordenen Sparfuchs im Streikräfteamt wieder einfangen, bevor dieser noch weitere Ideen entwickelt, um eine der echten Erfolgsgeschichten der Bundeswehrkommunikation zu sabotieren.

Fernsehen zum Lesen

Es ist schon erstaunlich. Da war offensichtlich ein Team des Bundeswehr eigenen Fernsehsenders zu Dreharbeiten im Kosovo. Vermutlich war dieser Einsatz derart anstrengend, dass sich der Schnitt des fertigen Beitrages noch einige Monate hinziehen wird. Um die Zeit des sehnsüchtigen Wartens auf die neueste kinematographische Meisterleistung der St. Augustiner Filmer zu verkürzen, haben sie die Redaktion der Webseite der Streitkräftebasis überredet, einen Text über ihren Einsatz zu verfassen (Auch die Top Story auf bundeswehr.de). In seinem Beitrag schwadroniert Autor Steffen Maluche derart auffällig über die fast schon unglaublichen Herausforderungen, denen sich das Filmteam ausgesetzt sah (u.a. Regen, hört, hört) und die enorme Erfahrung der Filmemacher, dass man nicht anders kann, als sich fragen, was das soll?

Ist die Ausschreibung zu einer eventuellen Vergabe von bwtv an einen zivilen Dienstleister mittlerweile derart weit fortgeschritten, dass man sich in St. Augustin ernsthaft Sorgen macht, dass dort bald jemand den Arbeitstakt eines modernen Medienproduktionsunternehmens vorgibt, und will man deshalb noch schnell dokumentieren, dass man ja doch schon mal einen Film selbst gedreht hat? Oder ist dieser Artikel nur ein weiteres Zeichen einer redaktionellen Planung, die völlig beliebig irgendwelche Artikel veröffentlicht, ohne Schwerpunkte zu setzen, Struktur zu geben und Themen zu entwickeln?

Wie dem auch sei: Was völlig daneben ist, ist mit einem riesen Bohei über angeblich so anstrengende Dreharbeiten zu SCHREIBEN und den Film dazu nicht zu zeigen. Das ist Dilettantismus in Reinkultur. Andererseits ist es angesichts der bisher in Regie von bwtv entstandenen Beiträge vielleicht auch besser, dass sie uns nicht ein weiteres Dokument des Scheiterns liefern.

Winterschlaf?

Schwer vorstellbar, aber derzeit scheint es aus Sicht des Verteidigungsministeriums kaum relevante sicherheitspolitische Themen zu geben, über die es sich zu sprechen lohnte. Liegt das an der so genannten Wirtschaftskrise, bei der sich der erwartete Rückgang der Wirtschaftsleistung um 5 Prozent zu einem Verlust der Hoffnung um gefühlte 100 Prozent entwickelt hat? Oder haben sich die Strategen im Bendlerblock ein Schweigegelübde bis zur Amtseinführung des neuen US-Präsidenten am 20. Januar auferlegt? Außer ein paar Allgemeinplätzen von Minister Jung zum Gaza-Konflikt und den üblichen Berichten über seine Truppenbesuche ist – Stand heute – die Elternzeit eines der Topthemen auf der Webseite des Ministeriums.

Den offenkundigen Winterschlaf des BMVg nutzen die außenpolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen und bringen einen möglichen Einsatz der Bundeswehr im Gaza-Streifen ins Gespräch. Die reale und mediale Dimension dieses Konflikt arbeitet erneut die Redaktion von Zeit Online hervorragend auf. Einen guten Einstieg ins Thema bietet das Interview mit Herfried Münkler vom 6. Januar, in dem er klar macht, was diese „neue Art des Krieges“ ausmacht, wie sie zwischen Israel und der Hamas zu beobachten ist. Gewissermaßen den Krieg 2.0 betrachtet Kai Biermann in seinem Artikel „Propagandaschlacht im Internet“. Vielleicht nutzen die Kommunikationsexperten in Berlin ja die Zeit, um ein bisschen zu lesen – wenn sie schon nichts sagen dürfen.

7 Jahre danach

Abzeichen des Einsazkameratrupps der Bundeswehr

Auf manches wartet man ja etwas länger. Umso größer ist die Freude, wenn man das Obkjekt der Begierde dann doch noch bekommt. Seit 2001 hatte ich in Bezug auf Bundeswehr-Devotionalien keinen größeren Wunsch als endlich das Abzeichen des Einsatzkameratrupps (Mehr dazu u.a. hier, hier, und hier) der Bundeswehr zu bekommen. Am 21. Dezember 2008 war es endlich soweit, und ein Freund und ehemaliger Kamerad machte mir ein wirklich tolles Geburttagsgeschenk. Nicht ohne darauf hinzuweisen, dass dies ohne den Einsatz eines anderen EKT-Urgesteins nicht möglich gewesen wäre. Deshlab auch an dieser Stelle noch mal herzlichen Dank nach Mayen.

P.S. Kurzer „historischer“ Hinweis. Das EKT-Logo enstand 2001 während des ersten Einsatzes des EKT im Kosovo. Ich saß damals an einem Laptop und dachte, dass für die erste Live-Übertragung des EKT eine passende Senderkennung sicher ganz schick wäre. Mittlerweile dürfte es eine ganze Reihe von Soldatinnen und Soldaten geben, die das Abzeichen nicht ohne Stolz an ihrer Uniform tragen – und das ist der eigentliche Erfolg.