Konjunkturpaket für die Bundeswehr-Kommunikation

Ich begrüße ausdrücklich, dass es erste Anzeichen gibt, dass sich die Bundeswehr auf den Weg gemacht hat, ihre Kommunikation zu professionalisieren. Und ich begrüße ausdrücklich, dass sich die Bundeswehr dabei von externen Experten unterstützen lässt. So war beispielsweise die „Nutzerbefragung“ zu den Online-Präsenzen der Bundeswehr eine durchgängig erfreuliche Erfahrung. Auch die Entscheidungen, sich bei Konzept und Design dieser Präsenzen durch die Pixelpark AG helfen zu lassen sowie das Medienkonzept der Bundeswehr insgesamt gemeinsam mit der Electronic Media School neu aufzustellen, erscheinen mir sachgerecht. Es gibt wahrlich schlechtere Zwecke zu denen Haushaltsmittel eingesetzt werden können. (Und die Vertriebsaufwände der Vertragsnehmer bspw. durch Teilnahme an Bundeswehrveranstaltungen dürften sich darüber auch amortisieren).

Etwas irritiert bin ich aber, wenn ich höre, dass die Beratung innerhalb der Bundeswehr nicht wirklich angenommen wird, weil beispielsweise Online-Redaktionen die Reisekosten zu Workshops in Strausberg selbst tragen müssen, und daher keine Deligierten schicken. Sind das „Scheißhausparolen“, oder ist da etwas dran? Und: Was machen eigentlich die ganzen gute und teuer ausgebildeten Spezialisten innerhalb der Bundeswehr und im Besonderen an der AIK so den ganzen Tag, wenn für wirklich alle relevanten Bereiche externe Expertise benötigt wird? Oder anders gefragt: Auf welcher Grundlage haben beispielsweise die AIK als zentrale Ausbildungsstätte und die Informations- und Medienzentrale als Medienproduktionshaus bisher gearbeitet? Nehmen wir das geballte Konjunkturpaket für die Bundeswehr-Kommunikation also als zweierlei: Als Eingeständnis der auch hier immer wieder thematisierten Mängel und als Auftakt eines Lernprozesses – bei dem es allerdings wünschenswert wäre, möglichst viele Interne mitzunehmen. Nur so wird Lernen nachhaltig.

Nachtrag:

Oder um es anders zu sagen: Ich hätte das Projekt mit einer internen Arbeitsgruppe unter gezielter Zuhilfenahme externer Experten umgesetzt. Insofern bin ich gespannt, zu hören, wie das Verhältnis intern – extern hier ist.

Professionalisierung – endlich

Unlängst betonte Verteidigungsminister Thomas de Maizière noch, dass das Konzept für die neue Kernbotschaft der Bundeswehr „Wir.Dienen.Deutschland.“ ohne externe Unterstützung entwickelt wurde. Nun hat sich sein Haus, namentlich die Akademie für Information und Kommunikation, der Hilfe von Profis in Sachen digitaler Kommunikation versichert. „Pixelpark meldet sich zum Dienst“ tönt es dazu aus Bielefeld. Was die PR-Abteilung der börsennotierten Agentur hier etwas vollmundig aufbläst, ist der Auftrag zur „Konzepterstellung und darauf aufbauend einer Designstudie für die Ausrichtung und Darstellung des BMVg und der Bundeswehr in den digitalen Medien“, wie es etwas nüchterner im Vergabedeutsch heißt. Ähnlich wie bei den freiwillig Wehrdienstleistenden ist die Beziehung zunächst noch nicht auf Dauer angelegt. Bis zum 30. November läuft der Vertrag. Dennoch: Es ist eine gute Nachricht. Bereits bei einer Nutzerbefragung zum gleichen Thema hat sich die Bundeswehr im Rahmen einer Community helfen lassen, und die Kollegen von TNS Emnid haben aus meiner Sicht als Teilnehmer dabei exzellente Arbeit geleistet.

Eine kleine Spitze in Richtung Berlin aber lässt sich nicht vermeiden, denn, so Pixelpark: „Die Konzeption beinhaltet neben den Portalen auch die Social Media-Präsenzen und Mobile-Lösungen sowie die komplette Neugestaltung sämtlicher digitalen Kanäle beider Institutionen.“ Das ist richtig und wichtig, ist aber auch ein nachdrücklicher Hinweis, dass die Bundeswehr in diesen Kanälen bislang ohne Konzept agiert. Eine Vermutung, deren Richtigkeit sich an der Realität leicht und wiederholt überprüfen lässt.

Ein Fall „Kika“ bei der Bundeswehr?

Der Fall, über den der General-Anzeiger hier berichtet, könnte interessant werden. Laut Angaben ihres Sprechers geht die Staatsanwaltschaft Bonn dem Verdacht nach, ein Offizier der Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr habe Aufträge an eine Firma vergeben, an der er selbst beteiligt war, ohne, dass dafür Leistungen erbracht worden wären.

Dieser Verdacht erinnert an den Fall des Produktionsleiters des Kinderkanals, der jahrelang Gelder abgezweigt hatte, um seine Spielsucht zu finanzieren, und der nun zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde. Mit Blick auf die Medienzentrale der Bundeswehr ist der Verdacht besonders pikant. Schon seit Jahren fällt sie, gelinde gesagt, nicht durch eine besonders hohe Leistungsfähigkeit auf. Das Pilotprojekt bwtv dümpelte lange Zeit vor sich hin und hat erst in jüngster Zeit etwas Fahrt aufgenommen, nicht zuletzt durch den YouTube-Kanal der Bundeswehr. Selbst wenn qualitativ noch Luft nach oben ist, sind unter den Beiträgen auch schon einige gute gewesen.

Allerdings ist es auch schon lange gängige Praxis, Produktionen auszulagern, und gerade hier scheint sich nun ein Führungsproblem zu offenbaren. Selbstverständlich gilt es, die Ermittlungsergebnisse abzuwarten, aber wie es im System Bundeswehr gelingt, an der Dienstaufsicht vorbei Gelder umzuleiten, wird interessant sein zu erfahren.

Völlig überraschen ist das für Insider vermutlich nicht. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Angehörige der Medienzentrale, die sich mühsam durch den Dienstalltag schleppen, außerhalb des Dienstes bemerkenswerten Arbeitseifer und Kreativität entwickeln. So lange das im Rahmen einer genehmigten Nebentätigkeit geschieht, ist das für den Dienstherren zwar ärgerlich, aber erlaubt. Wenn aber Offiziere offenbar Zeit haben, neben ihrem Dienst am Vaterland noch Firmen zu gründen, und diese dann nutzen, um den Dienstherre zu bescheißen, liegt einiges im Argen. Man kann nur hoffen, dass dies nicht die Spitze eines Eisberges ist, wenngleich die Aussicht verlockend ist, dass man sich nun einmal ernsthaft damit befasst, die Medienzentrale zu professionalisieren. Mir klingt dabei noch die Aussage eines Unternehmers im Ohr, mit dem man einmal über die Möglichkeit sprach, die Medienzentrale zu privatisieren. Er sagte, er könne sich das durchaus vorstellen, müsste aber eine Bedingung stellen: „Nur ohne das Personal.“

Facebook als Lernplattform

Zum Wochenende eine kurze Bilanz der ersten Tage, da die Bundeswehr offiziell auf Facebook ist, und damit verbunden ein paar Hinweise an die Kommunikatoren der Bundeswehr. Die von mir wegen ihrer unklaren Hintergründe kritisierte Bundeswehr-Fan-Page zeigt, wie man soziale Netzwerke nutzen kann, um Kommunikation und vor allem Austausch unter den Interessierten ermöglichen kann. Im Vergleich dazu zeigt die Bundeswehr-Karriere-Page, wie eine Institution trotz besseren Wissens durch das Internet dillettiert. Entweder hat man mit der Planung und Umsetzung dieser Maßnahmen Soldaten betraut, denen man aus guten Gründen keine Verantwortung für Waffensysteme geben möchte, oder das eigentliche Ziel der Präsenz ist es, den vorgesetzten Dienststellen zu beweisen, dass das mit dem Internet eh nix bringt. Dann wäre es vortrefflich gelungen.

Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass die Bundeswehr dennoch die Lernchance erkennt und ergreift, die ihnen Facebook bietet. Die Chance, im kommenden Jahr als Social Media-Best Practice die Konferenzen der Republik zu beglücken, hat sie dagegen vergeben. Sie hätte einfach nur dem Beispiel des Twitter-Kanals des ZDF folgen müssen, und den Betreiber der Fan-Page und die knapp 27.000 Fans, die sehr aktiv sind, an Bord holen müssen.

Warum die Bundeswehr Social Media Guidelines braucht

Wie interessierte Leserinnen und Leser wissen, ist die Bundeswehr nun auch auf Facebook präsent. Zwar „nur“ mit einer Karriereseite, aber immerhin. Der Start der Seite zeigt unter anderem exemplarisch, dass die Betreiber sich im Vorfeld zu wenig Gedanken gemacht haben, und vor allem nicht augewertet haben, welche Erfahrung andere Unternehmen mit dem Employer Branding in sozialen Netzwerken gemacht haben. Sehr schön hat das Nina Kalmeyer auf ihrem newcruiting-Blog analysiert.

Heute, drei Tage und fast 250 Fans später, wurde ein weiteres Defizit der Bundeswehr im Umgang mit den neuen Medien deutlich. Trotz zahlreicher Bemühungen qualifizierter Kameraden, trotz vielfältiger militärischer Vorbilder u.a. aus den USA sowie ziviler Unternehmen auch in Deutschland wie Daimler und der wirklich umfangreichen Datenbank Social Media Governance, hat die Bundeswehr hier bislang nichts unternommen. Streng genommen ist das fast schon ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherren, in jedem Fall aber ein Fall von Führungsversagen. Deutlich wurde mir das heute auf der Karriere-Seite der Bundeswehr bei Facebook. Ein junger Studierender der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg – das ist die Universität der Bundeswehr – richtete auf Facebook eine Frage an das Redaktionsteam, bat um Rückmeldung via E-Mail und veröffentlichte seine dienstliche E-Mail-Adresse. Statt ihn auf diesen Umstand hinzuweisen, antwortete das Redaktionsteam fröhlich, dass man sich mit ihm via E-Mail in Verbindung setzen werde. Auf meinen Hinweis meldete sich der junge Kamerad mit einer Nachricht bei mir, bedankte sich und löschte den Eintrag. Gut so.

Dieses Beispiel zeigt exemplarisch, dass bei der Bundeswehr im Umgang mit den neuen Medien keinerlei Sensibilisierung vorhanden ist, und warum Social Media Guidelines – ich würde sie eher New Media- oder Kommunikations-Guidelines nennen -, eigentlich eine Selbstverständlichkeit im Rahmen der Corporate Governance von Unternehmen und Organisationen sein sollten (Gute Studie dazu von der Universität Leipzig und der Agentur Fink & Fuchs). Und die Raktion des jungen Kameraden zeigt, dass Mitarbeiter diese Führung gerne annehmen. Was ich aber nicht verstehe ist, warum die Bundeswehr ihr Kommunikationspersonal derart führungslos herum dilletieren lässt. Wenn die Armee genauso mit ihren Panzern, Flugzeugen oder Schiffen umginge (ja, ich weiß, hier gibt es auch einiges an Pleiten, Pech und Pannen), müssten wir täglich Tote beklagen. Es ist an der Zeit, dass die Bundeswehr Kommunikation ernst nimmt – sonst nimmt sie irgenwann niemand mehr ernst.

Bundeswehr-Karriere auf Facebook – die Reise des Benutzers

Nachtrag 7.7.2011: Inzwischen kann zumindest ich über https auf die Seite zugreifen. Gut so.

So. Die Bundeswehr hat nun eine Karriereseite auf Facebook. Wenn ich den Link aufrufe, ist das Erste, was ich sehe:

Während also deutsche Soldatinnen und Soldaten auch meine Sicherheit am Hindukusch verteidigen, deutsche Politikerinnen und Politiker nicht müde werden, auf die Gefahren des Internets hinzuweisen und die aktuelle Titelgeschichte die Deutschen vor der Digitalen Unterwelt warnt, fordert mich die Bundeswehr auf, den digitalen Hades zu überschreiten, um an den Segnungen ihres Facebooks-Auftritts teilzuhaben. Na dann, wagen wir es.

Hier ist sie also die Karriere-Seite der Bundeswehr auf Facebook. Was sofort ins Auge fällt: Während das Ministerium mit allen ihm zur Verfügung stehenden Medien mehr schlecht als Recht versucht, das neue Selbstverständnis von Truppe und Verwaltung – „Wir.Dienen.Deutschland.“ -, zu kommunizieren, findet es hier einfach nicht statt. Stattdessen wird das sattsam bekannte „Karriere mit Zukunft“ mit dem Ende des Claims „Bundeswehr-Reform, Ihre Chance“ zusammengekleistert, dass es jedem professionellen Gestalter Angst und Bange wird. Ergänzt um den Fahndungsaufruf „Wir suchen Sie!“Auch auf der offiziellen Info-Seite kein Hinweis zu „Wir.Dienen.Deutschland.“

Wer gesucht wird, zeigt das Video auf der Startseite. Mannschaftssoldaten. Die meinen also gar nicht mich – wenn ich Abitur habe, wenn ich Offizier oder Unteroffizier werden will, wenn ich mich über Karrieremöglichkeiten für Kinder, Bekannte, etc. umsehen möchte, weil diese mich als Ehemaligen fragen, was ich davon halte, dass sie zur Bundeswehr wollen.Sämtliche Unterseiten sind dann nur via iFrame eingebetteten Links zu den offiziellen Bundeswehrseiten. Legitim, aber eine weitere verpasste Chance.Erster Eindruck: Dilettantisch. Kein Bezug zu strategischen Themen des Ministeriums. Schlichtweg ungenügend.

Wir.Machen.Das.Mit.Den.Fähnchen.

Ist heute ein guter Tag für die Kommunikation der Bundeswehr? Einerseits ja, denn nachdem Verteidigungsminister Thomas de Maizière bereits in der vergangenen Woche bei einem Beförderungsappell in Hamburg die Stärke der neuen Kernbotschaft der Bundeswehr “Wir.Dienen.Deutschland.” in der Praxis erlebbar macht, beginnt nun die Verbreitung. Die aber, und das ist das Andererseits, ist wieder so langweilig, wie wir es von der Bundeswehr gewohnt sind. Nicht inhaltlich, sondern formell macht sie das mit den Fähnchen: eine Broschüre. Die ist ordentlich geschrieben, aber ein starker Auftakt für eine Kommunikation, die ein neues Selbstverständnis prägen soll, sieht anders aus. Und – am Rande bemerkt – eine professionell gestaltete Broschüre der Bundeswehr sollte vielleicht eine andere Dateibezeichnung haben als “Wir.Dienen.Deutschland._barrierefrei_final_Juni 2011_neu”

Mit ganz herzlichem Dank an Benjamin Wittorf für die Rekonstruktion des Textes aus dem Google Reader.

Strafe muss sein

Klassisches Eigentor. Habe ich heute noch über die Unfähigkeit der Bundeswehr im Umgang mit Twitter gelästert, habe ich es gerade geschafft, meinen lästerlichen Eintrag über die langweilige Gestaltung der Bundeswehr zum neuen Selbstverständnis „Wir.Dienen.Deutschland.“ selbst zu löschen. Ich finde, das geschieht mir ganz recht. Was der Blogger nicht im Kopf hat, hat er in den Fingern und muß es neu schreiben. Oder wie es immer in Altenstadt beim Springerlehrgang hieß – ich hoffe, es heißt auch noch so -, wenn man Mist gebaut hat: Durch die Holzattrappe noch mal hoch. In diesem Sinne …

Der Geist in der Maschine

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass eine Institution wie die Bundeswehr, die noch vor wenigen Tagen zur Konferenz Govermedia einlud, um über die Frage, wie Behördenkommunikation digital zu gestalten sei, ihre digitale Kommunikationnicht in den Griff bekommt. „Optimierung von Inhalten, Strukturen und Anwendungen“ lautete der Untertitel der Govermedia. Aber was kann man von einer Institution erwarten, die selbst von Twitter überfordert ist? Und nein, nicht von einem Twitter-Account, wie ihn die Deutsche Bahn unter @DB_Bahn betreibt, und der täglich zeigt, dass es möglich ist, in 140 Zeichen kluge Fragen zu stellen, aber sehr schwer, auch kluge Antworten zu geben (Und das Twitter-Team dort macht einen guten Job).

Die Ikone des digitalen Scheiterns der Bundeswehr ist der Twitter-Account @bundeswehrRSS. Wie an der Timeline dieses Accounts leicht nachzuvollziehen ist, steht er in seiner Spam-Frequenz den auf Twitter allgegenwärtigen Porno-Starlets in nichts nachsteht. Und: auf diesen Umstand haben schon sehr viele der Bundeswehr wohlgesonnene Twitter-Nutzer das Team der zentralen Online-Redaktion hingewiesen. Dieses hat auch Besserung gelobt, aber offensichtlich gelingt es ihnen nicht, den Geist in der Maschine zu besiegen. Für die aktuelle Spam-Welle scheint die Teilstreitkraft Luftwaffe verantwortlich zu sein, und man mag sich gar nicht vorstellen, was passieren könnte, wenn die ihre Jets so flögen, wie sie das Internet nutzen. Vielleicht sollten sie noch ein paar Jahre in einer der Fernschreibstellen der Bundeswehr üben, bevor sie sich wieder an das Thema Internet wagen. Vor dem im Rahmen der Govermedia angekündigten Start einer Facebook-Seite der Bundeswehr muss man da fast schon Angst haben. Ist vielleicht das der Grund, warum die Innenminister angeblich diskutiert haben, Facebook-Parties zu verbieten?

Ohne Euch läuft nichts

1. Juli 2011. Deutschland setzt die Wehrpflicht aus. Statt rund 15.000 Wehrpflichtigen rücken am 4. Juli nur 3.419 junge Männer und Frauen zur Bundeswehr ein. Was die Ausbilder nun machen, bleibt offen. Welche Bedeutung aber die Wehrpflichtigen und insbesondere die Mannschaftsdienstgrade haben, hat Pascal Ziehm in einem Beitrag für JS – Das Magazin für junge Soldaten lesenswert aufgeschrieben. Der Text steht beim Reservistenverband online, schöner ist aber das PDF des Originals.