Wenn man es nicht kann, kann man es doch einfach sein lassen

Nach einer längeren Blog-Pause mit vielen spannenden – aber eher grundsätzlich-sicherheitspolitischen – Themen, kann ich mich heute wieder mal einem meiner echten Herzensthemen widmen: Bundeswehr und Fernsehen.

Einen traurigen Einblick in ihre Medienkompetenz gewährt die Medienzentrale der Bundeswehr mit einem neuen Film zum Afghanistan-Einsatz. Nun ist es der Bericht Kommentar des Kollegen Forster zwar nicht ganz genau, und eine definitive Aussage zur Zukunft von bwtv (dem Corporate TV der Bundeswehr) gibt es noch nicht. Der Schinken, den die IMZBw da aber produziert hat, ist fast schon ein Eilantrag zur sofortigen Auflösung des Projekts.

Der so genannte Film zeigt, dass es eben nicht reicht, einem Soldaten eine Kamera in die Hand zu drücken und zu erwarten, dass das Ergebnis Fernsehen ist. Ganz im Gegenteil, dokumentiert er doch, dass die Macher selbst die einfachsten Regeln dieses Mediums nicht verstanden haben. Wer nun sagt, dass das sicher daran liege, dass ein Programm, das im Sinne des Minister zu sein habe, nun mal nicht mit „echtem Fernsehen“ vergleichbar sein könne, irrt. Denn nur wenn das Programm echtem Fernsehen gleicht, dient es dem Minister.

Dem Minister zu Diensten, aber in diesem Fall nicht dienlich, ist auch derjenige, der ihm gesagt hat, es sei eine gute Idee, freistehend im Raum einen nichtssagenden, redundanten Text in eine Kamera zu sprechen. Ob das daran liegt, dass seine Berater ebenso unerfahren im Umgang mit dem Medium sind wie die Bundeswehrfilmer, ist schwer zu sagen. Angesichts der Tatsache aber, dass die Bundesministerien die Zahl ihrer Öffentlichkeitsarbeiter aber erhöht haben (wobei die Zählweise etwas seltsam ist), müsste es doch mit dem Teufel zugehen, wenn da nicht auch irgendwo TV-Kompetenz vorhanden wäre. Aber seien wir nicht so streng beim Handwerklichen, zumal der Minister zur Zeit ja vor allem inhaltliche Schlachten schlagen muss – und auch dort nicht immer eine glückliche Figur macht.

Sehr wohl streng müssen wir aber beim handwerklichen Versagen der militärischen Filmemacher sein. Nach fast 2 Minuten ministerieller Vorrede erwartet man einen – nach eigener Lesart – „Kurzfilm (der) (…) eindringlich an die Notwendigkeit des Einsatzes deutscher Soldaten in Afghanistan (erinnert) und (…) über die kleinen und großen Erfolge am Hindukusch informiert.

Statt eindringlicher Bilder folgen weitere fast zwei Minuten etwas besserer Powerpointfolien, bei denen in billigster Videospielmachart, unterlegt mit Proleten E-Gitarre (garantiert Gema- und qualitätsfrei), völlig willkürlich ausgewählte Terroranschläge der vergangenen 14 Jahre aufgelistet werden, ohne das dazu auch nur ein einziges Bild oder eine verbale Erklärung geliefert werden. Das ist nicht eindringlich, sondern aufdringlich.

Nach diesem für einigermaßen erfahrene Fernsehzuschauer visuellen Terror, erscheinen nach fast 4 Minuten endlich die ersten bewegten Bilder. Bewegend sind die allerdings auch nicht, sondern zugequasselt mit Behauptungen, für die jeder Videojournalistenschüler nach einer Woche unter Schimpf und Schande nach Hause geschickt worden wäre. Exemplarisch: Statt die Aussage „Die Menschen wollen Frieden“ einfach in den Raum zu stellen und dazu völlig austauschbare Bilder zu zeigen, will ich als Zuschauer Menschen sehen, die mir sagen, dass sie Frieden wollen. Unter fortwährenden Substantivierungen („Der Auftrag ist die Schaffung eines sicheren Umfeldes“) mäandern Bilder und Texte von Baumaßnahmen, Brunnenbohren, Rollstühle an Kinderheime verschenken ohne Orientierung durch die nächsten 8 Minuten des Machwerks, bevor nach rund 12 Minuten und 30 Sekunden erstmals ein echter Afghane in die Kamera spricht. Der ist offenbar Dozent an einer Fakultät für Bauingenieurwesen und spricht hervorragend Deutsch. Leider erfährt man jedoch nicht, wer er ist. Und dann ist der Film auch schon vorbei, um die letzte Minute wieder mit Einblendungen von Texttafeln zu verplempern.

Das wirklich Traurige ist: in den Bildern, die zu sehen waren, sind derart viele Geschichten enthalten, dass es schon völliger Ignoranz oder aber kompletter Unfähigkeit bedurfte, diese Geschichten nicht zu erzählen. Beides keine Argumente, die dafür sprechen ein Projekt wie bwtv weiter vor sich hin dilettieren zu lassen. Denn wer selbst einfachste handwerkliche Grundlagen nicht beherrscht, ist auch nicht in der Lage, ein Programm für Soldaten im Einsatz zu gestalten, zumal diese in der Regel Zugriff auf professionell gemachte Programme haben. Und eine Führung, die nicht in der Lage ist, Qualität auszubilden oder einzufordern, die sollte die Finger von einer Fernsehkamera lassen, denn deren vorderes Ende ist manchmal deutlich gefährlicher als das einer Waffe, und mit der darf man ja – zu Recht – auch nicht spielen.