Basisarbeit

Der ein oder andere hat es vielleicht mitbekommen. Heute, am 28. September 2012, wurde in Bonn das neue Kommando Streitkräftebasis (Kdo SKB) unter Führung von Vizeadmiral Manfred Nielson in Dienst gestellt. Soweit der nachrichtliche Teil. Nun zur Werbung, denn heute startet auch offiziell die – meine Wissens – erste Imagekampagne der Streitkräftebasis.

Diensthund der Bundeswehr

Unter dem Motto „Ich war´s“ (Broschüre) will die Kampagne für die Anerkennung der Leistungen der Soldaten und zivilen Mitarbeiter der Streitkräftebasis werben. Das ist – soweit teile ich das Urteil der Verantwortlichen – legitim, richtig und gut gemeint. Kommunikativ ist die geplante Kampagne dagegen allenfalls in einem Stadium, das sich als Briefing für ein professionelles Konzept eignete. Leider hat man sich entschlossen, diesen Weg nicht zu gehen und stattdessen, das, was man sich ausgedacht hat, zu veröffentlichen.

Eine detaillierte Kritik – und eine gerne auch kontroverse Diskussion – erhoffe ich mir in den Kommentaren, denn: Ich schließe nicht aus, dass ich Unrecht habe! Dennoch: „Ich war´s“ sagen vor allem kleine Kinder, die auf etwas Geleistetes – zu Recht – ganz furchtbar stolz sind, eitle Streber, die es nicht aushalten können, wenn sie nicht beachtet werden, oder aber Menschen, die etwas richtig verbockt haben – alles Assoziationen, die ich mir genau nicht für die Kameraden der SKB wünsche. Es bleibt noch einiges an Basisarbeit zu tun.

Bendler-Blogger live

Ok, die Überschrift klingt etwas eitel. Aber ich freue mich wirklich, dass mich das Anwenderforum für Fernmeldetechnik, Computer, Elektronik und Automatisierung (AFCEA) als Referent zu seiner zweiten Young AFCEANs Info-Veranstaltung am kommenden Montag nach Bonn eingeladen hat. Los geht es um 15:00 Uhr im Raum Nairobi im Post Tower.

Unter dem Titel „Mobile Computing – Facebook, Twitter & Co. im täglichen Dienst und im Einsatz“ diskutiere ich dann mit

Oberstleutnant Bernd Stichling, Redaktion Wir.Dienen.Deutschland Oberstleutnant i.G. Thomas Scheibe, BMVg, Stab Inspekteur Luftwaffe
– Peter Gerdemann, Director of Brand System and External Relations, IBM Deutschland, und
– Technical Sergeant Milton Jump, US Air Force, Ramstein

Die These, die ich zur Diskussion stellen möchte, ist, dass durch das Internet und die fast permanente Erreichbarkeit via mobiler Endgeräte, innerhalb von Streitkräften, (teilweise schon lange schlummernde) Kultur- und Identitätskonflikte offenbar werden, die Organisationen zwingen, sich diesen Konflikten zu stellen.

Das komplette Programm gibt es hier als PDF zum Download. Wer sich noch anmelden möchte, kann das über dieses Formular tun.

Wer die Diskussion über Twitter verfolgen (oder bereichern) möchte, kann das über den Hashtag #YA12 tun.

Das Ende der Verteidigungsarmee?

Weil ich momentan sehr stark hauptberuflich zu tun habe (und mich als Bendler-Blogger einigen Off-line Aktivitäten gewidmet habe), ist es im Blog etwas ruhiger geworden. Daher freut es mich, dass MartinBöcker, studierender Offizier an der Universität der Bundeswehr München, angeboten hat, einen Gastbeitrag zu veröffentlichen, der die Diskussion um die soldatische Identität und die Rolle der Bundeswehr aufgreift und weiterführt. Kommentare sind, wie immer, herzlich willkommen.

Von der Verteidigungs- zur Durchsetzungsarmee

von Martin Böcker

Gleich zwei vernichtende Urteile über den Verlauf der „Neuausrichtung der Bundeswehr“ gab es in jüngster Zeit: In der vergangenen Woche haben das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr und der Bundeswehrverband in Kooperation mit der TU Chemnitz unabhängig voneinander zwei Studien der Öffentlichkeit vorgestellt. Jetzt wissen alle, was einige Soldaten schon vermutet hatten: Die Bundeswehr ist mit ihrer eigenen Reform unzufrieden.  Der gesamte Unwille lässt sich in einem Kernproblem zusammenfassen: Knapp 90 Prozent der Befragten wissen nicht, „wo die Reise hingehen“ soll, es fehle die „Vision“ der umfassenden Neuausrichtung.

Das Fehlen so einer Leitidee konkretisiert sich symptomatisch in einem Frage- und Antwortbogen auf der Internet-Seite bundeswehr.de. Zur Erläuterung der Gründe für die Neuausrichtung heißt es: „Ziel und Maßstab der Neuausrichtung ist eine Bundeswehr, deren Auftrag und deren Aufgaben sicherheitspolitisch begründet sind, die fähigkeits- und einsatzorientiert aufgestellt ist, deren Struktur demografiefest ist und die nachhaltig finanziert ist.“ Das ist so schwammig, dass dem nicht widersprochen werden kann: Welches Land möchte denn nicht über eine bezahlbare Armee verfügen, deren begründete Aufträge sie zu leisten imstande ist?

Diese Leerstelle ist das Hauptproblem, nicht nur der gesamten Neuausrichtung, sondern der gegenwärtigen Bundeswehr an sich. Für die Soldaten, für die es um Töten und Sterben geht, ist das ein existenzielles Problem, welches weder die Armee, noch das Verteidigungsministerium allein beheben kann. Es ist die Aufgabe der Politik und einer gesellschaftlichen Debatte, den Streitkräften diese Leitidee zu geben.

Bis 1989 war das theoretisch unkompliziert. Alle Teilstreitkräfte waren darauf ausgerichtet, in einer gemeinsamen Anstrengung den Angriff einer regulären Armee an einer festgelegten Grenze abzuwehren. Die „Vision“ der Bundeswehr war die Verteidigung des deutschen Territoriums. Doch trotz einer völlig neuen Bedrohungslage hat sich bis heute wenig an der sicherheitspolitischen Rhetorik geändert. In den „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ hat ein Umdenken zwar ansatzweise stattgefunden, so heißt es dort, dass Sicherheit  „nicht ausschließlich geographisch definiert“ werde. Doch allein das Wort „verteidigungspolitisch“ manifestiert Peter Strucks Irrtum, dass Deutschland „auch am Hindukusch verteidigt“ werde. Die Richtlinien verharren in einem veralteten Verteidigungsdenken und senden damit den falschen gedanklichen Impuls.

Dabei hat die deutsche Sicherheits- und Außenpolitik doch schon ganz andere Fakten geschaffen: Der ISAF-Einsatz in Afghanistan, UNIFIL vor der Küste Libanons, ATALANTA am Horn von Afrika, die Balkan-Einsätze KFOR und EUFOR sowie die verschiedenen Beratermissionen in Afrika. Diese sehr unterschiedlichen Einsätze sind zwar in ein globales Gesamtszenario deutscher, europäischer und westlicher Sicherheitsinteressen eingebettet, für die Soldaten sind sie jedoch nicht erfahrbar miteinander verzahnt. Sie haben für sich so unterschiedliche Zielsetzungen und betreffen die Teilstreitkräfte so ungleichmäßig, dass keiner davon in den bisherigen Kategorien der Verteidigung als gemeinsame Anstrengung wahrgenommen werden kann, der sich auf einen Begriff wie „Verteidigung“ herunterbrechen ließe.

Die Stabilisierung einer Region, die Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen oder die Sicherung eines Handelsweges haben schlichtweg keinen defensiven Charakter – selbst dann, wenn es handfeste Gründe dafür gibt, wie zum Beispiel den Schutz vor Terrorangriffen in Deutschland. Die Bundeswehr richtet sich in den Stabilisierungseinsätzen nicht gegen Angreifer, sondern gegen die Rückzugsräume potentieller Angreifer.

Hinzu kommen konkrete wirtschaftliche, geopolitische und sonstige Interessen, deren Wahrung nicht unter dem Begriff „Verteidigung“ subsumiert werden können. Das ist ein zu offensichtlicher Euphemismus. Die Verwendung von Beschönigungen kann in der Politik zwar sehr sinnvoll sein, keinesfalls soll sie an dieser Stelle moralisch verurteilt werden. Wenn der Unterschied zwischen Realität und Begriff jedoch zu offensichtlich ist, dann verunmöglicht das den geistigen Unterbau einer Armee, auf den die Soldaten ihren unbedingten Anspruch haben.

Als Reaktion auf die Studien titelten einige Nachrichtenblätter treffend, dass den Soldaten ein Burnout bevorstehe. Ein Blick in die Psychologie zeigt, dass eine hohe Arbeitsbelastung das Risiko eines Burnouts vergrößert, fehlendes Sinnhaftigkeitserleben wiegt jedoch schwerer. Und das fehlt eben, wenn Realität und Rhetorik nicht mehr vereinbar sind.
Innerhalb der bestehenden Denkkategorien lässt sich also keine „Vision“ der Neuausrichtung definieren, die Verteidigung des Territoriums wurde nämlich von der Durchsetzung handfester Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen abgelöst, die weitgehende Schnittmengen mit denen der anderen Staaten Europas und der Nato haben. So gesehen hat die sicherheitspolitische Realität der Bundesrepublik die Formulierung der „Vision“ schon vorweg genommen.

Wenn die Neuausrichtung gelingen soll, dann müsste die Leitidee also nur das zum Ausdruck bringen, was die Politik schon längst entschieden hat: Die militärischen Interessen der Bundesrepublik gehen weit über die schlichte Verteidigung hinaus. Sicherheitspolitisch ist das weder falsch noch verwerflich. Es muss nur ausgesprochen werden (was sich übrigens sehr gut mit Thomas de Maizières gelungenem Coup „Wir. Dienen. Deutschland.“ und der Idee des „Staatsbürgers in Uniform“ in Einklang bringen ließe). Um das auf ein Schlagwort zu reduzieren: Die Bundeswehr ist keine Verteidigungs-, sondern eine Durchsetzungsarmee.

Gegenoffensive des Königshaus

Angriff ist die beste Verteidigung. Das mag man sich im Büro des Wehrbeauftragten gedacht haben, nachdem Amtsinhaber Hellmut Königshaus alles dafür getan hat, ihn nicht mehr ernst nehmen zu müssen. Nun also die mediale Gegenoffensive des Königshaus. Gestern, am 7.8. eine exklusiv platzierte Meldung in der Financial Times Deutschland über Ausrüstungsmängel bei den Spezialkräften, heute kritische Kommentare zu Bundeswehrreform und Nachwuchsgewinnung auf Spiegel Online, bei denen nicht klar ist, ob der Redakteur wirklich mit dem Wehbeauftragten gesprochen hat, oder nur alte Statements aufgewärmt hat. Im Bendler-Block zittert den Kommunikationsstrategen vermutlich schon das Kinn, was als nächstes kommt. Man sollte sich dort entspannt zurücklehnen. Wenn die beiden vorstehenden Themen der Auftakt der Gegenoffensive (und damit die stärksten Wirkmittel) waren, folgt morgen allenfalls ein exklusiver Bericht in der Bäckerblume über die Zustände in der Truppenküche Kundus. Königshaus sollte, statt sich zu wehren, den Weg frei machen für einen Neuanfang. Das Amt des Wehrbeauftragten braucht eine starke, inhaltlich und intellektuell überzeugende Stimme, die sich der kommunikativen Vereinnahmungsstrategie von Thomas de Maizière entgegenstellt. Im Kern war die Kritik von Königshaus am „Ministerialheer“ nämlich richtig, nur der Zeitpunkt der falsche, und der nachfolgende Briefverkehr peinlich.

Zensur zensiert

Ein Kommentar, der am 20. Juli 2012, im Deutschlandradio ausgestrahlt und auf dessen Website veröffentlicht worden war, ist dort wieder zu finden. In dem Radiobeitrag hatte der Journalist Klaus Pokatzky den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Hellmut Königshaus, kritisiert. Daraufhin hatte dieser sich am 23. Juli in einem Brief (nachzulesen bei Thomas Wiegolds Augen geradeaus!) sowohl an Pokatzky als auch die Gremien des Sender gewandt und gefordert, den Kommentar zu löschen. Das geschah dann auch, sorgte aber, nachdem der Vorgang am 3. August öffentlich wurde, für empörte Reaktionen in einigen Medien. Am 6. August schließlich erklärte der Chefredakteur von Deutschlandradio Kultur, Peter Lange, dass die Entscheidung der Redaktion des Deutschlandradios, den Kommentar zu löschen, falsch gewesen sei. Nun ist der Beitrag wieder online.

Treten Sie zurück, Herr Königshaus!

Ich bin ein Dahergelaufener. Um genau zu sein, ich bin schon ganz schön viel dahergelaufen. Das ist das Wesen der Infantrie, dass sie daherläuft. Insgesamt 12 Jahre habe ich als Staatsbürger in Uniform Deutschland gedient. Heute empfinde ich es als meine Bürgerpflicht, ganz ohne Uniform, Sie, Hellmut Königshaus, aufzufordern, das Ihnen anvertraute Amt des Wehrbeauftragten des Bundestages niederzulegen. Mit Ihrer Forderung, einen Ihnen missliebigen Kommentar zu löschen, haben Sie das Amt schwer beschädigt. Wie sollen Ihnen Soldatinnen und Soldaten, deren Anliegen Sie vertreten sollen, noch vertrauen, wenn Sie sich selbst über ein wesentliches demokratisches Grundrecht stellen, weil Sie sich beleidigt fühlen? Wie wollen Sie zukünftig glaubhaft Missstände in der Bundeswehr kritisieren, bei denen beispielsweise Vorgesetzte, die ihnen anvertrauten Soldaten nötigen, unliebsame Meinungen nicht zu äußern? Es gibt diese Vorgesetzten, und sie haben in Ihnen nun ein Vorbild. Wenden Sie weiteren Schaden vom wichtigen und hochgeachteten Amt des Wehrbeauftragten ab und arbeiten Sie daran, Ihre persönliche Integrität wiederherzustellen. Treten Sie zurück, Herr Königshaus!

Der Kommentar

Warum ich dieses Internet so mag? Weil es nichts vergisst. Wer den gelöschten Kommentar von Klaus Pokatzky – der im übrigen ja von meinen Steuern bezahlt wird – hören möchte, kann das nun hier tun. Irgendetwas sagt mir, dass sich so mancher im Bendlerblock nicht wirklich geärgert hat, las er ihn hörte.

Kommentar Pokatzky Wehrbeauftragter Königshaus

Und, schwups, findet auch die Transkription ihren Weg in meinen elektrischen Briefkasten.

Vom Wehr- zum Ego-Beauftragten

Zur Verlegung des Gelöbnisses der Bundeswehr vom Reichstag an den Bendlerblock

Von Klaus Pokatzky

400 Bundeswehrrekruten hätten am Abend so schön am symbolträchtigen Bendlerblock am symbolträchtigen Datum geloben können. Doch der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus hat mit seiner Kritik an der turnusmäßigen Verlegung des Gelöbnisses dafür gesorgt, dass den ganzen Tag über von einem „Ministerialheer“ die Rede war.

Es gab mal Wehrbeauftragte, von denen erzählen Soldaten heute noch mit leuchtenden Augen. Claire Marienfeld von der CDU war so eine, vor 15 Jahren. Als sich mal Soldaten der Berliner Julius-Leber-Kaserne bei ihr über das schlechte Kantinenessen beschwert hatten, fuhr sie umgehend an der Wache vor: „Ich bin die Wehrbeauftragte und überprüfe jetzt die Truppenküche“.

Da lacht das Herz des Soldaten: Das waren noch Wehrbeauftragte. Oder der Sozialdemokrat Reinhold Robbe, bis vor zwei Jahren. Der wusste genau, dass er als vom Deutschen Bundestag Gewählter die höchste Vertrauensperson der deutschen Soldaten ist. Dass er für die Soldaten da ist – und nicht umgekehrt. Das waren noch Wehrbeauftragte, da fühlten sich die Soldaten sehr ernst genommen.

Heute gibt es einen Wehrbeauftragten, der vor allem sich selber sehr wichtig nimmt. Jahrelang haben am 20. Juli Hunderte Rekruten im Berliner Bendlerblock ihr Gelöbnis abgelegt. Da residiert nicht nur der Bundesminister der Verteidigung, da erinnert auch die Gedenkstätte Deutscher Widerstand an den militärischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Das war immer ein schönes Bekenntnis zur Demokratie, eine Absage an das Nazitum.

Vor vier Jahren gab es das erste Feierliche Gelöbnis vor dem Reichstag. Das war ein schönes Bekenntnis für die Parlamentsarmee. Nun sollen beide Symbolorte kombiniert werden.

Dem Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus passt das nicht. Offenbar ist dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages bisher entgangen, dass der Bendlerblock eben nicht nur der Arbeitsort für Ministerialbeamte ist, sondern auch der Ort, an dem seit einigen Jahren ein Ehrenmal für jene Soldaten steht, die im Dienst ihr Leben gelassen haben – ein Ehrenmal also auch für die Soldaten, die gefallen sind in kriegerischen Einsätzen, in die sie die Abgeordneten des Bundestages geschickt haben.

Offenbar weiß der Wehrbeauftragte auch nicht, dass der Bendlerblock der Ort war, an dem heute vor 68 Jahren Claus Schenk von Stauffenberg den Versuch unternommen hat, das Hitler-System zu beseitigen. Und offenbar weiß der Wehrbeauftragte schon gar nicht, dass dieser militärische Widerstand und das Gedenken daran für die Bundeswehr eine ihrer wichtigsten Traditionslinien ist.

400 Rekruten aus ganz Deutschland hätten heute Abend so schön an einem symbolträchtigen Ort am symbolträchtigen Datum geloben können. Der Wehrbeauftragte hat dafür gesorgt, dass den ganzen Tag über von seinem „Ministerialheer“ die Rede war. Das ist eine Beleidigung der Freiwilligen, die heute Abend geloben. Das ist eine Verhöhnung des Widerstandes. Früher gab es mal Wehrbeauftragte. Heute gibt es einen Ego-Beauftragten.

Königshaus im Streisand

Prima gemacht, Herr Königshaus. Dank Ihres Briefes an den Deutschlandfunk, weiß ich nun, was Sie von der Pressefreiheit halten. Und ich weiß, dass nicht nur das Bundesverteidigungsministerium Schwierigkeiten damit hat, souverän zu kommunizieren, sondern auch derjenige, den das Parlament zum „Anwalt der Soldaten“ erklärt hat. Schade nur, dass Sie mit Ihrem Schreiben die steile These des Kollegen Klaus Pokatzky, nämlich stark an sich interessiert zu sein, bestätigen. Willkommen in der Dementifalle. Außerdem zeigt der Vorgang, dass Sie zwar einer liberalen Partei angehören, Freigeister aber nicht wirklich gut ertragen können. Hierarchie ist Ihnen lieber, denn da kann man unliebsame Meinungen zwar nicht verbieten, aber zumindest unterdrücken – dachten Sie. Doch siehe da, statt das Feuer zu löschen, sind Sie mitten im Streisand gelandet. Und wer bis jetzt noch nicht wusste, dass Sie sich zu wichtig nehmen, weiß es jetzt. Vielleicht hätten Sie, statt Pokatzkys Kommentar entfernen zu lassen, besser ein Medientraining bei ihm gebucht. Das macht er nämlich auch, und dient dabei sogar noch Deutschland. Das behaupten Sie ja auch von sich, und daran habe ich keine Zweifel. Allerdings bin ich mir über die Motivation Ihres Dienstes als Wehrbeauftragter jetzt nicht mehr im Klaren. Tun Sie es für sich, Ihre Partei oder für die Soldaten? Das, was letztere nämlich am wenigsten gebrauchen können, sind Politiker, die sich auf ihre Kosten profilieren wollen. Es ist an der Zeit, dass Sie diese Fragen für sich klären. Die – zugegeben schwere – intellektuelle Trennungvon Amt und Person gehört dazu.

Wer Klaus Pokatzky – im Unterschied zu mir – noch nicht kennt, sollte sich diese tolle Video anschauen, das die Bundeswehr im Rahmen ihrer Wir.Dienen.Deutschland.-Kampagne produziert hat, anschauen. Am besten schnell, bevor Herr Königshaus es löschen lässt. Denn das geht ja gar nicht, das ein Journalist, der ihn kritisiert, Vorbild ist.

Nachtrag:
Nur mal so zur Frage von Beleidigen und Beleidigtsein: Laut Bild sagte Königshaus: „Auch ein Amtsträger muss sich nicht alles bieten und sich von jedem Dahergelaufenen beleidigen lassen.“ Klaus Pokatzky, der wirklich viel für und in der Truppe geleistet hat – vermutlich mehr als Königshaus – ist also ein „Dahergelaufener.“ Interessante Meinung, Herr Königshaus.

Drama, Baby! – Independent Video goes Bundeswehr

Kann man eine fiktionale Fernsehserie über die Bundeswehr drehen, ohne dass es in unreflektierte Action à la Cobra 11 oder langweiliges Politiktheater ausartet? Man kann, bzw. das Team hinter der Webvideoserie Bravo 5 kann es. Die Serie ist, trotz einiger inhaltlicher Unschärfen und der dem knappen Budget geschuldeten Unzulänglichkeiten der Ausstattung, ein spannendes Experiment. Vor allem aber will ich wissen, wie die Story weitergeht.

Thomas Wiegold hat drüben bei „Augen geradeaus!“ schon das meiste gesagt, was es zu sagen gibt und vor allem die Videos der bisher freigeschalteten Folgen eingebunden.

Was ich mir jetzt noch wünsche ist, dass sich jemand mit etwas Geld und Verstand mit den Machern von Bravo 5 zusammensetzt und auf Grundlage des erweiterten filmischen Scribbles, das die Serie in der derzeitigen Form ist, eine Top-Produktion auf die Beine stellt. Und ja, die Bundeswehr bzw. das Bundesverteidigungsministerium wäre gut beraten, wenn sie diese Produktion durch Gestellung von Material und Know-how unterstützen würde, denn die Medialisierung des Militärischen ist ein wesentliches Element, um die Leistungen der Soldaten und Soldatinnen anzuerkennen. Also, Drama, Baby!