NATO-TV im Spiegel

Einen nett lästerlichen Artikel zu NATO-TV hat Christian Stöcker in Spiegel Online geschrieben. Das Ärgernis beginnt bereits mit der Beschränkung auf den Internet Explorer als Browser und setzt sich nahtlos in der Qualität der Beiträge fort. Allerdings ist die Bewertung von Stöcker falsch. Der Sender nervt nicht, weil er plumpe Propaganda zeigt, sondern einfach ein schlechtes Programm. Wie es richtig geht, zeigt das Digital Video and Imagery Distribution System der US-Streitkräfte. Damit umzugehen ist eine echte Aufgabe für den Journalismus, für die Lästerei über die NATO-Amateure gibt es deshalb nur einen Kleingewinn für SPON.

Auf Sendung

Laut eines Berichts der Financial Times Deutschland plant die NATO, einen eigenen TV Kanal. Mal sehen, was das wird. Bemerkenswert: der Redakteur des Artikels, Fidelius Schmid, kommt in seiner abschließenden Bewertung über altbekannte Klischees nicht hinaus: „Das erste Opfer im Krieg ist die Wahrheit. Anders wird das mit Nato.tv auch nicht.“ Wieder einer, der die Medienkompetenz des Militärs überschätzt und damit schon mal präventiv die eigene Rolle kleinredet. Denn strenggenommen sind bereits jetzt alle Medien gleichermaßen Al Quaida und NATO-TV. Dort gilt es genauer hinzuschauen.

Nachtrag: Seit heute gibt es Programm auf natochannel.tv

Was man könnte, wenn man könnte

In der Sprache sind es die Feinheiten, die bedeutsam sind. Das weiß offensichtlich auch Reinhold Robbe, der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages. Beim oberflächlichen Lesen des Abschnitts 14 seines Jahresberichtes 2007, scheint die Lage der Medien der Bundeswehr vielversprechend. Liest man genauer hin, verfestigt sich unweigerlich der Eindruck, dass die Bundeswehr bislang nur wenig aus ihren medialen Möglichkeiten macht:

„Die Medien der Bundeswehr können den Soldatinnen und Soldaten in geeigneter und verlässlicher Weise Informationen
über politische Zusammenhänge, militärische Entscheidungen und auch den Truppenalltag liefern. Ebenso dienen sie den Soldaten zur persönlichen Lebenshilfe, der Allgemeinbildung und nicht zuletzt der Unterhaltung. Die Bundeswehr ist in der vorteilhaften Lage, über eine Vielzahl unterschiedlicher publizistischer und audiovisueller Medien zu verfügen. Sie besitzt damit einzigartige Möglichkeiten, nicht nur informativ, aufklärend, bildend und unterhaltend in die Truppe hineinzuwirken. Der Medienmix der Bundeswehr bietet auch die Chance einer professionellen positiven Außendarstellung. An dieser Stelle ist meines Erachtens die politische und militärische Führung gefragt, die Bundeswehrmedien als eine offene Plattform der Truppeninformation und der Diskussion zu nutzen.

Ferner ist die Zukunft von Bundeswehr TV (bwtv) weiterhin offen. Nachdem der Probebetrieb über den 31. Dezember
2007 hinaus fortgesetzt wurde, ist bisher ungeklärt, ob bwtv zur Jahresmitte 2008 im Regelbetrieb senden wird. Das Programm kann in allen Bundeswehrdienststellen, die über einen Decoder zur Entschlüsselung des Satellitensignals verfügen, empfangen werden und richtet sich in erster Linie an die Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz. Eine uneingeschränkte Aufrechterhaltung des Angebotes halte ich im Interesse der Soldatinnen und Soldaten für unverzichtbar.

Die Medien der Bundeswehr sind in hervorragender Weise geeignet, die Prinzipien der Inneren Führung in die Truppe hineinzutragen. Eine angemessene personelle, materielle sowie technisch adäquate Ausstattung sowie die Beteiligung am
ministeriellen Informationsfluss sind dafür notwendige Voraussetzung.“

Im Klartext: die Bundeswehr – insbesondere die politische und militärische Führung – macht nichts aus diesen Möglichkeiten. Wie auch, sie haben zu wenige professionelle Kommunikatoren, die das könnten. Das hat Herr Robbe richtig erkannt und diplomatisch elegant verpackt. Bleibt zu hoffen, dass bald jemand das Päckchen öffnet und die überfälligen Veränderungen einleitet.

Twisting by the Pool …

… hies mal ein gute Laune-Titel der Dire Straits. Weniger gute Laune hat unter anderem Thomas Wiegold, weil er vermutet, dass die Bundeswehrführung bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit weiterhin ein verdrehtes Verständnis von Professionalität an den Tag legt, wenn Sie das unter anderem in Hollywood, bei Robbie Williams und beim DFB bewährte „Pool-Prinzip“ auf ihre Kommandeure anwendet. Konkret heißt das, dass die Medienvertreter den Teilnehmern der 41. Kommandeurstagung nur von einer Galerie aus beim Tagen zusehen dürfen, nicht aber mit Ihnen sprechen. Für die im Sinne der Bundeswehr gedrehten (oder zu drehenden) Bilder sorgt dann die Bundeswehr (bitte nicht die Kamerakinder von bwtv oder der Informations- und Medienzentrale).

Das ist gleich in zweierlei Hinsicht eine Frechheit, denn es degradiert die Journalisten zu Objekten einer fragwürdigen Kommunikationspolitik und – viel schlimmer – unterstellt, dass die Kommandeure der Bundeswehr nicht wissen, wie und worüber sie mit Journalisten sprechen sollen. (Was angesichts der Kommunikationsausbildung innerhalb der Bundeswehr vielleicht sogar eine tiefere Wahrheit ist). Übrigens die gleichen Kommandeure, denen deutsche Eltern ihre Töchter und Söhne anvertrauen sollen.

Falsche Federn?

Im Januar hatte die Informations- und Medienzetrale noch damit „gedroht“, mal wieder zur Kamera gegriffen zu haben. Wie es scheint, haben die Verantwortlichen dabei aber verschwiegen, dass sie – glücklicherweise muss man sagen – auf die Kompetenzen von echten Medienprofis zurückgegriffen haben. Die Verantwortung dafür, dass echte Filme und kein Murks herauskommen, hat die Firma Capture MM übernommen.

Teurer Nachwuchs

Ein Grund für die professionelle Hilfe ist sicherlich, dass es bei diesem Projekt vor allem darum geht, Nachwuchs zu werben. Und um diesen mit beschwichtigenden und beschönigenden Bildern einzulullen, ist den Personalwerbern der Bundeswehr das Beste gerade gut genug. Mit mehr als 10 Millionen Euro für die Nachwuchswerbung stehen Ihnen auch viermal so viel Mittel zur Verfügung wie den „normalen“ Öffentlichkeitsarbeitern“ der Bundeswehr, die sich mit rund 2,5 Millionen Euro bescheiden müssen (wobei dieser Titel im Vergleich zu 2007 um etwa 200 Millionen gestiegen ist. Jeweils Nachzulesen im Einzelplan 14 des Bundehauhaltsplans 2008.)

Wozu eine Medienzentrale?

Bleibt abschließend die Frage, warum die Bundeswehr nicht weite Teile der Medienproduktion an echte Profis auslagert, sondern stattdessen in Sankt Augustin bei Bonn eine teure Medienzentrale unterhält? Die Qualität der Produkte, die dieses Haus verlassen, ist sicher nicht der Grund, zumal das dort eingebaute technische Gerät in den vergangenen 10 Jahren nur sehr selten eine vergleichbare Betriebstemperatur wie bei einem nach wirtschaftlichen Kriterien geführtes Medienunternehmen haben dürfte. Selbst als Ausbildungseinrichtung hat die Zentrale offensichtlich zu keinem nennenswerten Kompetenzgewinn auf Seiten der militärischen Kommunikationsmanager beigetragen. Insofern wäre es sicher kein Verlust, hier über eine Privatisierung nachzudenken, und angesichts der rapide gestiegenen Leistungsfähigkeit von Heimcomputern und Videokameras können die Bundeswehrangehörigen in Sankt Augustin voll darauf vertrauen, dass sich Hochzeitsvideos und Experimentalfilme auch mit zivilem Gerät wunderbar herstellen lassen.

Schönredner in Berlin

Es ist kein gutes Zeugnis, das Professor Martin Löffelholz im Interview mit Spiegel Online den Kommunikationsmanagern des Verteidigungsministeriums ausstellt, aber wirklich überraschend ist es nicht. Nun ist Löffelholz keiner der selbsternannten Experten, die immer dann auftauchen, wenn mediale Kleingewinne verteilt werden. Im Gegenteil: er ist einer der wenigen, die sich bereits seit längerem systematisch mit dem Zusammenhang von Krieg und Medien im Allgemeinen und der Kommunikationsarbeit der Bundeswehr im Besonderen befassen. Ein Sachverhalt, der die Arbeit von Löffelholz ironischer Weise von den Bundeswehrhochschulen und dem der Akademie für Information und Kommunikation angeschlossenen Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr unterscheidet. (Man könnte soweit gehen, zu sagen, die Bundeswehr will auch hier gar nicht wissen, was sie nicht weiß) Eine zentrale Forderung, die Löffelholz daraus ableitet – und die nur unterstrichen werden kann – ist die nach einem Forschungsnetzwerk oder Think Tank, die sich der Themen nachhaltig annehmen – also etwas zu tun, das die Schönredner in Berlin systematisch unterlassen.

Schneiderhan goes green

Als ehemaliger Fallschirmjäger kann ich eine grundsätzliche Sympathie zur Farbe Grün nicht verhehlen. Außerdem unterstütze ich natürlich jeden, der sich für den Wald einsetzt, wer sonst gibt dem Infanteristen so viel Schutz, Deckung und bisweilen auch Nahrung.

Eine kontroverse und interessante Auseinandersetzung wird es dagegen hoffentlich auf dem Grünen Friedenskongress am 7. und 8. März in Berlin geben, wenn der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan unter anderem mit Winfried Nachtwei und der ehem. finnische Verteidigungsministerin Elisabeth Rehn, das Thema „Frieden schaffen – aber wie? Krisenintervention und State Building“ diskutieren wird.

Einer ist zu wenig

„Ein Mann formt seine Armee“, überschreibt Eckart Lohse sein Portrait von Wolf Schneiderhahn, dem Generalinspekteur der Bundeswehr, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. So verkürzt (und damit mediengerecht) diese Personalisierung auch ist, spricht vieles dafür, dass sie im Kern eine tiefere Wahrheit enthält. Natürlich würde Schneiderhahn das selbst nicht so sehen. Die Transformationsleistung der vergangenen fünf Jahren ist auch das Ergebnis von vielen anderen, die sich beharrlich an der bürokratischen Logik der Institution Bundeswehr abgearbeitet haben. Doch darunter – und vor allem im Unterschied zu, unerfahrenen zivilen Leitungsstab des Ministerium – ragt Schneiderhahn heraus. Wie sehr, bringt Lohse wie folgt auf den Punkt:

„Schneiderhan, so ist vielfach zu hören, sei der einzige Vordenker, das „Brain“ in der Bundeswehr und im Ministerium. Im Verteidigungsausschuss, so wird berichtet, spreche Jung immer noch so, als sitze er vor der Frankfurter CDU und bete herunter, wo die Bundeswehr überall im Einsatz sei. Wenn Schneiderhan dann ein paar präzise Aussagen über einen Einsatz mache, nickten alle mit dem Kopf.

Diese Einschätzung kann man, vor allem mit Blick auf das von Heyst-Papier, auch unter dem Blickwinkel der Kommunikationsstrategie voll zustimmen. Angesichts der verbleibenden 1 1/2 Jahre im Amt, ist es aber dringend geboten, diese strategische Weitsicht in der Bundeswehrführung tiefer zu verankern und sich die dazu nötige Expertise ins Haus zu holen. Man darf also gespannt sein, wie der neue Einsatzführungsstab besetzt sein wird, denn einer ist zu wenig, um die dringend notwendige Transformation der Bundeswehr weiter voranzutreiben.

Gescheiterte Kommunikationsstrategie 2

Eine verfehlte Informations- und Kommunikationspolitik macht auch Thomas Bauer vom Centrum für angewandte Politikforschung als ursächlich für die geringe Zustimmung der Bevölkerung zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan verantwortlich. Ähnlich wie zu Guttenberg nennt aber auch er nicht Ross und Reiter, sondern belässt es bei der – richtigen – Forderung nach einer Debatte. Etwas konkreter dürften die „Produkte“ der „unabhängigen Denkfabrik“ schon sein.