Si tacuisses

Verteidigungsminister Jung hat der Frankfurter Rundschau ein Interview gegeben. Unter der Überschrift „In Afghanistan ist kein Krieg“ liefert er überzeugenden Argumente. Nur leider nicht dazu, was stattdessen in Afghanistan ist, oder warum deutsche Soldatinnen und Soldaten dort sein sollten, sondern dazu, warum unabhängig vom Ausgang der kommenden Bundestagswahl ein Wechsel in der Führung des Ministeriums dringend angebracht ist.

Hat Jung bislang statt des Wortes „Krieg“ die Bezeichnung „asymmetrische Bedrohungslage“ gebraucht, schwenkt Jung nun um, und nennt es „Stabilisierungseinsatz.“ Krieg, so Jung, sei es nicht, weil ein Krieg nur militärisch geführt werde. Kann man eindrucksvoller beweisen, dass man sich nicht mit der Literatur der vergangenen 200 Jahre von Clausewitz bis Münkler befasst hat? Ohne in tiefere Wortklaubereien einsteigen zu wollen: Clausewitz ist vollständig im Projekt Gutenberg hinterlegt und auch ohne viel Mühe findet man dort unter anderem diesen Satz: „Der Krieg ist also ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen.“ Und was, bitte, wollen wir in Afghanistan anderes, als den bzw. die Gegner zu zwingen, das zu tun, was unserer Meinung nach für die Menschen dort vor Ort gut ist?

Gravierender als diese Diskussionen um Definitionen ist jedoch, dass der Minister entweder die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik nicht kennt (unwahrscheinlich) oder aber die Leserinnen und Leser der FR für dumm verkaufen will. So befürwortet Jung eine Änderung des Grundgesetzes unter anderem, weil es „keine Hindernisse für einen Einsatz der Bundeswehr im Inland geben (dürfe), um einer Terrorgefahr zu begegnen, die die Fähigkeiten der Polizei übersteigt.“ Jung tut hier so, als sei Polizei nur der bürgernahe Beamte in dunkelblau und unterschlägt die Fähigkeiten und die paramilitärische Ausbildung und Ausrüstung von Sondereinheiten und Bundespolizei. Eine Antwort darauf, was deutsche Soldaten besser oder auch nur annähernd gleich gut leisten könnten, wie diese Spezialeinheiten, gibt er nicht.

Quasi als Krönung der eigenen Überforderung gibt Jung schließlich zu, warum es bislang keine überzeugende Begründung für den Afghanistan-Einsatz gab. Auf die Frage nach einem Abzugsdatum sagt er: „Ich bin froh, dass wir in der Nato nun das erste Mal klare Ziele vereinbart haben, die wir erreichen wollen, um über einen möglichen Abzug nachdenken zu können.“ Im Klartext: Seit 2002 haben tausende deutsche Soldatinnen und Soldaten ihr Leben riskiert, ohne das klar war, warum, womit sich dann doch wieder der Kreis zu Clausewitz schließt.

Endspiele und Wahlkämpfe

Erleben wir derzeit eine Militarisierung der Politik oder eine Politisierung des Militärs? Und was wäre der Unterschied? Unter anderem diese Fragen wirft ein Blick auf die aktuelle öffentliche Debatte zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr auf.

Relativ viel öffentliche Aufmerksamkeit fand in der vergangenen Woche ein Artikel des Spiegel über den abgebrochenen Einsatz der GSG 9 zur geplanten Befreiung des Frachters „Hansa Stavanger“ vor Somalia. Der Bericht war der Auftakt zu einer Debatte, in der einige Politiker ihr Kämpferherz entdeckten, und sich bar jeder Kenntnis in ihren Vorschlägen und Forderungen zu einem verstärkten Einsatz von Spezialkräften fast überboten. Hauke Friedrichs entlarvt diese Debatte in der Zeit als das, was sie ist: Populismus.

Aber es steckt mehr dahinter. In Zeiten allgemeiner Verunsicherung, scheint es, dass die Regel, dass in Deutschland mit dem Krieg keine Wahlen zu gewinnen, wohl aber zu verlieren sind, nicht mehr zu gelten. Ungewöhnlich offen berichtet das Verteidigungsministerium über einen erfolgreich genannten Einsatz des Kommandos Spezialkräfte (KSK). Dadurch offenbar ermuntert, möchte Verteidigungsminister Jung Kommandoeinheiten permanent auf Schiffen der Marine stationieren. Innenminister Schäuble unterstützt das Vorhaben, die Aufgabe der Piratenbekämpfung von der Bundespolizei zur Bundeswehr verlagern, und möchte mal wieder das Grundgesetz ändern. Diese Forderung – und das ist wirklich bemerkenswert – scheint auch die Bundeskanzlerin zu unterstützen. Das alles wirkt erstmal dynamisch, und der deutsche Stammtisch könnte darauf durchaus anspringen – wir können uns ja schließlich nicht alles gefallen lassen.

Auch die Kontrahenten in diesem ungleichen Kampf haben schon die Handschuhe ausgezogen. Nach Informationen der Taliban-Hotline an der Brandstwiete in Hamburg planen die afghanischen Kämpfer  angeblich eine massive Offensive. Deren Vorboten seien die beiden jüngsten Anschläge, denen angeblich eine neue Angriffstechnik zugrunde läge. Via BILD-Zeitung erklärt der verantwortliche Kommandeur, Brigadegeneral Jörg Vollmer, umgehend, dass die Bundeswehr bereit sei, diesen Kampf anzunehmen – so lange es nicht in den Süden des Landes gehe. Dort wiederum sollen unter anderem US-amerikanische Truppen dafür sorgen, dass die Bilanz des Afghanistan-Einsatzes dereinst nicht nur negativ sein wird.

Wie das gehen soll, erklärt wiederum General David Petraeus in einem bemerkenswerten Interview mit der Zeit. (Ein Gespräch, das im Übrigen zur Pflichtlektüre bei der Ausbildung deutscher Generale werden sollte, denn es offenbart gleichermaßen militärische Klugheit, diplomatisches Geschick und professionellen Umgang mit Medien. Männer und Frauen solchen Formats fehlen in der deutschen Debattenarena.)

Ein Ergebnis dieser medialen Offensive auf allen Seiten: Soviel Krieg war selten in der deutschen Presse in den vergangenen Jahren. Das wirklich Erstaunliche – das passiert alles ohne neue Begründung. Die bleibt die Politik weiterhin schuldig. Dieses Defizit wird besonders deutlich, wenn man sich ernsthaft mit den Argumenten gegen die Expeditionen der wetslichen Welt im Allgemeinen und die Auslandseinsätze der Bundeswehr im Besonderen beschäftigt, die unter anderem Jürgen Todenhöfer in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 3. Mai 2009 vorbringt (leider nicht online verfügbar). Todenhöfer macht einmal mehr deutlich, wie fundamental das Versagen der militärischen Interventionen bislang ist. Gleichzeitig liefert er damit eigentlich das beste Argument für veränderte Einsätze, denn um seine Vorstellungen von einer friedlichen Entwicklung im Irak und Afghanistan umzusetzen, ist ein sicheres Umfeld eine wesentliche Voraussetzung. Ebenfalls lesenswert sind die Gründe, die Wolram Weimer, Herausgeber des Magazins Cicero für einen raschen Abzug aus Afghanistan anführt.

Aber statt mutig den Weg zu einer veränderten Begründung und damit auch zu einer grundlegend neuen konzeptionellen Ausrichtung der Einsätze (und der Streitkräfte) den Weg zu bereiten, beschränken sich deutsche Politiker darauf, Piraten, die in Lumpen gekleidet den Golf von Aden unsicher machen und Krieger in Sandalen als Feindbilder aufzubauen und -bauschen. Bedenklich daran ist – es könnte klappen. Wobei wir bei der Ausgangsfrage angekommen wären. Während wir uns in Afghanistan vermutlich tatsächlich einem entscheidenden Endspiel nähern, scheint sich die Politik in Deutschland vor allem darum zu sorgen, welche militärische Karte sie spielen kann (und wie sie sie spielen kann), um den Wahlkampf zu gewinnen, und dass auch gerne auf Kosten der Soldatinnen und Soldaten, die dafür ihr Leben riskieren. Und das, ohne dass sich bislang eine ernstzunehmende Stimme aus Kreisen der Bundeswehr dabei zu Wort gemeldet hätte, um zumindest etwas militärischen Sachverstand in die Debatte einzubringen. Genau das würde nämlich den Unterschied zwischen einer Militarisierung der Politik oder eine Politisierung des Militärs markieren. So bleibt es auf absehbare Zeit bei Letzterem, was mancher sogar als zivilisatorischen Fortschritt sehen mag. De facto führt das in der deutschen Variante jedoch dazu, dass militärische Fähigkeiten systematisch nicht entwickelt werden.

Der Colibri fliegt im Saarland

Einem Leser verdanke ich den Hinweis auf die aktuell laufende Übung Colibri. Im zweijärlichen Wechsel sind deutsche und französische Fallschirmjäger jeweils im anderen Land zu Gast und bereiten sich gemeinsam auf mögliche Einsätze vor. Einen „Insider-Bericht“ zur Übung bietet die Rheinische Post, deren Mitarbeiter Helmut Michelis als Reservist die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unterstützt. Das liest sich ganz unterhaltsam, wobei mir ein bisschen die Einordnung auch für unbedarfte Leser fehlt. (Wobei ich als ehemaliger Fallschirmjäger, der auch zweimal an dieser Übung teilgenommen habe, die Begeisterung natürlich versteht).

Interessant finde ich an der Berichterstattung noch einen weiteren Punkt: Während das Thema auf der Bundeswehr-Homepage quasi nicht zu finden ist, nehmen sich die Redaktonen von Heer und der Division Spezielle Operationen des Themas ausführlich an. Das ist gut und richtig. Allerdings stellt sich die Frage, warum nicht auch das Verteidigungsministerium das Thema aufgreift? Die Top-Themen dort:

– Einsatzvideo der Woche

– Wechsel an der Spitze des Einsatzführungskommandos

– Girls Day

– Afghanistan

– Jung

– Atalanta

– Abwrackprämie (die auch Soldaten im Auslandseinsatz beantragen können)

Aus dieser Momentaufnahme kann der Eindruck entstehen, als sei die zentrale Bundeswehrseite für die Auslandsthemen und den Minister zuständig, während die „Heimatfront“ denTeilstreitkräften überlassen bleibt. Ist das eine gezielte Redaktionspolitik, oder nur ein Ergebnis der bisher zu beobachtenden eher erratischen Kommunikationslinie, die die Themenauswahl eher dem Zufall als dem eigenen Gestaltungswillen überlässt?

Wie dem auch sei: Selbst wenn die Auslandseinsätze der Bundeswehr derzeit im Fokus der Öffentlichkeit stehen – ein Großteil der Soldatinnen und Soldaten leisten ihren Dienst immer noch zu Hause. Eine Tatsache, die angesichts des Verschwindens der Truppe etwas in den Hintergrund rückt. Die Bundeswehrführung täte gut daran, auch diese Thema in der Kommunikation systematisch zu berücksichtigen, und es nicht nur glücklichen Zufällen oder dem Eigeninteresse der Teilstreitkräfte zu überlassen. Bereits ein einfacher Link kann hier Wunder wirken.

In München bewegt sich etwas …

Nein, es geht nicht um die Trainerdiskussion beim FC Bayern, obwohl die mediale Verhandlung des taz-Titel-Bildes von Jürgen „Bryan“ Klinsmann aus Perspektive des Kommunikationsmanagements einfach toll ist.

Um Kommunikationsmanagement geht es aber auch an anderer Stelle in München. Genauer gesagt an der Universität der Bundeswehr. Dort tun sich große Dinge. Zum Herbstrimester 2010 soll dort der Studiengang Wirtschaft und Journalismus starten. Damit wird erstmals an einer der beiden Universitäten der Bundeswehr das Thema ein echter Medienstudiengang ins Leben gerufen. Das ist – in aller Bescheidenheit – ein echter Meilenstein in der Professionalisierung der wissenschaftlichen Ausbildung der studierenden Offiziere. Um eine gute Basis für das neue Programm zu schaffen, investiert die Universität kräftig in Personal und hat drei Professuren ausgeschrieben, und zwar für:

Unternehmenskommunikation

TV- und Radio-Journalismus

Print- und Online-Journalismus

Bewerbungen sind bis zum 28. Mai möglich.

An dieser Stelle bereits vorab ein großes Lob an die Verantwortlichen der Universität der Bundeswehr München, die die Iniative ergriffen und diesen Studiengang eingerichtet haben und natürlich die Verantwortlichen auf Seiten des Verteidigungsministeriums, die sie dabei unterstützt haben. Es war an der Zeit.

Bundeswehr-Magazin Y. vor Neustart

Das Bundeswehr-Magazin Y. steht vor dem Neustart. Wie der Presse- und Informationsstab auf Rückfrage mitteilte, wechselt das Truppeninformationsmedium vom Frankurter Societäts-Verlag zur Berliner Agentur KircherBurkhardt. Die Agentur hat sich auf Corporate Publishing und Editorial Design spezialisiert. Zu den Kunden gehören unter anderem die Bahn oder auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nach einer Übergangsphase soll Y. mit komplett neuem Design und frischen redaktionellen Impulsen an den Start gehen.Das ist wirklich eine gute Nachricht, denn wenn man sich die Referenzliste von KircherBurkhardt anschaut, ist ein deutlicher Sprung bei der gestalterischen Qualität von Y. zu erwarten. Gespannt darf man sein, wie schnell die Zusammenarbeit zwischen der Stammredaktion und dem neuen externen Team Früchte trägt.

Nachtrag 25. Februar 2009: Ganz fremd ist KircherBurkhardt das Thema Bundeswehr nicht. Im vergangenen Jahr hat die Agentur bereits JS – Die Evangelische Zeitschrift für junge Soldaten überarbeitet. Das Ergebnis (leider ist die Zeitschrift nicht online verfügbar) kann sich wirklich sehen lassen.

Workshop „Sicherheit“

An der Universität Marburg findet am kommenden Wochenende (21. und 22. Februar) der erste Workshop der neu gegründeten „Akademischen Gesellschaft für sicherheitspolitische Kommunikation“ statt. Unter dem Titel „Sicherheit heute – morgen – übermorgen“ möchten die Initiatoren das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten, um so die Grundlage für weiterführende Diskussionen zu schaffen. Ein Schwerpunkt des ersten Workshops wird auf der sicherheitspolitischen Kommunikation liegen. Dazu wird es insgesamt drei Vorträge geben, und zwar von:

  • Dr. Stephan Böckenförde (Vertretungsdozent an der Universität Marburg)
    Militär und sicherheitspolitische Kommunikation
  • Jochen Fischer (Universität Marburg)
    Medien als politische Akteure in der Sicherheitspolitik?
  • Sascha Stoltenow (Kommunikationsberater und Blogger)
    Die Bundeswehr als publizistischer Akteur

Das komplette Programm steht hier online. Anmeldungen sind noch möglich.

Der Workshop richtet sich vornehmlich an jene, die sich theoretisch wie praktisch mit sicherheitspolitischen  Fragestellungen auseinandersetzen. Dies betrifft sowohl Personen aus der strategisch-operativen Praxis als auch aus der
Wissenschaft, hier speziell Doktoranden, Habilitanden, aber auch Studierende höheren Semesters, die sich im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten und Forschungsvorhaben austauschen wollen.

Ich bin gespannt.

Geheime Sondereinheit

Sämtliche Klischees erfüllt derzeit ein Artikel auf Spiegel Online. „Geheime Cyberwar-Truppe“ überschreiben die Sonderspezialjournalisten ihren Beitrag zu der im Aufbau befindlichen „Abteilung Informations- und Computernetzwerkoperationen“im Kommando strategische Aufklärung. Abgesehen davon, dass das nicht so neu ist, zeigt vor allem die schnelle Verbreitung der Geschichte, dass vor allem die gar nicht geheimen Cyber-Krieger bei Spiegel Online ihr Geschäft beherrschen. Es ist nämlich nicht nur die Infrastruktur, die über den Erfolg von Informationsoperationen entscheidet, sondern es sind vor allem die Inhalte. Und da muss man vor der Bundeswehr derzeit noch nicht wirklich Angst haben.

Immerhin, ein Anfang

Die Qualität von Videobeiträgen der Bundeswehr war bereits öfter Gegenstand dieses Blogs. Eine – fast schon etwas versteckte – Neuerung auf der Webseite der Bundeswehr gibt allen Interessierten jetzt Gelegenheit, sich selbst zeitnah ein Bild davon zu machen. Zu sehen gibt es entweder aktuelle, einsatzbezogene Beiträge von bwtv oder das „Einsatzvideo der Woche“ der Einsatzkameratrupps.

Grundsätzlich gute Idee

Grundsätzlich ist es eine gute Idee, bewegte Bilder aus den Einsätzen der Bundeswehr anzubieten. Allerdings ist die Qualität der Beiträge noch nicht so, dass sie für sich alleine stehen können. Besser wäre es, sie als zusätzliches Angebot innerhalb eines breiteren thematischen Fokus‘ einzusetzen. Damit ließen sich beispielsweise Redundanzen vermeiden wie bei den beiden aktuellen Beiträge von bwtv. Das Video zum Einsatzgeschwader in Mazar-e Sharif nutzt beispielsweise die gleichen Bilder wie das Interview mit dem Kommodore des Einsatzgeschwaders, Oberst Karsten Stoye. Der Nachrichtenwert ist damit entsprechend gering. Ärgerlich beim Interview ist vor allem, dass Stoye zwar jede Menge interessante Geschichten über den Auftrag und diverse Unterstützungsprojekte erzählt, bwtv aber nicht in der Lage ist, die entsprechenden Bilder zu liefern. Statt afghanischer Mädchen, die in die Schule gehen, ist der bwtv-Moderator im Studio zu sehen. Es gibt bessere Bild-Text-Scheren. Dass der Kommodore dabei nur als Standbild eingeblendet wird, und es offensichtlich nicht möglich war, eine Live-Strecke auf, passt da im wahrsten Sinne des Wortes ins Bild.

Auf dem Weg zum Journalismus

Auch die Beiträge der Einsatzkameratrupps sind noch ein gutes Stück davon entfernt, journalistischen Ansprüchen zu genügen. Ebenso wie die bwtv-Videos wären sie eher als so genannte Nachricht im Film, oder kurz „NiF“ geeignet. Denn rein technisch sind die Bilder in Ordnung. Die Kameraleute wählen den richtigen Bildausschnitt, lassen die Bilder stehen und beginnen nicht hektisch zu schwenken oder zu zoomen. Was fehlt, ist die redaktionelle Qualität. Vor allem kranken die Beiträge daran, dass sie zu weit von den Menschen weg bleiben. Das mag daran liegen, dass es nicht ausreichend Dolmetscher gibt, oder den Bundeswehr-Filmern  die Traute fehlt, mal ran zu gehen. Dennoch: Hier muss man eigentlich mehr erwarten, denn fast 10 Jahre, nachdem beide Einheiten ins Leben gerufen wurden, sollten sowohl bwtv als auch EKT aber schon deutlich über die ersten Kapitel von Fernseh-Journalismus, des Standardwerks zur Ausbildung, hinaus sein.

Zeichen der Hoffnung

Aber es ist ja nicht alles schlecht. Es ist gut, die Videos auf der Seite zu haben. Es ist gut, wenn die Macher, die sich sicherlich sehr bemühen, diese Öffentlichkeit als Chance sehen, sich zu profilieren. Und wenn dann noch etwas Wettbewerb zwischen bwtv und EKT entsteht, kann das nur beiden nutzen. Vielleicht sollte man im Ministerium in Erwägung ziehen, auch ausgewählte Fachmedienzentren (FMZ) zu ermutigen, ihre Beiträge einzureichen. Denn auch in der Heimat passieren interessante Dinge, wie beispielsweise dieser Beitrag des FMZ Hammelburg auf YouTube zeigt. Mut macht auch ein Beitrag von bwtv über die Hilfsorganisation Kinderberg, die sich in Afghanistan u.a. um mangelernährte Kinder kümmert. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob dieser komplett in Eigenregie von bwtv entstanden ist und ob die Angaben im Abspann zu bwtv-Mtarbeiterinnen und Mitarbeitern oder zu freien Profis gehören.

Kritik der Kritik

Es liegt an der Natur eine Blogs, dass es teilweise selbstbezüglich ist. Interessant – und deshalb will ich das hier kurz zum Thema machen – fand ich dennoch einen Kommentar auf meinen kritischen Kommentar zu einem Artikel über die Arbeit von bwtv, bei dem ich vor allem bemängelte, dass der Filmbeitrag über dessen Erstellung geschrieben wurde, nicht zu sehen war.

Am 25. Januar schrieb ein Leser des Bendler-Blog dazu den folgenden Kommentar:

„Wenn hier jemand schwadroniert, dann ist es der Autor dieses Artikels. Einen inhaltsschwachen Artikel als Vorwand zu nehmen um über bwtv zu polemisieren ist ärmlich. Wer so etwas vermutlich als Journalismus sieht, sollte mit Medienkritik sehr vorsichtig sein.“

Interessant an diesem Kommentar finde ich folgende Punkte:

1. Er ist anonym. Das ist das gute in der Blogosphäre. Wer sich nicht traut, oder andere, bspw. dienstliche Gründe hat, muss sich nicht exponieren. In diesem Sinne freue ich mich über weitere Kommentare. Wem also etwas auf der Zunge liegt, der soll es raus lassen.

2. Der Kommentar setzt meiner Kritik eine persönliche Beleidigung entgegen „… ist ärmlich.“ Die grundsätzlich lobenswerte Anonymität des Webs hat also auch negative Elemente, denn in einer offenen Diskussion würde man vermutlich anders agieren. Weiterhin interessant ist, dass der Kommentator darauf verzichtet ein Gegenargument, das sich auf den Diskussionsgegenstand, also die Beiträge von bwtv sowie die redaktionelle Nutzung der Bundeswehr-Webseite, bezieht. Wenn es diese Gegenargumente gäbe, wäre ich sehr gespannt, sie zu hören. Vor allem aber würde ich mich über hochwertige Beiträge von bwtv freuen.

3. Der Kommentar versucht Zweifel an der grundsätzlichen Berechtigung dieses Blogs zu wecken („Wer so etwas vermutlich als Journalismus sieht, sollte mit Medienkritik sehr vorsichtig sein.“) Nicht jedes Blog ist ein journalistisches Medium. Es gibt einige, die von Journalisten geschrieben werden, und die auch einen entsprechenden Anspruch erheben. Auf den Bendler-Blog trifft das nicht zu. Darüber hinaus offenbart dieser Satz, dass der Kommentator einem „alten“, hierarchisch geprägten Verständnis von Kommunikation – und womöglich Gesellschaft insgesamt? – anhängt, denn im Umkehrschluß bedeutet seine Aussage, dass nur „professionelle“ Journalisten Medienkritik über dürfen, bzw. jegliche öffentlich geäußerte Kritik irgendwelchen definierten Kriterien – von wem eigentlich? – genügen muss. Eine solche Argumentation provoziert deshalb sowohl Zweifel am Medien- als auch Demokratieverständnis des Kommentators.

Ganz klar: Wer wie ich gerne austeilt, muss auch einstecken können. Und wenn das zu einer regen Debatte über die sicherheitspolitische Kommunikation führt, bei der alle Beteiligte etwas mitnehmen, freue ich mich darauf. Von daher: Feuer frei!

Jugendoffizier Jung – und seltsame Sparversuche des Streitkräfteamts

Die Jugendoffiziere sind vermutlich eine der erfolgreichsten Institutionen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr. Verteidigungsminister Jung ist nun quasi in die Fußstapfen dieser 1958 eingerichteten „Sondereinheit“ getreten. In einer zweistündigen Podiumsdiskussion an der Marienschule in Limburg (weitere Bilder hier) diskutierte Jung mit rund 250 Oberschülerinnen über, so der offizielle Titel, „Die sicherheitspolitischen Herausforderungen Deutschlands und die Rolle der Bundeswehr in einer von Terrorismus bedrohten Welt“. Arrangiert hatte das Treffen Klaus-Peter Willsch, Bundestagsabgeordneter mit großem Darstellungsdrang. Insgesamt war die Veranstaltung wohl ein voller Erfolg, und das Engagement des Ministers an der Basis ist sehr zu begrüßen, steht aber in einem seltsamen Kontrast zu einer vermeintlichen Sparmaßnahme in der sicherheitspolitischen Öffentlichkeitsarbeit.

Kein Y. mehr für Jugendoffiziere

Nach übereinstimmenden Aussagen glaubwürdiger und unabhängiger Quellen scheint das Streitkräfteamt, dem die hauptamtlichen Jugendoffiziere unterstellt sind, verfügt zu haben, dass den Jugendoffizieren nur noch wenige Exemplare des Bundeswehr-MagazinsY. zur Verfügung gestellt werden. Statt wie bisher relativ großzügig die jeweils aktuelle Ausgabe an ihre jugendlichen (und erwachsenen) Gesprächspartner verteilen zu können, sind die Jugendoffiziere nun aufgefordert, dem Streitkräfteamt die möglichen Bezieher namentlich zu nennen. Als Hauptgrund für diese Vorgabe werden Einsparbemühungen kolportiert. Der Sparwillen geht mit einem Alternativangebot einher. An Stelle des durchaus attraktiven – und nach Aussage von Jugendoffizieren auch nachgefragten Magazins – bekommen die „Referenten für Sicherheitpolitik“ die Werbepostille „infopost“, verbunden mit der Aufforderung, fortan diese aktiv zu verteilen.

Um sich den ganzen Unsinn dieser Entscheidung – so sie denn stimmt – bewust zu machen, hier ein paar Zahlen:
– Die verbreitete Auflage der Y. liegt bei 73.500 Exemplaren im Monat
– Deutschlandweit gibt es 94 hauptamtliche Jugendoffiziere
– wenn man jedem hauptamtlichen Jugendoffizier (wie bisher) je 50 Exemplare zur Verfügung stellte, wären das 4.700 Exemplare (oder rund 6 Prozent)
– Die Druckkosten für die den Jugendoffizieren zur Verfügung gestellten Exemplaren sind bei dieser Auflage quasi vernachlässigbar (es sei denn, dem Dienstleister ist es, ähnlich wie bei „echten“ Rüstungsgeschäften, gelungen, dem Auftraggeber einen völlig überzogenen Preis in die Bestellung zu schreiben)

Jugendoffiziere zu Nachwuchswerbern?

Was dem ganzen Vorgang die Spitze aufsetzt – und dazu noch in eklatantem Widerspruch zum Auftrag der Jugendoffiziere steht – ist die Aufforderung an die Jugendoffiziere die „infopost“ zu verteilen. Dieses Blättchen ist eindeutig eine Medium der Nachwuchsgewinnung und wird zu Recht vom Referat Personalmarketing in der Abteilung Personal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten des Bundesministeriums der Verteidigung herausgegeben – und von den Empfängern auch als solches erkannt. Inhaltlich hilft es den Jugenoffizieren keinen Schritt weiter – und wird von diesen vermutlich (oder hoffentlich) möglichst direkt wieder dem Wertstoffkreislauf zugeführ. Und vielleicht kann sich mal jemand, der sich damit auskennt der Sache annehmen und den wild gewordenen Sparfuchs im Streikräfteamt wieder einfangen, bevor dieser noch weitere Ideen entwickelt, um eine der echten Erfolgsgeschichten der Bundeswehrkommunikation zu sabotieren.