Boah, Live-Fernsehen

Fernsehen ist immer noch etwas Besonderes. Etwas ganz Besonderes, zumindest für die Web-Redaktion des Heeres, ist Live-Fernsehen. Ganz viel Personal und Material seien nötig, hat man dem Autor anscheinend glaubwürdig vermittelt. Wenn es stimmt, was man sich über die Reiserestriktionen des hauseigenen Senders bwtv erzählt, ist nicht verwunderlich, dass „echtes“ Fernsehen bei der Truppe Eindruck macht. Allerdings könnte man auch mal einen Einsatzkameratrupp vorbeischicken, der beweist, dass Live auch mit kleinem Besteck möglich ist – war es zumindest, als wir vor 9 Jahren angefangen haben.

Könnte sich jetzt mal bitte endlich jemand des Themas Corporate TV der Bundeswehr nachhaltig annehmen? Wie? Indem man beispielsweise den Bewegtbildverbund der Bundeswehr (bwtv, EKT, Fachmedienzentren, User Generated Content) konzeptionell fasst, einheitliche Ausbildungs- und Qualitätsmaßstäbe definiert uns Austausch und Unterstützung mit externen Partnern unterstützt.

Was es dazu braucht? Ein entsprechendes Budget (nicht unbedingt viel mehr als bereits vorhanden), eine qualifizierte Führung und ein Konzept. Eine Blaupause verschicke ich gerne. E-Mail genügt.

Alternativ kann man ja natürlich weiterhin ehrfürchtig und ein bisschen eifersüchtig auf die Kollegen des Rundfunks starren – aber das will doch niemand, oder?

Neue bessere Nachrichten aus Afghanistan

Der deutsche Ein-Mann-Afghanistan-Think-Tank Winfried Nachtwei hat seine aktuellen „Better News“ veröffentlicht. Sehr lesenswert und auch ausdrücklich als Ausgangspunkt für weitere Recherchen empfohlen (Dieser Link führt zum gesamten Dokument als PDF).

Linktipps daraus:
– Fotografien aus Kriegs- und Krisengebieten von Ursula Meissner.
– Die Afghanistanbilanz der taz.
– Masoud Rahel in der FAZ.
Bildung schlägt Taliban.

Außerdem interessant: Der Civil-Military Overview. Weiß dazu jemand mehr?

Bundeswehr, neue Medien und das Elend bwtv

Bundeswehr und neue Medien verbindet ja bislang nicht viel. Dass sich daran grundsätzlich etwas ändert, ist nicht wirklich zu erwarten, wenn man einen kurzen Bericht über die 99. Weiterbildungstagung für hauptamtliche Jugendoffiziere am 30. März und 1. April in München zum Maßstab nimmt. Dort stellte Kapitän zur See Hans-Joachim Liedtke vom Streitkräfteamt neue Ansätze vor, mit denen sich die Bundeswehr in den neuen Medien präsentieren will. Das soll unter anderem mit der Hilfe von Rahmenverträgen mit „YouTube“, „Sky Channel“, „Deutsche Welle“ u.Ä. geschehen, die dem Bundeswehrfernsehen bwtv ein weltweites Netzwerk  zur Verfügung stellen sollen . Als Ziele sind angeblich vorgegeben, neue Zielgruppen, Jugendliche und junge Erwachsene zu erreichen sowie die Attraktivität der Bundeswehr zu steigern.

Wir müssen davon ausgehen, dass der Verfasser des Berichts nicht so ganz verstanden hat, was er da gehört hat und versuchen daher, einige Fakten zu sortieren:

– Sky Channel und Deutsche Welle sind keine neuen Medien, sondern Fernsehen.
– bwtv ist der internen Fernsehkanal der Bundeswehr und wird von der Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr produziert. Das Programm läuft seit 2002 im Probebetrieb und ist in der Regel recht weit von professionell gemachten Fernsehen entfernt.
– In Rahmenverträgen (u.a. auch mit RTL) wurde die Übernahme von Serien wie Cobra 11 oder des Journals von Deutsche Welle TV durch bwtv vereinbart.
– Auf YouTube ist es möglich, gegen Bezahlung so genannte Premium-Channels einzurichten. Das will wohl auch die Bundeswehr.
– Bei der Personalwerbung arbeitet die Bundeswehr mit professionellen externen Agenturen zusammen. Während die Bewertung der Inhalte reine Geschmackssache ist, stimmt dabei zumindest die handwerkliche Qualität.

Was also vermutlich während der Weiterbildungstagung vorgestellt wurde ist folgendes:

Im Rahmen der Truppeninformation und Truppenbetreuung bemüht sich bwtv gezielt darum, professionelle Nachrichten- und Unterhaltungsformate von privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern zu übernehmen. Das ist gut und richtig (und anderem Teil eines Konzeptes zur Weiterentwicklung von bwtv, das ich bereits im Jahr 2005 im Rahmen einer Wehrübung im Presse- und Informationsstab erstellt habe).

Die Bundeswehr wird Werbespots über verschiedene Kanäle ausstrahlen. Das ist nichts besonderes, sondern Teil einer professionellen Mediaplanung.

Zukünftig wird die Bundeswehr ihre Werbespots und vermutlich auch Inhalte von bwtv auf einem YouTube-Kanal zur Verfügung stellen. Wenn das die New Media-Strategie der Bundeswehr sein soll, dann gute Nacht, denn insbesondere der Einsatz von Inhalten von bwtv kann angesichts der oben genannten Ziele nur kontraproduktiv sein.

Professionalisierung nötig

Ja, neue Medien und Corporate TV , also die Produktion und der Einsatz von Bewegtbildern, sind für die Kommunikation der Bundeswehr wichtig. Dies nicht nur als Teil der Öffentlichkeitsarbeit, sondern vor allem als ein zentrales Instrument der internen Kommunikation, um die Leistungen der Soldatinnen und Soldaten anzuerkennen und ihnen und ihrem engeren Umfeld zu helfen, sich im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild von dem machen zu können, was es bedeutet, in der Bundeswehr zu dienen. Was es also dringend braucht ist eine Professionalisierung der Kommunikation und des Mediums bwtv. Wie das aussehen könnte, zeigt unter anderem das Y-Magazin. Dessen Webauftritt wird zwar noch in das starre Gerüst des Content Management Systems der Bundeswehr gepresst, das Heft hat aber vom Neustart und der redaktionellen Betreuung durch die Agentur KircherBurkhardt enorm profitiert. Warum ist es so schwer, einen ebenso intelligenten Mix aus internen und externen Ressourcen bei bwtv umzusetzen? Von einer solchen Professionalisierung würden neben dem Publikum auch die bisherigen Mitarbeiter von bwtv profitieren.

bwtv – ein Medium des Genralinspekteurs

Das größte Interesse an einer solchen Neuorientierung müsste eigentlich der neue Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, haben, denn formal ist bwtv „sein“ Medium, für das er die inhaltliche Verantwortung trägt. Und ja, der Generalinspekteur hat derzeit sicher vordringlichere Aufgaben, aber das nun schon seit 2002 zu beobachtende Elend andauern zu lassen, dürfte nun wirlich nicht der Leitungslösung entsprechen.

Vorsicht, lobende Worte

Das Lob der Woche geht an die Redaktion von bundeswehr.de. Der Bericht über Monica Melloh und ihre Initiative „Das gelbe Band“ zeigt, dass da jemand in Berlin verstanden hat, wie wichtig es auch für Soldatinnen und Soldaten ist, dass ihre Leistungen anerkannt werden. Und das der Link von der Bundeswehr-Webseite zur Facebook-Gruppe der Initiative geht (und nicht zum Nato-Shop von Frau Melloh) ist ebenfalls klug.

Nicht alles ist schlecht in Afghanistan

Einen lesenswerten Einblick in das Leben der Menschen in Afghanistan bietet ein Artikel von Friederike Böge in der aktuellen Ausgabe von brandeins. Auf zum Kiosk.

Abschied von den alten Ketten

Ihre Vorfahren waren noch Sklaven, ihre Eltern Bauern oder Tagelöhner. Sie selbst gehören zur neuen Kabuler Elite: Afghanistans Randgruppe, die Hazara, erobern die Mittelschicht. Ihr Erfolgsrezept: lernen, lernen, lernen.

Wunsch und Wirklichkeit

Natürlich stehen in diesem Bericht des ARD-Magazins Kontraste die negativen Aspekte im Vordergrund. Bemerkenswert sind allerdings u.a. zwei Dinge:1. Die Frage, ob Soldaten der Bundeswehr mit Helmkameras ausgestattet sind, kann nun auch offiziell bejaht werden.2. Auch die Frage, wie und warum im vergangenen Jahr Soldaten in einem Transportpanzer Fuchs ertrinken konnten, dürfte sich angesichts dieser Bilder erledigt haben.

Die Frage der Ausbildung

In der Frage der Ausbildung der Soldaten, scheint der Bericht eindeutig. Sie sei ungenügend bestätigen zwei Soldaten. Außerdem seien die Einheiten für den Afghanistan-Einsatz aus unterschiedlichen Truppenteilen zusammengesetzt. Vor allem aber genügten die Ausbildungsrichtlinien nicht den Anforderungen an den Kampfeinsatz. Das klingt plausibel, und spiegelt mit Sicherheit die Erfahrungen der beiden Kronzeugen wider. Dennoch: In der infantristischen Ausbildung werden in der Bundeswehr schon Jahrzehnte genau die Kenntnisse vermittelt, die nötig sind, um auch in Afghanistan zu bestehen. Das zeigt unter anderem der Erfahrungsbericht der QRF 3 aus dem Jahr 2009 in der Zeitschrift „Der Panzergrenadier“. Und auch die Ausbildung im Gefechtsübungszentrum ermöglicht eine einsatznahe Qualifikation der Soldatinnen und Soldaten. Eine Frage aber bleibt im Raum stehen: Müssten angesichts der veränderten Bedrohungslage nicht alle Einsatzkräfte eine entsprechende Kampfausbildung durchlaufen?

Was tun gegen freundliches Desinteresse?

Eine Frage, die hier im Blog wiederholt gestellt wurde und wird (http://bendler-blog.de2010/01/07/freundliches-desinteresse), ist, warum die Bundesregierung nicht, wie beispielsweise die kanadische Regierung, vierteljährlich einen Bericht an das Parlament und die Öffentlichkeit erstellt: http://www.afghanistan.gc.ca/canada-afghanistan/documents/qr-rt.aspx Grundlage dieser Berichte sind vereinbarte Ziele für den Einsatz: http://www.afghanistan.gc.ca/canada-afghanistan/progress-progres/benchmarks-reperes/index.aspx?menu_id=60&menu=L Politisch und kommunikativ gibt es also durchaus „Benchmarks“ an denen sich die Bundesregierung orientieren könnte. Die Frage ist: Warum tut sie es nicht?

Ähnliche Fragen muss sich aber auch das Parlament stellen lassen. Bereits im Februar 2007 hatte der ehemalige Bundestagsabgeordnete Winfried Nachtwei festgestellt: „Friedensmissionen und die Schlüsselthemen Nation Building, Sicherheitssektorreform, zivil-militärische Zusammenarbeit, Drogenbekämpfung werden im Parlament viel zu ressortborniert behandelt. Themenbezogene gemeinsame Sitzungen sind überfällig. Die Einrichtung eines ressortübergreifenden „Sicherheitsausschusses“, wie z.B. vom Bundespräsidenten vorgeschlagen, sollte näher geprüft werden.“ (http://www.nachtwei.de/index.php/articles/471)

Passiert ist seither wenig. Bei einer Recherche auf den Webseiten der Ausschüsse des Bundestages (http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/index.html) finden sich keine Hinweise auf gemeinsame Sitzungen der Ausschüsse, die sich den Themen der vier am Afghanistan-Einsatz maßgeblich beteiligten Ressorts – Außenministerium, Verteidigungsministerium, Innenministerium und Entwicklungshilfeministerium – widmen. Warum ist das so? Und warum entschließen sich die vier Ausschüsse – Auswärtiges, Inneres, Verteidigung, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – nicht, in einer koordinierten Aktion, die Bundesregierung zu einer regelmäßigen Berichterstattung aufzufordern?

Eine mögliche Antwort: Fast alle Beteiligten können mit dem freundlichen Desinteresse der Bevölkerung leben, denn eine offene Bilanz würde womöglich sichtbar machen, dass nicht alle Ressorts ihren Auftrag so konsequent wahrnehmen, wie das Verteidigungsministerium. Das zeigt unter anderem eine Bilanz der taz, die – so ist zu hören – auch bei Militärs gut ankommt. Unter der Überschrift „Unser Krieg“ finden sich beispielsweise folgenden Angaben:

4.450 Soldatinnen und Soldaten sind derzeit in Afghanistan stationiert.

40 Mitarbeiter sind derzeit für deutsche NGOs vor Ort.

240 zivile Aufbauhelfer

sind derzeit im Auftrag des deutschen Staates im Einsatz.

1.100 Afghanen arbeiten für deutsche Wiederaufbauprojekte.

174 Polizeibeamte unterstützen derzeit die Ausbildung der afghanischen Polizei.

Angesichts der zurückhaltenden Kommunikation der Regierung passt es ins Bild, dass auf den Schwerpunktseiten des Auswärtigen Amtes zu Afghanistan (http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/RegionaleSchwerpunkte/AfghanistanZentralasien/Uebersicht-Afghanistan.html)

an prominenter Stelle eine Broschüre zum Wiederaufbau in Afghanistan zu finden ist, deren aktuellestes Projekt vom 25. Juli 2008 datiert (http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Infoservice/Broschueren/AfghWiederaufbauKonkret.pdf).

In Umkehrung eine Binsenweisheit der Kommunikation könnte man das wie folgt zusammenfassen: „Wir tun nichts Gutes, also reden wir auch nicht darüber.“

Ist das wirklich so? – Ich hoffe, nicht.

Was ist zu tun? – Wenn nicht die Regierung, so mögen sich das Parlament und die mit dem Thema befassten Ausschüsse beschließen, Parlament und Öffentlichkeit regelmäßig schriftlich und mündlich über Ziele sowie Fort- und Rückschritte des Afghanistaneinsatzes zu unterrichten.

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Szenarien für Afghanistan

Niemand wird wohl behaupten, die Situation in Afghanistan sei einfach zu verstehen. Einen Versuch, die Handlungsstränge zu entwirren und mögliche Szenarien zu visualisieren, haben Studierende der Fachhochschule Potsdam unternommen. Sehenswert. Zu Recht ist die Arbeit auch schon dem ebenfalls sehr lesens- und sehenswerten Blog „Information is beautiful“ aufgefallen.

Sie fand den Weg in den Bendler-Blog via Facebook und @sachark.