Konzern Bundeswehr? – Schlüsselkompetenz Kommunikation

Folgt man der Pressemitteilung des Deutschen Bundeswehrverbandes (DBwV), hat Bundeswehr-Generalinspekteur anlässlich der DBwV-Bundestagung gemahnt, „die Streitkräfte müssten, wie viele andere Großkonzerne auch, Kommunikation als Schlüsselkompetenz erkennen.“

Dem ist natürlich grundsätzlich zuzustimmen, allerdings wirft diese Mahnung verschiedene Fragen auf:

– Ist die Bundeswehr ein Konzern?
– Und wenn ja, was ist sein Kernangebot? (Eine These: Ein militärischer Gewalt-Dienstleister)
– Welche Vorstellung von Kommunikation in Konzernen hat der Generalinspekteur?
– Welche Folgerungen sind daraus für die Bundeswehr abzuleiten?

In diesem Zusammenhang  bietet sich ein Hinweis auf ein gerade anlaufendes Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an. Wissenschaftler der TU Ilmenau, der TU Braunschweig und der Universität Freiburg untersuchen in einer vergleichenden Studie die Beziehungen zwischen Medien und Militär bei der Bundeswehr und den US-Streitkräften. Der Lehrstuhl von Professor Martin Löffelholz und die  diesem angeschlossene internationale Forschungsgruppe Krisenkommunikation bemühen sich schon sehr lange darum, die Bundeswehr-Kommunikation zu untersuchen. Auf Seiten des Verteidigungsministeriums war man da in der Kooperation bislang eher zögerlich (Konzerne mit einer professionellen Kommunikation sind das in der Regel nicht), aber nun sind die Beteiligten zuversichtlich, dass es hier voran geht. Insofern sollte man hier auch den Generalinspekteur beim Wort nehmen.

Was soll erforscht werden?

Im Kern soll es laut Pressemitteilung der TU Ilmenau darum gehen, die Frage zu untersuchen, wie und aus welchen Gründen  sich die Medienbeziehungen der Bun­des­wehr im Vergleich zu den US-Streit­kräf­ten von 1990 bis zur Gegenwart verändert verändert haben. Das Forschungs­vorhaben, an dem insgesamt zehn Wissenschaftler mitwirken werden, besteht zwei Teilprojekte, die in einen größeren Forschungszusammenhang zum Thema „Militär und Medien im 20. Jahrhundert“ inte­griert sind. Die DFG bewilligte dafür Forschungsmittel in Höhe von insgesamt rund 500.000 Euro.

Löffelholz, der sich seit rund 20 Jahren mit militärischem Kommunikationsmanagement und Kriegskommunikation beschäftigt, ist zuversichtlich, dass auch die Bundeswehr von diesem Projekt profitieren wird:. „Ich bin überzeugt, dass unser Forschungsvorhaben nicht zuletzt für die Bundeswehr und das Verteidigungsministerium von großem Interesse sein wird – vor allem, weil die Beziehungen von Militär und Medien in diesem Umfang bisher noch nicht untersucht worden sind.“

Bärendienst

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Auch ich habe mich in meiner aktiven Dienstzeit darüber aufgeregt, dass (Offizier)Kameraden sich nach drei Tagen vom Einzelkämpferlehrgang ablösen ließen – und dennoch schnell befördert wurden oder Zuckerlehrgänge besuchen durften, sich vorgeblich nur wegen „der Kohle“ in den Auslandseinsatz begaben, oder motzten, dass sie sich an der Offizierschule am Freitagnachmittag einen Vortrag zur Ethik des Soldatenberufes anhören „mussten“. Diese und viele andere Fälle, die bei mir den Eindruck hinterlassen haben, dass hier einige nicht richtig mitziehen, sind ursächlich dafür, dass ich mich entschieden habe, andere berufliche Optionen zu verfolgen. Wer mich kennt, weiß, dass ich dabei kein Blatt vor den Mund genommen habe, diese Dinge intern anzuprechen – und mir oft genug die Zunge verbrannt habe.

Dennoch hat der Generalinspekteur mit seiner Kritik an Einsatzbereitschaft und Kommunikationsverhalten den Soldatinnen und Soldaten einen Bärendienst erwiesen, und das offensichtlich auch deshalb, dass er keine professionelle Unterstützung bzw. Beratung bei der Wahl seiner Worte hatte, denn ich kann mir nur schwer vorstellen, dass er dieses mediale Echo auslösen wollte:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,630849,00.html

http://www.volksstimme.de/vsm/nachrichten/deutschland/?sid=i6emhe03tvbnla2ah8onsvcc00&em_cnt=1431531

http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/Bundeswehr-Schneiderhan;art122,2824928

http://www.mainpost.de/nachrichten/politik/main-posttitelseite/General-rueffelt-die-Bundeswehr;art9484,5167554

http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Nachrichten/Startseite/Artikel,-General-kritisiert-inneren-Zustand-der-Bundeswehr-_arid,1665078_regid,2_puid,2_pageid,4288.html

http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/europe/article6514742.ece

http://www.pnp.de/nachrichten/artikel.php?cid=29-24365817&Ressort=pol&BNR=0

http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article1054410/General-Viele-Soldaten-jammern-auf-hohem-Niveau.html

Oder etwa doch?

Udpate: Schneiderhan macht es sich zu einfach

Das Redemanuskript Schneiderhans ist hier veröffentlicht. Obwohl er hier den Kontext natürlich weiter fasst, bleiben die Aussagen zum „Rundum-Wohlfühlangebot“ für mich sehr problematisch – und zwar grundsätzlich, nicht nur, weil sie in der Berichterstattung bevorzugt herausgegriffen wurden.

Ein anderes Argument der Rede muss ebenfalls zum Nachdenken anregen. Schneiderhan sagt: „Der andere Punkt, der mich mindestens so beschäftigt, hat mit der Kommunikationsstruktur oder Kommunikationskultur in der Bundeswehr zu tun. Gespräch, Meldung oder Beschwerde auf den Ebenen, wo der Mangel entsteht und wo die Instrumente zur raschen Abstellung zur Verfügung stehen, scheint nicht überall gut zu funktionieren und deshalb die Hinwendung ans Parlament oder die Öffentlichkeit. Wenn der Wehrbeauftragte in diesem Zusammenhang von Vertrauensverlust redet, muss das für uns mehr als ein Wecksignal sein.“ Im Klartext: Schneiderhan sieht es als Defizit an, wenn sich Soldaten an die Öffentlichkeit wenden und möchte Probleme intern lösen. Dieser Reflex ist aus Konzernen und Großorganisationen aller Coleur bekannt, aber unter den Bedingungen einer modernen Mediengesellschaft einfach anachronistisch.

Damit man mich nicht falsch versteht: Als (Reserve)Offizier bin ich ein Freund klarer Worte und auch überzeugt, dass die meisten Probleme des militärischen Alltags intern gelöst werden können. Allerdings habe ich schon sehr früh in meiner Dienstzeit erfahren (müssen), dass auch die Institution des Wehrbeauftragten nicht zwingend auf Seiten der Soldaten steht. (Dass ich es dennoch als SaZ12 zum Enddienstgrad gebracht habe, mag als Indiz dienen, dass diese Beschwerde nicht meinem renitenten Charakter geschuldet war.)

Die eigentliche strategische Herausforderung ist unter anderem die Frage, wie sich die Bundeswehr unter den Bedingungen der Mediengesellschaft führen lässt. Die Antworten, die die Bundeswehr bislang anbietet, sind alles andere als überzeugend.

Schneiderhan macht es sich zu einfach

Wenn die aktuelle Berichterstattung, beispielsweise in Bild.de und Zeit online den Tenor eines Vortrages von Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan beim Jahresempfang des Wehrbeauftragten der Bundesregierung richtig wiedergibt, macht er es sich zu einfach. Angeblich kritisiert Schneiderhan die mangelnde Einsatzbereitschaft von Soldaten, und führt als Beispiel u.a. Beschwerden über mangelhafte Ausrüstung wie beispielsweise ungeeigneter Schlafsäcke für den Kongo-Einsatz an, die zwar von medialem Interesse sei, aber „keine parlamentarische Betroffenheit auslösen“ sollte, so Zeit online.

Mit einer solchen Aussage, so sie denn richtig wiedergegeben ist, zieht Schneiderhan – übrigens in der selben medialen Logik – die tatsächlichen Sorgen der Soldatinnen und Soldaten ins Lächerliche und liefert den „mehreren hundert Gästen aus Politik, Bundeswehr, Wirtschaft und Gesellschaft“ quasi frei Haus ein Alibi, um sich wie bisher einer grundsätzlichen Debatte über Sinn und Zweck sowie konkrete Ausgestaltung der Auslandseinsätze der Bundeswehr zu entziehen. Beschwerden über ungeeignete Schlafsäcke sind so alt, wie die Bundeswehr. Erhebliche private Ausgaben von Soldatinnen und Soldaten für bessere Ausrüstung ebenfalls (man braucht dazu nur die wachsende Zahl von Anbietern militärischer Ausrüstung nachvollziehen. Beides sind aber nur Symptome einer wachsenden Unzufriedenheit damit, dass es keine starke Stimme in der Öffentlichkeit gibt, die sich das Anliegen der Soldatinnen und Soldaten zu eigen macht. Es wäre bedauerlich, wenn nun auch der Generalinspekteur auf die technokratische und teilweise deligimitierende Richtung der politischen Führung des Verteidigungsministeriums einschwenkte.

Nachtrag:

Stephan Löwenstein bloggt auf Faz.net, dass Schneiderhan gesagt habe, dass es ein „Überangebot an Kümmerern“ gebe, die den Soldatinnen und Soldaten einen „Fluchtweg aus der eigenen Verantwortung“ anböten. Löwenstein bewertet diese Aussage als etwas für ihn Unangenehmes, erkennt also die Medienschelte darin und hält sie also für richtig?

Wie dem auch sei: In einer Parlamentsarmee kann es gar nicht zu viele geben, die sich versuchen, um die Belange der Soldatinnen und Soldaten zu kümmern. Es kann aber zu viele geben, die das aus fragwürdigen Motiven tun, und zu viele, die erkennbar nicht wissen, wovon sie sprechen und schreiben.

Werbung selbstgemacht

In Zeiten von User Generated Content ist ja alles erlaubt. Ob es auch sinnvoll ist, darf bezweifelt werden. Einen aktuellen Beweis dafür liefert unter anderem die Führungsakademie der Bundeswehr. Dort hat sich offensichtlich der Nationale Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst in einem Seminar mit der Kommunikation der Luftwaffe beschäftigt. Aufgabe war es „Möglich­keiten zur Dar­stellung der Relevanz von Luft­macht in lauf­enden und künf­tigen Einsätzen“ aufzuzeigen.

Nun ist es natürlich grundsätzlich erfreulich, dass ein solches Thema auf dieser Ebene Beachtung findet. Das Ergebnis weckt allerdings nachhaltige Zweifel daran, dass damit das Ausbildungsziel, „den Offizier zu befähigen, Aufgaben im Generalstabs-/Admiralstabsdienst (…) kritisch-reflexiv, selbständig, verantwortlich und kompetent wahrzunehmen.“ erreicht wurde.

entwurf-eines-moglichen-werbeplakates-der-luftwaffe.jpg

Nicht das Motiv an sich ist es, dass die vorgenannten Zweifel weckt, denn mittlerweile hat vermutlich schon jeder von uns mal beim Bier überlegt, wie Werbung für seine Lieblingsmarke aussehen könnte. Nichts also gegen die intellektuelle Lockerungsübung an sich. Wirklich problematisch ist aber, dass die zukünftigen Generale und Admirale der Bundeswehr nicht über die Form der Werbung selbst hinauskommen und das auf den Seiten der FüAk auch noch für alle sichtbar dokumentieren. Die eigentliche Kommunikationsaufgabe der Luftwaffe ist nicht, den Mangel an Emotion zu überwinden, sondern die strategischen Defizite in der Legitimation ihrer Einsätze abzubauen. Die lassen sich nicht mit Postern überkleben.

Das Versagen hat System

Umschlagtitel des Buches Einsatz ohne Ziel?

Ein bemerkenswert kluges Essay hat Klaus Naumann, Mitarbeiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung, geschrieben. Unter dem Titel „Einsatz ohne Ziel? Die Politikbedürftigkeit des Militärischen“ skizziert Naumann die grundlegenden Dilemmata, der sich Politik und Militär angesichts der veränderten Rahmenbedingungen einer weltweiten Interventionspolitik gegenübersehen. Der größte Verdienst ist dabei, dass er sich nicht auf eine abstrakte Analyse beschränkt, sondern konkrete Handlungsoptionen aufzeigt und dabei vor allem von der militärischen Führung der Bundeswehr verlangt, ihr Rollenverständnis grundsätzlich zu überdenken. Nach mehr als 50 Jahren, in denen der Primat der Politik durch die Offiziere als implizite Aufforderung zum Schweigen bei zentralen Fragen verstanden wurde, fordert Nauman sie nun auf, den öffentlichen Diskurs aktiv mitzugestalten. Sein stärkstes Argument dabei: eine Politik, die von Soldaten verlange, in Einsätzen rund um die Welt auch politisch zu agieren, könne nicht erwarten, dass die selben Soldaten sich in der Heimat unpolitisch verhalten. Es bleibt zu hoffen, dass die 125 Seiten des Buches an den Offizierschulen, den Universitäten und der Führungsakademie der Bundeswehr intensiv studiert werden, und man darf gespannt sein, welche Spitzenmilitärs als erstes ohne Furcht vor Laufbahnnachteilen in der Lage sein werden ein neues professionelles Selbstverständnis zu artikulieren.

Afghanistan – raus oder (noch mehr) rein?

Eine Bundesregierung ohne erkennbare Strategie, ein eklatanter Mangel an außen- und sicherheitspolitischem Nachwuchs in allen Parteien, eine Auslandsberichterstattung, die weniger von inhaltlichem Interesse als viehlmehr von persönlichen Eitelkeiten dominiert wird, und eine militärische Führung die ihren Soldaten im Einsatz Maulkörbe umhängt, anstatt eine umfassende Berichterstattung zu ermöglichen – die rund 100 Gäste, die am vergangenen Mittwoch (10.6.2009) die Diskussion in den Berger Kinos in Frankfurt verfolgten, bekamen einen umfassenden Eindruck in die Ursachen für das „freundliche Desinteresse“ (Bundespräsident Horst Köhler) bzw. die Ablehnung, mit denen die Deutschen dem Einsatz der Bundeswehr gegenüberstehen.

Zur Diskussion unter dem Titel „Krisenintervention in den Medien“ hatte die Initiative MedienMittwoch eingeladen. Ein Grund, so Harald Metz, Mitinitiator und Lichtspieldirektor der Berger Kinos, war u.a. der enorme Zuspruch, den ein Film wie „Die Reise nach Kandahar“ beim Publikum gefunden hatte. Dem großen Interesse des Frankfurter Kinopublikums steht eine doch sehr überschaubare Präsenz des Themas in deutschen Medien gegenüber, wie jeder weiß, der die Auslandsberichterstattung verfolgt. Antworten auf die Frage, warum das so ist, sollten Tom Koenigs, Bundestagkandidat der hessischen Bündnis90/Die Grünen und ehemaliger UN-Sonderbeauftragter, Willi van Oyen, Fraktionsvorsitzender der Linken im hessischen Landtag, und der Journalisten und langjährige Auslandskorrespondent Christoph Maria Fröhder finden.

Von pazifistischen Wurzeln zur Forderung nach Intervention

Den Auftakt machte jedoch die Darstellung der politischen Positionen von Koenigs und van Oooyen. Hatten sich die beiden Diskutanten im Vorgespräch im Foyer noch harmonisch über ihre gemeinsamen Erfahrungen in der linken Frankfurter Szene ausgetauscht hatten, markierten sie nun recht schnell ihre kontroversen Positionen. Koenigs plädierte überzeugend und überzeugt dafür, den Einsatz in Afghanistan aus humanitären Gründen aufrecht zu erhalten. Allerdings forderte er, die zivile Komponente zu erhöhen und beim militärischen Einsatz die polizeilichen Fähigkeiten massiv zu verstärken. Van Ooyen hingegen kam über die Forderung „Raus aus Afghanistan“ nicht hinaus, und begründete dies mit den zahlreichen tatsächlichen oder vermeintlichen Fehlern der (vor allem US-amerikanischen) Politik in der Vergangenheit. Die Frage nach den Konsequenzen eines Rückzugs der NATO aus Afghanistan beantwortete er mit einem lapidaren „das werde man dann ja sehen“ und unterstrich damit, wie tief die Linke sich in ihrer Fundamentalopposition – und damit der Politikunfähigkeit – eingegraben hat. Besonders deutlich zeigte sich, dass Koenigs Argumente wegen seiner Erfahrung in Afghanistan deutlich mehr Substanz hatten, als die bar aller Kenntnisse des Landes von van Oooyen vorgebrachte Position.

Die journalistische Perspektive

Wirklich interessant wurde die Diskussion aber erst durch Christoph Maria Fröhder, der die Aussagen Koenigs durch seine eigenen Erfahrungen kontrastierte. Fröhder machte an verschiedenen Beispielen deutlich, wie sehr sich der journalistische Blick auf das Land und die Menschen von der offiziellen Sicht eines UN-Sonderbeauftragten unterscheidet. So kritisierte Fröhder verschiedene Wiederaufbauprojekte, die ihm von offizieller Seite als Erfolgsgeschichten verkauft werden sollten, als Alibimaßnahmen, während gleichzeitig an unterschiedlichsten Stellen ein großes Maß an Eigeninitiative zu finden sei – aber auch, wie in vielen Bereichen, in denen keine effiziente Hilfe geleistet wird, die radikalen Kräfte wieder an Einfluss gewinnen.

Afghanistan und die Medien

Mit Blick auf das eigentliche Thema der Diskussion wurde sehr schnell klar, dass die Außenpolitik offensichtlich ein von allen Seiten ungeliebtes Stiefkind ist. Bis auf die zwar sehr griffige, aber nun auch schon fünf Jahre alte Formulierung des ehemaligen Verteidigungsministers Peter Struck, dass Deutschland Freiheit auch am Hindukusch verteidigt werde, ist die Bundesregierung bislang eine überzeugende Begründung für den Einsatz in Afghanistan schuldig geblieben. In den Reihen der Parlamentarier, die den Einsatz schließlich mandatieren, hat sich bis auf Winfried Nachtwei (Bündnis90/Die Grünen), niemand durch einen besonders differenzierten Blick auf die Afghanistan-Politik Deutschlands hervorgetan. Und dabei geht nicht nur der SPD der außenpolitische Nachwuchs aus, wie Spiegel Autor Ralf Beste schreibt. Auch in den anderen Parteien scheint sich die Außen- und Sicherheitspolitik als Verliererthema etabliert zu haben.

Öffentlich-rechtliche Politik

Dazu passend haben vor allem die öffentlich-rechtlichen Medien ihre Berichterstattung zu Afghanistan und anderen Konfliktherden auf ein Minimum reduziert. Christoph Maria Fröhder legte eindrücklich dar, wie die Krisen-Berichterstattung mit Verweis aufdie Quote in die Programmfenster nach Mitternacht verschoben wird, während in den Nachrichtensendungen mit Vorliebe die immer gleichen Bilder von Anschlagsorten gezeigt werden, ohne dass die Hintergründe erläutert würden, was allerdings angesichts der geringen Präsenz von ständigen Korrespondenten vor Ort auch nicht weiter verwundere. Nachhaltig in Erinnerung dürfte dem Publikum Fröhders Schilderung bleiben, wie der zuständige Bayerische Rundfunk unter Verweis auf die internen Strukturen verhinderte, dass er während der israelischen Offensive in Gaza vor Ort recherchierte. Stattdessen beschränkte sich die ARD wie die meisten anderen Sender darauf, ihren Korrespondenten auf den „Berg der Schande“ zu entsenden.

Maulkorb für Soldaten

Ebenso hart wie mit der ARD ging Fröhder mit der Kommunikationspolitik der Bundeswehr in Afghanistan ins Gericht. Das oberste Bestreben der Presseoffiziere sei es, so Fröhder, Journalisten permanent unter Kontrolle zu halten. Als Argument führten sie dabei vor allem die Sorge um deren Sicherheit  an – ungeachtet der Tatsache, dass Journalisten wie Fröhder vermutlich mehr „Einsatzerfahrung“ haben als die Militärs. Fröhder jedenfalls für den ließ es sich nehmen ohne militärische Begleitung durchs Land zu reisen und fand dabei auch sehr erfolgreiche Beispiele f ür die Arbeit der Bundeswehr – dumm nur, dass die Führung im Einsatzland ihren Soldaten einen Maulkorb verpasst hat und Statements ohne Begleitung von Presseoffizieren schlicht verboten hat.

Die Sicht eines (ehemaligen) Soldaten

Ich hatte mich relativ kurzfristig dazu entschlossen, die Diskussion zu besuchen. Im Foyer hatte ich die Gelegenheit zu einem kurzen Gespräch mit Harald Metz. Dabei machte ich ihm deutlich, dass mir bei der Besetzung des Podiums die Perspektive der Bundeswehr, aber vor allem die der Soldaten fehle, was wiederum Metz dazu bewog, mich am Ende der Diskussion um ein kurzes Statement zu bitten. (Dem kam ich gerne nach, man ist ja schließlich nicht uneitel.) Dabei habe ich versucht deutlich zu machen, dass ich die Kritik Fröhders an der restriktiven Kommunikationspolitik der Bundeswehr teile. Meines Erachtens sollte die Bundeswehr alles dafür tun, um die freie Berichterstattung nicht zu behindern. Nur so ist es möglich, dass das deutsche Publikum einen umfassenden und realistischen Eindruck von den Entwicklungen in Afghanistan bekommt. Dazu gehört selbstverständlich auch ein eindeutiges Bekenntnis der Politik zu diesem Einsatz, was eine intensivere Auseinandersetzung vorausetzt, als die Abstimmungsroutine zu dessen Verlängerung, und eine deutliche stärkere Präsenz des Themas im Programm der öffentlich-rechtlichen Sender. Denn langfristig entzieht das komunikative Versagen von Regierung, Parlament, Verteidigungsministerium und Medien dem Einsatz die Legitimation.

Sneak Preview auf das neue Y. …

… auf der Webseite der Bundeswehr, inklusive einer „Gebrauchsanleitung“ und Vorwort des Ministers.

Titelseite des neugestalteten Bundeswehrmagazins Y. 

Der erste Eindruck: sehr klar und sauber und etwas „militärischer“. Ich bin gespannt, wie das Heft insgesamt wirkt und hoffe, dass es nicht zu klinisch wird (Mehr zu sehen gibt es bei Kollege Wiegold).

Und warum sind eigentlich die Hinweise auf die Neugestaltung noch nicht auf der Webseite des Magazins angekommen?

Was ist Krieg?

Joseph König, Chefredakteur von „Kompass. Soldat in Welt und Kirche“, der Zeitschrift der Katholischen Militärseelsorge, verdanke ich den Hinweise auf die Märzausgabe der Zeitschrift. Unter der Frage „Was ist Krieg?“ finden sich sehr lesenswerte Beiträge, die den Bogen von Clausewitz zu Münkler nicht nur spannen, sondern auch tiefgründiger untersuchen, als das hier möglich ist – und auch tiefgründiger als das offensichtlich an der Spitze des Ministeriums diskutiert wird.