Die Stunde der Stümper – Bundeswehr und Webvideo

„Die Stunde der Stümper“ lautet die wenig freundliche Übersetzung des Titels eines Buches von Andrew Keen. Das Original klingt differenzierter aber nicht weniger dramatisch: „The Cult of the Amateur: How blogs, MySpace, YouTube, and the rest of today’s user-generated media are destroying our economy, our culture, and our values“.

Dem Kult um das Amateurhafte haben sich nun auch das Bundeswehr-Fernsehen bwtv und der – gerne auch von sich selbst gelobte – YouTube-Kanal der Bundeswehr angeschlossen, und ein Video veröffentlicht, dass dem Zuschauer einen Einblick in das studentische Leben an der Universität der Bundeswehr München geben soll. Das gelingt in Maßen. Vor allem aber zeigt der Film, warum – bislang – Filme, die von Auszubildenden gemacht werden, einem größeren Publikum vorenthalten bleiben. Ich weiß das, denn ich habe viele solche Filme selbst gedreht. Dieser Film – wenn ich es richtig verstanden habe, von Studierenden des Studienganges Wirtschaft und Journalismus produziert – eignet sich dagegen vor allem dazu, elementare handwerkliche Fehler des Videofilmens zu illustrieren. Wer mag, und vom Fach ist, kann diese Fehler gerne hier in den Kommentaren beschreiben und Verbesserungsvorschläge machen. Wenn sich interessierte Leser diese Kritik dann zu Herzen nähmen, erfüllte der Film zumindest den Zweck eines Ausbildungsfilmes. (Ich habe dazu einfach keine Lust mehr, nenne nur drei Stichworte: Weißabgleich, Blende, Fokus – vom Redaktionellen schweige ich.)

Die Chance auf ein differenziertes Feedback haben die verantwortlichen bwtv- und Bundeswehr-YouTube-Redakteure, die entschieden haben, den Film zu veröffentlichen, nicht. Sie haben – erneut – einfach nur Mist gebaut, und all diejenigen bestätigt, die meinen, einen Beruf zum Hobby abzuwerten, sei im Zeitalter des Internets möglich, weil ja ohnehin alles veröffentlich wird – unabhängig von der Qualität.

Alle gegen den Minister?

Bemerkenswert, welche Aufmerksamkeit dem feierlichen Gelöbnis von 400 Bundeswehrsoldaten heute am 20. Juli 2012 zu Teil wird. Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte sich mit dem Bundestagspräsidenten Norber Lammert darauf verständigt, das Gelöbnis in diesem Jahr nicht – wie in den Jahren 2008-2011 – vor dem Reichstag sondern im Bendlerblock durchzuführen. Die Kritik, die de Maizière nun entgegenschlägt, überrascht in mehrfacher Hinsicht. Sie kommt spät, heftig und in einer bemerkenswerten Einigkeit von Parteifreunden und politischer Gegner.

„Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee und kein Ministerialheer“, sagte der Wehrbeauftrage des Deutschen Bundestages, Hellmuth Könighaus, der Tageszeitung „Die Welt“. Bernd Siebert, Mitglied des Verteidigungsausschuß fordert in einer Pressemitteilung: „Die Bundeswehr gehört in die Öffentlichkeit“ und kritisert seinen Parteifreund de Maizière: „Die Entscheidung, das Gelöbnis am 20. Juli nicht vor dem Reichstag stattfinden zu lassen, ist falsch.“ Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter, Oberst a.D. und Präsident des Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr, liegt mit dem Minister in dieser Sache über Kreuz. Über den Kurznachrichtendienst Twitter bezieht er eindeutig Stellung: „Auch #Reservistenverband ist sich einig: das Feierliche Gelöbnis 20. Juli gehört öffentlich vor den #Reichstag und nicht in den #Bendlerblock“. Die beiden CDU-Politiker scheinen von der Verlegung ebenso überrascht zu sein, wie Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD. Er habe von dieser Regelung nichts gewusst, und erst mit der Einladung davon erfahren, dass das Gelöbnis im Bendlerblock stattfinde, sagte er gegenüber Welt Online.

Die Kritik, die sich nun am Ort des Gelöbnis entzündet hat vermutlich tiefere Ursachen. Auch im Bendlerblock sind die Soldaten nicht der Öffentlichkeit entzogen. Er liegt vielleicht etwas verkehrsungünstig. Seine symbolische Bedeutung in der Gedenkstätte deutscher Widerstand dagegen ist mindestens ebenso hoch, wie die Wiese vor dem Reichstag. Ja, die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee, und angesichts der Risiken, denen Solaten sich aussetzen, ist es richtig und wichtig, die Parlamentarier regelmäßig auch sichtbar daran zu erinnern, welche Konsequenzen ihre Entscheidungen über den Einsatz der Armee haben können. Allerdings sind eben diese Parlamentarier nun in der Sommerpause.

Die Kritik ist daher grundsätzlicher zu verstehen. Es ist eine Kritik am Politikstil Thomas de Maizières, der mit der Führung des Verteidigungsministeriums auch die alleinige Deutungshoheit über die Bundeswehr beansprucht. Bislang ist es ihm und seinem Stab bemerkenswert gut gelungen, diese vor allem auch kommunikative Führungsrolle auszufüllen. Nun werden aber erste Risse deutlich. Vor allem die groß angelegte Bundeswehrreform will nicht so recht in Schwung kommen.Weder gelingt es dem Ministerium bisher kritische Stimmen zu überzeugen, noch die ambitionierten Pläne mit Leben zu füllen. Vor allem der umfassende Personalabbau dürfte sich als Hindernis erweisen. In der Truppe rumort es. Sei es, weil auch leistungsfähige Soldaten keine Karrierperspektiven mehr sehen, oder weil die Pakete, die ausstiegswilligen Angehörigen schlicht nicht attraktiv genug sind. Diese Aufgabe, weit entfernt von der Symbolpolitik eines Gelöbnisses, wird der eigentliche Prüfstein für de Maizière werden.

In Dresden – Der Minister spricht zur Kommunikation der Bundeswehr

Für die Freunde der Metakommunikation und Beobachtungen höherer Ordnung ist es vermutlich ein Fest, zu erfahren, dass der Bundesminister der Verteidigung über die Kommunikation der Bundeswehr sprechen wird. Etwas weniger hintersinnig:

Am  6. Juli 2012 ist Thomas de Maizière zu Gast beim Institut für Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität Dresden zu Gast. Er wird dort einen Vortrag zum Kommunikationskonzept der Bundeswehr – man muss also spätestens jetzt davon ausgehen, dass es eins gibt – halten und dieses anschließend mit dem Institutsleiter Professor Wolfgang Donsbach (und dem Publikum) diskutieren.

Weil ich im Urlaub bin, kann ich leider nicht in Dresden sein. Vielleicht aber mag jemand anderes hinfahren und folgende Frage mitnehmen:

Warum hat die Bundeswehr keinen Kommunikationschef?

Gäbe es ihn, wäre er prädestiniert, das Kommunikationskonzept der Bundeswehr vorzustellen und zu diskutieren. Von Thomas de Maizière hingegen würde ich sehr gerne etwas über das Kommunikationskonzept des Bundesministeriums der Verteidigung erfahren. Dieses ist nämlich in Teilen hervorragend, auch weil der Minister die Rolle des obersten Kommunikators bemerkenswert gut ausfüllt und mit Stefan Paris exzellente Unterstützung an seiner Seite hat. Aber vielleicht ist auch diese Frage zu hintersinnig. An einem Institut für Kommunikationswissenschaft hätte man aber drauf kommen können …

Kanonenfutter und Diskurshoheit

Die Partei DIE LINKE ist bundeswehrkritisch. Das ist nichts Neues. Dennoch oder gerade deshalb muss man ihr dankbar sein, bietet sie den handelnden Akteuren in der sicherheitspolitischen Kommunikation umfassend und kontinuierlich die Chance, sich zu professionalisieren. Allein: Diese nutzen die Chancen nicht – umfassend und kontinuierlich. Stattdessen bietet die Bundesregierung der Partei DIE LINKE lieber die Chance, sich zu profilieren. Damit überlässt die Bundeswehr, erneut, einem ihrer schärfsten Gegner die Diskurshoheit.

Aktuelles Beispiel: Eine Anfrage zu den Werbeausgaben der Bundeswehr, veröffentlicht als Bundestags-Drucksache 17/9211. Ausweislich des DIP, dem Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge hat die Bundesregierung, federführend das Bundesverteidigungsministerium, diese Anfrage am 27.04.2012 in der Bundestags-Drucksache 17/9501 beantwortet. Allerdings hat offenkundig weder das federführende Bundesverteidigungsministerium noch die Bundesregierung erwogen, diese Antwort auch zu veröffentlichen oder kommentierend einzuordnen.

Das wiederum nutzt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, um der Geschichte ihren eigenen Dreh zu geben. „Die Bundeswehr wirbt immer aggressiver um Kanonenfutter“ tönt es aus Berlin. Als Beweis ihres Argument gilt Jelpke, dass die Bundeswehr ihreAusgaben für die Personalwerbung im Jahr 2011 verdoppelt und im Jahr 2012 nochmals auf nun 13,7 Millionen Euro erhöht habe. Viel Geld könnte man meinen, aber im Vergleich zu den US-Streikräften Peanuts. Diese investieren jährlich rund 667 Millionen Dollar in Werbung. Wollte die Bundeswehr, umgerechnet auf ihre Personalstärke ähnlich viel ausgeben, so müsste sie rund 67 Millionen Euro in den Einzelplan 14 einstellen.

„If you pay peanuts, you get monkeys“, lautet eine anglo-amerikanische Spruchweisheit. Man könnte diese angesichts des Dilettantismus der für diese Episode verantwortlichen Bundeswehr-Kommunikatoren aber auch umformulieren: „If you have monkeys, pay them peanuts“, was wiederum ein ganz besondere Form des Kanonenfutters wäre.

Ja, ich weiß, damit mache ich mir – mal wieder – keine Freunde. Und: Ich werde alles zurücknehmen und das Gegenteil behaupten, wenn mir jemand plausibel erklärt, warum man auch dieses Thema mal wieder verbaselt hat.
Nachtrag:

Wer, wie Thomas Wiegold, nett bei der Fraktion DIE LINKE nachfragt, bekommt nicht nur eine Antwort, sondern auch die Dokumente. (Zur Erinnerung: Das Bundesverteidigungsministerium spricht nicht mit Bloggern, mit mir schon gar nicht.) Kommunikationsmanagement kann DIE LINKE also im Unterschied zu ihren (un)kommunikativen Kontrahenten im Bendlerblock.

Antwort Bundesregierung auf kleine Anfrage zu Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit BT 17 – 9211

Anlage 1 Antwort Bundesregierung auf kleine Anfrage zu Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit BT 17 – 9211

Anlage 2 Antwort Bundesregierung auf kleine Anfrage zu Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit BT 17 – 9211

Anlage 3 Antwort Bundesregierung auf kleine Anfrage zu Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit BT 17 – 9211

Anlage 4 Antwort Bundesregierung auf kleine Anfrage zu Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit BT 17 – 9211

Anhang 5 Antwort Bundesregierung auf kleine Anfrage zu Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit BT 17 – 9211

Interessant bei einem schnelle Blick über die Zahlen sind, neben der bekannten – und mit Blick auf die Zielgruppe richtigen – Großinvestition in die Medien Bild und Bild am Sonntag, die Ausgabenschwerpunkte in und um Berlin sowie rund 190.000 Euro für die Sender der RadioCom S.W. GmbH im Großraum Rheinland-Pfalz.

Soldat sein heute – Eine Kritik

„“Soldat sein heute – Leitgedanken zur Neuausrichtung der Bundeswehr““, so lautet der Titel einer Broschüre, die der Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, herausgegeben hat, und deren Inhalt im Wesentlichen auch einer Rede Wiekers an der Führungsakademie der Bundeswehr am 3. Mai 2012 entspricht.

Diese Rede ist, folgt man dem entsprechenden Verzeichnis auf der Webseite des Verteidigungsministeriums, außer einer Rede anlässlich des 100. Geburtstags von General a.D. Ulrich de Maizière, Wiekers erste größere Rede. Und, man muss es leider so deutlich sagen, sie ist ein Dokument des Versagens. Nicht etwa eines persönlichen Versagens Wiekers, nein, aber diese Rede dokumentiert, dass die Bundeswehr eine Armee ohne eigenen intellektuellen Kern ist. Sie ist an der Spitze eine Armee der Beamten in Uniform, die vor lauter treuem Dienen vergessen haben, dieses Dienen zu hinterfragen, um es aus einer eigenen soldatischen Identität heraus positiv zu begründen.

Man muss nicht gleich einen militärischen Großdenker wie Clausewitz zum Vergleich heranziehen, um auf Defizite der deutschen Generalität hinzuweisen. Es reicht völlig, sich im Rahmen einer erweiterten Zeitungslektüre mit Stellungsnahmen von Generalen oder Wissenschaftlern anderer Nationen der westlichen Gemeinschaft zu befassen, um festzustellen, dass bis auf die Arbeiten des Politikwissenschaftler Herfried Münkler, quasi kaum ein Gedanke eines deutschen Denkers, zu einer wahrnehmbaren Resonanz im internationalen sicherheitspolitischen Diskurs geführt hat.

Auch die Rede Wiekers, beziehungsweise ihre in einer Broschüre niedergelegte Fassung, wird daran nichts ändern. Die Frage, warum das so ist, lässt sich hier nicht angemessen beantworten. Dennoch muss ich, wenn ich ein solches Urteil fälle, versuchen, zu begründen, warum. Der nachvollziehbarste – und zugegeben sicherste – Weg ist es, den Text an seinen eigenen Ansprüchen zu messen.

„Wir müssen also gleichermaßen unser berufliches Selbstverständnis und unsere Führungskultur weiterentwickeln““, fordert Wieker auf den ersten Seiten der Broschüre unter der Überschrift „Unsere Neuausrichtung“. Damit wird bereits ganz am Anfang das ganze Dilemma des Textes deutlich. Zum einen macht Wieker Selbstverständnis und Kultur zu „Erfüllungsgehilfen“ eines Verwaltungsprozesses, zum anderen zeigt die Wortwahl, dass Wieker jedweden militärischen Eigensinn zu Gunsten der Affirmation gegenüber der Politik preiszugeben bereit ist. „“Unser““ ist eines der Possessivpronomen, die keinen Widerspruch dulden und gerade deshalb in der weichgespülten Welt der Unternehmenskommunikation so beliebt sind, weil sie im Kern sagen, daß wer nicht für uns ist, gegen uns ist. Und der Begriff „berufliches Selbstverständnis“ unterschlägt, dass das Selbstverständnis des Offiziers viel treffender mit dem des „soldatischen Selbstverständnis“ zu bezeichnen wäre.

Wie dramatisch die Defizite von Wiekers Text bereits in der Exposition sind, zeigt ein Vergleich mit einer Rede von Thomas de Maizière, die dieser im März im Rotary-Club München Schwabing gehalten hat: „Wozu brauchen wir Soldaten? Wozu töten, wozu sterben? Was für Fragen! Diese Fragen sind wohl die schwersten, die es gibt, und sie sind wohl so alt wie die Menschheit selbst.“

Diese Fragen, und damit die grundlegenden Fragen zum soldatischen Selbstverständnis, stehen über der Frage wie eine Organisationsreform gelingt. Wer will, dass einem Menschen, Soldaten folgen, wäre gut beraten, sie dort anzusprechen, wo es um ihre – nun doch – berufliche Identität geht, und sie nicht von Anfang an rhetorisch unter den Willen eines Ministeriums zu zwingen. Dieses Machtverhältnis ist ohnehin –zu Recht – unhinterfragbar.

Man mag diese Kritik für Wortklauberei halten, und im Kern ist sie das auch. Aber wo, wenn nicht beim Wort, sollten wir den höchsten deutschen Militär nehmen? Wie wichtig das ist, um – auch das sein Appell – sich in den Diskurs einzubringen, zeigt sich auch in den folgenden Kapiteln. Das, was dort steht, ist inhaltlich nicht falsch – wie auch, sind es doch Allgemeinplätze -, aber es ist so richtig, dass es beliebig und damit dann doch falsch ist. Wer einen solchen Text als Absolvent des Generalstabslehrgangs in seiner Jahresarbeit einreichte, müsste fürchten, dass dieser als Arbeitsverweigerung gewertet werden würde.

So beginnt Wiekers „Standortbestimmung“ weder mit einer Bezugnahme auf eine der großen strategischen sicherheitspolitischen Linien – mögliche Alternativen wären hier (unabhängig davon, ob man die Auffassung ihrer Vertreter teilt) der Kampf der Kulturen, Ressourcenkonflikte, Verwerfungen in der arabischen Welt, Asien, Afrika, die neue Einsatzrealität oder auch alles zusammen gewesen -, sondern mit der Wiedervereinigung, Frauen in der Bundeswehr, Glaubensrichtungen in der Bundeswehr, individualistischen Tendenzen unter Soldaten, Mediennutzungsverhalten, dem Generationenkonflikt in der Bundeswehr, dem demographischen Wandel, der Pendlerproblematik und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Erst dann kommt Wieker im Kapitel „Einsatzrealität und Freiwilligenarmee“ auf die, so zumindest die Wahrnehmung, die ich aus Gesprächen mit aktiven und ehemaligen Soldaten mitnehme und teile, wesentliche Veränderung zu sprechen, die soldatisches Dienen heute prägt. Aber auch hier schreibt er nicht vom existentiellen Moment des Kampfes oder darüber, was es bedeutet, zu töten oder sich der Gefahr auszusetzen, getötet zu werden. Nein, er kleistert dieses Erleben mit Formulierungen zu wie „Die Notwendigkeit, in Gefechten und militärischen Kampfhandlungen zu bestehen, trat erst in den letzten Jahren verstärkt ins Bewusstsein unserer Streitkräfte und einer breiten Öffentlichkeit. Das meint nicht weniger, als den bewussten Einsatz militärischer Gewalt gegen einen Gegner, der häufig in hochkomplexen Szenarien ohne Bindung an das humanitäre Völkerrecht seine Mittel in asymmetrischer Aufstellung zur Wirkung bringt (…).“

Wer vergessen hat, worin der anfängliche Erfolg des ehemaligen Ministers zu Guttenberg begründet war, sei hier daran erinnert, dass er als erster die offizielle Erzählung des Ministeriums mit der Erzählung der Soldaten im Einsatz zusammenführte, als er von Krieg sprach. Wieker hingegen spricht an der falschen Stelle und im falschen Ton über diese Dinge.

Wozu brauchen wir Soldaten? Wozu töten, wozu sterben?“ Diese Fragen, auch ganz ohne Pathos vorgetragen, sind es, die den Soldaten, den Offizier und die Gesellschaft bewegen oder zumindest bewegen sollten. Wer in der Lage ist, angemessen über diese Dinge zu sprechen, wäre auch in der Lage, über „Die Bundeswehr in der Mitte der Gesellschaft“ zu sprechen, so Wiekers folgenden Kapitelüberschrift.

Hier, beschränkt auf einen kurzen Absatz, schafft es Wieker, einen klaren Gedanken zu formulieren, indem er anspricht, daß und wie das Erleben der Soldaten und das Erleben der Gesellschaft auseinanderlaufen. Dieser Gedanke wäre es wert gewesen – und ist es immer noch –, der Kristallisationspunkt seines Textes zu werden. Stattdessen nutzt ihn Wieker nur, um über das Verhältnis der Bundeswehr und der Gesellschaft und die Rolle der Medien zu räsonieren. Diese Gedanken sind zwar richtig, allerdings belässt es Wieker dabei, den status quo zu referieren und die mangelnde Anerkennung zu beklagen. Einen echten Leitgedanken – immerhin das proklamierte Ziel des Textes – wie das zu ändern wäre, wie es gelingen könnte, die Erzählungen der Soldaten und die der Gesellschaft zu verbinden, formuliert Wieker nicht.

Auch der Abschnitt zum beruflichen Selbstverständnis bleibt weitgehend ohne intellektuellen Impuls. Im Gegenteil: Im Kern muss man diesen Teil als ein Plädoyer Wiekers für mehr politische Bildung und Schulung in innerer Führung lesen. Weder äußert sich Wieker überzeugend zur Rolle des Soldaten als Kämpfer, noch befasst er sich mit den anderen Rollen, die der Soldat heute auszufüllen hat. Der Schritt zu einem weiterführenden Gedanke, wie dem Soldaten als „miles protector“ und von hier zu einem naheliegenden gedanklichen Strategierahmen wie der kontroversen Diskussion um die „Responsibility Protect“ gelingt Wieker nicht.

So schwach wie der Text beginnt, endet er auch: Mit einem dürren Appel zur Weiterentwicklung des Traditionserlasses sowie einem Schlußgedanken, der keiner ist, sondern nichtssagende Worte darüber, dass die „Neuausrichtung der Bundeswehr (…) eben auch gewährleisten (muss), dass die geistige und sittliche Verfassung sowie das innere Gefüge der Truppe unter den veränderten Bedingungen in Takt bleiben.“

Was aber, wenn genau diese geistige und sittliche Verfassung sowie das innere Gefüge der Truppe schon längst nicht mehr im Takt sind? Was, wenn das einzige, was noch in Takt wäre, der Zusammenhalt der Einheiten im Einsatz sowie die Affirmation der Generalität gegenüber der Politik wären? Ein solcher Text wäre es wert, geschrieben zu werden und könnte in der Tat wegweisende Leitgedanken zur Neuausrichtung der Bundeswehr enthalten.

Kontrollverluste, Kontrollphantasien – die Bundeswehr und das Social Web

Folgt man der aktuellen Berichterstattung, hat ein Soldat der Bundeswehr den Schauspieler und Boulevardmedienbewohner Wilson Gonzales Ochsenknecht via Facebook bedroht. Abgesehen davon, dass Prominente und Politiker regelmäßig wirre Drohungen erhalten, die nicht zuerst bei der Bild-Redaktion sondern der Polizei landen, legen sowohl die Wahl des Mediums als auch der Worte nahe, dass es dem Soldaten sowohl an der Medien- als auch der Planungskompetenz fehlt, die geäußerte Absicht auch in die Tat umzusetzen. Und was macht ein moderner Arbeitgeber wie die Bundeswehr, die feststellen muss, dass es ihren Mitarbeitern an Kompetenzen fehlt?

Wer jetzt dachte, er bildet sie entsprechend aus, liegt falsch. Die erste Reaktion, die – wohlgemerkt kolportiert – die Medien erreicht, lautet: „Nutzt Facebook nicht!“ Im offiziellen Wortlaut klingt das dann so: „Aus Fürsorge rät die Bundeswehr ihren Soldaten davon ab, Social Media für Meinungsäußerungen aus dem dienstlichen Umfeld heraus zu nutzen.“ Nun sind es zwar nur interne „Arbeitspapiere“ des Bundesverteidigungsministeriums in denen entsprechend argumentiert wird. Angesichts des bisherigen Verhaltens des Ministeriums bei auch nur leicht krisenhaften Entwicklungen ist es aber plausibel, anzunehmen, dass die Papiere keine Minderheitsmeinung transportieren.

Das Kontrastprogramm zur deutschen Haltung bieten unter anderem die US-amerikanischen Streitkräfte. Über das Social Media Hub des Department of Defense sind umfassende Social Media Guidelines mit wenigen Mausklicks zu erreichen (exemplarisch hier ein Link zum Handbuch der US Army, also dem Heer).

Bemerkenswert an der Position der Bundeswehr ist aber vor allem, dass sie offensichtlich davon überzeugt ist, dass die Verzichtsempfehlung für einen kleinen Kreis von Soldatinnen und Soldaten nicht gilt: Nämlich den, der die offiziellen Propaganda-Kanäle befüllt. Denn die Bundeswehr selbst ist, nach langer Anlaufzeit, auf Facebook ganz umtriebig. Von Lockvogelangeboten für potentielle Rekruten, die mit Spiel, Spaß und Spannung im Rahmen der so genannten BW-Olympix schon mal im friedlichen Kontext erfahren sollen, wie sich Sand zwischen den Zähnen anfühlt, über die offizielle Karriere-Seite mit mehr als 50.000 Fans, bis hin zur Seite der Image-Kampagne Wir.Dienen.Deutschland., bei der Soldatinnen und Soldaten (und auch zivile Bedienstete) Deutschland als Testimonial dienen.

Nur um Mißverständnisse zu vermeiden. Ich begrüße diese Aktivitäten ausdrücklich, nur: sie passen nicht zu dem, was das Verteidigungsministerium angeblich seinen Soldaten im Einsatz empfiehlt. „Öffentlich gemachte persönliche Erfahrungen von Einzelpersonen oder Soldaten können komplexe Zusammenhänge meist nur unvollständig wiedergeben und sind hinsichtlich der Einschätzung ihrer Wirkung in der Öffentlichkeit unkalkulierbar.“, schreiben nämlich die Kommunikationsstrategen aus dem Bendler-Block. Damit bringen sie das grundsätzliche Dilemma öffentlicher und damit medial vermittelter Kommunikation zwar auf den Punkt. Hätten sie damit aber Recht, müsste die Bundeswehr sofort sämtliche publizistische Tätigkeit einstellen – und damit eigentlich ihren gesamten Betrieb.

Um es nochmal kurz auf den Punkt zu bringen: Im Bundesverteidigungsministerium, also dem Teil der Regierung, dem in Person des Ministers als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt die Führung der deutschen Streitkräfte übertragen ist, gibt es mit Kommunikationsmanagement beauftragte Führungskräfte, die keine Sekunde daran zweifeln, dass es möglich ist, junge Menschen an Kriegswaffen auszubilden, sie weltweit in Einsätze zu schicken und ihnen zuzumuten, dabei Leib und Leben einzusetzen, es aber für nicht möglich halten, denselben jungen Menschen zu vermitteln, wie sie im Social Web sinnvoll agieren können. Junge Menschen, die sie übrigens gleichzeitig mit Hilfe genau dieser sozialen Medien überzeugen wollen, dass es sinnvoll ist, in der Bundeswehr zu dienen. Auf die Idee muss man erstmal kommen.

Wenn Gefühle hochkochen

Nein, die so genannte Anti-Kriegs-Komödie auf Pro7 habe ich nicht gesehen. Abgesehen davon, dass ich überzeugt bin, dass es keinen einzigen Anti-Kriegs-Film gibt, weil jeder Film, der auch nur ein kleines bisschen soldatische Wirklichkeit abbildet zumindest durch Soldaten als Bestätigung ihres Tuns verstanden wird, lohnt es sich vermutlich auch nicht, diesen Film zu sehen. Dennoch wird es jetzt interessant. Nicht der Film, sondern der Diskurs, der sich um ihn entspinnt. Laut Bild-Zeitung haben Bundeswehrsoldaten einem der Darsteller des Films, Wilson Gonzales Ochsenknecht, Morddrohungen geschickt.

Warum?

Vorab: Natürlich sind diese Morddrohungen zu verurteilen. Ebenso übrigens wie die Verwendung des Begriffes „schwul“ als Beleidigung, der einen interessanten Einblick in die heteronormative und schwulenfeindliche Gedankenwelt der Briefeschreiber ermöglicht, die in der Bundeswehr keine Seltenheit sind, und die ich persönlich für gravierender halte als die lächerlichen Morddrohungen.

Warum also diese Drohungen?

Wilson Gonzales Ochsenknecht ist einer dieser C bis B-prominenten Boulevard- und Talkshowbewohner, aus denen sich das Personal für einen großen Teil des Journalismus a la Bild, Gala, DSDS, Lanz, etc. rekrutiert. Davon kann man halten, was man will. Fakt ist: Diese Medien sind insbesondere für junge Soldatinnen und Soldaten eines der bevorzugten Fenster zur Wirklichkeit.

„Was wir über die Welt wissen, wissen wir über die Massenmedien“, hat der Soziologe Niklas Luhman die Rolle der Medien in und für die Gesellschaft beschrieben. Das, so meine Hypothese, bedeutet auch, dass das, was nicht in den Medien ist, nicht ist. Und weil die Massenmedien nach wie vor eine der wesentlichen Anerkennungsplattformen unserer Gesellschaft sind, setzen wir, das Publikum, Präsenz in diesen Medien mit Anerkennung und einer – wenn auch manchmal seltsamen – Art von Wertschätzung gleich. Kurz: wer im Fersehen ist, ist wichtig und anerkannt.

Ja, dieses Bild ist verzerrt, aber genau hier muss man ansetzen, um zu verstehen, warum die Gefühle der Soldaten hochkochen. Ein wesentlicher Grund: Soldaten sind, vor allem gemessen an den Risiken und der Bedeutung ihres Berufes, in den Medien unterrepräsentiert. Ich behaupte, dass diese mediale Missachtung eine der Quellen ist, aus denen sich der Frust der Soldaten speist. Eine zweite Quelle ist die Art der Medienpräsenz der Soldaten. Das Medienbild, auch das nachrichtliche, entspricht nur sehr selten dem Erleben der Soldaten. Ich bin überzeugt, dass die meisten Soldaten so uneitel sind, dass sie auf eine größere öffentliche Präsenz gerne verzichten würden – wenn über das, was sie tun und erleben, nicht so viel Scheiß erzählt und geschrieben werden würde.

Die Berichterstattung aber wird durch die Erzählungen der Politik und des Bundeswehrverbandes geprägt, die ihre Stories platzieren. Der „einfache“ Soldat kommt bislang kaum zu Wort und ist nicht Teil der großen Erzählung. Das ändert sich zwar – siehe die publizistischen Aktivitäten einzelner Veteranen und des gleichnamigen Verbandes – und auch das Ministerium bewegt sich langsam in diese Richtung mit Kampagnen wie Wir.Dienen.Deutschland. Im Großen und Ganzen wird die Bundeswehr aber zu wenig und zu schlecht „vermarktet.“

Vermarktet steht deshalb in Anführungsstrichen, weil es nicht um einfaches Herausposaunen von Werbebotschaften geht, sondern um eine professionelle und nachhaltige Kommunikationsstrategie, in deren Mittelpunkt die Anerkennung soldatischen Dienens steht. Wie das mit großer Selbstverständlichkeit geht, zeigen zahlreiche Beispiele aus anderen Ländern. Dazu braucht es nicht eine Inszenierung a la Hollywood wie in den USA, obwohl diese auch zahlreiche deutsche Soldaten anspricht und fast schon Sehnsüchte weckt. Auch in Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich und den skandinavischen Staaten unterstützt das Militär die Herstellung positiver Images.

Das deutsche Ministerium dagegen verweigert sich dieser Professionalisierung des Kommunikationsmanagements. Mehr noch: es blockiert beispielsweise gezielt Initiativen professioneller Filmproduzenten, die sich des Themas Bundeswehrs annehmen wollen. Ein Ergebnis dieser Blockadehaltung sind Filme wie die eingangs genannte Pro7-Komödie. Sie ist nicht nur inhaltlich falsch – Komödien und Filme dürfen das, sie sind keine Dokumentarfilme -, sondern bildet einen Kristallisationspunkt für den Frust vieler Soldaten, eben weil dort mit viel Aufwand und Marketing ein Bild gezeichnet wird, zu dem es kein professionelles Gegenangebot gibt.

Für die dümmlichen Reaktionen einzelner Soldaten auf diesen Film ist damit das Ministerium mitverantwortlich, weil es in den vergangenen Jahren – trotz zahlreicher Angebote – versäumt hat, soldatisches Dienen auch medial angemessen darzustellen.

Nachtrag:

Was man jetzt tun könnte: Ochsenknecht zu 261 oder einer anderen Einheit, die gerade aus dem Einsatz gekommen ist, einladen und unter medialer Begleitung mit den Soldaten diskutieren lassen.

Neuorganisation BMVg

Thomas Wiegold betreibt mal wieder – interessante – Kästchenkunde. Heute auf der Agenda: Die Neuordnung des Verteidigungsministeriums. Aus Sicht des Kommunikationsmanagements ist interessant, wie sich das Ministerium hier aufstellt:
– Der ehemalige Arbeitsbereich 3 – Medien ist gestrichen.
– Der ehemalige Arbeitsbereich 2 – Öffentlichkeitsarbeit umfasst jetzt auch das Ressort Internet.
– Das bislang selbständige Referat Personalmarketing wird mit Führung, Bildung und Qualifizierung zu einer Abteilung zusammmengelegt. Abteilungsleiter ist MinDir Christian Nachtwey, bisher Unterabteilungsleiter II in der Abteilung Wehrverwaltung, Infrastruktur und Umweltschutz.
– Der Stab Stab strategische Kommunikation (zu Guttenbergs Prätorianer sind ohnehin schon längst in alle Winde zerstreut) existiert schon seit dem Antritt des neuen Ministers nicht mehr.

Insbesondere mit Blick auf das Personalmarketing darf man gespannt sein, ob mit der Neuorganisation auch eine engere Führung einhergeht, die dem herrschenden Dilettantismus entgegenwirkt.

Weiterhin unbefriedigend ist die „kommunikative Ausstattung“ des Generalinspekteurs (über seine formale Unterordnung gegnüber den Staatssekretären hatten wir bei Augengeradeaus bereits diskutiert). Im Organigramm ist keine eigenständige Kommunikationsressource des GI zu finden. Dabei bräuchten er (und die Bundeswehr) genau das: einen eigenen Kommunikationschef. Den gibt es – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung – zwar. Der ist aber Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes.

Wahrheiten und Gefühle

„Ich bin ziemlich sicher, dass ein wesentlicher Teil der Ablehnung des Afghanistan-Einsatzes in Teilen der Bevölkerung darin begründet ist, dass die Menschen das Gefühl haben, ihnen ist nicht die Wahrheit gesagt worden.“

Es ist eine bemerkenswerte Einsicht, die Verteidigungsminister Thomas de Maizière, in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung mitteilt. Bemerkenswert unter anderem deshalb, weil eben dieser Umgang mit der Wahrheit, Gegenstand einer Untersuchung des Deutschen Rates für Public Relations (DRPR) war.

Konkret ging es dabei um die Kommunikationspolitik des Verteidigungsministeriums nach der Bombardierung zweier Tankstlaster in Kunduz. Der Vorwurf: Der ehemalige Sprecher des Ministeriums, Dr. Thomas Raabe,  habe „eigenmächtig, und ohne dies mit der militärischen Führung abzustimmen, die Linie vorgegeben, zivile Opfer auszuschließen, obwohl dem BMVg schon frühzeitig Hinweise auf solche vorgelegen hätten.“ (Zur Kenntnis: Die Untersuchung habe ich am 29. April 2010 – also vor fast 2 Jahren – mit einer Beschwerde beim DRPR ausgelöst. Einen Kommentar zur Frage von PR und Ethik hatte ich seinerzeit hier verfasst).

Nun also hat der Rat gesprochen. Der Spruch ist mir in der vergangenen Woche mit der Bitte zugegangen, ihn vertraulich zu behandeln, bis er in dieser Woche veröffentlicht werde. Dieser Bitte, und das habe ich dem Rat mitgeteilt, kann ich wegen der Relevanz, vor allem aber wegen der langen Laufzeit des Verfahrens nicht entsprechen, zumal der Ratsspruch bis heute immer noch nicht veröffentlicht wurde. Was also sagt der Rat?

„Der Rat hat nach eingehender Prüfung der Vorwürfe mehrheitlich die Einstellung des Verfahrens gegen Herrn Dr. Thomas Raabe und das Bundesministerium der Verteidigung, als für die Kommunikation verantwortliche Organisation, beschlossen. Der Rat ist zur Auffassung gelangt, dass auf Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden öffentlichen Quellen, wobei insbesondere der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vom 25.10.11 zu nennen ist, die angezeigten Verstöße nicht zweifelsfrei belegbar sind.

Der Rat stellt in diesem Zusammenhang fest, dass sich das BMVg, welches Herrn Dr. Raabe für eine Befragung des Rats nicht von seiner Schweigepflicht entbinden wollte, nicht an der Aufklärung des Falls beteiligt hat und keine Stellung zu den Fragen des DRPR nehmen wollte.“

Das ist, und die Juristen unter den Lesern mögen mir die Floskel nicht allzu übel nehmen, allenfalls ein Freispruch zweiter Klasse. Das wird auch an einem Minderheitenvotum von fünf Ratsmitgliedern deutlich, dessen Veröffentlichung die Mitglieder des DRPR am 16. März zugestimmt haben. Es lautet:

„Fünf Ratsmitglieder sprachen sich entgegen der Mehrheit von zehn Ratsmitgliedern für eine Mahnung des BMVg aus. Zwar sei eine Irreführung der Öffentlichkeit tatsächlich nicht zweifelsfrei belegbar. Das Kommunikationsverhalten der Verantwortlichen im BMVg nach dem Militärschlag in Kunduz habe aber gezeigt, dass es im Bereich Kommunikation zum damaligen Zeitpunkt offenbar keinen Mechanismus gegeben habe, der dazu beigetragen hätte unterschiedliche, auch widersprüchliche Quellen über die Möglichkeit ziviler Opfer zusammenzutragen und bewerten zu können. Im Zweifel hätte der Hinweis an die Öffentlichkeit auf noch laufende Untersuchungen bzw. auf die Vorläufigkeit bestimmter Bewertungen genügt.“

Insgesamt bedeutet der Ratsspruch also zweierlei. Ein ehemaliges Mitglied des Präsidiums des Bundesverbandes deutscher Pressesprecher – einer der Trägerverbände des DRPR – kann nicht belegen, dass er im Einklang mit der – kontrovers diskutierten – Berufsethik gehandelt hat, der sich auch sein Verband verpflichtet fühlt (und übte stattdessen sein Ehrenamt im Verband weiter aus). Darüber hinaus weigert sich das Bundesverteidigungsministerium weiterhin an der Aufklärung des Falles mitzuwirken, und verpasst damit systematisch die Chance, einen anderen Umgang mit der Wahrheit zu finden, als in der Vergangenheit. Oder um es anders zu sagen: Das Ministerium lässt den Worten des Ministers de Maizière keine Taten folgen. Wundere sich einer über die Gefühle, die das bei Menschen auslöst.

Waffenloser Dienst

Wer meinte, nur Studierende kämen auf die Idee waffenlos für die Bundeswehr zu werben, muss sich spätestens jetzt eines Besseren belehren lassen. Das kann die Bundeswehr schon ganz alleine. In diesem Fall für den Freiwilligen Wehrdienst. Film ab:

„Bürokauffrau light“

„Sonnenaufgang auf See“

Die Videos der design akademie berlin sind übrigens mittlerweile aus Vimeo entfernt worden. Es gibt sie jetzt „exklusiv“ auf dem YouTube-Channel der Bundeswehr. Ihre eigene Projektbox hat sich die design akademie damit auch zerschoßen. Soweit zum Thema virale Effekte nutzen. Spitzenleistung!