Einsatzführungstab ohne Kommunikationsressourcen?

Thomas Wiegold lobt zu Recht die geballte Expertise des neuen Einsatzführungsstabes der Bundeswehr und ermöglicht auch einen Blick in dessen Organigramm. Eine zentrale Frage bleibt darin unbeantwortet: Wer verantwortet die Informationsoperationen innerhalb des neuen Superhirns der Bundeswehr? Im Dokument ist zwar davon die Rede, dass „im Unterstützungsbereich I die sog. „Strategic Enabler“ und im Unterstützungsbereich II das Militärische Nachrichtenwesen und die Einsatzunterstützung“ angesiedelt sein werden. Das Thema InfoOps kommt aber in den bislang veröffentlichten Informationen (noch) nicht vor.

Vielleicht handhabt das Verteidigungsministerium die Angelegenheiten ja auch nach Schweizer Art. In ihrer Analyse von Trends und Kontroversen bei Informationsoperationen stellen die Forscher des Netzwerk schweizerische Aussen- und Sicherheitspolitik SSN unter anderem fest, dass trotz der unbestreitbar zunehmenden Bedeutung dieser Disziplin, „die Schweiz den Aufbau eines Armeestabsteils für «Operationelle Informationsführung», d.h. für psychologische Operationen, (…) im Sommer 2007 aufgrund von Unklarheiten im rechtlichen, doktrinalen und finanziellen Bereich zurückgestellt (hat)“
und kommen zu dem Schluß, dass „eine konzeptionelle Einbindung von Informationsoperationen in eine Informationsgesamtstrategie auf Stufe Bund (anzustreben wäre). Allerdings ist die strategische Informations- und Kommunikationspolitik in Krisenzeiten aufgrund von Eigenheiten des Regierungssystems und der föderalen Grundordnung der Schweiz eine schwierige Aufgabe.“ Ein Fazit, das in weiten Teilen eins zu eins auf die Bundesrepublik übertragbar ist.

Es bleibt zu hoffen, dass der „Expertise galore“ (Wiegold) des neuen Stabes in primär militärischen Fragen möglichst bald auch professionelle Kommunikationsressourcen zur Seite gestellt werden.

Propagandavorwürfe der Journalistengewerkschaft

Offensichtlich ist die Nachrichtenlage aus Sicht des Deutschen Journalisten Verbandes derzeit eher dünn. Vielleicht richtet der stets um Lautsprecherthemen bemühte Vorsitzende der Journalistengewerkschaft Michael Konken deshalb seine Aufmerksamkeit derzeit öfter mal auf militärische Themen. Dass er davon erkennbar wenig versteht, stört ihn nicht, solange die Schlagzeile stimmt. Anfang April warf er dem neuen (und schlechten) Videoangebot natochannel.tv vor, Propaganda zu betreiben. Jetzt unterstellt Konken der Bundeswehr das Gleiche. Der Propgandavorwurf trifft die so genannten Informationswehrübungen, ein Angebot, das es zivilen Führungskräften ermöglicht, mal in die Truppe reinzuschnuppern. Das, so Konken, „sei nichts anderes als eine deutsche Version des amerikanischen Propagandainstruments embedded journalism.“ Weil anerkannte Wehrdienstverweigerer von einer Akkreditierung für diese Veranstaltungen ausgeschlossen sind, wirft Konken der Bundeswehr vor, „potentielle Kritiker des Militärs fern zu halten.“

Die Frage, wie die Bundeswehr im Rahmen einer professionellen Pressearbeit mit Kritikern umgeht, ist sicher diskussionswürdig. Angesichts der vielfältigen Angebote der Bundeswehr für Journalisten, ist der Propagandavorwurf allerdings grotesk, nur weil diejenigen, die den Dienst an der Waffe – in der Regel aus guten und nachvollziehbaren Gründen – verweigert haben, nun kein Gewehr in die Hand nehmen dürfen. Das Beste wäre es vermutlich, auch diese zu integrieren und zuschauen zu lassen. Das Interesse dürfte sich in Grenzen halten und Konkens schwache Argumentation wäre als das entlarvt, was sie eigentlich ist: Propaganda.

Finger weg von bewegten Bildern

Was keine Quote macht, fliegt raus. Und Kommunikationsmanagement heißt nicht, alles, was man jemals geschrieben, fotografiert und gefilmt hat, ins Internet zu stellen oder anderweitig zu verbreiten. Selbst diese banalen Erkenntnisse scheinen für das um seine Existenzberechtigung kämpfende Bundeswehr-Fernsehen noch zu hoch zu sein. Anstatt sich die Zeit zu nehmen und ein grundlegendes Konzept für den Einsatz und die Nutzung von Bewegtbildern der Bundeswehr zu erarbeiten, wird jeder Mist publiziert. Die neueste Idee der Hobbyfilmer ist ein Videoarchiv der Bundeswehr. Abgesehen davon, dass es auf meinem Mac nicht läuft, ist die Nutzerführung und Präsentation derart altbacken und unansprechend, dass die Frage erlaubt sein muss, ob die Verantwortlichen in den vergangenen 10 Jahren zumindest einmal eine Website wie YouTube, MyVideo oder Sevenload besucht haben. Das sind die eigentlichen Videoarchive der Bundeswehr, und wer sein eigenes Bild in diesem Wettbewerb erfolgreich platzieren will, muss sich daran orientieren – oder es endlich einfach sein lassen, wenn es offensichtlich nicht möglich ist, es richtig zu machen.

Terminhinweis

Morgen kann man in Berlin etwas über Kommunikation in Kriegs- und Krisengebieten aus Persepktive eines Fotografen erfahren. Ich weiß nicht, wie das inhaltlich ist, aber wenn Berlin hier wäre, wäre ich wohl da.

Thema: Krieg und Frieden Embedded forever?
Referent: Thomas Grabka, Fotograf in Krisenregionen
Moderation: Manfred Protze, Sprecher des dju-Bundesvorstandes

Der Fotograf Thomas Grabka erzählt von seinen Arbeitsbedingungen in Kriegs- und Krisengebieten und zeigt Fotos, die er dort geschossen hat. Thomas Grabka ist erst vor wenigen Tagen aus Afghanistan zurückgekehrt und kann auch über die aktuelle Situation vor Ort berichten.

Wann?
Donnerstag, 8. Mai, ab 18 Uhr

Wo?
ver.di-Mediengalerie, Dudenstraße 10, 10963 Berlin
(direkt am U-Bahnhof Platz der Luftbrücke)

Veranstalter?
dju in ver.di

In der Kommunikationszange

Ich hatte bereits an anderer Stelle auf einen Artikel zur Kommunikationsarbeit der Bundeswehr im Fachblatt prmagazin hingewiesen. Das PDF des Artikels mit der treffenden Überschrift „In der Zange“ hat mir nun der Verlag freundlicher Weise zu Verfügung gestellt, und schon aus reiner Eitelkeit finde ich ihn natürlich lesenswert 😉

Weiter zum Text: Kommunikation der Bundeswehr aus prmagazin4/2008

„Bitte nicht mehr Filmen!“ …

… möchte man der Bundeswehr mal wieder zu rufen, denn Sie kann es einfach nicht. Abgesehen von dem mehr als fragwürdigen Selbstlob, dass es über zwei Jahre gedauert hat, diesen Film (über die Streitkräftebasis) zu drehen, ist es einfach unsäglich, wie man die wirklich guten – aber fast schon zu Tode komponierten – Bilder, derart steif zuquatschen kann. Zwar behauptet der Pressetext, der Film erzähle eine Geschichte , die ist aber so was von unspannend, dass es mehr als fraglich ist, ob die davon umworbenen Nachwuchskräfte nun in Scharen zum Kreiswehrersatzamt strömen, um sich zu bewerben (Vor allem, wenn man befürchten muss, dass sie anschließend so ein Roboterdeutsch sprechen, wie einige Soldaten in diesem Film). Da ist ja fast jede einzelne Sendung von „Bahn TV in Fahrt“ aufregender.

Man muss ernsthaft fragen, ob es im Bereich der Nachwuchswerbung niemanden gibt, der in der Lage ist, solche Filme zu bewerten. Oder der Vertriebsleiter, der diesen Film verkauft hat, liefert zur Zeit tonnenweise Sand zu Rohölpreisen an Sahara-Anrainer-Staaten aus. Es ist einfach nur unglaublich …

Ach ja, gute Filme gibt es weiterhin bei den Alliierten.

Bär vom Dienst

Ein durchaus gelungener Bericht von bwtv über eine durchaus gelungene Maßnahme der internen Kommunikation der Bundeswehr findet sich hier.

Karl, der Bärenreporter, soll Kindern erklären, warum ihre Eltern in den Einsatz gehen und was sie dort erleben. Warum aber das Zentrum für Innere Führung bei Eltern immer noch nur an die Ausprägung „Papa“ denkt, bleibt rätselhaft. Vor allem weil das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr doch erst Anfang der Woche seinen Forschungsbericht 82 mit dem wirklich originellen Titel „Truppenbild mit Dame“ vorgelegt hat. (Dafür gibt es von mir den Karl Auer-Award des Bendler-Blog)

Kommando Spezial Kommunikation

Jetzt interessiert sich das Parlament mal wirklich für die Bundeswehr und für Details des Afghanistan-Einsatzes, und was passiert? Laut der Berichterstattung des Spiegels beabsichtigt das Bundesverteidigungsministerium den Bericht des Untersuchungsausschusses zum KSK-Einsatz zu „zensieren.“ Liest man genauer hin, scheint es dabei unter anderem darum zu gehen, den ein oder anderen militärspezifischen Alkoholkonsum und unerfreuliche Details zur Gefangenenverwahrung durch die Amerikaner zu verbergen, wie Joe Sixpack in den USA seine Bierflasche in einer braunen Papiertüte.

Wäre es – um im Bild zu bleiben – nicht mal langsam an der Zeit, die Flasche aus der Tüte zu ziehen und der Bevölkerung zu zeigen, dass darin Bier ist und nicht Kamillentee? Das der Einsatz in Afghanistan eben keine Kegelvereinsfahrt ist (wenngleich beim Kegeln im Zweifelsfall ungleich mehr Alkohol getrunken wird als im Einsatz) sondern ein Kampfeinsatz, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Dass die politische Führung des Ministeriums aber vor allem bei Kommunikationsoperationen nicht wirklich zu den Spezialkräften zählt, aber auch.

Video über Video und weitere Medienempfehlungen

Kluge Kommentare von Jo Groebel zum Kontrollverlust der militärischen und politischen Führung in Zeiten von Videohandys und YouTube hat Spiegel Online aufgezeichnet.

Sehr witzig ist der Zusammenschnitt auf stern.de. Riverdance in Tarndruck, sag ich mal.

Eigene – hoffentlich auch einigermaßen kluge – Kommentare zur Kommunikation der Bundeswehr, durfte ich – neben anderen – Daniel Neuen vom Fachblatt PR-Magazin geben (leider nicht online, sondern nur auf totem Holz zu lesen). Meine Kernthese: durch ihre heile Welt-PR manövriert sich die Bundeswehr gezielt in eine Legitimationsfalle, anstatt die Öffentlichkeit auf das, was die Soldatinnen und Soldaten erwartet, vorzubereiten.

Das übernimmt mal wieder die Redaktion des Stern. „Alexandra im Krieg“ ist eine mehrseitige Reportage im aktuellen Heft, für die Franziska Reich und Jörg Gläscher eine Verwaltungsangestellte der Bundeswehr mehrere Monate im Einsatz begleitet haben. (mit Unterstützung des Ministeriums)