Bundeswehr, neue Medien und das Elend bwtv

Bundeswehr und neue Medien verbindet ja bislang nicht viel. Dass sich daran grundsätzlich etwas ändert, ist nicht wirklich zu erwarten, wenn man einen kurzen Bericht über die 99. Weiterbildungstagung für hauptamtliche Jugendoffiziere am 30. März und 1. April in München zum Maßstab nimmt. Dort stellte Kapitän zur See Hans-Joachim Liedtke vom Streitkräfteamt neue Ansätze vor, mit denen sich die Bundeswehr in den neuen Medien präsentieren will. Das soll unter anderem mit der Hilfe von Rahmenverträgen mit „YouTube“, „Sky Channel“, „Deutsche Welle“ u.Ä. geschehen, die dem Bundeswehrfernsehen bwtv ein weltweites Netzwerk  zur Verfügung stellen sollen . Als Ziele sind angeblich vorgegeben, neue Zielgruppen, Jugendliche und junge Erwachsene zu erreichen sowie die Attraktivität der Bundeswehr zu steigern.

Wir müssen davon ausgehen, dass der Verfasser des Berichts nicht so ganz verstanden hat, was er da gehört hat und versuchen daher, einige Fakten zu sortieren:

– Sky Channel und Deutsche Welle sind keine neuen Medien, sondern Fernsehen.
– bwtv ist der internen Fernsehkanal der Bundeswehr und wird von der Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr produziert. Das Programm läuft seit 2002 im Probebetrieb und ist in der Regel recht weit von professionell gemachten Fernsehen entfernt.
– In Rahmenverträgen (u.a. auch mit RTL) wurde die Übernahme von Serien wie Cobra 11 oder des Journals von Deutsche Welle TV durch bwtv vereinbart.
– Auf YouTube ist es möglich, gegen Bezahlung so genannte Premium-Channels einzurichten. Das will wohl auch die Bundeswehr.
– Bei der Personalwerbung arbeitet die Bundeswehr mit professionellen externen Agenturen zusammen. Während die Bewertung der Inhalte reine Geschmackssache ist, stimmt dabei zumindest die handwerkliche Qualität.

Was also vermutlich während der Weiterbildungstagung vorgestellt wurde ist folgendes:

Im Rahmen der Truppeninformation und Truppenbetreuung bemüht sich bwtv gezielt darum, professionelle Nachrichten- und Unterhaltungsformate von privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern zu übernehmen. Das ist gut und richtig (und anderem Teil eines Konzeptes zur Weiterentwicklung von bwtv, das ich bereits im Jahr 2005 im Rahmen einer Wehrübung im Presse- und Informationsstab erstellt habe).

Die Bundeswehr wird Werbespots über verschiedene Kanäle ausstrahlen. Das ist nichts besonderes, sondern Teil einer professionellen Mediaplanung.

Zukünftig wird die Bundeswehr ihre Werbespots und vermutlich auch Inhalte von bwtv auf einem YouTube-Kanal zur Verfügung stellen. Wenn das die New Media-Strategie der Bundeswehr sein soll, dann gute Nacht, denn insbesondere der Einsatz von Inhalten von bwtv kann angesichts der oben genannten Ziele nur kontraproduktiv sein.

Professionalisierung nötig

Ja, neue Medien und Corporate TV , also die Produktion und der Einsatz von Bewegtbildern, sind für die Kommunikation der Bundeswehr wichtig. Dies nicht nur als Teil der Öffentlichkeitsarbeit, sondern vor allem als ein zentrales Instrument der internen Kommunikation, um die Leistungen der Soldatinnen und Soldaten anzuerkennen und ihnen und ihrem engeren Umfeld zu helfen, sich im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild von dem machen zu können, was es bedeutet, in der Bundeswehr zu dienen. Was es also dringend braucht ist eine Professionalisierung der Kommunikation und des Mediums bwtv. Wie das aussehen könnte, zeigt unter anderem das Y-Magazin. Dessen Webauftritt wird zwar noch in das starre Gerüst des Content Management Systems der Bundeswehr gepresst, das Heft hat aber vom Neustart und der redaktionellen Betreuung durch die Agentur KircherBurkhardt enorm profitiert. Warum ist es so schwer, einen ebenso intelligenten Mix aus internen und externen Ressourcen bei bwtv umzusetzen? Von einer solchen Professionalisierung würden neben dem Publikum auch die bisherigen Mitarbeiter von bwtv profitieren.

bwtv – ein Medium des Genralinspekteurs

Das größte Interesse an einer solchen Neuorientierung müsste eigentlich der neue Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, haben, denn formal ist bwtv „sein“ Medium, für das er die inhaltliche Verantwortung trägt. Und ja, der Generalinspekteur hat derzeit sicher vordringlichere Aufgaben, aber das nun schon seit 2002 zu beobachtende Elend andauern zu lassen, dürfte nun wirlich nicht der Leitungslösung entsprechen.

Vorsicht, lobende Worte

Das Lob der Woche geht an die Redaktion von bundeswehr.de. Der Bericht über Monica Melloh und ihre Initiative „Das gelbe Band“ zeigt, dass da jemand in Berlin verstanden hat, wie wichtig es auch für Soldatinnen und Soldaten ist, dass ihre Leistungen anerkannt werden. Und das der Link von der Bundeswehr-Webseite zur Facebook-Gruppe der Initiative geht (und nicht zum Nato-Shop von Frau Melloh) ist ebenfalls klug.

Nicht alles ist schlecht in Afghanistan

Einen lesenswerten Einblick in das Leben der Menschen in Afghanistan bietet ein Artikel von Friederike Böge in der aktuellen Ausgabe von brandeins. Auf zum Kiosk.

Abschied von den alten Ketten

Ihre Vorfahren waren noch Sklaven, ihre Eltern Bauern oder Tagelöhner. Sie selbst gehören zur neuen Kabuler Elite: Afghanistans Randgruppe, die Hazara, erobern die Mittelschicht. Ihr Erfolgsrezept: lernen, lernen, lernen.