Wo sind die Lückenfüller?

Der scheidende Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Generalleutnant a.D. Kersten Lahl, hat zu seinem Abschied eine kurze, aber bemerkenswerte Rede gehalten (Hier zum Herunterladen als PDF-Datei). Bemerkenswert sind vor allem die drei Schwachstellen, die er beim Vergleich von Idealvorstellung und Wirklichkeit deutscher Sicherheitspolitik identifizierte: Eine Kommunikationslücke, eine Organisationslücke und eine Strategielücke.

Es liegt in der Programmatik dieses Blogs begründet, sich vor allem der erstgenannten Lücke zu widmen. Hierzu sagte Lahl laut Manuskript:

„Wir haben Lücken in der Kultur eines sicherheitspolitischen Dialoges. Sicherheitspolitik muss, wenn sie nachhaltig verankert sein möchte, „entzaubert“ werden. Sie bindet die Bürger zu wenig ein, die sich hier leider auch nur schwer einbinden lassen. Es fehlt vor allem ein öffentlich ausgetragener und selbstbewusster Diskurs um deutsche Sicherheitsinteressen – und zwar jenseits medienwirksamer Ereignisse von Fall zu Fall.“

Diese Feststellung kann ich nur unterstreichen, wobei ich mir gewünscht hätte, dass der Forderung eine kritische Selbstreflektion vorausgegangen wäre, denn ich erlebe weniger Bürgerinnen und Bürger, die sich nur schwer einbinden lassen, als vielmehr Institutionen, die nicht nur kein Interesse haben, sie einzubinden, sondern im Gegenteil, sie willentlich aus diesem Diskurs ausschließen wollen, wie es unter anderem die Linie des Verteidigungsministeriums dokumentiert, nicht mit Bloggern zu reden.

Wo also sind diejenigen, die bereit sind, die Lücke zu füllen? Ich würde unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) dazu zählen, und dass nicht nur, weil sie mich um einen kurzen Beitrag zu ihrer Veranstaltung „Sicherheitspolitik 2.0 – Einfluss und Bedeutung von Facebook & Co.“ gebeten hat. Am kommenden Mittwoch werde ich dort unter anderem mit Dr. Stefanie Babst Deputy Assistant Secretary General for Public Diplomacy der NATO über Sicherheitspolitik in einer durch das Internet geprägten Mediengesellschaft diskutieren.

Ein bemerkenswerter Nebenaspekt: Wie man so aus Berlin hört, hat Stefan Paris, Leiter des Informationsstabes und Sprecher des Verteidigungsministeriums, die Anfrage der DGAP nicht nur abschlägig beschieden, sondern – Stand heute – auch keine andere Angehörige seines Hauses benannt. Soweit zur Frage der Bereitschaft, Bürgerinnen und Bürger einzubinden.In der Netzkultur hat sich dafür ein einprägsames Schlagwort etabliert: #Fail

Jugendpressekongresse – Dazu sagen wir (fast) nichts

Zugegeben, ich habe nicht damit gerechnet, auf meine Fragen zu den Jugendpressekongressen der Bundeswehr eine substantielle Antwort zu erhalten. Dafür kam sie immerhin schnell, und im Unterschied zu den Antworten zu meinen Fragen zu den Facebookaktivitäten der Bundeswehr, trifft der InfoService Bürgeranfragen diesmal wenigstens keine bewussten Falschaussagen:

„Der BWB (Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, Anm. des Bendler-Blog) hat im Auftrag des  Presse- und Informationsstabs im BMVg die Leistungen für Jugendpressekongresse im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit für die Jahre 2008 bis 2011 ausgeschrieben und einen entsprechenden Vertrag geschlossen.

In diesem Fall hat die Firma young leaders GmbH in Berlin den Zuschlag erhalten.

Zu den Vertragsbedingungen, der Dokumentation der Kongresse sowie insbesondere der Leistungsumsetzung durch die Firma machen wir Dritten gegenüber keine Angaben. Sie dürfen aber davon ausgehen, dass wir unsere Formate in der Öffentlichkeitsarbeit kennen und fortlaufend evaluieren. Im Rahmen dieser Evaluation achten wir auf die weltanschauliche Neutralität aller Veranstaltungsinhalte im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des BMVg und der Bundeswehr.

Es versteht sich darüber hinaus von selbst, dass wir zu laufenden Ausschreibungen keine Angaben machen.“

Weil auch die (öffentlicht-rechtlichen) Medien wegen der Einbindung ihrer Redakteure vermutlich nur ein geringes Interesse daran haben, etwas mehr Transparenz in die Sache zu bringen, bleibt nur zweierlei zu hoffen:

1. Die Entscheidungsträger im Verteidigungsministerium kennen, wie die oben stehende Antwort nahelegt, ihre Formate – ein Zustand, der ja bei den Jugendpressekongressen ausweislich der Aussagen des Sprechers des Verteidigungsministeriums bislang nicht der Fall war – und sind durch die öffentliche Diskussion darüber hinreichend sensibilisiert.

2. Eine Institution, gegenüber der die Bundeswehr auskunftpflichtig ist, nimmt sich der Sache an, und stellt die gebotene Transparenz her.

Ben

Zum Wochenende etwas Philosophisches. Sehr viele werden den Satz kennen, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings am Amazonas einen Wirbelsturm auf der anderen Seite der Welt auslösen könne. Physikalisch – ich bin kein Physiker – ist das vermutlich so richtig wie falsch. Natürlich hängt auf der Erde (im Weltraum, darüber hinaus) alles mit allem zusammen, aber genau den einen Impuls nachzuvollziehen, dürfte praktisch unmöglich sein.

Warum sagt uns dieser Satz aber dennoch etwas? Vermutlich, weil er darauf verweist, dass alles, was wir in unserem Leben tun und unterlassen, Konsequenzen hat. Ein toller Film, der das dahinter liegende Prizinp (was passiert, wenn) auf den Punkt bringt, ist Lola rennt.

Ich hatte im Mai einen Lola rennt-Moment, und heute ist ein guter Tag, um davon zu schreiben, denn morgen, am 20. August 2011 findet in Mayen die offizielle Feier zum 10-jährigen Jubiläum der Einsatzkameratrupps der Bundeswehr statt. Der EKT ist die Einheit, die ich – gemeinsam mit anderen – gründen und im Jahr 2001 in ihren ersten Einsatz im Kosovo führen durfte. Ich freue mich sehr auf morgen, und bin gespannt, wen ich treffen werde. (Auch, weil ich die Arbeit der EKT, vor allem aber die Art und Weise, wie sie von der übergeordneten Führung der Bundeswehr eingesetzt werden, hier regelmäßig scharf kritisiere).

Doch zurück zum Mai dieses Jahres. Ich war im Auftrag eines Kunden auf der Messe in Düsseldorf. Von dort wollten wir mit einem Partnerunternehmen eine Live-Übertragung via Internet produzieren. Bei diesem Partnerunternehmen hatte ein junger Mann, Ben, gerade seine Ausbildung zum Mediengestalter begonnen. Weil ich in einem Hotel in Neuss wohnte, wo auch Ben lebt, nahm ich ihn abends im Auto mit. Wie es so ist, fragte ich ihn, warum er denn gerade diese Ausbildung gewählt habe. Ben erzählte mir, dass er während seines Wehrdienstes auf die Idee gekommen sei. Weil er in einem Bunker arbeiten musste, und weil das doch arg langweilig war, hatte er einen Vorgesetzen gefragt, ob der nicht eine Alternative wüsste. Der wusste, und fortan tat Ben in einem Casino (Militärdeutsch für Gastronomie) Dienst.

In diesem Casino seien, so erzählte mir Ben, ohne den Begriff zu erklären, auch regelmäßig Soldaten des EKT zu Gast gewesen. Zu erkennen unter anderen an einem auffälligen Abzeichen. Und offenbar war das, was die Kameraden dem jungen Wehrpflichtigen von ihrer Arbeit und ihren Einsätzen berichteten, so überzeugend, dass er über seinen ursprünglichen Berufswunsch Fotograf nachzudenken begann, und sich dann für die bewegten Bilder entschied.

Mit einer Mischung aus Freude, Stolz und etwas Eitelkeit fragte ich Ben, ob er denn wisse, wer den ersten EKT gegründet hatte – eine Frage, die er natürlich unmöglich beantworten konnte -, um ihm dann zu seinem ungläubigen Erstaunen davon zu berichten, wie ich damals im Jahr 2000 im Schnittraum bei Roland einen Anruf aus dem Verteidgungsministerium entgegennahm, dem Anrufer erzählte, was ich über Satellitenübertragungen wusste, wie dann das Bataillon und also auch ich mit der Aufstellung der EKT beauftragt wurden, und was Daniel, Andreas, Jürgen und all die anderen, die ich hoffentlich morgen wiedersehen werde „damals“ noch so erlebt hatten, und Ben und ich, waren sehr erstaunt, wie unser beider Leben verbunden sind.

In diesem Sinne: alles Gute zum 10-jährigen an das Dezernat Einsatzkamera (so heisst das wirklich) und alles gute an alle Leserinnen und Leser. Alles, was Ihr tut, kann etwas bewirken, und ich bin sehr dankbar, dass ich das hier auf ganz besondere Weise selbst erleben durfte.

Einige Fragen zu den Jugendpressekongressen der Bundeswehr

Es ist eine gute Nachricht. Das Verteidigungsministerium will zukünftig dafür Sorge tragen, dass es bei der Ansprache junger Journalisten als Teilnehmer an Jugendpressekongressen als Absender bzw. Förderer genannt wird. Was mich nur stört – das wird auch abgestellt -, ist: Wenn man solche Veranstaltungen mit gutem Recht finanziell unterstützt, kann man das auch deutlich machen. Ganz einfach. Das werden wir in Zukunft tun.“ sagte Ministeriumssprecher Stefan Paris bereits in der Regierungspressekonferenz am 18. Juli. „Tarn-PR gestoppt“ meldet das Branchenblatt prmagazin. Warum sich die kritikwürdige Praxis in den vergangenen 20 Jahren aber überhaupt etablieren konnte, vermochte er nicht zu erklären.

Wenn man sich dem Thema und insbesondere dem Veranstaltungsformat etwas näher widmet, findet man durchaus weitere Merkwürdigkeiten, so dass es sich durchaus lohnt, weitere Fragen zu stellen. Grundsätzlich lassen sich dabei drei Fragekomplexe gegeneinander abgrenzen:

1. Organisation der Jugendpressekongresse durch das Unternehmen Young Leaders GmbH

2. Beteiligung von Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bzw. privater Medien

3. Verwendung der im Rahmen der Jugendpressekongresse produzierten Medien

Während im Netz und insbesondere auf Seiten der Bundeswehr zahlreiche positive Berichte über die Veranstaltung zu finden sind, scheint der Jungjournalist Juri Auel von seiner Teilnahme am Jugendpressekongress 2009 in Stralsund eher enttäuscht zu sein. „Mehr Propaganda als Presse-Seminar“ hat er seinen Erlebnisbericht in der Oberhessischen Zeitung überschrieben. Darin hinterfragt er nicht nur die grundsätzliche Methodik, die in seinen Augen den Teilnehmenden nicht mehr als eine Statistenrolle lässt, sondern vor allem, ob und wenn ja, welchem Leitgedanken die Veranstaltung wohl folge, wenn der Veranstalter in einem Vortrag zu Zukunftsstrategien für das 21. Jahrhundert angeblich problematische Formulierungen verwendet. Es mag durchaus sein, dass der junge Kollege Auel da etwas falsch verstanden hat, dann wäre es aber höchste Zeit, dass ihm bzw. dem Verlag hier jemand presserechtlich entgegen tritt.

Nachtrag: Diese Zeit ist nun offensichtlich gekommen, denn Werner hat inzwischen eine einstweilige Verfügung gegen die Verlagsgesellschaft Vogelsberg erwirkt. Der Artikel ist nicht mehr verfügbar, und ich komme der Bitte nach, die streitbefangenen Äußerungen nicht mehr zu zitieren.

Das Thema „Zukunftsstrategien für das 21. Jahrhundert“ jedenfalls scheint nicht nur im Rahmen der Bundeswehrveranstaltungen kompatibel zu sein. So arbeit die Young Leaders GmbH auch  für die Stiftung politische und christliche Jugendbildung , bei der Werner offenbar mit einem ähnlichen Sprechtext auf die jugendlichen Teilnehmer zugeht – gewürzt mit allgemeiner konservativer Kulturkritik, wie ein Text des Teilnehmers Niklas Kleinwächter dokumentiert.

„Es ist schade, dass man heute mit den jungen Leuten nicht mehr das machen kann, was man zu unserer Zeit noch konnte. Aber wir müssen nun einmal mit dem arbeiten, was an Voraussetzungen da ist. Die schulische Bildung ist noch schlechter geworden als sie es früher schon war – da können die Schüler ja aber nichts dafür“, kritisiert young leaders Chef Werner im Rahmen der Akademie.

Wer sich die Mühe macht und sich durch die Fundstellen im Netzt liest, erkennt leicht, dass Werner und seine Young Leaders-Veranstaltungen eher in der konservativen Ecke des politischen Spektrum zu Hause zu sein scheinen – und damit doch den ein oder anderen Teilnehmer nachhaltig irritieren. Nun ist eine konservative Haltung eine schlechte Voraussetzung für eine Tätigkeit für die Bundeswehr, selbst wenn an der Universität der Bundeswehr in München unlängst konservative Gedanken klar und deutlich als unerwünscht gebrandmarkt wurden – zumindest wenn sie in der Campus, der Zeitschrift der Studierenden veröffentlicht werden, deren neu gewählter Chefredakteur selbstbewusst und freimütig über seine journalistische Tätigkeit unter anderem für die Junge Freiheit spricht, was scheinbar irgendwelche Grenzen der gedanklichen Hygiene verletzt. (Zu diesem „Fall“ hat Patrick Bahners in der FAZ alles nötige geschrieben.)

Aber zurück zu unserem Stück, den vom Verteidigungsministerium geförderten Jugendpressekongresse, deren grundsätzliches Konzept sich wie folgt rekonstruieren lässt:

Ein Unternehmen bzw. ein Ministerium beauftragt die Young Leaders GmbH mit der Durchführung eines Kongresses und sichert die Finanzierung zu. Die Young Leaders GmbH spricht junge, publizistisch tätige Menschen an und läd sie ein. Gleichzeitig versichert sich die Young Leaders GmbH der Dienste von professionellen Journalisten, die für die Schulung ihrer jungen Kollegen vergütet werden. Folgt man der Einschätzung von mit der Organisation vertrauten Personen, zeichnet sich die Young Leaders GmbH dabei durch eine recht hohe personelle Fluktuation sowie einen bemerkenswert hohen Anteil von Praktikanten bzw. Projektbeschäftigten aus. In Verbindung mit den oben genannten Quellen ergeben sich daraus unter anderem folgende Fragen:

Organisation

1. Gibt es eine vollständige Dokumentation der Veranstaltungen bzw. der Redebeiträge, an der sich bspw. die Behauptungen aus der Oberhessischen Zeitung nachvollziehen bzw. widerlegen lassen?

2. Falls nein, ist eine solche Dokumentation für die Zukunft geplant.

3. Stellt das Verteidigungsministerium eine weltanschauliche Neutralität der Inhalte sicher? Wenn ja, wie?

4. Welchen Einfluß hat das Verteidigungsministerium auf die Mitarbeiter der Young Leaders GmbH, die ja als Repräsentanten des Ministeriums und der Institution Bundeswehr auftreten, bspw. bei der Personalauswahl und Schulung? Gibt es dazu verbindliche Regelungen, bspw. Schulungsunterlagen, Vorgaben zur Vergütung der Mitarbeiter (tarifliche Bindung)?

5. In welchem Umfang unterstützt das Verteidigungsministerium die Organisation der Jugendpressekongresse (Personal, Material, Infrastruktur, Transport) und welchen Wert haben diese Leistungen in Euro?

Beteiligung von Journalisten

6. Welche Sender bzw. Medien haben die Jugendpressekongresse der Bundeswehr bislang durch die Entsendung von Journalisten unterstützt?

7. In welchem Arbeitsverhältnis stehen die Journalisten, die die Teilnehmer der Jugendpressekongresse ausbilden, zu den Sendern, Medien und Verlagen, die sie repräsentieren (freie, fest-freie oder feste Mitarbeiter)? Wie lassen sich die Journalisten der bisherigen Kongresse nach diesem Status ausfschlüsseln?

8. Wie hoch ist die Vergütung der Journalisten, die die Teilnehmer der Jugendpressekongresse ausbilden?

Verwendung der Medien

9. Welche Medien werden im Rahmen der Jugendpressekongresse produziert? Welche inhaltlichen Vorgaben gibt es dazu von Seiten der Bundeswehr und wie wird deren Einhaltung überprüft?

10. Werden diese Medien im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und/oder Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr eingesetzt? Wenn ja, wo, und in welcher Form wurde/wird dieser Einsatz dokumentiert?

11. Welche Rechte werden den Autoren der Beiträge (sowohl Teilnehmer als auch Ausbilder) eingeräumt, oder werden die Rechte komplett abgetreten, wenn ja an wen, die Bundeswehr oder die Young Leaders GmbH?

12. Ist bereits eine Entscheidung über die Auftragsvergabe für die zukünftigen Jugendpressekongresse gefallen und wie beabsichtigt das Verteidigungsministerium sicherzustellen, dass der zukünftige Auftragnehmer die zugesagte Absenderklarheit einhält?

Die vorstehenden Fragen habe ich im Rahmen einer offenen Recherche auch heute adem Verteidigungsministerium gestellt, und darum gebeten, sie bis zumEnde der kommenden Woche zu beantworten.

Unabhängig von diesen Antworten, überwiegt bei mir zur Zeit der Eindruck, dass sowohl das Konzept an sich als auch die bisherige Umsetzung der Jugendpressekongresse eine Reihe von Unklarheiten beinhalten, die in Summe geeignet sind, das Vertrauen in die Instituition Bundeswehr eher zu untergraben als zu festigen.

Eine Lösung für Afghanistan?

Eine bemerkenswerte Erzählung darüber ob und wie das westliche Engagement in Afghanistan doch noch erfolgreich sein kann, transportiert die Washington Post. „You can´t surge trust“ könnte die Überschrift des Artikels über die Arbeit von Carter Malkasian lauten – „Vertrauen kann nicht plötzlich wachsen“ – im Unterschied zur Zahl der Soldaten. Malkasian hat, schreibt der Autor des Artikels Rajiv Chandrasekaran in den vergangenen Jahren als Berater der Marines in der Provinz Gamser gearbeitet. Seine Funktion dürfte in etwa der eines interkulturellen Einsatzberaters bei der Bundeswehr entsprechen. Selbst wenn der Bericht eine gehörige Portion Storytelling enthält, zeigt er für mich, dass es gangbare Wege für Afghanistan zugeben scheint. Das Problem: Diese liegen deutlich außerhalb des Mainstreams, vor allem außerhalb der meisten Protagonisten in den beteiligten deutschen Ministerien.

Ich habe lange überlegt, ob ich – vor allem, weil mir die Erfahrung eines Einsatzes in Afghanistan fehlt – überhaupt etwas dazu schreiben soll. Weil mir aber das Muster, dass im oben genannten Text aus meinen Einsätzen so bekannt ist, und es außerdem viele Parallelen, beispielsweise zu den Erfahrungen eine Reinhard Erös zu geben scheint, hier drei Thesen, wie eine Lösung bzw. erste Schritte dazu auch in Afghanistan aussehen könnten.

– Die afghanische Gesellschaft ist – wie jede Gesellschaft – ein komplexes Netzwerk aus Beziehungen mit einer eigenständigen kulturellen Prägung. Wer nicht Teil dieses Netzwerkes werden kann, darf oder will, wird nicht zur Lösung der darin organisierten Konflikte beitragen können. Daraus folgt, dass die Politik gut daran täte, Menschen zu identifizieren, die bereit sind, sich auf diese Rolle einzulassen und ihnen die für ihre Arbeit nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen.

– Verhandlungsmacht hat nur der, der Macht hat. Dazu gehört insbsondere auch, die Soldatinnen und Soldaten so auszurüsten und zu mandatieren, dass sie ihre Aufgaben erfüllen können. Finanziell, materiell und personell. Dabei wäre eine deutlichere Unterscheidung zwischen Kampftruppe (kürzere Stehzeiten, regelmäßiger Entsatz) und Führungs- und Vertrauenspersonal (warum nicht auf 2 und mehr Jahre angelegt?) nötig. Frühzeitige, von der deutschen Innenpolitik motivierte, Abzugsankündigungen untergraben diese Verhandlungsmacht systematisch.

– An der Basis beginnen. Sowohl in Afghanistan als auch in Deutschland müssen wir an der Basis beginnen. Das Versagen der deutschen Afgahnistan-Politik wird unter anderem daran deutlich, dass es immer noch nicht ausreichend Soldaten auch und gerade in Führungspositionen gibt, die die Sprachen der Einsatzländer sprechen, was unter anderem am fehlenden Zugang zu den o.g. Netzwerken deutlich wird. Basisarbeit ist auch in Afghanistan gefordert. Nur Kinder und Jugendliche, die eine Chance haben, zu erfahren, dass die fremden Soldaten vertrauenswürdig und in der Lage sind, ihnen und ihren Familien Schutz zu gewähren, werden sich ihrerseits darauf einlassen, sie Bezugspersonen zu machen.

Warum Deutschland das tun sollte? War es Kennedy der sagte: „We chose the moon“? Wie dem auch sein: Deutschland hat sich – im Verbund mit der internationalen Gemeinschaft – für Afghanistan entschieden. Und obwohl es noch viele andere Länder gibt, die unserer Unterstützung bedürften, in ihnen haben wir nicht nur wenig Zugang zu den gesellschaftlichen Netzwerken wie in Afghanistan, sondern keinen.

Was dieses Engagement trotz aller Rückschläge bewirken kann, zeigt einmal mehr der aktuelle Bericht von Winfried Nachtwei, der im April auf Einladung von Thomas Kossendeyzu einem Kurzbesuch in Mazar-e Sharif und Kunduz war.

Jugendoffiziere – Phalanx der Öffentlichkeitsarbeit oder Auslaufmodell?

Der folgende Beitrag wäre ohne die tätige Mithilfe externer Experten nicht zu Stande gekommen. Aus guten Gründen bleiben deren Namen anonym. Das soll interessierte Leserinnen und Leser allerdings nicht davon abhalten, sich in den Kommentaren oder per -Mail an der Diskussion zu beteiligen. Im Gegenteil: ohne alarmistisch klingen zu wollen, ist es plausibel, anzunehmen, dass eine hervorragende Institution der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr vor grundlegenden Veränderungen steht. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass die Stimmen derjenigen, die als Jugendoffiziere täglich erleben, welches Bild junge Menschen in Deutschland von der Bundeswehr haben, während der anstehenden Umbaumaßnahmen der Streitkräfte nicht ausreichend Gehör finden. In diesem Sinne würde ich mich freuen, wenn der folgende Beitrag Impulse zu einer konstruktiven Diskussion gibt.

Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr steht regelmäßig in der Kritik, zuletzt wegen gesponserten Veranstaltungen im Zusammenhang mit den Young Leaders-Seminaren für Nachwuchsredakteure. In zahlreichen Beiträgen in diesem Blog wurden die teilweise unprofessionelle Aufbereitung von Themen durch das Ministerium ebenso bemängelt, wie Ansätze zur Verbesserung genannt – auch unter Beteiligung vieler Leserinnen und Leser dieses Blogs, die nun auf deren Umsetzung hoffen.

Eine Institution, die in der Vergangenheit häufig mit Lob für ihre Arbeit bedacht wurde, sind die Jugendoffiziere der Bundeswehr. Diese 94 in ganz Deutschland tätigen jungen Oberleutnante und Hauptleute haben den Auftrag, Sicherheitspolitik in den weiterführenden Schulen im Rahmen des Unterrichts auf Einladung der Lehrkräfte den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln.

Das Thema, welches am Häufigsten von den Schulen nachgefragt wird, ist der Afghanistaneinsatz, so dass Jugendoffiziere in zahlreichen Veranstaltungen Rede und Antwort den Schülerinnen und Schülern standen. Dabei waren bereits viele Jugendoffiziere im Einsatz und können in den Schulen somit aus erster Hand von den Herausforderungen vor Ort berichten. Dass andere Themenangebote der Jugendoffiziere hinter dem Afghanistaneinsatz hinten anstehen, zeigt auch, dass das Interesse an dem Einsatz in Afghanistan in den Schulen weit größer zu sein scheint, als man für gewöhnlich denkt. Hilfreich scheint hier vor allem der Lehrplan zu sein, der eine Auseinandersetzung mit dem Thema „Bundeswehr im Auslandseinsatz“ von den Schulen verlangt.

Kommunikative HerausforderungenFarbanschlag auf der Bildungsmesse DIDACTA

Der Erfolg der Jugendoffiziere hat jedoch auch Kritiker auf den Plan gerufen. Denn zahlreiche Gruppierungen haben sich diese nunmehr als Hauptbetätigungsfeld für ihre kommunikativen Vorstöße gegen die Bundeswehr auserkoren. Vorneweg marschieren die GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) sowie die DFG-VK (Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen), die die Hauptträger der kommunikativen „Feldschlacht“ gegen den Einsatz von Jugendoffizieren in den Schulen zu sein scheinen. Bei genauer Betrachtung sind die Argumente der Kritiker leicht zu widerlegen. Darauf soll hier im Einzelnen nicht eingegangen werden , da dies einen eigenen Beitrag rechtfertigen würde.

Eine kommunikative Herausforderung stellen sie jedoch allemal dar, besonders dann, wenn sie mit spektakulären Auftritten von sich reden machen oder Schulen gar dazu übergehen, sich zu bundeswehrfreien Zonen zu erklären, wie das Robert-Blum-Gymnasium Berlin.

Jugendoffiziere und Web 2.0

Die Frage ist nun, was die Bundeswehr den zahlreich auftauchenden Internetseiten der Kritiker kommunikativ im Web 2.0 entgegen zu setzen hat?

Ein Blick auf die offizielle Internetseite der Jugendoffiziere macht hier wenig Hoffnung, denn die letzte Aktualisierung datiert vom 29.11.2010 – im Zeitalter von Twitter und Facebook ein Jahrhundert alt. Dieser Punkt wird auch im aktuell vorgestellten Bericht der Jugendoffiziere bemängelt, der – bezeichnender Weise – zuerst von einer Bundeswehr kritischen Seite publiziert wurde! Insgesamt ist die Information über Arbeit und Inhalte der Jugendoffiziere von Seiten des Ministeriums im Internet stark verbesserungswürdig, denn aktuelle Informationen finden sich hier kaum wieder.Jugendoffiziere in Bayern

Eine Behelfslösung der Jugendoffiziere durch Erstellung eigener regionaler Internetseiten, wird durch das BMVg vorläufig toleriert, obwohl es hiermit nicht glücklich ist, da diese sich dem Einfluss des Ministeriums entziehen und keine offizielle Internetpräsenz darstellen (Vgl. Diskussion zu der Facebook-Seite hier im Blog). Die Kommunikation mit dem Nutzer ist leider auf diesen selbst erstellten Seiten bisher nicht möglich und die redaktionelle Gestaltung variiert auch sehr stark. Es bleiben eben Auftritte, die mit dem privaten Engagement von Jugendoffizieren stehen und fallen. Letzteres vor allem dann, wenn Expertise den Dienstposten verlässt und neue nicht in Sicht ist.

Welche Handlungsmöglichkeiten bieten sich? Vielleicht lässt sich in naher Zukunft eine Kommunikation via Facebook etablieren, die redaktionell professionell durch die Jugendoffiziere betreut wird und technisch durch geschulte Mediendesigner unterstützt wird. Die Zielgruppe der Jugendoffiziere ist zumeist heute schon zu fast 100% auf Facebook zu finden, so dass sich hier sicher neue Möglichkeiten der Interaktion bieten könnten. Nicht zu unterschätzen sind jedoch auch die potentiellen Gefahren der Interaktion im Web 2.0, da eine Kommentarfunktion auch betreut werden will. Erste Erfahrungen hierzu konnte die Bundeswehr bereits auf ihrem Youtube-Auftritt sammeln.

Jugendoffiziere in der Strukturreform

Betrachtet man die technische Ausstattung der Jugendoffiziere, so sind diese zumeist für ihren Auftrag gut gerüstet. Bundesverteidigungsminister De Maizière sprach im Zusammenhang mit der Neuausrichtung der Nachwuchswerbung in den Kreiswehrersatzämtern davon, dass dieses Personal in Zukunft einen Laptop und einen Dienstwagen benötigt und weniger ein Büro im Kreiswehrersatzamt, um somit näher an der Zielgruppe sein zu können. Für Jugendoffiziere gilt dies bereits heute, denn sie sind allesamt mit einem Laptop, einen Beamer, einem Diensthandy und einem Dienstfahrzeug ausgestattet. Das Büro dient ihnen als fester Anlaufpunkt.

Einen entscheidenden Unterschied scheint es jedoch zu geben zwischen der Nachwuchsorganisation und den Jugendoffizieren der Bundeswehr: Erstere wird personell vermutlich um 100% durch die Integration von freiwerdendem Zivilpersonal aus den Kreiswehrersatzämtern aufwachsen und materiell deutlich besser ausgestattet werden, um auch in Zukunft die personelle Regeneration der Bundeswehr sicherstellen zu können. Die Zukunft der Jugendoffiziere hingegen scheint in den Überlegungen des Inspekteurs der Streitkräftebasis (SKB) weit weniger Vorrang zu genießen.

Zur Erklärung: Die Jugendoffiziere sind allesamt Angehörige der Streitkräftebasis (SKB), werden fachlich durch das Streitkräfteamt und den Arbeitsbereich 2 im BMVg geführt, disziplinarisch jedoch in den vier Wehrbereichskommandos geführt. Absicht des Inspekteurs der SKB ist es, statt 94 Jugendoffiziere nur noch 57 Jugendoffiziere in Deutschland einzusetzen. Betrachtet man die teilweise heute schon sehr langen Anfahrtswege der Jugendoffiziere im ländlichen Raum zu den Schulen von bis zu 2 Stunden, würden diese sich durch Reduzierung der Dienstposten nochmals deutlich vergrößern.Jugendoffiziere vor der Reduzierung

Reduzierung der Dienstposten von 94 auf  57?

Ob die Verringerung der Dienstposten im Anbetracht des zu erwartenden weiteren Abbaus der Präsenz in der Fläche der Bundeswehr klug ist, muss nun im Ministerium geklärt werden. Logisch erscheint der Abbau nur aus fiskalischen Gründen zu sein. Die Personalkosten für 94 Jugendoffiziere belaufen sich aktuell im Jahr 2010 auf 4 072 910 Euro (laut BT-Drucksache 17/6311, Antwort zu Frage 18).

Andererseits sägt damit der Inspekteur SKB eventuell an einem der Äste, auf denen er sitzt. Denn letztlich bedeuten 94 Jugendoffiziere auch etwa 177 000 Personen, die durch die Jugendoffiziere unmittelbar erreicht wurden. Das heißt, 177 000 Personen konnten sich mit der Bundeswehr oftmals zum ersten Male auseinandersetzen und persönliche Positionen zur sicherheitspolitischen Ausrichtung im kritischen Dialog mit den Jugendoffizieren überprüfen.

Im Bericht der Jugendoffiziere heißt es hierzu:

„Kritische Ansichten zu sicherheitspolitischen Themen werden nur von einer Minderheit vertreten; diese Stimmen sind vor allem in der Sekundarstufe II der Gymnasien zu hören. In den Haupt-, Real-/Werkreal- und Mittelschulen besteht im Gegensatz zum Gymnasium häufiger ein spürbarer Mangel an Allgemeinbildung und grundlegendem Wissen zu politi-schen und sicherheitspolitischen Geschehnissen und Zusammenhängen. Es fällt auf, dass mehrere Jugendliche des Öfteren stereotype und zum Teil auch polemische bis hin zu radikalen Argumenten unreflektiert übernehmen. Hier müssen Informationen folgen, damit der Prozess der Auseinandersetzung mit der Thematik zur eigenständigen, im Ergebnis ggf. auch kritisch-ablehnenden Meinungsbildung führt. Dazu leisten die Jugendoffiziere durch ihre Arbeit im Rahmen der politischen Bildungsarbeit einen fundierten Beitrag, der von der anfragenden Lehrerschaft im Bundesgebiet breite Anerkennung findet.“

In einem gesellschaftlichen Umfeld, in dem der Bundeswehr mit freundlichem Desinteresse begegnet wird, kann es nur richtig sein, diesem Desinteresse mit dem Diskussionsangebot der Jugendoffiziere entgegen zu treten. Eine Beschneidung dieser Fähigkeiten würde sicherlich die jetzige Situation eher verschlechtern, als verbessern und somit langfristig auch Auswirkungen auf die Anziehungskraft der „Marke“ Bundeswehr haben.

Organisatorische Herausforderungen …

Inhaltlich stehen die Jugendoffiziere vor vielfältigen Herausforderungen. Die Kernthemen für das Jahr 2011 sind sicherlich wiederum der Afghanistaneinsatz, ergänzt um die Strukturreform der Bundeswehr und der neuen Wehrform sowie der Attraktivität des Dienstes (Wir.Dienen.Deutschland). Zu klären ist auch, wie das Verhältnis zur Nachwuchswerbung der Bundeswehr in Zukunft aussehen soll. Bestrebungen zu einer Verschmelzung mit der Öffentlichkeitsarbeit erscheinen aus Gründen der Akzeptanz in der Zielgruppe, aber auch aus rechtlichen Gründen eher unwahrscheinlich (Vgl. Studien des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages März 2010 und September 2010). Letztlich gibt es jedoch sehr enge Berührungspunkte in Anbetracht der Tatsache, dass sowohl die Nachwuchswerbung als auch die Öffentlichkeitsarbeit die „Marke“ Bundeswehr kommunizieren.

Im täglichen Dienst werden Anfragen von Schülerinnen und Schülern zu Karrieremöglichkeiten bei der Bundeswehr von den Jugendoffizieren an die Wehrdienstberater weiter geleitet. Daher macht es sicherlich auch Sinn, die Betreuungsbereiche aufeinander abzustimmen. Denn bisher kommt es durchaus vor, dass Jugendoffiziere in ihrem Betreuungsbereich gleich zwei zuständige Wehrdienstberater haben. Durch den zahlenmäßig zu erwartenden Aufwuchs der Nachwuchswerbung und der eventuellen Verringerung der Jugendoffiziere, ist hier jedoch Gegenteiliges zu erwarten. Es bleibt die Hoffnung, dass bei Schließung der Kreiswehrersatzämter, die Jugendoffiziere auch weiterhin Tür an Tür mit den Wehrdienstberatern sitzen werden.

Einsatzstatistik Jugendoffiziere 2010

… und neue inhaltliche Perspektiven?

Mit Blick auf die an der vernetzten Sicherheit beteiligten Ministerien stellt sich aus Sicht der Jugendoffiziere oftmals die Frage nach einem Äquivalent in der Kommunikation mit dem Bürger. Das BMVg leistet sich derzeit 94 Jugendoffiziere, die in den Schulen aktiv über die Auslandseinsätze berichten. Das Erstaunen der Schülerinnen und Schüler ist groß wenn sie im Unterricht hören, dass die Bundeswehr in Afghanistan nur eines von vier vor Ort tätigen Ministerien ist, da das Auswärtige Amt (AA), das Bundesministerium des Inneren (BMI) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) ebenso in Afghanistan aktiv sind. Eine aktive Informationsarbeit aus einer Hand findet aber nicht statt.

Jedes Ministerium betreibt seine eigene Öffentlichkeitsarbeit, was im Ressortprinzip begründet liegt. Jedoch fehlen auf Seiten der zivilen Ministerien scheinbar die Kapazitäten, aktiv in der Öffentlichkeit Informationsveranstaltungen zum Thema vernetzte Sicherheit durchzuführen. Eine Information kann oft nur am jeweiligen Standort des Ministeriums durchgeführt werden, so dass Schülerinnen und Schüler nur durch eine Fahrt nach Berlin und Bonn die persönliche Auseinandersetzung suchen können.

In Anbetracht der geäußerten Kritik von Seiten der GEW und der DFG-VK an den Jugendoffizieren wäre es hier doch ein leichtes, durch ein gemeinsames Auftreten diese in Teilen zu entkräften. Leider fehlt es dazu bisher an den notwendigen Ressourcen. Einzig durch Tagesseminare der Jugendoffiziere für z.B. Lehrkräfte, kann dieses Informationsdefizit durch Einladung von Referenten aus den erwähnten Ministerien aufgefangen werden.Wünschenswert wäre in jedem Fall eine bessere Koordinierung der Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Afghanistan durch das Bundeskanzleramt.

Warum vier eigene Internetpräsenzen zum Thema Afghanistan in den Ministerien pflegen, anstatt die Informationen zusammen zu tragen und auf einer Unterseite des Bundeskanzleramts zu vereinen? Ein erster Ansatz hierzu findet sich auf den Seiten des Bundespresseamtes, der allerdings noch sehr unübersichtlich wirkt. Ein gezielter Ausbau dieser Aktivitäten könnte dem Bürger die Suche nach Informationen zum Thema Afghanistan deutlich vereinfachen.

Jugendoffizier – Quo vadis?

Die Jugendoffiziere als Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr haben sich seit ihrer Gründung im Jahr 1958 bewährt. Sie sind oftmals die ersten und einzigen Berührungspunkte für Schülerinnen und Schüler in ihrem Leben, um sich mit Fragen zum Thema Sicherheitspolitik intensiv auseinander zu setzen. Seit geraumer Zeit häufen sich jedoch Aktionen gegen die Tätigkeit der Jugendoffiziere in den Schulen. Diese sind letztlich auch auf den großen Erfolg der Jugendoffiziere in der Kommunikation mit den Schülerinnen und Schülern zurück zu führen.Anhänger Jugendoffizier

Für die Zukunft wird es deshalb darauf ankommen, den kommunikativen Raum im Internetzeitalter nicht aufgrund mangelnder technischer Fähigkeiten verloren zu geben, sondern mit einem attraktiven und zugleich qualitativ hochwertigen Informationsangebot dagegen zu halten. Konsequent wäre hier beispielsweise eine Ausweitung des Auftrittes der Bundeswehr auf Facebook mit einem Zugang für die Jugendoffiziere.

Im Zuge der Strukturreform der Bundeswehr sollte dieses effektive Instrument der Öffentlichkeitsarbeit statt verkleinert, vor allem inhaltlich eher noch ausgebaut, zumindest aber beibehalten werden, um auch weiterhin einen möglichst großen Personenkreis mit Informationen zur Sicherheitspolitik erreichen zu können und den Dialog mit dem Bürger aufrecht zu erhalten. Nur so kann dem freundlichen Desinteresse des Bürgers aktiv entgegen gewirkt werden.

Das Verhältnis zur Nachwuchswerbung sollte nach Überwindung der jahrelang gepflegten Konkurrenz in ein freundliches und enges Miteinander übergehen, bei gleichzeitiger Beibehaltung der strikten Aufgabentrennung zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchswerbung.

Letztlich bleibt zu hoffen, dass für die Zukunft die Schnittmengen im Bereich der Kommunikation zur vernetzten Sicherheit durch die beteiligten Ministerien personell unterfüttert werden, so dass eine Information des Bürgers aus einer Hand erfolgen kann.

Wie sehen die Leserinnen und Leser des Bendler-Blog das? Sind die Jugendoffiziere ein Auslaufmodell, oder können Sie ihre Rolle als Speerspitze der Öffentlichkeitsarbeit mit jungen Menschen im Rahmen der Strukturreform der Bundeswehr noch ausbauen?

Neue Serie: Soldaten, die bei „Augen geradeaus“ kommentieren sollten – Teil 1

Dass es bemerkenswert ist, dass ranghohe Offiziere bei Augen geradeaus dem deutschen sicherheitspolitisch-journalistischen Blog kommentieren, hatte ich bereits geschrieben. Nun hat sich nach dem Kommandeur der KFOR, General Bühler, auch der Deutsche Militärische Vertreter im NATO-Militärausschuß, Generalleutnant Roland Kather, bei Augen geradeaus zu Wort gemeldet. Das ist nicht nur formal, sondern vor allem inhaltlich bemerkenswert, denn General Kather räumt in seinem Kommentar ein, dass er wegen des Kommentars seine Kameraden Bühler im Blog von Thomas Wiegold, eine Schlußfolgerung, die er auf Grundlage der Berichterstatung gezogen hatte, revidiert hat.

Wörtlich schreibt Kather: „Hatte nach ersten Kommentaren und der Berichterstattung ein falsches Bild der Lage und war dadurch zu einer anderen -falschen(!)- Schlussfolgerung gelangt, nämlich durchsetzen der Öffnung der Blockade im Sinne Sicherstellen freedom of movement, koste es was es wolle. Glückwunsch an Gen Bühler, er hat sehr weise und umsichtig gehandelt, (wo war eigentlich EULEX?!) seine Erklärung in diesem modernen Medium war wichtig und sehr hilfreich, um dies schlüssig nachzuvollziehen.“ 

Für mich werden darin wesentliche Aspekte des Wandels von Medien und Öffentlichkeit durch das Internet deutlich:

– Die Meldewege innerhalb der NATO und der EU scheinen nicht ausreichend, so dass die traditionellen journalistischen Medien nach wie vor eine wichtige Rolle bei der Lagebewertung spielen.
– Die journalistische Berichterstattung kommt bei komplexen Situationen wie der im Kosovo merklich an ihre Grenzen. Die Medien sind selbst Akteur, also nicht mehr nur Beobachter (das warensie m.E. schon immer), und haben daher eine besondere Verantwortung, der sie aber immer häufiger – auch wegen der Sparpolitik der Verleger, aber auch wegen professioneller Defizite von Journalisten – nicht gerecht werden (können).
– Ein gut gemachtes, journalistisches Medium wie Augen geradeaus etabliert sich als ein Knotenpunkt (Hub) der sicherheitspolitisch interessierten Community im deutschsprachigen Raum.
– Durch sein explizites Lob fliegt General Kather Flankenschutz für seinen Kameraden Bühler. Ein Zeichen der Solidarität, dass angesichts der schmallippigen Reaktion aus dem Ministerium angebracht scheint.
– Die Anforderungen an Soldaten im Allgemeinen und Offiziere im Besonderen steigen und lassen sich nicht mehr nur auf die Rolle des Kämpfers reduzieren, wie das beispielsweise Klaus Naumann hervorragend in seinem Buch „Einsatz ohne Ziel“ hervorragend herausgearbeitet hat.

Daraus folgt für mich unter anderem, dass wir eine Debatte über das Verhältnis von Politik und Militär uns das soldatische Selbstverständnis unter den Bedingungen der durch das Internet vernetzten Mediengesellschaft brauchen.

In diesem Sinne bitte ich auch, die Überschrift dieses Beitrages zu verstehen, und würde gerne ungefilterte Originaltöne bei Augen geradeaus hören von:

– Generalmajor Markus Kneip
– Soldaten aus dem Ausbildungs- und Schutzbataillon
– weitere Vorschläge bitte in den Kommentaren.

Jugendoffiziere 2.0?

Thomas Wiegold weist darauf hin, dass der Jahresbericht der Jugendoffiziere 2010 nun online zu finden ist. Bemerkenswert: Eine der professionellsten Institutionen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr hat erkannt, dass sie im Diskursraum Internet in der Defensive ist. „In der Kommunikation zu sicherheitspolitischen Themen kommt den Onlinemedien die wichtigstes Bedeutung zu. (…) Eine erste Beteiligung auch der Bundeswehr (…) wird begrüßt, in weiten Teilen aber noch vermisst. Deutliche werden zielgruppengerechte Informationen eingefordert.“ Ich hatte das hier vor etwas mehr als einem Jahr als den strategischen Social Media-Fail der Bundeswehr bezeichnet, dass die Jugendoffiziere nicht ermutigt und in die Lage versetzt werden, hier präsenter zu sein. Das gilt heute mehr denn je.

Am Resumee der Jugendoffiziere zeigt sich auch, dass eine Karriere-Seite auf Facebook, die heute ihren 3.000 Fan begrüßen durfte – Glückwunsch -, zu wenig ist. Auch eine Hochglanzseite für das Ministerium wird nicht reichen. Die Bundeswehr muss auch in den digitalen Medien die Diskussion suchen und aktiv in laufende Debatten eingreifen, so wie es beispielsweise der Kommandeur der KFOR bei Thomas Wiegold getan hat. Es ist den Jugendoffizieren zu wünschen, dass dies im Ministerium erkannt wird, und sie die entsprechenden Mittel zugewiesen bekommen.

Au weia – Propaganda?

Ich nehme ja für mich in Anspruch, mich in der Kommunikationsarbeit der Bundeswehr recht gut auszukennen, aber wenn das stimmt, was Steffen Hebestreit während meines Urlaubs ausgegraben und in der Berliner Zeitung veröffentlicht hat, hat der Presse- und Informationsstab der Bundeswehr nun ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. „Dubiose Seminare der Bundeswehr“ überschreibt Hebestreit seinen Artikel. Es geht um Seminare, die eine Young Leaders GmbH im Auftrag der Bundeswehr organisiert hat. Zielpublikum der Jugendpressekongresse sind Nachwuchsjournalisten, und die Bundeswehr berichtet auch freimütig über diese Veranstaltungen, beispielsweise bei treff.bundeswehr, der Jugendcommity der Bundeswehr. So weit, so gut und auch transparent. Wo also könnte das Problem liegen?

Problematisch könnte sein, dass es Hinweise darauf gibt, dass die Bundeswehr ihre Rolle bei der Ansprache potentieller Teilnehmer bewusst verschleiert hat. So schreibt Hebestreit: „Einladungen für solche Seminare seien „nur durch den Auftragnehmer auszusprechen“, von einem „Bundeswehr-Seminar“ dürfe nicht die Rede sein.“ Es wäre wünschenswert, dass Hebestreit die entsprechenden Dokumente der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, denn hier ist der Anfangsverdacht gegeben, dass die Bundeswehr bewusst gegen einschlägige PR-Kodizes und Richtlinien verstoßen hat. Ich werde daher den Deutschen Rat für Public Relations bitten, in dieser Sache zu ermitteln.

Wie wichtig Transparenz für den Erfolg von Organisationen und Unternehmen ist, arbeitet schon seit einigen Jahren Dr. Volker Klenk von der Agentur Klenk&Hoursch heraus. „Erfolgsfaktor Transparenz“  hat die Agentur ihre Themenseite überschrieben. Es würde mich nicht wundern, wenn dort demnächst das Verteidigungsministerium als schlechtes Vorbild auftauchen würde. (Hinweis: Volker Klenk war  Geschäftsführer der Agentur Cohn&Wolfe in Frankfurt, bei der ich 2001 meine ersten Schritte in der PR machte. Ich kenne ihne also persönlich, und ich habe viel von ihm gelernt.)

Das Verteidigungsministerium wäre gut beraten, die entsprechenden Vorgänge rückhaltlos aufzuklären, um weitere Reputationsschäden zu vermeiden und das nötige Vertrauen zurückzugewinnen.

Nachtrag: Die Zusage von Ministeriumssprecher Stefan Paris, diese Praxis zu beenden, ist dabei ein erster richtiger und notwendiger Schritt, aber nicht hinreichend, um aufzuklären, warum sich diese Praxis überhaupt etablieren konnte. Hier wären mehr als nur symbolische Konsequenzen angebracht.

Interessant dürfte in diesem Zusammenhang auch sein, an welchen Auftragnehmer die Durchführung der Jugendpressekongresse in den kommenden Jahren vergeben werden wird. Um die entsprechende Ausschreibung konnten sich Anbieter bis zum 15. Mai 2011 bewerben.

Weitere Berichterstattung zu den fragwürdigen Seminaren der Bundeswehr:

– „Bundeswehr schießt Geld zu“ taz.de vom 18.7.2011

– „Klartext: Die Bundeswehr hat keinen Respekt vor uns“ Spreewild vom 25.7.2011

„Dass ein General gebloggt hat, wird zur Kenntnis genommen“

Folgt man diesem Beitrag aus der FTD zu den jüngsten Unruhen im Kosovo, waren einige Herren wohl „not amused“ darüber, dass der Kommandeur der KFOR seine Sicht der Dinge im Blog „Augen geradeaus“ geschildert hat. „Dass ein General gebloggt hat, wird zur Kenntnis genommen“, scheint man sich im Bendlerblock schmallippig gegenüber den Redakteuren geäußert zu haben. Was am Artikel der FTD noch auffällt: Im Unterschied zu ihrem Kollegen Stephan Löwenstein von der FAZ (bzw. denjenigen, die seinen Kommentar online gestellt haben), sind die FTD-Journalisten nicht zu ehrenkäsig, die Quelle zu nennen.

So schreiben die Redakteure der FTD: „Bühler sorgte in Bundeswehrkreisen mit einem Interneteintrag für Aufsehen. In dem Blog „Augen geradeaus“ bestritt er, den Demonstranten ein Ultimatum gestellt zu haben.“ Bei der FAZ wird der gleiche Sachverhalt etwas kryptischer umschrieben: „Er (Bühler, Anm. d. Bendler-Blog) hat zugleich Gespür und Geschick im Umgang mit Medien bewiesen. Denn seine Darstellung der Dinge hat er als Kommentar in ein Internetforum geschrieben, das von Bundeswehr-Interessierten stark beachtet wird (von den ministeriellen Dienststellen nicht so sehr).“

Hätte die FTD das Blog noch verlinkt, gäbe es dafür eine 1 mit Sternchen. So bleibt die Anerkennung dafür, dass man sich in Hamburg zumindest zaghaft auf die Blogosphäre zubewegt. Die Kommunikatoren in Berlin scheinen davon noch Lichtjahre entfernt.