BarCamp RheinMain – Vortrag Krieg im Netz

Mein erstes BarCamp. Mein erster Pitch. Meine erste Session. Und das alles direkt vor der Haustür. Barcamp RheinMain.

Und owohl ich mit „Krieg im Netz“ nicht wirklich ein gute Laune-Thema mitgebracht hatte, kam eine ganz muntere und diskussionsfreudige Gruppe zusammen. Anbei daher die Linkliste zu meinem Vortrag. (Und wenn ich das hinbekomme binde ich noch die Slides sowie eine Soundcloud-Aufnahme ein).

– Augen geradeaus. DAS deutschsprachige Blog zur Sicherheitspolitik (von Thomas Wiegold): „Twitter Live-Ticker aus dem Krieg“
– Storify zum Krieg in Israel von Thomas Wiegold mit den Tweets der IDF und Hamas: „Livetweeting war“
– Artikel von Thomas Wiegold über die Twitter-Aktivitäten des Pressesprechers der kenianischen Armee beim Einmarsch in Somalia: „Angriffswarnung via Twitter“
– Twitter-Account der ISAF: @isafmedia
– Twitter-Account des Islamischen Emirates Afghanistan: @abhalki
– Blog der israelischen Armee: IDF Blog
– Artikel von Daniel Joerg zur Gamification der israelischen Propaganda: „Die israelische Armee macht Social Media Nutzer zu Informations- und Propaganda-Agenten“
– Buzzfeed-Artikel zu Instagrams israelischer Soldaten: „Surreal Instagrams From Israel Defense Forces Soldiers“

Präsentationsfolien zur Session:

Soundcloudaufzeichnung der Session (inkl. Publikumsfragen am Anfang):

Gastbeitrag: Wird Deutschland am Niger verteidigt?

Da ich – nicht wirklich leider – sehr viel in der, wie die Netzgemeinde sie so nennt, Kohlenstoffwelt unterwegs bin, ist es hier im Blog nach wie vor etwas ruhiger. Umso mehr freue ich mich, wenn es Autorinnen und Autoren gibt, die hier zu Gast sein mögen, und ihre Beiträge nicht nur in den Kommentaren, sondern als zu kommentierende Texte hier zur Diskussion stellen. Als Herausgeber behalte ich mir selbstverständlich vor, zu entscheiden, was ich veröffentliche. Den folgenden Denkanstoß von Martin Böcker finde ich erneut interessant, obwohl ich seine These nicht teile. Dazu aber werden wir sicher noch mehr in den Kommentaren lesen …

Wird Deutschland am Niger verteidigt?

von Martin Böcker

Es ist bald zwei Wochen her, dass Kanzlerin, Verteidigungsminister und Generalinspekteur die Führungskräfte der Bundeswehr in Strausberg auf die Neuausrichtung der Bundeswehr eingeschworen haben. Die Kanzlerin hat in ihrer Ansprache auf den möglichen Mali-Einsatz hingewiesen, was gut zu einer Debatte passt, die vor knapp sechs Wochen hier im Bendler-Blog geführt wurde. Nämlich darüber, ob der Begriff „Durchsetzungsarmee“ (oder irgendetwas anderes in dieser Art) nicht eine bessere Bezeichnung für die Bundeswehr wäre als „Verteidigungsarmee“. Schließlich beschreibt er das Einsatzerleben der Soldaten und ihrer Angehörigen lebensnäher – und macht damit den Sinn des militärischen Dienens emotional und rational nachvollziehbarer. Das gewichtigste Gegenargument war, dass die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik strategisch defensiv sei, was so eine rhetorische Wende nicht zuließe.

Ganz in diesem Sinne die Kanzlerin: „Derzeit wird intensiv über Art und Umfang eines möglichen zukünftigen europäischen Engagements in Mali diskutiert“, hieß es. „Denn freiheitliche, demokratische Staaten können nicht akzeptieren, dass der internationale Terrorismus im Norden des Landes ein sicheres Rückzugsgebiet erhält.“ Mit „internationalem Terrorismus“ meinte sie die für Außenstehende undurchsichtige Koalition aus „Al Qaida im islamischen Maghreb“, islamistischen Tuareg (Ansar el Dine) und der „Bewegung für die Einheit und den Dschihad in Westafrika“.

Nun lässt sich freilich nicht ausschließen, dass diese Organisationen irgendwann mal potentielle „Internationale Terroristen“ im besetzten Nordmali beherbergen werden. Allerdings kämen auch jeder andere failed state oder Städte wie Hamburg als Rückzugs- und Ausbildungsgebiete in Frage. Und eingedenk des Umstands, dass bislang keine der oben genannten Organisationen Anstalten gemacht hat, in freiheitlich-demokratischen Staaten außerhalb Afrikas Anschläge zu verüben, ist diese Argumentation sehr dünn. Hier wird m.M.n. zu krampfhaft versucht, dem potentiellen Mali-Einsatz den Anschein der Landesverteidigung zu geben.

Folgende Begründung wäre mir glaubwürdiger vorgekommen:
Europa hat einen sehr hohen Bedarf an Energieträgern wie Erdöl, Erdgas und Uran. Die Maghreb-Staaten und die Mitglieder der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft können diese Rohstoffe liefern. Wenn Europa sie kontrolliert und kalkulierbar importieren möchte, dann muss die Region stabil bleiben. Oben genannte Gruppen werden die Region weiterhin destabilisieren, bis sie ihre religiösen Überzeugungen durchgesetzt haben, Machtteilhaber werden und/oder am Rohstoffexport mitverdienen. Deswegen sucht die EU nach Mitteln, die Aufständischen bestenfalls zu inkludieren, schlimmstenfalls, sie zu unterdrücken, zu vertreiben, zu töten. Ein Ausbildungseinsatz in Mali könnte so ein Mittel sein, wir wissen es nicht genau, auf jeden Fall müsste er durch zivile Maßnahmen begleitet werden. Möglicherweise würde damit auch die Zahl der Flüchtlinge nach Europa reduziert.

Das ist natürlich sehr verkürzt dargestellt. Aber wenn ich mit dieser Argumentationskette nicht falsch liege, dann dürfte deutlich werden, dass die „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ nicht ganz so verteidigungspolitisch sind, wie sie wirken möchten. Die sicherheitspolitische Kommunikation der Bundesregierung liegt zu offensichtlich im Widerspruch zur sicherheitspolitischen Praxis. Damit gebe ich keine moralische Wertung ab. Ich stelle jedoch fest, dass diese Diskrepanz sowohl der emotionalen, als auch der rationalen Begründung des militärischen Dienstes schadet. „Wir. Dienen. Deutschland.“ ist zwar eine sehr gelungene Zusammenfassung. Der Begriff „Dienen.“ umfasst jedoch nicht die Jagd auf Wüsten-Terroristen, das wäre unglaubwürdig, wohl aber die Sorge darum, dass die deutsche (und die europäische, was letztlich nicht zu trennen ist) Wirtschaft durch Energiesicherheit konkurrenzfähig bleibt, wir also unseren Wohlstand und unsere Handlungsfähigkeit erhalten. Wir müssen es nur zugeben.

Hinweis:
Offenbar konkretisiert sich der Einsatz der EU. Thomas Wiegold hat ein paar Zahlen dazu.