Achtung Computer

Ist bestimmt nur Zufall, dass die Bundeswehr heute das Thema Electronic Warfare zur Titelgeschichte ihrer Website macht, während Spiegel Online über eine Datenpanne berichtet, der – leider, leider – sämtliche Geheimberichte aus vier Jahren Auslandseinsätzen zum Opfer gefallen sind. Das muss man dann wohl elektronisches friendly fire nennen.

Wem zu Ehren eigentlich?

Einen vermutlich unbeabsichtigten Hinweis darauf, wem mit dem geplanten Ehrenmal der Bundeswehr gedacht werden soll, liefert Dietmar Buse, Redakteur der aktuell – Zeitung für die Bundeswehr. In der Ausgabe 24 vom 18. Juni 2007 schreibt er im Editorial u.a. „Wenn Mitte 2008 das Ehrenmal auf dem Gelände des Bendlerblocks stehen wird, ist ein Zeichen gesetzt. Ein Zeichen übrigens, das noch nach Jahrzehnten mit dem Namen Jung verknüpft sein wird, meint Dietmar Buse.“

Glücklicherweise stehen mittlerweile alle militärische Laufbahnen auch Frauen offen, sonst könnte Mann statt „Für Frieden, Recht und Freiheit“ ja „Nur für Jung(s)“ draufschreiben. 

Panzer hurra

Glaubt man den Blog-Einträgen von Christian Thiels und Thomas Wiegold wünscht sich das deutsche Heer einen neuen Panzer. Und der Inspekteur des Heeres wünscht sich eine intensivere Diskussion über den Einsatz der Bundeswehr. Was er dabei vergisst: der Panzer ist die richtige Metapher für die Kommunikation der Bundeswehr, und Panzer sind – wie soll ich sagen – irgendwie unkommunikativ. Wenn also nach den neuen Panzern noch etwas Geld übrig ist, könnte man es ja mal in Kommunikation investieren, anstatt die Mittel hierfür – wie im Fall von bwtv – zu streichen. Es müssen ja nicht gleich wieder 800.000 für Kienbaum zu sein, deren Konzept Truppeninformation 2000 eher Rohrkrepierer als Kracher war. Und bitte, bitte: kaufen Sie bei Kraus Maffei nur den Panzer und nicht die Videos dazu, denn das ist ein wirklich ein unglaublicher Mist.

Willkommen in der Arena

Ab jetzt wird zurückgesendet. Thomas Wiegold hat die Web-Seite des ehemaligen Inspekteurs Streitkräftebasis, Hans- Heinrich Dieter gefunden, und was dort zu lesen ist, zeigt nicht nur, was erfahrenen Offizieren passiert, wenn sie quasi ad hoc am Nasenring durch die Medienarena geführt werden, sondern auch, warum die Organisation Bundeswehr im Vergleich zur Organisation Regierung kommunikativ so schwach ist. Vor allem aber zeigt sie, dass Dieter dringend professionelle Hilfe braucht, wenn er nicht in der Ecke der Verschwörungstheoretiker landen will.

Dieter versucht, seine Sicht der Dinge auf seine Entlassung und die seines Kameraden Ruwe durch Verteidigungsminister Jung zu schildern. Anstatt sich aber auf eindeutige Kernaussagen zu fokussieren, bedient er sich unterschiedlicher Stilformen, die er nicht beherrscht und lässt echte und kaum unkenntlich gemachte Personen in einem Drama fast Shakespear´schen Ausmaßes auftreten, ohne auch nur annähernd so begabt zu sein, wie der Dichter aus Stratford. Die Konsequenz: eine klare Botschaft dringt nicht durch. Was tatsächlich oder vermeintlich passiert ist, ist extrem schwer nachzuvollziehen, das Publikum wendet sich ab.

Was Dieter offenkundig nicht weiß, ist, dass er (immer noch) einen Wahlkampf führt, den er schon einmal verloren hat und auch wieder verlieren wird, weil es eben nicht darum geht, wer Recht hat oder nicht, sondern darum, wer die Regeln der Arena am besten beherrscht. Insofern teilt Dieter das Schicksal seines ehemaligen Ministers, der sich ebenfalls – allerdings von Schäuble – zu Beginn seiner Amtszeit hatte vorführen lassen müssen. Dass darüber hinaus die neue Führungsmannschaft vermutlich der Meinung war, einmal im Bendlerblock ordentlich durchkärchern zu müssen, um von eigenen Schwächen abzulenken, hat Dieter auch noch nicht gemerkt. Stattdessen machen er, und seine Dramatis Personae die frustrierende Erfahrung, dass sie mit ihrer naiven Rechtschaffenheit keine Chance haben, den Löwen zu entkommen, geschweige denn sie zu besiegen.

P.S. auch bei mir hat sich der Wehrbeauftragte schon mal für mein Vertrauen bedankt. Danach war es auch weg.

Und das so was von sowas kommt …

… hieß eine Zeile in Nenas 99 Luftballons. Woher es kommt, dass die Zustimmung der Bevölkerung zu den Auslandseinsätzen sinkt, versucht Ernst-Christoph Meier, Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr (SOWI) in einem Interview mit dem Bundeswehrwehrmagazin Y. zu erklären. Ursache der „Kommunikationsprobleme“ seien vor allerm das niedrigere Interesse der Bürger an Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik und die Medienberichterstattung.

Kein Wort findet sich in dem Interview dazu, dass eventuell das Kommunikationsmanagement der Bundeswehr und des Verteidigungsministeriums, zu diesem Sachverhalt in einem ursächlichen Verhältnis stehen könnte. Aus wissenschaftlicher Perspektive ist das eine doch sehr dünne Aussage. Ebenso dünn übrigens wie die jüngsten Publikationen (und auch die älteren) des SOWI im Hinblick auf die Bedeutung von Kommunikation und Kommunikationsmanagement in einer Medien- und Wissensgesellschaft, denn es kommt einfach nicht vor.

Auch bei der ebenso wie das SOWI in Strausberg angesiedelten Akademie für Information und Kommunikation der Bundeswehr (AIK) sieht es nicht viel besser aus. Dort ist zwar Anfang 2007 das Buch Netzwerk Kommunikation in Zeiten der Krise erschienen, aber schon der Klappentext verrät, dass hier vor allem die psychologische Sichtweise etabliert wird. Und in der gesamten Schriftenreihe der AIK finden sich ebenfalls nur Sammelbände ohne überzeugende theoretische Fundierung, mit Ausnahme bspw. der Arbeiten, die im Umfeld der TU Ilmenau entstehen.
Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, dass in der zentralen Ausbildungsstätte der Bundeswehr für Presse- und Jugendoffiziere kein eigenständiger Begriff von Kommunikationsmanagement existiert. Damit stellt sich unmittelbar die Frage, auf welcher Grundlage die Ausbildung der Soldatinnen und Soldaten erfolgt. Andererseits erscheint es auf einmal sehr plausibel, warum die Bundeswehr mit schöner Regelmäßigkeit in kommunikative Fettnäpchen tappt.

Sehr lesenswert – vor allem auch für die Kommunikationsverantwortlichen der Bundeswehr – ist deshalb auch der Beitrag von Martin Löffelholz für die aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ , in dem er sehr gut die Rahmenbedingungen und Anforderungen sicherheitspolitischer Kommunikation darstellt.

Netzwerkzentriertes Trauerspiel?

Einen hervorragenden Kommentar zur Diskussion um das geplante Ehrenmal hat Stefan Reinecke für die taz geschrieben. Er bringt nicht nur den Diskussionsunwillen des Ministers auf den Punkt, sondern hält auch eine Information bereit, die, wenn sie zuträfe, ein extrem geschmackloses Detail darstellte: eine elektronische Liste der Toten. Innerhalb der guten und sehr informativen Unterlagen, die das Ministerium zusammengestellt hat, kann ich das nicht verifizieren. Wenn das wirklich geplant sein sollte, dürfte die digitale Informationskette in der Netzwerkzentrierten Operationsführung zukünftig wirklich bis zum bitteren Ende reichen. Wer hierzu mehr weiß, ist herzlich eingeladen, es zu sagen.

Aber auch die verifizierbaren Fakten hinterlassen bei mir ein schales Gefühl. Michael Forster hat in seiner Stellungnahme bereits die Einfallslosigkeit der Entwürfe insgesamt kritisiert. Diese Kritik teile ich grundsätzlich. Noch mehr stören mich aber zwei andere Aspekte: zum einen wird mir bei der Referenz der Außenhülle auf die (meine?) Erkennungsmarke körperlich schlecht. Jetzt könnte man sagen, toll, die Architektur wirkt. Allerdings ist die Erknnungsmarke für mich als Reserveoffizier aber nicht das Symbol für meinen möglichen Tod im Einsatz für Deutschland, sondern schlicht ein pragmatisches Instrument der Kriegslogistik, das – so meine Prognose – zukünftig durch RFID-Chips ersetzt werden wird. Hat sich der Herr Professor hier eventuell allzu sehr von den pathetischen Momenten von vor allem US-amerikanischen Spielfilmen, in denen Erkennungsmarken dog tags (Hundemarken) heißen, etwas übermäßig beeinflussen lassen?

Das andere Detail liefert erneut Thomas Wiegold. Er beschreibt, welch aufwändiges Verfahren ihm vorgeschlagen wurde, um nur die Baustelle fotografieren zu dürfen. An anderer Stelle hatte ich bereits darauf hingewiesen, den Minister an seiner eigenen Forderung zu messen, das Ehrenmal öffentlich und zugänglich zu machen. Das bedeutet insbesondere keine psychologischen Barrieren aufzubauen. Wer aber schon vor dem Beginn der Bauphase versucht, das Fotografieren zu verbieten, wird einen langen Weg zurücklegen, um sich selbst mental so vorzubereiten, diese nötige Offenheit zukünftig zu zu lassen. Denn nur so wird das Ehrenmal zum öffentlichen Gedenkort. Und welche Wirkung davon ausgehen könnte, zeigt bereits eine kleine Suche nach dem Begriff Vietnam Memorial auf Flickr. Daran sollten sich die Entscheider in der Regierung ein Beispiel nehmen – und das Ehrenmal vor dem Reichstag errichten. Und zwar ohne Hundemarken und nach einer neuen öffentlichen Diskussion un deinem neuen Wettbewerb.

Marine auf großer (Kamera-)Fahrt

Kamerafahrt nennt man bei Film und Fernsehen eigentlich, wenn die Kamera sich bewegt und dabei filmt. Ein gutes Beispiel ist, wie Michael Ballhaus Michelle Pfeifer in den Fabelhaften Baker Boys auf dem Flügel liegend und singend umkreist.

Aufregende Bilder können wir auch, dachten sich die Staatsbürger-in-Uniform-Journalisten der Bundesmarine. Dank Thomas Wiegold können wir nun auch den Links zu google video folgen und aus zwei Kameraperspektiven (einer objektiven Totale und einer subjektiven Nahaufnahme) sehen, wie Schiffe versenken in echt aussieht.

Das Schönste daran ist, dass sich offensichtlich niemand ernsthaft verletzt hat. Aus der Perspektive des Bendler-Blogs ist aber vor allem interessant, dass diese Aufnahmen dokumentieren, dass auch die Bundeswehr die Kontrolle über ihren Content und den Kontext verloren hat. Genau damit habe ich mich recht intensiv in meiner Master Thesis beschäftigt. Mein Vorschlag: zum Corporate TV der Bundeswehr (wie jeden anderen Unternehmens auch) gehören insbesondere auch die Bilder, die andere machen. Und die richtige Strategie, damit umzugehen ist, massiv eigene Bilder zu produzieren und zu publizieren, denn nur so besteht überhaupt die Chance, die eigene Position zu vertreten.

So lange aber im Ministerium die Gelder für bwtv gekürzt werden, die Einsatzkameratrupps zum Filmen staubiger Straßen eingesetzt werden sowie Offiziere und zivile Angestellte, die meinen, man könne Plattformen wie YouTube kontrollieren oder verbieten, die Diskussion über die Kommunikation der Bundeswehr bestimmen, hoffe ich, dass noch viele Soldatinnen und Soldaten ihre persönlichen Aufnahmen veröffentlichen. Denn das ist genau der richtige Weg, den Außenstehenden ein Bild von der Truppe nahe zu bringen und die Diskussion um die Rolle der Bundeswehr in und für unsere Gesellschaft weiter zu entwickeln und die Position der kommunikativen Vordenker innerhalb der Organisation zu stärken.

Sag jetzt nichts

Wie heiligendämlich es aussieht, wenn die Bundeswehr ihren Soldaten nicht sagt, was sie sagen sollen, hat der Sender der Gipfelgegner dokumentiert. Nun ist es zwar so, dass man davon, wovon man keine Ahnung hat, besser schweigen sollte, aber meines Erachtens gehört in die Marschverpflegung der amtshelfenden Soldaten nicht nur eine zusätzliche Packung Hartkekse, sondern auch die Aufklärung darüber, warum sie das tun, was sie tun sollen.

Embedded in Heiligendamm

Das nenne ich doch mal effiziente Amtshilfe der Bundeswehr. Weil es den „Infantrie-Kräften“ der Demonstranten spielend leicht gelang, die Versorgungslinien des Gipfels zu unterbrechen, kamen auch Journalisten nicht ohne weiteres zum Tagungsort. Die Bundesmarine ist zwar klein, aber fein, und selbst wenn viele Schiffe für den Einsatz fern der Heimat nicht wirklich taugen, als Journalistentransporter sind sie ohne Frage geeignet. Eine echte Win-Win-Situation, wie es neudeutsch heißen würde. Die Journalisten kommen dahin, wo sie wollen, und die Bundeswehr macht in friedlichen Gewässern erste Erfahrungen mit „Embedded Journalism“. Außerdem in der Ausbildung durch Amtshilfe inbegriffen: ein Grundkurs Portraitfotografie für Soldaten.

Auf einmal 2 Male

Nach dem die Diskussion um ein Ehrenmal für die im Ausland ums Leben gekommenen Bundeswehrsoldatinnen und – soldaten nun hoffentlich langsam in Tritt kommt, schlägt Friedbert Pfüger (CDU) im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 4. Juni (im Netz nur für Abonnenten) nun vor, zwei Male zu errichten. Eines auf dem Gelände des Verteidigungsministerium, das andere in der Nähe des Reichstags. Das eigentlich interessante des Artikels von Eckart Lohse ist für mich allerdings, das er kurz die Anfänge der Idee eines Ehrenmals darstellt. Schaut man hier genauer hin, wird deutlich, dass vermutlich von Anfang an keine Debatte gewollt war. Vor allem keine, die diejeningen miteinschließt, die es am meisten betrifft – Soldaten und Angehörige.
Recherchiert man auf den Webseiten des Verteidigungsministeriums findet sich die Idee des Ehrenmals erstmals in einer Rede anlässlich der Übergabe der Meisterbriefe der Kreishandwerkerschaft Kassel. Nicht wirklich ein nationales Großereignis, das geeignet wäre, eine Diskussion anzustoßen. Und die Formulierung „Daher beabsichtige ich, ein öffentlich zugängliches Ehrenmal als Ort der Trauer für die Angehörigen in Berlin zu errichten“ ist ein deutlicher Hinweis, dass hier ein Denkmal befohlen werden soll und nicht diskutiert. Auch ein Namensartikel in der Zeit vom 29.6.2006 betont nicht die Notwendigkeit einer Diskussion sondern begründet nur den bereits gefassten Entschluß.

Die gleiche Verkündigungshaltung offenbart sich auch in der internen Kommunikation. So findet sich beispielsweise im gesamten über das Internet zugänglichen Jahrgang 2006 der wöchentlichen aktuell – Zeitung für die Bundeswehr gerade mal ein Hinweis auf das Thema. In der Ausgabe 9 vom 6. März 2006 lässt sich Jung zitieren: „Die Bundeswehr und unsere Gesellschaft schulden denjenigen, die hierfür (Frieden und Freiheit) ihr Leben lassen unser ehrendes Gedenken. Aus diesem Grund lasse ich derzeit die Errichtung eines zentralen Ortes des Gedenkens prüfen.“

Vermutlich ist es – neben dem politischen Kalkül der Beteiligten – genau diese Politik der vollendeten Tatsachen, die den ernsthaft an einer demokratischen Diskussion über das Verhältnis von Bundeswehr und Gesellschaft Interessierten momentan sauer aufstösst. Davon abgesehen zeigen sich hier für mich exemplarisch die Defizite in der Kommunikationskultur der Bundeswehr und ihrer politischen Führung. Um die Akzeptanz für die Bundeswehr in der Gesellschaft unter den veränderten Rahmenbedingungen der modernen Medienwelt aufrecht zu erhalten, muss diese sich grundsätzlich wandeln. Weg von einseitigen Beschlüssen über die Köpfe der Betroffenen hinweg, hin zu einem kritisch-konstruktiven Dialog.

Und für den Standort des Ehrenmals sollten genau die Kriterien gelten, die Minister Jung selbst formuliert hat: es sollte öffentlich und zugänglich sein. Das bedeutet, dass keinerlei Zugangsbarrieren bestehen sollten – seien sie auch noch so klein. Als Denkmodell helfen mir da die trauernden Angehörigen. Während am Ministerium die Befehlsgewalt (also die Verantwortlichen) noch sehr konkret sind, und es Überwindung kosten kann, in deren Nähe zu sein, hat das Parlament eindeutig mehr Aufgaben als das BMVg, so dass hier deutlich weniger emotionale Barrieren bestünden. Und wenn dann doch die Entscheidung für einen Standort am Ministerium fallen sollte, wäre es das mindeste zu verlangen, hier einen Zugang ohne Einlaßkontrolle anzulegen.