Auf meine Anfrage zu einer Veranstaltung während des 34. Evangelischen Kirchentages in Hamburg, erreichte mich heute via Twitter folgende Stellungnahme:
„Der Kirchentag lebt ganz viel von freiwilligem und ehrenamtlichem Engagement, daher ist es manchmal nicht ganz so leicht bestimmte Verantwortliche und Ansprechpartner zeitnahe zu erreichen.
Der Podiumsgast Dr. Helge Höllmer, Bundeswehr-Psychologe, ist Soldat. Die Projektleitung hat sich aus zwei Gründen dafür entschieden, ihn aufs Podium zu holen, weil 1. es deutlich werden sollte, dass die Traumata keine Einzelschicksale sind, die man als solche abtun kann, sondern ein Phänomen, das so häufig ist, dass es gesellschaftlich wahrgenommen werden sollte und 2. um verschiedene Ausformungen der Folgen von Auslandseinsätzen darstellen zu können, denn der Arzt kann aus der Praxis über mehrere Fälle sprechen. Außerdem werden viele Soldaten im Publikum sein und sie sind eingeladen, sich an der Diskussion mit dem Publikum zu beteiligen, wenn sie das möchten.“
Die Stellungnahme bringt meines Erachtens ein zentrales Dilemma des Umgangs mit Soldaten und insbesondere Veteranen auf den Punkt. Statt mit Soldaten zu sprechen, spricht man über sie. Und statt die Perspektive des Soldaten zu hören, wählen die Veranstalter die Perspektive des Arztes, der über Soldaten als Objekte seiner Expertise spricht, statt einen Rahmen zu schaffen, in dem Soldaten als Subjekte über ihr Erleben sprechen. Die Veranstaltung ist damit Teil des Elitendiskurses über Krieg und Gewalt, dessen systematische Entkopplung von den Akteuren die Probleme, über die wir sprechen müssen, erst erzeugt. An der damit verbundenen Asymmetrie ändert auch die Einladung an die Soldaten im Publikum, sich zu beteiligen nichts. Im Gegenteil: Sie verfestigt sie. Damit bleibt alles beim alten. Der Krieger wird exkommuniziert. Auf die Kirche kann er nicht vertrauen. Es bleiben ihm die Götter.