Nur falls sich jemand fragt, wie hart die Ausbildung in der Bundeswehr wirklich ist: ab sofort wird nicht mehr geschliffen, sondern nur noch gefeilt.
Archiv für den Monat: November 2014
Armee im Aufbruch – Audiomitschnitt der Podiumsdiskussion am 25.11.2014
Gestern, am 25.11.2014, stellten in der Offizierheimgesellschaft der Universität der Bundeswehr in Hamburg die Herausgeber des Buches „Armee im Aufbruch – Zur Gedankenwelt junger Offiziere in den Kampftruppen der Bundeswehr“ ihr Werk erstmals öffentlich vor. Nach einer Festrede von Brigadegeneral Volker Barth folgte die Podiumsdiskussion „Quo vadis? – Anforderungen an den jungen militärischen Führer“ bei der neben Stabsfeldwebel Jan Hecht, dem Bundestagsabgeordneten Winfried Nachtwei und Dr. Klaus Naumann vom Hamburger Institut für Sozialforschung auch ich mitwirken durfte.
Zum Nachhören stelle ich unter diesem Link einen Audiomitschnitt der Veranstaltung zum Download ein. Wer sich die Aufzeichnung im Browser anhören möchte, versuche das bitte über meine Profilseite auf mixlr, einem Tool, das ich gestern entdeckt habe, und mit dessen Hilfe wir über ein iPad die Diskussion live gestremmt haben. Ich bitte, die schwankende Tonqualität zu entschuldigen. Wir haben die Aufzeichnung spontan improvisiert.
Zum Lesen und (Mit)Lernen
Am 7. November 2014 biete ich auf Einladung des Studiengangs Management und Medien an der Universität der Bundeswehr in München einen Workshop zur Organisationskommunikation an. Was ich mir inhaltlich vorgenommen und welche Aufgaben ich den Studierenden vorab gestellt habe, steht in der folgenden Präsentation. Wer mag, kann sich das gerne anschauen und mitdiskutieren. Anregungen nehme ich gerne in den Kommentaren oder via Twitter entgegen und bringe sie dann am Freitag in die Diskussion im Workshop ein.
Fundstück – Als die Bundeswehr mal echtes Spitzenpersonal in der Online-Kommunikation beschäftigte
Eine echte Kuriosität hat der geschätzte Kamerad Frank Eggen ausgegraben. Oder wer hätte geahnt, dass Lars Hinrichs, einer der erfolgreichsten deutschen Internet-Unternehmer und unter anderem Gründer des Netzwerks Xing im Jahr 1996 Teil der ersten Internet-Redaktion der Bundeswehr war? Hier kommt der Beweis.
Das Foto zeigt auch, welche Bereicherung die derzeit ausgesetzte Wehrpflicht für die Truppe bedeutete. Von einigen auf ein billiges Rekrutierungsinstrument reduziert, waren es in meiner Erinnerung insbesondere auch Wehrpflichtige, die immer wieder neue Impulse in den Dienstalltag einbrachten, das Bestehende hinterfragten und trotz der ein oder anderen Widrigkeit dafür sorgten, dass man nicht selbstgefällig wurde.
In diesem Zusammenhang noch eine kleine Anekdote, bei der ich mir inzwischen selbst nicht mehr sicher bin, ob ich sie mir einbilde. Es war irgendwann um die Jahre 1999/2000 als wir in der Video-Redaktion der 2. Kompanie des Bataillons für Operative Information die Bewerbung eines Wehrpflichtigen erhielten, der eine ganz außergewöhnliche Biographie hatte und seinen Wehrdienst unbedingt bei uns absolvieren wollte. Aus welchen Gründen das dann nicht klappte, weiß ich nicht mehr, aber es waren bestimmt gute. Auf jeden Fall drehte Florian Henckel von Donnersmarck im Jahr 2005 „Das Leben der Anderen.“ Ein Glück, dass wir ihn auf diesem Weg nicht aufgehalten haben.
Recht, eigentümlich
Im November 2012 veröffentlichte die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) rund 5.000 Seiten aus den sogenannten Unterrichtungen des Parlaments (UdP), mit denen das Bundesverteidigungsministerium den Verteidigungsausschuss des Bundestages über die Einsätze der Bundeswehr informiert. Die Dokumente umfassen den Zeitraum 2005 bis 2012. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Ein Ziel der Veröffentlichung war es, die Berichte durch „Crowdsourcing“, also die Mitarbeit vieler Helfer zu komplettieren und auszuwerten. Ein anderes, selbstverständlich nicht ausgesprochenes Ziel war die Selbstinszenierung des damaligen Leiters des Investigativressorts der WAZ, David Schraven, denn der Neuigkeitswert der UdP ist doch schon recht überschaubar, wie unter anderem Thomas Wiegold treffend festgestellt hat. Insgesamt scheint mir das Projekt im Sinne der eigentlichen Ziele auch gescheitert, denn seit der Erstveröffentlichung sind keinerlei neue Erkenntnisse entstanden. Auch ist es nicht wirklich gelungen, die „Crowd“ zu aktivieren.
Dessen ungeachtet hat das Verteidigungsministerium in einem Anfall von Kollerkommunikation die WAZ unter Verweis auf das Urheberrecht im April 2013 darauf verklagt, die Dokumente zu depuplizieren. Nun, rund 1 1/2 Jahre später liegt ein erstes, noch nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Köln vor, dass dem Verteidigungsministerium Recht gibt und dem sich unter anderem Thomas Wiegold ausführlich widmet. In dem Urteil, das die UdPs unter den Schutz des Urheberrechtes stellen würde, heißt es unter anderem:
„Zwar werden in den UdP Fakten und tatsächliche Gegebenheiten wiedergegeben, so dass ein Schutz der inhaltlichen Informationen als Sprachwerk ausscheidet. Die Schutzfähigkeit der von der Klägerin in ihrem Antrag in Bezug genommende Texte ergibt sich aber nach den vorstehenden dargestellen Grundsätzen aus der Darstellungsform der Texte. (…) Die streitgegenständlichen UdP weisen nämlich einen hinreichenden Grad an geistiger Schöpfungshöhe auf. Wie die Beklagte selbst ausführt, folgen sämtliche UdP einem bestimmten Aufbau, wobei zunächst die politische Lage in dem jeweiligen Bundeswehreinsatzgebiet, sodann die Bedrohungslage und schließlich die Missionsbeteiligung der Bundeswehr dargestellt werden. (…) Die persönliche geistige Schöpfung ergibt sich dabei gerade aus der systematisierten und denknotwendig teilweise verkürzenden Aufbereitung der Sachinformationen, die einheitlich in allen UdP einem bestimmten Konzeptionsmuster folgt und auch visuell angepasst ist.“
Außerdem urteilte das Gericht, dass es der Arbeit der WAZ-Redaktion an „referierenden Ausführungen“ fehle, so dass die Veröffentlichung der Dokumente auch nicht als zulässiges Zitat gelten könne. „Das Wesen des Zitats ist dadurch gekennzeichnet, dass dem eigenen Werk erkennbar fremde Werke oder Werkteile hinzugefügt werden. Das Zitat darf demgegenüber nicht die Hauptsache des aufnehmenden Werkes darstellen. (…) Die Hinzufügung darf auch nicht allein zum Ziel haben, dem Endnutzer das übernommene Werk leichter zugänglich zu machen.“
Auf mich wirkt das anachronistisch. Obwohl ich das mit der Veröffentlichung verbundene Storytelling unangemessen finde, liegt meines Erachtens seitens der WAZ eine eigenständige journalistische Leistung vor, die durchaus als Blaupause für das Besondere des Online-Journalismus oder besser gesagt für Journalismus in Zeiten des Internets gelten kann. Konkret geht es mir darum, dass erst das Internet eine neue Form der Kontextualisierung von Dokumenten wie den UdP ermöglicht. Die durch die WAZ bereit gestellte Rahmung schafft zum Einen eine neue Perspektive auf den Textkorpus. Zum Anderen aber setzt diese Rahmung gleichzeitig voraus, dass der gesamte Korpus zugänglich sein muss. Auch, weil erst dadurch eine partizipative Nutzung auf Grundlage einer gemeinsamen Quellenbasis möglich ist. Insofern erscheint mir hier weniger die Auslegung des Gesetzes durch das Landgericht Köln das grundsätzliche Problem zu sein, als vielmehr das Urheberrecht selbst, das nach meinem juristischen Laienverstand beurteilt, diesen Fall gar nicht vorsieht.
Was meint Ihr?