Au weia – Propaganda?

Ich nehme ja für mich in Anspruch, mich in der Kommunikationsarbeit der Bundeswehr recht gut auszukennen, aber wenn das stimmt, was Steffen Hebestreit während meines Urlaubs ausgegraben und in der Berliner Zeitung veröffentlicht hat, hat der Presse- und Informationsstab der Bundeswehr nun ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. „Dubiose Seminare der Bundeswehr“ überschreibt Hebestreit seinen Artikel. Es geht um Seminare, die eine Young Leaders GmbH im Auftrag der Bundeswehr organisiert hat. Zielpublikum der Jugendpressekongresse sind Nachwuchsjournalisten, und die Bundeswehr berichtet auch freimütig über diese Veranstaltungen, beispielsweise bei treff.bundeswehr, der Jugendcommity der Bundeswehr. So weit, so gut und auch transparent. Wo also könnte das Problem liegen?

Problematisch könnte sein, dass es Hinweise darauf gibt, dass die Bundeswehr ihre Rolle bei der Ansprache potentieller Teilnehmer bewusst verschleiert hat. So schreibt Hebestreit: „Einladungen für solche Seminare seien „nur durch den Auftragnehmer auszusprechen“, von einem „Bundeswehr-Seminar“ dürfe nicht die Rede sein.“ Es wäre wünschenswert, dass Hebestreit die entsprechenden Dokumente der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, denn hier ist der Anfangsverdacht gegeben, dass die Bundeswehr bewusst gegen einschlägige PR-Kodizes und Richtlinien verstoßen hat. Ich werde daher den Deutschen Rat für Public Relations bitten, in dieser Sache zu ermitteln.

Wie wichtig Transparenz für den Erfolg von Organisationen und Unternehmen ist, arbeitet schon seit einigen Jahren Dr. Volker Klenk von der Agentur Klenk&Hoursch heraus. „Erfolgsfaktor Transparenz“  hat die Agentur ihre Themenseite überschrieben. Es würde mich nicht wundern, wenn dort demnächst das Verteidigungsministerium als schlechtes Vorbild auftauchen würde. (Hinweis: Volker Klenk war  Geschäftsführer der Agentur Cohn&Wolfe in Frankfurt, bei der ich 2001 meine ersten Schritte in der PR machte. Ich kenne ihne also persönlich, und ich habe viel von ihm gelernt.)

Das Verteidigungsministerium wäre gut beraten, die entsprechenden Vorgänge rückhaltlos aufzuklären, um weitere Reputationsschäden zu vermeiden und das nötige Vertrauen zurückzugewinnen.

Nachtrag: Die Zusage von Ministeriumssprecher Stefan Paris, diese Praxis zu beenden, ist dabei ein erster richtiger und notwendiger Schritt, aber nicht hinreichend, um aufzuklären, warum sich diese Praxis überhaupt etablieren konnte. Hier wären mehr als nur symbolische Konsequenzen angebracht.

Interessant dürfte in diesem Zusammenhang auch sein, an welchen Auftragnehmer die Durchführung der Jugendpressekongresse in den kommenden Jahren vergeben werden wird. Um die entsprechende Ausschreibung konnten sich Anbieter bis zum 15. Mai 2011 bewerben.

Weitere Berichterstattung zu den fragwürdigen Seminaren der Bundeswehr:

– „Bundeswehr schießt Geld zu“ taz.de vom 18.7.2011

– „Klartext: Die Bundeswehr hat keinen Respekt vor uns“ Spreewild vom 25.7.2011

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