Was ist gut in Afghanistan? – Online-Petition in der Mitzeichnung

„Nichts ist gut in Afghanistan.“ Mit dieser Aussage hat die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann Anfang dieses Jahres eine heftige öffentliche Diskussion über den deutschen Afghanistan-Einsatz ausgelöst. Die Debatte fokussierte sich dabei vor allem auf das militärische Engagement. Die Aktivitäten der anderen am Afghanistan-Einsatz beteiligten Ressorts der Bundesregierung blieben unbeachtet.

Heute, knapp fünf Monate und einen auf der Afghanistan-Konferenz in London beschlossenen Strategiewechsel später, ist das Thema Afghanistan wieder von der öffentlichen Agenda verschwunden und taucht vor allem immer dann auf, wenn deutsche Soldaten verwundet oder getötet werden. Es verwundert nicht, dass laut einer aktuellen Allensbach-Umfrage fast die Hälfte der Bundesbürger einen bedingungslosen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan fordert.

Warum das so ist, darüber gibt es verschiedene Meinungen. Auffällig ist jedoch, dass es Bürgerinnen und Bürgern bislang kaum möglich ist, sich aus einer Hand, transparent, einfach und nachvollziehbar über den Einsatz zu informieren – und zwar nicht nur den militärischen sondern insbesondere auch den polizeilichen und zivilen Anteil. Mein Vorschlag: Bevor wir über die Frage diskutieren, ob nichts in Afghanistan gut ist, sollten wir darüber diskutieren, was dort überhaupt ist.

Aus diesem Grund habe ich vor drei Wochen die nachfolgende Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht:

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, die Bundesregierung zu verpflichten, Parlament und Öffentlichkeit vierteljährlich sowohl in öffentlicher Sitzung des Bundestages als auch schriftlich in Form eines Afghanistan-Reports über die Ziele, Erfolge und Misserfolge des deutschen Engagements in Afghanistan zu informieren.

Begründung

Im Anschluss an die Londoner Afghanistan-Konferenz im Januar 2010 hat die Bundesregierung in einem Dokument mit dem Titel „Auf dem Weg zur Übergabe in Verantwortung“ konkrete Ziele für das deutsche Engagement in Afghanistan benannt. Angesichts des eingesetzten Personals und Materials, der strategischen Bedeutung des Einsatzes und insbesondere der laut Meinungsumfragen hohen Ablehnung des Einsatzes in der Bevölkerung, besteht ein hohes öffentliches Interesse an einer kontinuierlichen Berichterstattung über und Evaluierung des Engagements. Die vier für den Einsatz federführenden Ministerien – Außenministerium, Verteidigungsministerium, Innenministerium und Entwicklungshilfeministerium – stellen bislang jedoch keine Materialien zur Verfügung, die es insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, sich aus einer Hand, transparent, einfach und nachvollziehbar über den Einsatz zu informieren.

Darüber hinaus wäre eine solche kontinuierliche Information ein wesentliches Instrument, um die Leistungen der deutschen Staatsbürger im Einsatz (Polizisten, Wiederaufbauhelfer, Soldaten) anzuerkennen und zu würdigen, insbesondere da sich die Berichterstattung der Leitmedien vor allem auf negative Ereignisse fokussiert.

Ein mögliches Vorbild für eine entsprechende Information durch die Bundesregierung sind die vierteljährlichen Berichte der kanadischen Regierung unter dem Titel „Canada’s Engagement in Afghanistan – Quarterly Report to Parliament“, die für jedermann über die Webseite der kanadischen Regierung und als Druckschrift verfügbar sind.

Wer die Petition unterstützen möchte, kann das bis zum 8.7.2010 unter folgendem Link tun:

https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=11678

Das Besondere: Wenn mehr als 50.000 Menschen die Petition mitzeichnen, wird über sie im Regelfall im Petitionsausschuss öffentlich beraten. Der Petent wird zu dieser Beratung eingeladen und erhält Rederecht.

Die einzige Voraussetzung dafür ist, sich auf der Webseite des Bundestages zu registrieren:
https://epetitionen.bundestag.de/index.php?PHPSESSID=3e14fdb3da3d6aab946c33e626a4e3b5&action=register

Unabhängig davon, wie viele Menschen die Petition mitzeichnen: Das Ergebnis wird ein Zeichen dafür sein, ob wirklich freundliches Desinteresse der Bürgerinnen und Bürger der Grund dafür ist, dass das Thema Afghanistan bislang eher in kleinen Kreisen diskutiert wird. In diesem Sinne freue ich mich über eine weite Verbreitung dieses Appells.

7 Gedanken zu „Was ist gut in Afghanistan? – Online-Petition in der Mitzeichnung

  1. Petition ist gut, aber reicht der Adressat? Die Regierung stellt doch nur Infos über den Nordbereich da. Besser wäre doch die NATO, die den gesamen Part im Blick hat. Beste Beispiele: Köhler und Merkel beschränkten sich bei ihren letzten AFG Reisen nur auf die Durchhalte-Truppenbesuche. Waren nicht in Kabul bei Karzai, um über Gesamtafghanistan zu debattieren. Ausserdem bringt es nichts über den Krieg in Nord-AFG zu berichten, wenn es dagegen im Süden viel härter zur Sache geht.

  2. Als Bürger habe ich zunächst einmal das Interesse, zu erfahren, was meine Regierung tut, den nur so können wir in Deutschland eine fundierte Diskussion führen. Deshalb halte ich auch den kanadischen Ansatz für vorbildlich.

    Die NATO hat – wie die EU – keine Telefonnummer. Die Bundesregierung schon bzw. den Bundestag, der ihre Arbeit kontrolliert. Es wäre viel gewonnen, wenn diese Petition erfolgreich ist. Auch, weil die NATO ein Militärbündnis ist, wir aus der deutschen Perspektive das Thema ressortübergreifend diskutieren müssen.

  3. Warum eigentlich nur bzgl. Afghanistan? Wäre es nicht ebenso sinnvoll, auch über die anderen Einsätze einen Bericht zu verlangen? Gerade bei so unscheinbaren Missionen wie UNIFIL, KFOR oder EUFOR in Bosnien-Herzegowina fände ich es sinnvoll, denn diese binden immer noch viel Geld und viele Kräfte, wobei ihr sicherheitspolitischer Nutzen nicht (oder nicht mehr) zu sehen ist. Insofern wäre es sinnvoll zu wissen, was dort überhaupt noch gemacht wird. Vielleicht auch, damit die Entbehrungen und Leistungen der dort stationierten Soldaten nicht in Vergessenheit geraten.

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