Ja, ja, ich weiß, Brillenträger schlägt man nicht, und irgendwann muss es auch mal gut sein damit, andere zu hänseln. Aber: Ich bin schwach, ich kann nicht anders. Ich kann den Ball nicht einfach auf dem Elfmeterpunkt liegen lassen, wenn der Torwart gerade auf dem Klo ist. Ich muss ihn reinschießen. Das ist zwar allenfalls einen Kleingewinn an der großen Internet-Aufmerksamkeits-Losbude wert – wenn überhaupt – aber mir fehlt einfach die Zeit und Lust am fragend-entwickelnden, konstruktiv geführten Unterrichtsgespräch.
Wer hier mitliest weiß, die Akademie für Information und Kommunikation der Bundeswehr veranstaltet Ende Juni ein Symposium mit dem klingenden Namen Govermedia. Das ist gut, richtig, wichtig und ein bisschen hellt sich mein kritischer Blick auf das Programm auf, wenn ich sehe, dass nun Anke Domscheit auf dem Abschlusspodium zur Zukunft der Behördenkommunikation mitdiskutieren soll. Auch, dass Michael Rotert eingeladen ist, um am ersten Tag über das Leitmedium Internet zu sprechen, zeigt eine späte Bewegung in die richtige Richtung.
Warum aber diese Bewegung so schwer ist, zeigen exemplarisch zwei Beiträge, welche die AIK nun in dem Bereich ihrer Veranstaltungswebseite veröffentlicht hat, der unter dem Navigationspunkt „Social Media“ die Bezeichnung „Blog“ zugedacht wurde. Mit Datum vom 17.5.2010 erwartet uns unter der Überschrift „Pressemitteilung“ nicht etwa die Pressemitteilung, sondern ein Link auf die Presseseite der Veranstaltung, wo dann die Nachricht zu finden ist, dass die AIK ein Symposium veranstaltet – inklusive eines Links zum Download der Pressemitteilung als PDF. Das klingt nicht nur kompliziert, sondern ist in der Nutzung des Mediums mindestens zwei Lichtjahre von den Themen entfernt, die die professionelle Kommunikationsbranche diskutiert, wie beispielsweise dem Für und Wider so genannter Social Media Newsrooms. Am 18.5.2010 erfolgt der – in der Tat – lohnenswerte Hinweis auf die Märzausgabe der Zeitschrift „Politische Meinung“, die sich mit dem Thema „Politische Kommunikation in der digitalen Gesellschaft“ befasst. Allerdings hätte ich mir hier etwas Einordnung und gerne eine Meinung eines Menschen erwartet, zumindest aber auch den Hinweis, dass dies eine Publikation der Konrad Adenauer Stiftung ist. Um es kurz zu machen: Social Media heißt nicht, pflichtschuldig alle verfügbaren Kanäle abzuarbeiten und ihnen einen Menupunkt zuzuweisen. Hier gilt: Wenn man nichts zu sagen hat, einfach weglassen, tut auch nicht weh. Wenn aber Social Media, dann richtig.
Nachrichten finden ihr Publikum
Die gute Nachricht: Nachrichten finden ihr Publikum dennoch. So schrieb mir ein Pressearbeiter der Bundeswehr, dass er über den Bendler-Blog erstmals vom Symposium erfahren habe – ein altbekannter Effekt der unter anderem in dem Satz „Wenn Siemens wüsste, was Siemens weiß“ verdichtet wurde. Und vielleicht findet sich gerade hier ein Ansatzpunkt, um dem Publikum der Veranstaltung einen zusätzlichen Mehrwert zu schaffen.
Die konkrete Frage an das werte Publikum dieses Blog lautet daher: Was möchten Sie wissen?
Oben genannter Pressearbeiter würde beispielsweise mehr über das folgende Thema erfahren:
Wie gehen Behörden in den Social Media mit dem Legalitätsproblem um, d.h. wie stelle ich sicher, dass die Statements, die auf Twitter, Facebook usw. gepackt werden, auch rechtlich abgesichert sind, handelt es sich doch immerhin um eine offizielle Stellungnahme von staatlichen Institutionen?
Antworten bitte gerne in den Kommentaren oder per Mail. Ich leite das dann weiter. Vielleicht lassen sich ja so Teilnehmer an spontanen Break-out Sessions in Strausberg finden, die gerne über inhaltliche Fragen diskutieren.
Linkliste Government 2.0
Dem, der sich dagegen für das Selbst- und Fernstudium interessiert, seien einige Links empfohlen, die sich hier in den vergangenen Tagen in den Kommentaren angesammelt haben.
Von Anke Domscheit stammt der Hinweis auf das Government 2.0 Netzwerk Deutschland.
Oben genannter Pressearbeiter der Bundeswehr fand persönlich Govloop hilfreich.
Ich finde die Projekte der Agentur Zebralog im Bereich Teilhabe ganz interessant.
Nicht fehlen dürfen natürlich nicht Netzpolitik.org, politik-digital.de und abgeordnetenwatch.de.
Für den ersten Einstieg sollten diese Seiten und natürlich die Links auf diesen reichen, um zu sehen, wie sich eine vielfältige und blühende Landschaft vor den Augen des interessierten Betrachters entfaltet. Warum das den Kollegen in Strausberg bislang noch nicht so gegangen ist oder wer sie daran gehindert hat, werden wir hoffentlich demnächst diskutieren. Und damit hat das Nachtreten auch ein Ende, denn dafür gibt es eigentlich „Rot“.
Wichtiges Thema – bedauerlich, dass Ihre Themenführung sich nahezu ausschließlich auf Ihre persönliche Betroffenheit und anklingende Selbstüberhebung reduzieren lässt. Liegt es daran, dass Sie nicht zur Teilnahme auf dem Podium oder als Vortragender eingeladen wurden?
Nein. Worüber möchten Sie mehr erfahren während des Symposiums? Und wer fehlt auf der Linkliste?
Social Media und Absendermodus: M.E. laufen derzeit bereits Gerichtsverfahren mit der Zielrichtung, dass kommerziell betriebene Twitteraccounts auch mit Impressum nach Telemediengesetz ausgewiesen werden müssen, so wie andere Websites auch. Somit werden SM aus Unternehmens/Org-Sicht ein Vertriebskanal von Informationen unter vielen (natürlich mit den jeweiligen typischen Stilmitteln).
Danke Thomas. Vertiefendes zum Thema Social Media und Recht gibt es unter anderem bei Henning Krieg (http://www.kriegs-recht.de/) und Thorsten Feld (http://www.feldblog.de/?p=482). Trotz der martialischen Namen (Kriegs-Recht und feldblog) sind das völlig zivile und lesenswerte Blogs sowie sicherlich interessante Gesprächspartner.
Diese Petition (https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=11926) ist auch interessant und zumindest diskussionswürdig 😉