PR und Ethik

Diese Woche beschließen wir mit einem Randthema, das uns aber unmittelbar in die Mitte der Berufspraxis führt. Zunächst ein paar Fakten: In Deutschland haben sich professionelle Kommunikatoren in verschiedenen Berufsverbänden organisiert. Als da u.a. wären, die Deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG) – ich bin dort Mitglied-, der Bundesverband Deutscher Pressesprecher (BdP) und die Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA). Diese Verbände sind – gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung (degepol) – Träger des Deutschen Rates für Public Relations, der sich als Organ der freiwilligen Selbstkontrolle der in Deutschland tätigen PR-Fachleute versteht.

Die Verbände und auch der Rat beschäftigen sich, wie das eben so ist, gerne mit sich selbst. Ein angekündigtes Vorhaben des DRPR, nämlich ein Regelwerk für die Kommunikationsarbeit im Internet und/oder Social Web zu veröffentlichen und dabei auch seine Spruchpraxis auf Blogger auszudehnen, sorgte für einige Diskussionen. An diesen beteiligten sich u.a. der PR-Berater Tapio Liller, der Geschäftsführer der PR-Agentur talkabout, Mirko Lange, und der Geschäftsführer der Agentur Johanssen + Kretschmer, Heiko Kretschmer, letzterer neben anderen Verbandsfunktionärsposten auch als Ethikbeauftragter der degepol qua Amt Mitglied des DRPR – und natürlich der BendlerBlogger.

Die Hauptkampflinie der Diskussion lässt sich vielleicht so beschreiben: Während der DRPR und bspw. auch Kretschmer sich für alle professionelle Kommunikatoren, ob sie nun Verbandsmitglied sind, oder nicht, für zuständig erklären und sie seiner Spruchpraxis unterwerfen will, stehen einige dem eher skeptisch gegenüber und plädieren dafür, erst einmal in den Diskurs mit Bloggern und anderen einzusteigen, bevor ein Rat von fragwürdiger Relevanz und Zuständigkeit eigenmächtig Richtlinien erlässt.

Eine weitere Perspektive bringen der zu jedem guten Raufhändel bereite PR-Profi Klaus Kocks und der emeritierte Münsteraner Professor Klaus Merten ein. Deren Position lässt sich grob wie folgt zusammenfassen: Pressesprecher dürfen lügen und der DRPR gehört abgeschafft. Das legen sie nicht nur wesentlich umfassender sondern auch auf wesentlich anspruchsvollerem Niveau dar, als ihre Kontrahenten aus dem DRPR und der DPRG, der Kocks sogar ausgeschlossen hat. So weit, so für Insider amüsant, aber weit von den Fragen der sicherheitspolitischen Kommunikation entfernt.

Jetzt aber, man glaubt es kaum, stellt der Kundus-Untersuchungsausschuss eine überraschende Nähe her. Folgt man einem Beitrag auf Spiegel Online „wurde deutlich, dass der Pressesprecher des damaligen Ministers Franz-Josef Jung (CDU) eigenmächtig diese Linie (das es keine zivilen Opfer gegeben habe) vorgegeben hatte, ohne dies mit den Militärs abzustimmen. Jung musste Ende November als Arbeitsminister zurücktreten, da er entgegen seiner öffentlichen Aussagen de facto früh von zivilen Opfern gewusst haben musste.“ (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,684437,00.html)

Aus einer professionellen Sicht halte ich diese Strategie für falsch, denn es war damit zu rechnen, dass gegensätzlich Fakten bekannt werden würden. Aus der Logik des Verteidigungsministeriums und mit Blick auf die bevorstehenden Bundestagswahl ist das Vorgehen jedoch nachvollziehbar. Dieses Verhalten folgt damit auch der von Kocks und Merten propagierten Linie, dass Pressesprecher lügen dürfen bzw. müssen. Und was mich in diesem Zusammenhang grundsätzlich interessieren würde ist, wie der DRPR und der BdP in diesem Zusammenhang das Verhalten ihres Präsidiumsmitgliedes Dr. Thomas Raabe bewerten. Meine Position ist klar: Der Mann verdient ein Lob, weil er das wesentliche Ziel erreicht hat, Aufgabe voll erfüllt. Wenn der BdP aber der bisherigen DRPR-Linie folgt und der Sachverhalt den Informationen des Spiegels entspricht, müsste er Raabe ebenso ausschließen, wie es die DPRG mit Kocks getan hat – oder der DRPR nimmt sich endlich der Aufgabe an, eine tragfähige PR-Ethik zu entwickeln, anstatt PR für PR zu machen und die Öffentlichkeit fortwährend zu täuschen.

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