Eine neue neue Chance – Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen

Die CDU geführten Bundesregierungen haben in den vergangenen Jahren konsequent versäumt, Bundeswehr und Gesellschaft auf die veränderten Rahmenbedingungen der Außen- und Sicherheitspolitik einzustellen. Die geplante Bestellung von Ursula von der Leyen zur Bundesministerin der Verteidigung wird daran vermutlich nichts grundsätzlich ändern. Zu groß und komplex ist der Berg von halbherzigen Reformen, gescheiterten Rüstungsprojekten und fehlgeleiteten Missionen, die ihre Vorgänger der neuen Ministerin hinterlassen haben. Dennoch, gerade hier liegt eine neue neue Chance, denn im Unterschied zu ihren Vorgängern weiß Frau von der Leyen, dass sie ihre Machtansprüche nur wird durchsetzen können, wenn sie sich den Aufgaben und vor allem den Menschen wirklich zuwendet und sie nicht, wie Thomas de Maizière und Karl-Theodor zu Guttenberg, nur als Projektionsfläche für Eitelkeiten missbraucht.

Aus Kommunikationssicht dürfte interessant sein, ob von der Leyen ihren langjährigen Vertrauten Jens Flosdorff mit in den Bendlerblock bringt. Angesichts des Wechsels des BMAS zur SPD dürfte sein Abgang beschlossene Sache sein. Unabhängig davon dürfte eine der ersten Aufgaben der neuen Ministerin sein, das Verhältnis des Hauses zur Hauptstadtpresse wieder zu normalisieren. Pressechef Stefan Paris und sein Stellvertreter Kapitän Christian Dienst waren im vergangenen Jahr hauptsächlich damit beschäftigt, so genannte Sprechererklärungen zu formulieren. Die Beziehungsarbeit blieb dabei auf der Strecke. Statt dessen prägte ein beleidigter Unterton die Erklärungen. Über den Sinn einer solchen Kommunikationsstrategie sowie PR-Highlights wie die Lügen-Kampagne nach dem Kundus-Bombardement und das Drohnen-Desaster wird Dienst künftig angeblich als Kommandeur der Akademie für Information und Kommunikation der Bundeswehr in Strausberg nachdenken dürfen. Der Titel der Einrichtung klingt bedeutend. Die Impulse, die in den vergangenen Jahren aus dem Einödstandort in Brandenburg kamen, waren überschaubar.

Ein weiterer Schwerpunkt für von der Leyen wird vermutlich die Umsetzung und vor allem die Vermittlung der Reform der Bundeswehr nach Innen sein. Sie wird sich sehr genau ansehen, welche der Säcke von de Maizière wirklich zu sind und welche neu geschnürt werden müssen. Bleibt es beim zweijährigen Rhythmus, werden wir spätestens im Herbst 2014 auf der Bundeswehrtagung etwas dazu hören. Gespannt darf man darauf sein, welche Rolle dabei einer der engsten Mitarbeiter von der Leyens in den vergangen Jahren spielen wird. Frank-Jürgen Weise, Chef der Arbeitsagentur, war maßgeblich für die zumindest nach Außen hin erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik mitverantwortlich. Als Leiter der Bundeswehr-Strukturkommission und Oberst der Reserve, mit Einplanung im NATO-Stab in Brüssel, bringt er die optimale Mischung aus Nähe und Distanz mit, um gegebenenfalls sogar in einer offiziellen Rolle zu wirken. Auf jeden Fall aber könnte er zu einem wichtigen Berater der Ministerin werden, auch mit Blick auf das Verhältnis zur (Rüstungs)Industrie.

Weitere – auch kommunikative Baustellen – werden die Veteranenpolitik sein, bei der von der Leyen dringend auf die Verbände zugehen sollte und vor allem die Bearbeitungszeiten der Entschädigungsanträge drastisch verkürzen muss sowie die Nachwuchsgewinnung. Bei beiden Themen könnte sich die Ministerin durch ihre verbindliche und konsequente Art recht schnell profilieren und gleichzeitig substantielle Verbesserungen bewirken. Dann dürften auch die zahlreichen Kritiker, die ihre Frauenfeindlichkeit derzeit nur mühsam hinter dem Scheinargument der angeblich fehlenden Fachkompetenz von der Leyens verstecken, rasch verstummen. Auch ihnen bietet sich dann eine neue neue Chance – zu schweigen.

 

10 Gedanken zu „Eine neue neue Chance – Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen

  1. Man kann nur hoffen, dass Frau von der Leyen sich nicht von den gleichen schlechten Leuten beraten lassen wird, welche schon in den letzten Jahren ihr Unwesen im BMVg treiben durfen.
    Ich denke, dass „neue“ Medienkonzept, welches uns die Reform eingebracht hat, könnte eine weitere Reform vertragen. Gut wenn der Kapitän im Presse- Infostab „das Schiff, dass er immer wieder gegen den Eisberg gesteuert hat“ endlich verlässt und vielleicht der Nachfolger aus dem „Scherbenhaufen“ noch etwas funktionales aufbauen kann. Es sind viel Zeit und viele Steuergelder verschwendet worden und das Leuchturmprojekt Zentralredaktion steht immer noch schlecht da. „Kompetenz“ sieht anderes aus! Wird Zeit, dass sich was ändert und Frau von der Leyen da etwas bewegen kann!

  2. Ich habe 1976/77 meinen Grundwehrdienst abgeleistet und bin somit nach Meinung vieler Menschen qualifizierter für die Leitung des BMV als Frau vdL. Was natürlich Quatsch ist. These 1: In den letzten 10-20 Jahren hat kein Minister das Ministerium in Griff gekriegt, der selber Soldat gewesen war. Struck, der nie beim Bund war, war ein hervorragender Minister. Warum? Er war ein guter Manager, eine hervorragende Führungspersönlichkeit, hatte politischen Erfahrung und politischen Instinkt und war ein guter Kommunikator. Voila, das sind die Eigenschaften der vdL.
    These 2: Das Ministerium ist in dem schlechten Zustand, WEIL es bisher Männer geführt haben. GERADE eine Frau mit den Fähigkeiten der vdL wird hier für Ordnung sorgen können.
    Anmerkung: Ich war gestern Abend schockiert darüber, wie viele links-liberale Menschen frauenfeindliche Klischees verwenden, wenn es gegen eine ungeliebte CDU-Frau geht.

  3. Welche Fähigkeiten soll Uschi denn genau haben?

    Don´t get me wrong, ich würde gerne eine kompetente Person, Geschlecht egal, in diesem Ministerium gehen. Aber Uschi? Die selbe, die in 8 Jahren als Ministresse nichts, aber auch gar nichts, auf die Reihe gebracht hat?

  4. Danke für diese unaufgeregte, sachliche Analyse, die sich wohltuend selbst von der Tagesschau („eine siebenfache Mutter hat es in diesem Haus noch nicht als Ministerin gegeben“ – warum, um GOTTES WILLEN, ist das WICHTIG?) absetzt und Baustellen klar benennt, ohne direkt in Untergangsszenarien zu verfallen… (am selben Tag haben die USA übrigens den ersten weiblichen und gleichzeitig auch noch afroamerikanischen Vier-Sterne-Admiral benannt, da hab ich keine Tsunami-Welle von Misogynie gesehen…).

    Und danke auch für „Dann dürften auch die zahlreichen Kritiker, die ihre Frauenfeindlichkeit derzeit nur mühsam hinter dem Scheinargument der angeblich fehlenden Fachkompetenz von der Leyens verstecken, rasch verstummen. Auch ihnen bietet sich dann eine neue neue Chance – zu schweigen.“ Es ist gruselig zu sehen, wie so viele Leute im 21. Jahrhundert noch glauben, es sei völlig legitim, ihre sexistische Kackscheiße durchzuziehen und wie wenige Leute sich dazu berufen fühlen, dem einen Riegel vorzuschieben.

  5. Genau. Wer sagt, dass Uschi keine Ahnung hat, ist ein Sexist. Chapeau, Marlene, so schiesst man natürlich jede Diskussion über Kompetenz direkt ins All.

    • „Wer sagt, dass Uschi keine Ahnung hat, ist ein Sexist.“

      Ihre Wortwahl entlarvt Sie. Hätten Sie „von der Leyen“ und „Ministerin“ geschrieben, hätte man es als ernsthaftes Argument lesen können. Bei „Uschi“ (Verkleinerungsform, Kosename) und „Ministresse“ (ins Lächerliche ziehen) bleibt eigentlich nur eine Interpretation.

  6. Ganz wunderbar Ihre Einschätzung zum Kommunikationsdesaster der letzten Jahre. Preisfrage: wieviele Minister wurden in der Pressearbeit Dienst-lich verschlissen? Freu Dich AIK, nun ist wirklich „Scherz-Ende“. Da kann Frau vdL nur reüssieren!

  7. Ich finde hier sollten noch einige mehr eine neue Aufgabe bekommen. Einige sollten sogar gar keine Aufgabe mehr bekommen. Ich habe das Gefühl im BMVg überwacht ein Referat das andere beim ganztags Kaffee. Ich fürche jedoch das auch die Ursel eingenordet wird und sich auch einnorden lässt, wenn sie noch Kanzlerin werden möchte. Ansonsten wird dieser Apparat sie ganz schnell fallen lassen. Und für jeden Klugmeier, ja ich habe 3 Sätze mit ich angefangen 🙂

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