Kanonenfutter und Diskurshoheit

Die Partei DIE LINKE ist bundeswehrkritisch. Das ist nichts Neues. Dennoch oder gerade deshalb muss man ihr dankbar sein, bietet sie den handelnden Akteuren in der sicherheitspolitischen Kommunikation umfassend und kontinuierlich die Chance, sich zu professionalisieren. Allein: Diese nutzen die Chancen nicht – umfassend und kontinuierlich. Stattdessen bietet die Bundesregierung der Partei DIE LINKE lieber die Chance, sich zu profilieren. Damit überlässt die Bundeswehr, erneut, einem ihrer schärfsten Gegner die Diskurshoheit.

Aktuelles Beispiel: Eine Anfrage zu den Werbeausgaben der Bundeswehr, veröffentlicht als Bundestags-Drucksache 17/9211. Ausweislich des DIP, dem Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge hat die Bundesregierung, federführend das Bundesverteidigungsministerium, diese Anfrage am 27.04.2012 in der Bundestags-Drucksache 17/9501 beantwortet. Allerdings hat offenkundig weder das federführende Bundesverteidigungsministerium noch die Bundesregierung erwogen, diese Antwort auch zu veröffentlichen oder kommentierend einzuordnen.

Das wiederum nutzt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, um der Geschichte ihren eigenen Dreh zu geben. „Die Bundeswehr wirbt immer aggressiver um Kanonenfutter“ tönt es aus Berlin. Als Beweis ihres Argument gilt Jelpke, dass die Bundeswehr ihreAusgaben für die Personalwerbung im Jahr 2011 verdoppelt und im Jahr 2012 nochmals auf nun 13,7 Millionen Euro erhöht habe. Viel Geld könnte man meinen, aber im Vergleich zu den US-Streikräften Peanuts. Diese investieren jährlich rund 667 Millionen Dollar in Werbung. Wollte die Bundeswehr, umgerechnet auf ihre Personalstärke ähnlich viel ausgeben, so müsste sie rund 67 Millionen Euro in den Einzelplan 14 einstellen.

„If you pay peanuts, you get monkeys“, lautet eine anglo-amerikanische Spruchweisheit. Man könnte diese angesichts des Dilettantismus der für diese Episode verantwortlichen Bundeswehr-Kommunikatoren aber auch umformulieren: „If you have monkeys, pay them peanuts“, was wiederum ein ganz besondere Form des Kanonenfutters wäre.

Ja, ich weiß, damit mache ich mir – mal wieder – keine Freunde. Und: Ich werde alles zurücknehmen und das Gegenteil behaupten, wenn mir jemand plausibel erklärt, warum man auch dieses Thema mal wieder verbaselt hat.
Nachtrag:

Wer, wie Thomas Wiegold, nett bei der Fraktion DIE LINKE nachfragt, bekommt nicht nur eine Antwort, sondern auch die Dokumente. (Zur Erinnerung: Das Bundesverteidigungsministerium spricht nicht mit Bloggern, mit mir schon gar nicht.) Kommunikationsmanagement kann DIE LINKE also im Unterschied zu ihren (un)kommunikativen Kontrahenten im Bendlerblock.

Antwort Bundesregierung auf kleine Anfrage zu Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit BT 17 – 9211

Anlage 1 Antwort Bundesregierung auf kleine Anfrage zu Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit BT 17 – 9211

Anlage 2 Antwort Bundesregierung auf kleine Anfrage zu Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit BT 17 – 9211

Anlage 3 Antwort Bundesregierung auf kleine Anfrage zu Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit BT 17 – 9211

Anlage 4 Antwort Bundesregierung auf kleine Anfrage zu Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit BT 17 – 9211

Anhang 5 Antwort Bundesregierung auf kleine Anfrage zu Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit BT 17 – 9211

Interessant bei einem schnelle Blick über die Zahlen sind, neben der bekannten – und mit Blick auf die Zielgruppe richtigen – Großinvestition in die Medien Bild und Bild am Sonntag, die Ausgabenschwerpunkte in und um Berlin sowie rund 190.000 Euro für die Sender der RadioCom S.W. GmbH im Großraum Rheinland-Pfalz.

7 Gedanken zu „Kanonenfutter und Diskurshoheit

  1. Die Linkspartei ist nicht „bundeswehrkritisch“, sondern bundeswehrfeindlich. Frau Jelpke ist z.B. in der Vergangenheit mit der RAF-Terroristin Inge Viett aufgetreten, wo ganz ergebnisoffen über das „Abfackeln“ von Bundeswehrfahrzeugen nachgedacht wurde. Zudem arbeitet die Partei eng mit dem autonomen Spektrum zusammen, dass u.a Flugblätter wie dieses verbreitet:
    http://einstellung.so36.net/de/1602

    In der Vergangenheit hat die Partei zur Störung von Veranstaltungen der Bundeswehr an Schulen aufgerufen und mutmaßlich versucht, dafür Zeiten und Orte von Veranstaltungen zu beschaffen:
    http://dokumente.linksfraktion.net/drucksachen/23953_1707157.pdf

  2. Ah deswegen läuft bei BigFM die Bundeswehrwerbung rauf und runter und sonst hör ich sie nirgends z.B. bei den öffentlich-rechtlichen.

  3. @Christian
    Über den zwangsgebührenfinanzierten Staatsfunk dürfte man die Zielgruppe nicht erreichen, denn dort hört bzw. schaut ja eher der ältliche Bevölkerungsteil zu.

  4. @Delta
    ähhm ist gibt da noch „DASDING“ (SWR) der die selbe Zielgruppe wie „BigFM“ hat. Und auch fast das selbe Sendegebiet. In NRW gibts da ausserdem noch „1LIVE“ (WDR).

    P.S. Hör ich halt mit 23 „zwangsgebührenfinanzierten Staatsfunk“ für alte Säcke. Ist mir lieber als das dummschwätz Programm von……

  5. Die BW arbeitet aus irgendwelchen Gründen wohl eher mit privaten zusammen, siehe TdM in Kandahar. Ist aber auch egal solange die Zielgruppe erreicht wird.
    Und da sind RLP und Berlin ja die richtigen Regionen.
    Nicht umsonst will TdM mehr Rekruten aus Süddeutschland, wird sie aer dort weniger finden.
    Und als Rheinlandpfälzer kann ich sagen dass es hier eben kaum Industrie gibt, und die Landesregierung es auch hinnimmt wenn viele Leute pendeln um Arbeit zu haben, solange sie die Sozialleistungen bezahlen kann. Und da es hier immer noch sehr viel BW Kasernen gibt und noch mehr gab ist die Truppe relativ gut angesehen und ein attraktiver Arbeitgeber.
    Es wäre wünschenswert wenn vieles in der BW so zielführend wäre wie die Personalwerbung…

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