Pragmatischer Realismus

Oh, der vergangene Monat muss arbeitssam gewesen sein. Ich habe nicht im Bendler-Blog gebloggt, dafür hat der BendlerBlogger andernorts kommentiert und diskutiert – online wie im Real-Life. Das gute an solchen Pausen ist: Sie verschaffen die Gelegenheit, ein paar der längeren Linien zu erkennen, beziehungsweise das, was man dafür hält. Meine Bewertung: In die sicherheitspolitische Diskussion scheint derzeit ein pragmatischer Realismus einzukehren. Eine Entwicklung, die durchaus im Sinne von Thomas de Maizière ist, womöglich sogar entscheidend durch ihn geprägt wird, was sich an den folgenden Themen zeigt.

1. America the Great

Damals, als zu Guttenberg das K-Wort sprach, war die mediale Aufregung groß, dabei war das, was der damalige Minister sagte, nur eine Bestätigung des Offenkundigen. Als Thomas de Maizière vor zwei Wochen die Strategieunfähigkeit deutscher Sicherheitspolitik im Kontext des geplanten Abzugs aus Afghanistan auf den Punkt brachte, rührte sich kaum etwas – oder habe ich eine Analyse überlesen? „Alles hänge davon ab, was die USA entschieden“, formuliert die Redaktion von ZDFheute. Ja, das ist so. Wir leben konsequent die Westbindung und die einzige Frage, über die die Bundesregierung entscheidet – und über sich die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr Gedanken machen müssen – ist, ob, wo und wie Deutschland bei den Expeditionen der USA mitschießt.

2. Verwaltungsrepublik Deutschland

Im gleichen Maße wie die deutsche Regierung im internationalen Kontext strategieunfähig ist, ist es das Verteidigungsministerium im deutschen Kontext. Der richtigen Forderung, das Ministerium nach Berlin zu verlegen, folgte heftiger Gegenwind aus Bonn. Die kommunikative Aufgabe de Maizières und seines Reformstabes wird es also sein, so zu tun, als bliebe bei der Reform alles so, wie es ist, während quasi in Guerilla-Manier die relevanten Entscheidungen hanstreichartig umgesetzt werden. Helfen könnte dabei die unter anderem hier bei Thomas Wiegold dokumentierte Bräsigkeit der Wehrverwaltung, die Jahre brauch, um Strickmützen zu beschaffen.

3. Veteranen

Die Geschichte der politischen Führung des Militärs könnte dereinst auch als Geschichte der nachholenden Anerkennung geschrieben werden. War es Franz-Josef Jung, der sich irgendwann nicht mehr dagegen wehren konnte, von Gefallenen zu sprechen, ohne auch noch den letzten Rest von Glaubwürdigkeit in der Truppe aufs Spiel zu setzen, profilierte sich sein Nachfolger zu Guttenberg auch dadurch, dass er das, was Soldatinnen und Soldaten seit Jahren in Afghanistan erlebten, nun auch so nannte, wie sie: Krieg. DeMaiziere nun greift nun ein weiteres Thema auf, und spricht von Veteranen.Das ist nicht zuletzt ein Erfolg der Menschen, die sich seit Jahren außerhalb der etablierten Zirkel dafür einsetzen, dass Soldatinnen und Soldaten für das Besondere, das sie leisten auch anerkannt und entsprechend versorgt werden, allen voran die „Truppe“ des „Bund Deutscher Veteranen“ um Andreas Timmermann-Levanas.

Und sonst:

Zeigt das Militärhistorische Museum, dass es möglich ist, einen eigenständigen Internet-Auftritt umzusetzen, ohne dass die Wiedererkennbarkeit leidet. Es bleibt zu hoffen, dass die Teilstreitkräfte es schaffen, sich in gleicher Weise optisch vom Ministerium zu lösen. (Und über den beim MHM integrierten Facebook-Button diskutiert derzeit sicher die Rechtsabteilung des BMVg mit Frau Eigner und Herrn Weichert).

Gleichzeitig hat der Konvent der Universität der Bundeswehr in München in einem für deutsche Offiziere (noch) ungewohnten Akt souveräner Selbstbehauptung entschieden, Martin Böcker als Chefredakteur der Uni-Zeitschrift Campus im Amt zu belassen. Mehr als Patrick Bahners in der gedruckten FAZ dazu geschrieben hat, muss derzeit nicht gesagt werden.

17 Gedanken zu „Pragmatischer Realismus

  1. Leider erliegt Fr. Niehuss auch im aktuellen Fall der Versuchung, ihren Kritikern impliziert zu unterstellen, sie seien nicht demokratisch. Zitat Süddeutsche: „Die Uni-Präsidentin Niehuss kommentierte den Beschluss so: „Diese Entscheidung anzuerkennen, gehört zu meinem demokratischen Selbstverständnis.“

    Die Tatsache, dass das ganz selbstverständliche Einhalten von Grundregeln von Frau Präsidentin zum Ausdruck ihres angeblichen „demokratischen Selbstverständnisses“ hochstilisiert wird, ist bezeichnend. Zuvor hatte sie gegen diverse Grundregeln verstoßen, wofür die Konsequenzen noch ausstehen. Und wie „demokratisch“ es ist, in Kooperation mit verfassungsschutzlich beobachteten Linksextremisten Schutzbefohlene in der Öffentlichkeit zu denunzieren, wohl in der Hoffnung, damit Debatten über unangenehme Themen künftig zu verhindern? Das Vertrauen in die Präsidentin ist zerstört nachdem sie zahlreiche Gelegenheit zur Rücknahme ihrer unhaltbaren Denunziationsversuche hat verstreichen lassen, und ihr Rücktritt die einzige sinnvolle verbliebene Option.

    Bezeichnend auch die Sprache der Süddeutschen: „Böcker hat selbst zugegeben, „rechts“ zu sein…“. In was für einem Land leben wir eigentlich, wenn eine konservative Positionierung im Verständnis von Qualitätsjournalisten allenfalls wie eine Straftat „zugegeben“ werden kann?

    Die zunehmende Kluft zwischen mehrheitlich immer noch konservativen (d.h. an traditionellen soldatischen Werten orientierten und dem Schutz dieses Landes verpflichteten) Offizieren und dem sich rasant nach links verschiebenden Rest der Gesellschaft könnte noch zum Problem werden. Prof. Wolffsohn hat ja bereits darauf hingewiesen, dass Personen mit der antimilitärischen Einstellung von Fr. Niehuss sich weiterhin zu Schade dafür sind, ihre Heimat mit der Waffe zu verteidigen. Wenn man die Verteidiger dann auch noch meint denunzieren zu müssen, wird man eines Tages Schwierigkeiten haben jemanden zu finden, der einem die unangenehme Verteidigungsaufgabe abnehmen will.

  2. @ Delta 0219

    Also Ihrer Meinung nach gibt es in unserer Gesellschaft nur zwei Gruppen: Die guten, weil konservativen Offiziere und den linken, miesen Rest.

    Nun, ich glaube zu wissen, dass nicht nur Ihre hochgelobten Offiziere Landesverteidigung betreiben – da gibt es doch noch andere Dienstgradgruppen?

    Und meine Mutter, 79 – kein Offizier und somit ja dem Rest der Gesellschaft angehoerend -, ist nicht links.

    Scheint also alles nicht ganz so einfach zu sein … sorry, aber solch ein Kommentar ist sehr sehr gewoehnungsbeduerftig.

  3. @SchreckStarr
    „Also Ihrer Meinung nach gibt es in unserer Gesellschaft nur zwei Gruppen: Die guten, weil konservativen Offiziere und den linken, miesen Rest. “

    Warum legen Sie mir etwas in den Mund, was ich nie gesagt habe?

    Unabhängig davon hat im vorliegenden Fall aber eine dezidiert antimilitärisch eingestellte Uni-Präsidentin, die selbst schon im SED-Blatt „Neues Deutschland“ publiziert hat, auf pflichtwidrige Weise in der Öffentlichkeit Druck auf Kameraden ausgeübt, weil diese zugelassen haben, dass in der Zeitschrift des Konvents auch konservative Positionen (beim Frauenthema im Pro/Kontra-Stil gleichwertig zur linken Position) geäußert wurden. Wie bringen Sie das mit den von der Präsidentin beschworenen Werten wie Toleranz und Meinungsfreiheit in Einklang? Und auf welcher Grundlage sollte die Präsidentin, die trotz ihrer Funktion offen gegen alles Militärische eingestellt ist und im ehemaligen SED-Kampfblatt publiziert, studierenden Offizierkameraden verbieten können, sich bejahend zu traditionellen soldatischen Werten zu äußern und dies auch in konservativen Publikationen wie der „Jungen Freiheit“ zu tun?

  4. @ Delta 0219

    Ich moechte Ihnen nichts in den Mund legen, sondern lese Ihre Beitraege – nicht nur in diesem Blog – aufmerksam. Aus meiner, natuerlich subjektiven Sicht erkenne ich, wie positiv Sie wertekonservativen Offizieren und negativ dem antimilitarischen, linken „Rest der Gesellschaft“ gegenueberstehen.

    Andere Gruppen, aus denen eine (unsere) Gesellschaft besteht, sprechen Sie nicht an.
    Weiterhin bemaengeln Sie im Artikel der SZ „zugegeben“, weil dies unzulaessig wertend sei. Sie allerdings sprechen u. a. von „denunzieren“ und „zu schade sein“. Ist das nicht wertend? In eine Ecke stellend? Verallgemeinernd?

    Ich kann nach wie vor in Ihrem Beitrag die Toleranz und Meinungsfreiheit Allen gegenueber nicht erkennen, die Sie bei der Praesidentin UniBw Muenchen einfordern.
    Nur darum ging es mir in meiner ersten Antwort.

    Den Sachverhalt um „Campus“ und das Handeln von Frau Prof. Dr. Niehuss moechte ich an dieser Stelle nicht bewerten, weil mir genuegend Hintergruende fehlen.
    Vielleicht sollten wir beide es hiermit gut sein lassen, um nicht zu sehr vom Thema „Pragmatischer Realismus“ abzuweichen?

  5. @Delta und SchreckStarr: Da ja offenbar niemand den pragmatischen Realismus kommentarwürdig findet, dürft Ihr gerne politisch diskutieren 😉

  6. @Sascha Stoltenow
    Wäre es denn keine politische Diskussion, wenn man näher darauf eingeht, ob es wirklich realistisch ist, die USA weiterhin als so entscheidend zu betrachten, dass man die eigene Politik ganz von ihnen abhängig macht? Wenn man sich diverse Zahlen anschaut, kann man auch zu anderen Schlussfolgerungen kommen, nämlich dass die USA langfristig eine immer geringere Rolle spielen und auf absehbare Zeit mit Problemen im Innern beschäftigt sein werden. Ihren Verweis auf „America the Great“ hatte ich diesbezüglich als Sarkasmus verstanden.

  7. P.S. Das BMVg hat im Fall Niehuss eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Präsidentin geprüft und erklärt, kein pflichtwidriges Handeln auf Seiten von Frau Niehuss erkannt zu haben. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Standards etwas angepasst wurden, damit sie auch die Quotenfrau erfüllt.

  8. @SchreckStarr
    „Ich kann nach wie vor in Ihrem Beitrag die Toleranz und Meinungsfreiheit Allen gegenueber nicht erkennen, die Sie bei der Praesidentin UniBw Muenchen einfordern.“

    Nein, ich bin gegenüber dem Verhalten der Präsidentin ausdrücklich nicht tolerant. Jemandem in der Öffentlichkeit implizit Nähe zu Neonazis zu unterstellen ist doch kein Diskussionsbeitrag, sondern ein Versuch zur charakterlichen und beruflichen Vernichtung. Glücklicherweise erhielten die betroffenen Kameraden genügend Unterstützung von Teilen der Professorenschaft. Was wäre aber geschehen, wenn es niemand gewagt hätte, sie zu unterstützen? Die Karrieren von drei Offizieren, die sich mehr als der Durchschnitt engagiert hatten und dabei stets nur das beste Interesse der Truppe im Sinn hatten, wären beendet gewesen, und auch zivil hätten sie wohl nur schwer Fuß fassen können.

    Was für eine Botschaft sendet die Führung jungen Offizieren durch solches Verhalten? Alles Gerede über „Attraktivität des Dienstes“, „Wir.dienen.Deutschland“, „Innere Führung“ und „Staatsbürger in Uniform“ wurde in diesem Fall exemplarisch als Heuchelei vorgeführt. Das Vertrauen vieler junger Offiziere in die Führung ist (nicht nur wegen dieses Falles) schwer erschüttert.

  9. @Delta: In Bezug auf die politische Diskussion ist die Lage womöglich noch ernster. Nach 20 interventionistischen Jahren ziehen sich die USA zu Recht etwas zurück. Die strategischen Defizite deutscher Außen- und Sicherheitspolitik werden dadurch nur deutlicher, und das in einer Zeit, die eher mehr als weniger Engagement in supranationalen Organisationen braucht (nicht nur militärisch).

    Mit Blick auf die Diskussionen an der UniBw München habe ich alles gesagt, was ich zu sagen habe, bis auf eines: Die jungen Kameraden erleben, das mit dem Primat der Politik auch eine Abhängigkeit von der politischen Kultur einhergeht, was in diesem Fall bedeutet, dass Führung politischer Parteien und Organisationen über Medien erfolgt.

  10. @ Delta 0219

    Natuerlich sind Sie der Praesidentin gegenueber nicht tolerant, das ist logisch aus Ihrer Sicht und deshalb habe ich mich auch nicht auf diesen Satz bezogen.

    Was mich stoert, sind Ihre sehr verallgemeinernden und wertenden Aussagen wie z. B. „… Personen mit der antimilitärischen Einstellung von Fr. Niehuss sich weiterhin zu Schade dafür sind, ihre Heimat mit der Waffe zu verteidigen.“
    Kennen Sie wirklich alle Gruende von Menschen, die Soldatinnen und Soldaten und militaerische Interventionen ablehnen? Sind diese Menschen tatsaechlich weniger Wert als Offiziere, von denen Sie besonders sprechen (Unteroffiziere und Mannschaften gibt es ja auch noch im Uebrigen)?

    In unserer Gesellschaft gibt es „anti-militaerische Personen“! Eben nicht Jede und Jeder ist konservativer Offizier und dem Schutze Deutschlands verpflichtet. Genau hier gilt es tolerant zu sein, genau das vermisse ich bei Ihnen und genau und nur diesen Punkt wollte ich anmerken.

    Trennung

    „Was für eine Botschaft sendet die Führung jungen Offizieren durch solches Verhalten? Alles Gerede über “Attraktivität des Dienstes”, “Wir.dienen.Deutschland”, “Innere Führung” und “Staatsbürger in Uniform” wurde in diesem Fall exemplarisch als Heuchelei vorgeführt.“

    Bitte vergessen Sie nicht, dass es auch (eigentlich moechte ich statt „auch“ „fast immer“ schreiben) Offiziere sind – meist der politischen und mil. Fuehrung der Bundeswehr nahestehende -, die eigenartige Ansichten zu InFue, Staatsbuergern in Uniform und der neuen Kernbotschaft haben. Ohne eine Frau Niehuss als Praesidentin UniBw MUC gehabt zu haben.

    Innere Fuehrung soll Handeln aus Einsicht ermoeglichen (ZDv 10/1, Nr. 107). Gibt es heute in der Bundeswehr nicht mehr so viel, wie es eigentlich sein sollte, weil vieles nicht mehr vermittelbar ist. Leider! Prof. Dr. Niehuss ist daran nicht schuld.

    Wo werden Standards u. a. auch angepasst, wenn es mal nicht um Quotenfrauen geht, sondern z. B. um Lagebilder oder um Beschaffungsvorhaben fuer die eigene TSK? Sind die Lagebilder wirklich immer so ungeschminkt fuer die Fuehrung aufbereitet (in der Regel von Offizieren fuer Offiziere, s. BMVg), wie es sein sollte? Sind Beschaffungsvorhaben immer frei von TSK-Duenkeln?

    Wer ist fuer das alles verantwortlich, wenn es nicht klappt? Wenn es nicht so ist, wie es sein sollte?
    Die Praesidentin UniBw Muenchen, die mit ihrer schlechten Fuehrung viele Jahrgaenge von Offizieren „auf dem Gewissen“ hat und die Offz. deshalb nicht mehr so wertekonservativ sind, wie sie sein sollten?

    Glaube ich eher nicht. Bin kein Freund der Praesidentin UniBw Muenchen und will sie nicht verteidigen.
    Ich moechte Ihrer Meinung, @ Delta 0219, aber eine weitere gegenueber stellen, weil Sie mir zu konservative Ansichten haben.

  11. Vielleicht ist „konservativ“ das falsche Etikett, denn was wäre denn zu bewahren in der Bundeswehr, deren Geschichte eng mit dem Konzept der Inneren Führung und nur eher lose mit dem des Kriegers verknüpft ist? Ich halte es für ebenso schwer wie unabdingbar, beides zu verbinden.

    Viele derjenigen, die konservativ genannt werden, wirken auf mich, als plädierten sie für eine Re-Formation zum status quo ante. Nur welcher soll das sein? Ich halte es für nahezu unmöglich, die historischen Streitkräfte als Organisationen aus ihrem politischen Kontext zu lösen, die soldatischen Leistungen aber sehr wohl.

    Diese Konstellation aber verdeutlich die fundamentalen Schwierigkeiten einer Identitätsbildung des Militärs und von Soldaten. Die möglichen Traditionen sind gleich zweifach kontaminiert – historisch und tagespolitisch. Ich bedauere das nicht, stelle nur fest, dass es kein einfaches Unterfangen ist.

  12. @ Sascha Stoltenow

    In allererster Linie gesunden Menschenverstand, Rueckgrat, Mut zur eigenen Stimme und dann noch Pragmatismus gilt es zu bewahren bzw. ueberhaupt zu foerdern.

    Dann bitte gerne konservative Werte, Traditionen und irgendwann hehre Worte wie Leben geben oder „… Dienen ist nobel und ehrenhaft …“ (BM in der SZ v. 29.06.11).

    (Meine das nicht so abwertend, wie meine Formulierung vielleicht erscheint, kann den letzten Absatz aber jetzt nicht in andere Worte kleiden)

  13. @Sascha Stoltenow, SchreckStarr
    Der Begriff „konservativ“ sorgt offenbar für Mißverständnisse. Ich wollte damit das Denken jener Soldaten beschreiben, die ihr Selbstverständnis an zeitlos gültigen Vorstellungen und soldatischen Idealen orientieren und nicht an den kommenden und gehenden Moden, wozu für mich auch „Gender Mainstreaming“ etc. zählt.

    Das Wesen des Konservativen macht es dabei aus, dass er seine zeitlose Rolle so gut wie möglich ausfüllen will. Jeder gute Arzt will z.B. sein Handwerk so vollkommen wie möglich beherrschen und so optimal wie möglich darauf vorbereitet sein, die Krankheit zu besiegen und seinen Patienten zu retten. Der konservative Soldat will m.E. letztlich nichts anderes, d.h. er will ein optimal gerüsteter und vorbereiteter Diener seines Volkes sein. Ihm gegenüber stehen Kräfte, die die Bundeswehr als Spielwiese für Gesellschaftspolitik betrachten und die Frage, ob sie im Ernstfall kämpfen kann, allenfalls als sekundär betrachten oder gar offen erklären, dass man gar keine einsatzfähige Bw will. Die Öffnung der Bundeswehr für Frauen wurde dementsprechend nicht damit begründet, dass die Bundeswehr dadurch leistungsfähiger wird, sondern mit „Vielfalt“ und „Modernität“ etc. Konservative Soldaten sind daher skeptisch gegenüber solchen Moden, die die Bundeswehr seit jeher behindern und schwächer machen, als sie es sein müsste. Wo man den Einsatz von Frauen mit gesteigerter militärischer Leistungsfähigkeit glaubwürdig begründen kann, gibt es i.d.R. auch keine Einwände von konservativer Seit.

    Konservativ sein bedeutet gerade nicht, die zahlreichen dysfunktionalen Erscheinungen in der Bundeswehr bewahren zu wollen. Wo es in den vergangenen Jahren eine stärkere Orientierung an Kampfkraft gab (Aufstellung von Spezialkräften, diverse Entwicklungen im Bereich der Infanterie) entsprachen diese ja meist dem, was Konservative schon lange zuvor gefordert hatten. Es sind ja gerade die Konservativen, die z.B. die Überwindung z.B. der zahlreichen Verkrustungen, Irrtümer und Ideologeme der „Inneren Führung“ seit langem fordern.

    Dass die Traditionen, auf die sich die Bundeswehr alternativ berufen können „gleich zweifach kontaminiert“ wäre, sehe ich nicht. Die ehemaligen Weltkriegsgegner sehen dies auch nicht so und haben diese Traditionen nach Kräften übernommen bzw. versucht, von ihnen zu lernen. In Deutschland gibt es aber einen Kreis von Personen, der seine politische Macht nicht aus seiner Kompetenz, sondern auf einer angemaßten Wächerfunktion bezieht und konkurrierende Ideen unter ständigem Verweis auf deren angebliche „Kontamination“ kleinhält. Frau Niehuss ist ein gutes Beispiel für diesen Zustand. Ganz Deutschland leidet darunter (nicht nur die Bundeswehr/auch die faktische Enteignung der Bevölkerung zur „Eurorettung“ wurde z.B. damit begründet, dass Politik im nationalen Interesse „kontaminiert“ sei), und je früher man diesen Kräften ihre mißbrauchte Macht entzieht, desto besser. Den Kameraden an der UniBw danke ich dafür, dass sie hier Vorbild waren.

  14. @ Delta 0219

    Ich glaube, ich habe Ihr Selbstverstaendnis als konservativer Soldat schon ganz gut verstanden, dennoch Danke fuer Ihre ergaenzenden Erlaeuterungen.

    Sie stellen gerade die soldatischen Ideale, die schon seit einiger Zeit „auf dem Markt sind“, in den Vordergrund.
    Sie sprechen vom wertekonservativen Offizier, mit keiner Silbe erwaehnen Sie z. B. Unteroffiziere und Mannschaften. Traditionen halten Sie hoch und vermutlich auch solche, die aus Armeen in vergangener Zeit weiterleben.
    Nur konservative Kraefte in der Bundeswehr DIENEN seinem Volk, sagen Sie.

    Wo aber ist der Rest der Gesellschaft? Wenn ich Sie richtig verstanden habe, steht der Rest der Gesellschaft den guten konservativen Soldaten gegenueber. Der Rest der Gesellschaft will der Bundeswehr sogar schaden.

    Vieles Neue bezeichnen Sie als Mode, als Mainstream. Die Gleichstellungsbeauftragte hat bei Ihnen einen mehr als schlechten Stand und haette sich sich lieber bereits gestern als heute zackig abmelden muessen.

    Kein Wort davon, dass es in Gesellschaft und in der Bundeswehr auch ein Mittelding zwischen Ihrem „konservativ“ und „den Linken“ gibt und dass die Gesellschaft tatsaechlich funktioniert.
    Dass es auch zeitlos gueltige Vorstellungen gibt, die erst in heutiger Zeit just in time entstehen, gut sind und die nicht wieviele Jahrzehnte auch immer auf dem Buckel haben muessen.

    Die Bundeswehr (und auch die Gesellschaft) erzielt gute Ergebnisse, auch ohne an Traditionen aus den Weltkriegen festzuhalten oder gar von ihnen zu lernen.

    Ich gehoere zu denen, die nicht von „soldatischer Berufung, Ehre, Dienen oder gar das Leben fuer das deutsche Volk geben“ sprechen.
    Ich mache einen Job – nicht mehr, nicht weniger, bin trotzdem kein Soeldner und (oh Wunder) bringe gute Leistungen trotz Jobdenkens und bin anerkannt.

    Natuerlich ist das fuer wertekonservative Offiziere undenkbar und fast schon Todsuende, von Job im Zusammenhang mit Soldatentum zu sprechen. Warum aber nur sind es haeufig diese Art von Offizieren, die mir das ankreiden, die Ihre schwarzen Halbschuhe eisenbeschlagen tragen und bemerkenswert schmale Dienstgradschlaufen auf ihrem Diensthemd haben?

    Verallgemeinern moechte ich das nicht, doch vermisse ich nach wie vor in Ihren Aussagen das tolerante Verstaendnis, dass es auch ohne Traditionen und Werte aus vergangenen Zeiten geht. Und dass Modernes – nicht nur in den sehr wenigen Faellen, die Sie ansprechen -, lohnenswert ist.
    Ich wiederhole mich gerne, weil DAS meiner Meinung nach die Basis fuer alles sein sollte:

    „In allererster Linie gesunden Menschenverstand, Rueckgrat, Mut zur eigenen Stimme und dann noch Pragmatismus gilt es zu bewahren bzw. ueberhaupt zu foerdern.

    Dann bitte gerne konservative Werte, Traditionen und irgendwann hehre Worte wie Leben geben oder “… Dienen ist nobel und ehrenhaft …” (BM in der SZ v. 29.06.11).“

    *

    Nehmen Sie nicht auch eine Art Waechterfunktion ein, die Sie Anderen jedoch klar absprechen?

    Gestatten Sie die Nachfragen, wo Ihrer Meinung nach Frauen in der Bundeswehr die militaerische Leistungsfaehigkeit steigern und was das fuer Verkrustungen und Irrtuemer in der InFue sind, von denen Sie sprechen?

  15. @SchreckStarr
    „Sie sprechen vom wertekonservativen Offizier, mit keiner Silbe erwaehnen Sie z. B. Unteroffiziere und Mannschaften.“

    Ich dachte, ich hätte vom Soldaten gesprochen. Vom Offizier sprach ich nur im Zusammenhang mit den UniBw. Gerade unter Unteroffizieren der Infanterie bin ich im Übrigen eher auf soldatische Einstellung gestoßen als unter Offizieren.

    „Kein Wort davon, dass es in Gesellschaft und in der Bundeswehr auch ein Mittelding zwischen Ihrem “konservativ” und “den Linken” gibt und dass die Gesellschaft tatsaechlich funktioniert.“

    Den Begriff „konservativ“ habe ich nicht parteipolitisch verwendet. Ich glaube davon abgesehen aber nicht, dass diese Gesellschaft funktioniert. Es dürfte eine Frage von Wochen sein, bis es mit einiger Wahrscheinlichkeit die Legitimitätsfrage in diesem Staat offen gestellt werden wird. Und egal, welche Institution dieser Gesellschaft Sie sich anschauen: Alle leben derzeit von der Substanz, weil es zuwenig Menschen gibt, die Verantwortung übernehmen und im Sinne des Ganzen denken und handeln. Fast alle verwalten den allgemeinen Niedergang nur und setzen widerstandslos um, was ihnen vorgesetzt wird. Fr. Niehuss ist ja nur ein Beispiel für den Umgang mit Quertreibern in diesem tolerantesten aller Staaten der deutschen Geschichte.

    „Dass es auch zeitlos gueltige Vorstellungen gibt, die erst in heutiger Zeit just in time entstehen, gut sind und die nicht wieviele Jahrzehnte auch immer auf dem Buckel haben muessen.“

    Dann können Sie vielleicht einige benennen? In Grundfragen des soldatischen Ethos gibt es m.E. keine wesentliche Weiterentwicklung, seitdem einigen Griechen diesen erstmals schriftlich festgehalten haben. „Jahrzehnte“ machen in diesem Zusammenhang keine Zeitlosigkeit aus.

    „Ich gehoere zu denen, die nicht von “soldatischer Berufung, Ehre, Dienen oder gar das Leben fuer das deutsche Volk geben” sprechen.
    Ich mache einen Job – nicht mehr, nicht weniger…“

    Ich kann und will Sie hier nicht auf der persönlichen Ebene kritisieren. Wenn Sie „nur einen Job machen“: Wie gehen Sie mit Situationen um, bei denen Sie ggf. ihr Leben einsetzen müssen? Der Soldat ist nicht der einzige, der dies tun muss, aber alle Berufsgruppen, deren Aufgaben so existentielle Fragen berühren, verstehen ihre Tätigkeit nicht als „Job“, sondern als Dienst oder Berufung. Mit allem, was dazugehört: Ehrenkodex, Dienst- und Pflichtethos, Männerbund etc. Daran hat sich weltweit seit Jahrtausenden nichts geändert, und kein(e) Gleichstellungsbeauftragt(e) wird diese Konstanten der menschlichen Natur aus der Welt schaffen können. Mit dem Ethos des (von mir keinesfalls dadurch herabgesetzten) Einzelhandelskaufmanns sind solche Aufgaben m.E. nicht zu bewältigen.

    „Die Bundeswehr (und auch die Gesellschaft) erzielt gute Ergebnisse, auch ohne an Traditionen aus den Weltkriegen festzuhalten oder gar von ihnen zu lernen.“

    Das macht die Bundeswehr sich vor, u.a. indem sie so tut, als seien die sinnvollen Elemente der „Inneren Führung“ erst nach 1945 quasi aus dem Nichts entstanden. Erstaunlich, dass diese Lebenslüge sich bis heute hält. In dieser Hinsicht ist unser Staat vermutlich einer der am stärksten ideologisierten in der deutschen Geschichte überhaupt.

    „Gestatten Sie die Nachfragen, wo Ihrer Meinung nach Frauen in der Bundeswehr die militaerische Leistungsfaehigkeit steigern und was das fuer Verkrustungen und Irrtuemer in der InFue sind, von denen Sie sprechen?“

    Im Sanitätswesen und in diversen Stabsverwendungen gibt es positive Erfahrungen beim Einsatz von Frauen. Nur ein Beispiel sind Sprachfähigkeiten oder diverse Spezialfelder, in denen sich Frauen deutlich häufiger finden als Männer.

    Was die Verkrustungen der „Inneren Führung“ angeht, so wäre vermutlich ein ganzer Aufsatz erforderlich, um diese angemessen anzusprechen. Kurz zusammengefasst: Die „Innere Führung“ tut nur so, als wolle sie den einsatzbereiten Soldaten. Tatsächlich wurde sie in den 50er Jahren erfunden, um innenpolitische Kritik an der Wiederbewaffnung durch Konstruktion eines unsoldatischen „Staatsbürgers in Uniform“ zu beschwichtigen. Soldatisches Ethos sieht anders aus, weshalb der Kern der „Inneren Führung“ umso stärker abgelehnt wird, je näher sich Soldaten am Gefecht befinden. Es gibt Kommandeure in der Infanterie, die nicht auf die bürokratische, politisch korrekte Oberflächlichkeit der InFü, sondern z.B. auf mittelalterliche Ordenregeln oder andere z.T. jahrtausendealte Inspiration zurückgreifen, um ihren Soldaten zu verdeutlichen, in welchen zeitlosen Zusammenhängen sie sich bewegen und wie sie diese bewältigen können.

    Ich empfehle jedem eine kritische Lektüre der InFü-Vorschrift: http://www.bundeswehr.de/…/ZDv%2010%201%20_Internet_72dpi.pdf
    Das ganze ist ungefähr so inspirierend wie die Sondermüllentsorgungsverordnung der Stadt Castrop Rauxel. Soldatische Werte und Tugenden werden z.B. nur oberflächlich und ohne Erläuterung oder Beispiele aufgezählt, wobei zeitgeistige Ergänzungen über Umgang mit Ressourcen gleichrangig mit Grundwerten wie Tapferkeit erwähnt werden. Über Tod und Töten finden sich nur Banalitäten. Soll das alles sein, was von einer der großartigsten und respektiertesten militärischen Traditionen der Menschheitsgeschichte übrig geblieben ist? Wie erbärmlich!

  16. @ Delta 0219

    Wir werden meinungsmaessig nicht uebereinkommen. Muessen wir auch nicht und deshalb koennte die Diskussion horizonterweiternd fortgefuehrt werden.
    Aber Ihre Ansichten z. B. zum Thema „Job kann der Einzelhandelskaufmann, ein Sdt. nicht“, Maennerbuende, Ordensregeln (ja, mit Fugen-S) und Ihr nachhaltiges Ablehnen von den positiven Seiten des Mainstreams schrecken mich ab.

    Die ZDv 10/1 ist nicht inspirierend – damit steht sie nicht allein und dies sagt nichts ueber die Innere Fuehrung an sich aus.
    Innere Fuehrung kann im Uebrigen Meiner Meinung nach nicht aus Vorschriften generiert werden. Innere Fuehrung ist eine Lebensauffassung, die entsteht aus verschiedenen Faktoren und aus Lebenserfahrung. Allein der Gedanke, zu ihrer Verdeutlichung und Sichtbarmachung ihrer Sinnhaftigkeit brauche es eine Vorschrift, laesst mich regelmaessig gruseln.
    Grundsaetzlich ist InFue weder buerokratisch noch politisch korrekt oberflaechlich – sie muss einfach gelebt werden. Ganz einfach und deshalb wohl so schwierig in der Umsetzung.

    Glauben Sie wirklich, der Bundeswehr ginge es im Alltag besser, wenn soldatische Werte und Tugenden vor dem Hintergrund dieser „großartigsten und respektiertesten militärischen Traditionen der Menschheitsgeschichte“ immer und immer wieder vermittelt wuerden? Nein, ihr ginge es nicht besser!

    Weil zu haeufig etwas Entscheidenes fehlt: Der GESUNDE MENSCHENVERSTAND! Ich beziehe hier die Gesellschaft und die Politik mit ein. Es reichte, vernuenftig zu denken und schon wuerden Sie keinen allgemeinen Niedergang mehr beobachten koennen.
    Es braucht keinen Ehrenkodex, keine Schweigerosen und keine anderen Ordensregeln hierfuer. Ich negiere allerdings nicht, dass Werte grundsaetzlich nichts Schlechtes sind.

    Wertekonservative Soldaten haben jahrelang an der Tranformation festgehalten und versucht, auch noch den Letzten zu ueberzeugen, sie wird es richten und alles werde gut. Wurde alles gut?
    Wertekonservative Soldaten haben konsequent an der Zahl von einzufuehrenden Flugzeugen in ihrer TSK festgehalten, obwohl sich offensichtlich die Zeiten dramatisch geaendert hatten und eine Anpassung wohlgetan haette.
    Es gibt wertekonservative Soldaten, fuer die es wichtiger ist, in einem P5 als in einem P3 Fahrzeug Kurzstrecken zurueckzulegen (weil sie ihnen ja zustehen), obwohl die hoeheren Kosten und evtl. eine aufwaendigere Beschaffung in keinem Verhaeltnis zum Nutzen stehen.

    Ich moechte wie gesagt nicht in Abrede stellen, dass Werte wichtig sind. Aber ich moechte damit unterstreichen, dass es im taeglichen Dienst und im harten, lebensbedrohenden Einsatzalltag viele Beispiele gibt, in denen der gesunde Menschenverstand und Pragmatismus zielfuehrender sein koennen als Traditionen und Soldatenethos.

    Diejenigen, die verantwortlich „nur“ einen Job erledigen, erreichen mindestens genauso gut ihre Ziele und sind im (Soldaten-)Beruf erfolgreich (und machen sich Gedanken ueber Tod und Toeten) wie sicherlich einige, die den Begriff des soldatischen Ethos‘ zu sehr ueberhoehen. Ausnahmen gibt es natuerlich auf beiden Seiten.

    Doch Sie erkennen einen Jobber noch nicht einmal ansatzweise an, Sie bewerten Prof. Niehuss, ihr Handeln und ihre „Gesinnung“ (mir faellt jetzt kein anderes Wort ein) ziemlich harsch, tolerieren zwar das „SED-Kampfblatt“ nicht, sehen dafuer aber die konservative „Junge Freiheit“ als eine – so lese ich es aus Ihren Worten – akzeptable Richtschnur. So eindeutig akzeptabel ist die JF aber ganz und gar nicht.

    Deshalb werde ich leider immer skeptischer, wenn ich Ihre Kommentare u. a. zu soldatischen Traditionen und „den Linken“ aufmerksam lese.

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