Einige Fragen zu den Jugendpressekongressen der Bundeswehr

Es ist eine gute Nachricht. Das Verteidigungsministerium will zukünftig dafür Sorge tragen, dass es bei der Ansprache junger Journalisten als Teilnehmer an Jugendpressekongressen als Absender bzw. Förderer genannt wird. Was mich nur stört – das wird auch abgestellt -, ist: Wenn man solche Veranstaltungen mit gutem Recht finanziell unterstützt, kann man das auch deutlich machen. Ganz einfach. Das werden wir in Zukunft tun.“ sagte Ministeriumssprecher Stefan Paris bereits in der Regierungspressekonferenz am 18. Juli. „Tarn-PR gestoppt“ meldet das Branchenblatt prmagazin. Warum sich die kritikwürdige Praxis in den vergangenen 20 Jahren aber überhaupt etablieren konnte, vermochte er nicht zu erklären.

Wenn man sich dem Thema und insbesondere dem Veranstaltungsformat etwas näher widmet, findet man durchaus weitere Merkwürdigkeiten, so dass es sich durchaus lohnt, weitere Fragen zu stellen. Grundsätzlich lassen sich dabei drei Fragekomplexe gegeneinander abgrenzen:

1. Organisation der Jugendpressekongresse durch das Unternehmen Young Leaders GmbH

2. Beteiligung von Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bzw. privater Medien

3. Verwendung der im Rahmen der Jugendpressekongresse produzierten Medien

Während im Netz und insbesondere auf Seiten der Bundeswehr zahlreiche positive Berichte über die Veranstaltung zu finden sind, scheint der Jungjournalist Juri Auel von seiner Teilnahme am Jugendpressekongress 2009 in Stralsund eher enttäuscht zu sein. „Mehr Propaganda als Presse-Seminar“ hat er seinen Erlebnisbericht in der Oberhessischen Zeitung überschrieben. Darin hinterfragt er nicht nur die grundsätzliche Methodik, die in seinen Augen den Teilnehmenden nicht mehr als eine Statistenrolle lässt, sondern vor allem, ob und wenn ja, welchem Leitgedanken die Veranstaltung wohl folge, wenn der Veranstalter in einem Vortrag zu Zukunftsstrategien für das 21. Jahrhundert angeblich problematische Formulierungen verwendet. Es mag durchaus sein, dass der junge Kollege Auel da etwas falsch verstanden hat, dann wäre es aber höchste Zeit, dass ihm bzw. dem Verlag hier jemand presserechtlich entgegen tritt.

Nachtrag: Diese Zeit ist nun offensichtlich gekommen, denn Werner hat inzwischen eine einstweilige Verfügung gegen die Verlagsgesellschaft Vogelsberg erwirkt. Der Artikel ist nicht mehr verfügbar, und ich komme der Bitte nach, die streitbefangenen Äußerungen nicht mehr zu zitieren.

Das Thema „Zukunftsstrategien für das 21. Jahrhundert“ jedenfalls scheint nicht nur im Rahmen der Bundeswehrveranstaltungen kompatibel zu sein. So arbeit die Young Leaders GmbH auch  für die Stiftung politische und christliche Jugendbildung , bei der Werner offenbar mit einem ähnlichen Sprechtext auf die jugendlichen Teilnehmer zugeht – gewürzt mit allgemeiner konservativer Kulturkritik, wie ein Text des Teilnehmers Niklas Kleinwächter dokumentiert.

„Es ist schade, dass man heute mit den jungen Leuten nicht mehr das machen kann, was man zu unserer Zeit noch konnte. Aber wir müssen nun einmal mit dem arbeiten, was an Voraussetzungen da ist. Die schulische Bildung ist noch schlechter geworden als sie es früher schon war – da können die Schüler ja aber nichts dafür“, kritisiert young leaders Chef Werner im Rahmen der Akademie.

Wer sich die Mühe macht und sich durch die Fundstellen im Netzt liest, erkennt leicht, dass Werner und seine Young Leaders-Veranstaltungen eher in der konservativen Ecke des politischen Spektrum zu Hause zu sein scheinen – und damit doch den ein oder anderen Teilnehmer nachhaltig irritieren. Nun ist eine konservative Haltung eine schlechte Voraussetzung für eine Tätigkeit für die Bundeswehr, selbst wenn an der Universität der Bundeswehr in München unlängst konservative Gedanken klar und deutlich als unerwünscht gebrandmarkt wurden – zumindest wenn sie in der Campus, der Zeitschrift der Studierenden veröffentlicht werden, deren neu gewählter Chefredakteur selbstbewusst und freimütig über seine journalistische Tätigkeit unter anderem für die Junge Freiheit spricht, was scheinbar irgendwelche Grenzen der gedanklichen Hygiene verletzt. (Zu diesem „Fall“ hat Patrick Bahners in der FAZ alles nötige geschrieben.)

Aber zurück zu unserem Stück, den vom Verteidigungsministerium geförderten Jugendpressekongresse, deren grundsätzliches Konzept sich wie folgt rekonstruieren lässt:

Ein Unternehmen bzw. ein Ministerium beauftragt die Young Leaders GmbH mit der Durchführung eines Kongresses und sichert die Finanzierung zu. Die Young Leaders GmbH spricht junge, publizistisch tätige Menschen an und läd sie ein. Gleichzeitig versichert sich die Young Leaders GmbH der Dienste von professionellen Journalisten, die für die Schulung ihrer jungen Kollegen vergütet werden. Folgt man der Einschätzung von mit der Organisation vertrauten Personen, zeichnet sich die Young Leaders GmbH dabei durch eine recht hohe personelle Fluktuation sowie einen bemerkenswert hohen Anteil von Praktikanten bzw. Projektbeschäftigten aus. In Verbindung mit den oben genannten Quellen ergeben sich daraus unter anderem folgende Fragen:

Organisation

1. Gibt es eine vollständige Dokumentation der Veranstaltungen bzw. der Redebeiträge, an der sich bspw. die Behauptungen aus der Oberhessischen Zeitung nachvollziehen bzw. widerlegen lassen?

2. Falls nein, ist eine solche Dokumentation für die Zukunft geplant.

3. Stellt das Verteidigungsministerium eine weltanschauliche Neutralität der Inhalte sicher? Wenn ja, wie?

4. Welchen Einfluß hat das Verteidigungsministerium auf die Mitarbeiter der Young Leaders GmbH, die ja als Repräsentanten des Ministeriums und der Institution Bundeswehr auftreten, bspw. bei der Personalauswahl und Schulung? Gibt es dazu verbindliche Regelungen, bspw. Schulungsunterlagen, Vorgaben zur Vergütung der Mitarbeiter (tarifliche Bindung)?

5. In welchem Umfang unterstützt das Verteidigungsministerium die Organisation der Jugendpressekongresse (Personal, Material, Infrastruktur, Transport) und welchen Wert haben diese Leistungen in Euro?

Beteiligung von Journalisten

6. Welche Sender bzw. Medien haben die Jugendpressekongresse der Bundeswehr bislang durch die Entsendung von Journalisten unterstützt?

7. In welchem Arbeitsverhältnis stehen die Journalisten, die die Teilnehmer der Jugendpressekongresse ausbilden, zu den Sendern, Medien und Verlagen, die sie repräsentieren (freie, fest-freie oder feste Mitarbeiter)? Wie lassen sich die Journalisten der bisherigen Kongresse nach diesem Status ausfschlüsseln?

8. Wie hoch ist die Vergütung der Journalisten, die die Teilnehmer der Jugendpressekongresse ausbilden?

Verwendung der Medien

9. Welche Medien werden im Rahmen der Jugendpressekongresse produziert? Welche inhaltlichen Vorgaben gibt es dazu von Seiten der Bundeswehr und wie wird deren Einhaltung überprüft?

10. Werden diese Medien im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und/oder Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr eingesetzt? Wenn ja, wo, und in welcher Form wurde/wird dieser Einsatz dokumentiert?

11. Welche Rechte werden den Autoren der Beiträge (sowohl Teilnehmer als auch Ausbilder) eingeräumt, oder werden die Rechte komplett abgetreten, wenn ja an wen, die Bundeswehr oder die Young Leaders GmbH?

12. Ist bereits eine Entscheidung über die Auftragsvergabe für die zukünftigen Jugendpressekongresse gefallen und wie beabsichtigt das Verteidigungsministerium sicherzustellen, dass der zukünftige Auftragnehmer die zugesagte Absenderklarheit einhält?

Die vorstehenden Fragen habe ich im Rahmen einer offenen Recherche auch heute adem Verteidigungsministerium gestellt, und darum gebeten, sie bis zumEnde der kommenden Woche zu beantworten.

Unabhängig von diesen Antworten, überwiegt bei mir zur Zeit der Eindruck, dass sowohl das Konzept an sich als auch die bisherige Umsetzung der Jugendpressekongresse eine Reihe von Unklarheiten beinhalten, die in Summe geeignet sind, das Vertrauen in die Instituition Bundeswehr eher zu untergraben als zu festigen.

5 Gedanken zu „Einige Fragen zu den Jugendpressekongressen der Bundeswehr

  1. Ich kann mich den Fragen nur anschließen. 2010/11 habe ich die Akademie als auch den Jugend Pressekongress besucht und abgesehen von der starken Beeinflussung auch nach einiger Zeit ein sehr ungutes Gefühl entwickelt. Es waren in der Tat viele kritische Menschen dort, der Grad der Beeinflussung war jedoch damals wirklich nicht zu unterschätzen. Insbesondere einen Vortrag von einem (christlichen) Islamwissenschaftlicher, welcher von einem „Aussteiger“ aus einer islamistischen Szene untermauert wurde, habe ich schon damals als stark einseitig wahrgenommen. Die Jugendpressekonferenz erschien als eine reine Werbeveranstaltung der Bundeswehr. Falls Personen an einer kritischen Aufarbeitung interessiert sind, meldet Euch doch (möglicherweise über die Homepage hier, evtl. können die Betreiber eine Mailadresse weiterleiten?) bei mir. Ich habe immernoch sporadischen Kontakt zu einigen der damaligen Teilnehmer_innen.
    An einer Aufarbeitung würde ich mich auf jeden Fall beteiligen, mich gruselt es jetzt noch ein bisschen…

  2. Es ist vor allem erstaunlich, in welcher Konsistenz und damit auch welcher Wertschöpfung diese Young Leaders GmbH, bzw. die eng mit ihr verwobene CCN Communications Consulting Network GmbH mit Sitz in Wolterdorf bei Berlin (vormals Meckenheim bei Bonn) arbeitet.

    Ich selbst habe Ende der 1990er/Anfang der 2000er Jahre an diesen Formaten teilgenommen und die Argumentationsstrategien – zum Teil sogar die Veranstaltungstitel gleichen sich haargenau.

    Kunden dieser Formate (also Mitveranstalter) waren nciht nur die Bundeswehr, sondern auch der Bund der Deutschen Industrie (BDI), der Frankfurter Flughafen (Fraport), die Agrarlobbygesellschaft CMA und der Bundesverband der chemischen Industrie.

    Eigentlich ist eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Form der „Jugendbildung“ in einem großen Magazin oder einer Tageszeitung überfällig, da hier alle zum Teil alle Grundsätze politischer und medialer Jugendbildung vernachlässigt werden (Beutelsbacher Konsens).

  3. Über Jahre hinweg konnte ich intensive Erfahrungen mit der oben erwähnten Organisation sammeln. Dazu kann ich sagen, dass ich diese Veranstaltungen über die Jahre hinweg genossen habe. Habe mir die Dinge angehört und mir dann meine eigene Meinung dazu gebildet. Die Kritiker unter den Jugendlichen konnte ich nicht ganz verstehen. Ich glaube, auch der Begriff „Sekte“ ist da einmal gefallen.

    Nichtsdestotrotz betrachte ich das ganze im Nachhinein als recht fragwürdig. Mit welchen Mitteln das Selbstbewußtsein („Young Leaders“) der Teilnehmer angesprochen wurde, und wie elitär und leicht undurchsichtig der interne Apparat war, halte ich mittlerweile für kein gutes Zeichen.

    Ich wundere mich mittlerweile, dass die Organisation auf staatliche Fördermittel zurückgreifen darf. Inhaltlich waren diese Veranstaltungen nicht dafür geeignet, denn es handelte sich so gesehen weniger um Jugendbildung, und mehr um Jugendanwerbung zu bestimmten Themen.

    Habe mich nun gewundert, dass diese Veranstaltungen noch immer stattfinden, und ja, eine vollständige Auseinandersetzung der Presse mit der Organisation wäre dringend nötig! Möglichst objektiv natürlich 🙂

  4. Ich hab an bereits mehreren Veranstaltungen, sowie dem vergangenen 145 Jugend Presse Kongress teilgenommen. Vorweg muss man sagen das die Äußerrungen in den früheren Komentare leider immernoch voll zutreffen. Nicht nur damals (vorherige Kommentare mit Teilnahmen um das Jahr 2000) sondern auch noch heute blieb die Grundstruktur gleich. Den jungen Menschen im Alter von 15-22 Jahren wird klar gemacht das sie „die Elite von morgen sind“ und das sie „hier beste Chancen haben sich neben der immer schlechter werdenden Schulbildung fortzubilden mit erstklassigen Journalisten und dessen Fähigkeiten die sie gerne weitergeben“. Dazu muss ich sagen das ich ganz und gar nicht das Gefühl hatte das der Aspekt von Bildung im Vordergrund stand. Im Plenum wurde während der Vorträge Werbung für die eigene Kampagne gemacht, zudem waren die Beiträge sehr einseitig, sodass nicht pro und contra abgewägt wurden, sondern besonders den jünsten Teilnehmern die zum Teil bei komplizierten Themen nicht in der Lage sind sich eine unabhängige eigene Meinung zu bilden, eine Meinung der Experten quasi auferlegt und nicht das Ziel erfüllt wurde, den Jungen Menschen in neue Gebiete sachlich neutral einzuführen. Zudem sind mir während des Verlaufs des Presse Kongresses mehrere Fragen aufgetreten.
    1. In der Medienbörse zum Thema Journalismus wurde nicht nur an einem der Kongresse davon gesprochen das man abrate Journalismus zu studieren, da dies zu „Fachidioten“ mache. Warum lernen wir also 3-6 Tage über Jounalismus wenn diese „Profijournalisten“ uns sagen wir würden „Fachidioten“ werden, wenn wir uns in dieses Fachgebiet ablassen?
    Oder kann es vielleicht sein das eben der Schwerpunkt dieser Veranstaltungen gar nicht auf dem so oft genannten Lehrnfaktor in dem Fall Journalismus liegt?
    2. Ich frage mich wie man sich (so wie es eigentlich versprochen war) eine eigene Meinung bilden soll wenn
    – nur einseitig in den Vorträgen nach der Meinung der Fachleute unterrichtet wird
    – man eine klare Anweisung bekommt „du sollst jetzt Contra Argumentiern“ und man hat garnicht erst die Freiheit bekommt sich SELBST zu „verwirklichen in seinen eigenen Gedanken“. Natürlich muss eine gewisse Strucktur da sein und man kann nicht alle über die Themen einfach wild philosophieren lassen, doch dieser Punkt stellt wieder die Basis dieser Veranstaltungen in Wiedersprüche und dadurch in Frage.
    3. diese Profijournalisten haben mich auch sehr zum Zweifeln gebracht. Ein Mann mit angeblich hoher Position im Fehrnsehbusiness u.v.m. entpuppte sich als einfacher Techniker und Kameramann der nur durch das Studium und sein Hobby Erfahrung mit Film schneiden und bearbeiten hat und die Profi-Journalistin der “ so großen und berühmten“ Zeitung *** **** erzählte sie habe da mal Berichte geschrieben sei jetzt aber seit längerem bei der kirchlich ************* ******* mit Sitz in Hamburg. Warum also wird den Schülern und Studenten ein falscher Eindruck mit Vorspielens falscher Tatsachen vermittelt?
    Vielleicht weil mit größeren populäreren Unternehmen mehr Eindruck und Akzeptanz erweckt werden kann als mit kleinen eher unscheinbaren?

    Als Resümee zusammenfassend kann man nichts anderes als wie oben genannt das komplette System und die Basis dieser Veranstaltungen in Frage zu stellen. Meiner persönlichen Meinung nach wird jedoch besonders durch das Ministerium diese Art der Veranstaltungen so sehr unterstützt das sie weit verbreitet in guten Licht steht und das Teilnahmebescheinigungen dieser GmbH auch als sehr gute wiederbildende Leistungen in vielen Schulen und manchen Universitäten positiv vermerkt werden. Um erlich zu sein nehme ich auch zum größten Teil seit der 3. Veranstaltung nur noch daran Teil da sich diese Bescheinigungen der Teilnahme positiv auf meinen Werdegang in Schule und Beruf auswirken.

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