Neue Serie: Soldaten, die bei „Augen geradeaus“ kommentieren sollten – Teil 1

Dass es bemerkenswert ist, dass ranghohe Offiziere bei Augen geradeaus dem deutschen sicherheitspolitisch-journalistischen Blog kommentieren, hatte ich bereits geschrieben. Nun hat sich nach dem Kommandeur der KFOR, General Bühler, auch der Deutsche Militärische Vertreter im NATO-Militärausschuß, Generalleutnant Roland Kather, bei Augen geradeaus zu Wort gemeldet. Das ist nicht nur formal, sondern vor allem inhaltlich bemerkenswert, denn General Kather räumt in seinem Kommentar ein, dass er wegen des Kommentars seine Kameraden Bühler im Blog von Thomas Wiegold, eine Schlußfolgerung, die er auf Grundlage der Berichterstatung gezogen hatte, revidiert hat.

Wörtlich schreibt Kather: „Hatte nach ersten Kommentaren und der Berichterstattung ein falsches Bild der Lage und war dadurch zu einer anderen -falschen(!)- Schlussfolgerung gelangt, nämlich durchsetzen der Öffnung der Blockade im Sinne Sicherstellen freedom of movement, koste es was es wolle. Glückwunsch an Gen Bühler, er hat sehr weise und umsichtig gehandelt, (wo war eigentlich EULEX?!) seine Erklärung in diesem modernen Medium war wichtig und sehr hilfreich, um dies schlüssig nachzuvollziehen.“ 

Für mich werden darin wesentliche Aspekte des Wandels von Medien und Öffentlichkeit durch das Internet deutlich:

– Die Meldewege innerhalb der NATO und der EU scheinen nicht ausreichend, so dass die traditionellen journalistischen Medien nach wie vor eine wichtige Rolle bei der Lagebewertung spielen.
– Die journalistische Berichterstattung kommt bei komplexen Situationen wie der im Kosovo merklich an ihre Grenzen. Die Medien sind selbst Akteur, also nicht mehr nur Beobachter (das warensie m.E. schon immer), und haben daher eine besondere Verantwortung, der sie aber immer häufiger – auch wegen der Sparpolitik der Verleger, aber auch wegen professioneller Defizite von Journalisten – nicht gerecht werden (können).
– Ein gut gemachtes, journalistisches Medium wie Augen geradeaus etabliert sich als ein Knotenpunkt (Hub) der sicherheitspolitisch interessierten Community im deutschsprachigen Raum.
– Durch sein explizites Lob fliegt General Kather Flankenschutz für seinen Kameraden Bühler. Ein Zeichen der Solidarität, dass angesichts der schmallippigen Reaktion aus dem Ministerium angebracht scheint.
– Die Anforderungen an Soldaten im Allgemeinen und Offiziere im Besonderen steigen und lassen sich nicht mehr nur auf die Rolle des Kämpfers reduzieren, wie das beispielsweise Klaus Naumann hervorragend in seinem Buch „Einsatz ohne Ziel“ hervorragend herausgearbeitet hat.

Daraus folgt für mich unter anderem, dass wir eine Debatte über das Verhältnis von Politik und Militär uns das soldatische Selbstverständnis unter den Bedingungen der durch das Internet vernetzten Mediengesellschaft brauchen.

In diesem Sinne bitte ich auch, die Überschrift dieses Beitrages zu verstehen, und würde gerne ungefilterte Originaltöne bei Augen geradeaus hören von:

– Generalmajor Markus Kneip
– Soldaten aus dem Ausbildungs- und Schutzbataillon
– weitere Vorschläge bitte in den Kommentaren.

3 Gedanken zu „Neue Serie: Soldaten, die bei „Augen geradeaus“ kommentieren sollten – Teil 1

  1. Stimme Ihnen uneingeschränkt zu, Herr Stoltenow. Die politisch meist doch eingefärbte Berichterstattung und Kommentierung in den Medien wird so durch eine authentische Berichterstattung ergänzt, die beim politik-interessierten Betrachter zu einem fundierteren Meinungsbild führt. Und selbst „Berlin“ dürfte davon profitieren, weil Lageeinschätzungen von unten die Hierarchiekette hinauf ja doch meist an „Substanz“ verlieren.

  2. Ein General, der „ungefilterten Originalton“ von sich geben würde, wäre kurz danach wahrscheinlich nicht mehr aktiver Soldat. Diejenigen Soldaten, die sich tatsächlich ungefiltert äußern und etwas interessantes zu sagen haben, können dies m.E. nur anonym tun, weil man ihnen sonst wohl mindestens vorwerfen wird, gegen diverse (Gummi-)Paragraphen des SG zu verstoßen.

    Wie mit Soldaten umgegangen wird, die sich tatsächlich bzgl. bestimmter diskussionswürdiger Entwicklungen innerhalb der Bw aus der Deckung wagen, kann man ja gerade an der UniBw München erleben, wo den Betroffenen, die sich vollständig innerhalb geltenden Rechts bewegten, u.a. das Recht auf eine Anhörung verweigerte, bevor man sie in der Öffentlichkeit mit unhaltbaren Verdächtigungen fertigmachen wollte.

    Ich glaube nicht, dass man fairer mit Soldaten verfahren würde, die andere Mißstände ansprechen. Was wäre wohl passiert, wenn General Bühler aus Berlin die Weisung bekommen hätte, sich aus dem Geschehen herauszuhalten, und er dies öffentlich gemacht hätte? Es gäbe auch aus anderen Einsätzen so manches zu berichten, was für die Diskussion vielleicht interessant wäre. Wer darüber redet, sollte sich allerdings der Risiken bewusst sein.

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