Gefährliche Kommunikation 2.0

Nun läuft sie also, die Propagandakampagne gegen die Kameraden in Bad Reichenhall. Das ganze Elend bringt der Artikel auf taz.de auf den Punkt. Trotz wirklich dämlicher konstruierter Zusammenhänge wie beispielsweise dem Hinweis, dass Kinder an einem Maschinengewehr spielten, dessen Vorgängermodell bereits die Wehrmacht genutzt hat (das muss man in der taz so schreiben, um das Weltbild der Kernleserinnen und Kernleser nicht allzu sehr zu erschüttern), zeigt der Text quasi lehrbuchhaft, wie die Bundeswehr kommunikativ auszuhebeln ist. Der – so weit ich weiß ungeprüfte – Hinweis, dass ein Bundeswehrsoldat ein Video vom Tag der offenen Tür auf YouTube eingestellt hat, ist zwar journalistisch problematisch, wirklich spannend wird es aber, wenn der Kanalbetreiber „Gegengift“ tatsächlich Soldat wäre, denn das, was auf dem Kanal sonst noch so zu sehen ist, überschreitet für mich die Grenze dessen, was Teil des demokratischen Diskurses sein muss.

Und: Mann muss die sich abzeichnende Kommunikationskatastrophe unbedingt mit diesem Text von Klaus Naumann in der FR parallel lesen.

7 Gedanken zu „Gefährliche Kommunikation 2.0

  1. Ich glaube, das Begriffspaar Innere Führung und Staatsbürger in Uniform als Lösung des Problems heraufzubeschwören, ist wenig produktiv. Es geht mir hier gar nicht um den Inhalt, mit dem diese Begriffe (vermeintlich) gefüllt sind, sondern um ihre Wirkung und ihre Aussagekraft. Ich denke, für sich genommen stiften diese Begriffe mehr Unklarheit als Sicherheit, sind sehr schwammig und können scheinbar beliebig als Erklärung dienen, also klassisches Polit-Sprech. Zudem sind sie für mich die Sprache einer Zeit, in der die Bundeswehr ihre Existenz überhaupt rechtfertigen musste.

  2. Ich fand den Beitrag von Klaus Naumann ausgesprochen langweilig. Anstatt zum hundeststen Mal die Frage nach InFü und Staatsbürger in Unform neu zu formulieren, wäre es nach fast 20 Jahren Einsatzerfahrung auch einmal Zeit für Antwortversuche.

    InFü gibt keine Antworten auf zentrale Fragen, mit denen der Soldat im Einsatz zu tun hat, ja sie erkennt oft die Legitimität der Fragen erst gar nicht an. Das ganze Konzept halte ich für tot. Einem Zombie gleich läuft es in Ministerien und an Unis noch halblebendig umher, während die Truppe der strenge Geruch des Leichnams zunehmend Übelkeit bereitet.

    Das Kontrastprogramm dazu: Ich hatte über längere Zeit in Einsätzen mit amerikanischen Marines zu tun, die keinen InFü-Dogmatismus betreiben, sondern flexibel diejenigen Lehren aufnehmen, die es ihnen erlauben, bessere Soldaten zu werden. Das Ergebnis ist eine militärische Tradition, von der die Bundeswehr weit entfernt ist. Warum nicht von den Besten lernen? InFü abschaffen und an ihre Stelle eine soldatische Kultur stellen, die Exzellenz anstrebt, so wie es jede Berufsphilosophie tut, die den Namen verdient.

    Vielleicht muss man solche Entwicklungen von der Basis her anstoßen, denn Exzellenz verträgt sich kaum mit Konsensgremien. Es wurde ja bereits ein Arbeitskreis InFü-kritischer Soldaten („Potsdamer Signal“) angeregt. Ich werde die Tage mal die Domain registrieren lassen.

  3. Autonome haben wie zu erwarten aus dem Erfolg der letzten Kampagne gegen die Bundeswehr (Tag der offenen Tür der Gebirgsjäger) gelernt. Man darf jetzt auf „vermittelbare Militanz“ gegen Soldaten gespannt sein:

    „Militante Aktionen müssen vermittelbar sein. Autobrände, die als ungezielt wahrgenommen werden, sind das nicht – aber brennende Militärfahrzeuge durchaus.“
    http://taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/militanz-muss-vermittelbar-sein/

    Wer erwartete hatte, die Autonomen durch Nachgeben beschwichtigen zu können, hat sich geirrt.

  4. Ich glaube nicht, dass es ausreicht, solche Dinge an den Staat zu delegieren. Es entsteht der Eindruck, dass nur die andere Seite stark genug dazu ist, Menschen zu freiwilligem Engagement zu motivieren. Wie stark ist eine Gesellschaft, deren Verteidiger sich zurücklehnen und auf das Handeln von Behörden warten, wenn sie direkt angegriffen und beleidigt werden? Und auf welcher Seite stand nochmal der Rechtsstaat in der „Soldaten sind Mörder“-Kampagne?

    Wenn z.B. die gleichen Autonomen öffentlich feiern, dass deutsche Soldaten in Afghanistan fallen: Warum findet sich niemand, der eine Gegenveranstaltung organisiert? Warum gibt es niemand, der 1.000 Freiwillige mobilisiert, die einen Ring um öffentliche Gelöbnisse bilden, die angegriffen werden sollen? Ich bin das ganze Ducker- und Bückertum langsam leid. Immer weicht man aus, immer soll es jemand anderes richten. Das ist keine Einstellung, die deutschen Soldaten angemessen ist!

  5. Und die Gewaltwelle gegen Soldaten rollt weiter, m.E. ermutigt durch die allgemeine Toleranz gegenüber Linksextremisten und die Aufnahmebereitschaft der Medien für ihre Kampagnen.

    Nachdem es am Wochende erstmals einen Anschlag auf die Privatwohnung eines im Reservistenverband aktiven Soldaten (Reserveoffizier) gegeben hatte (http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Farbanschlag-auf-Reserveoffizier-in-Hannover), warnt die Bundeswehr jetzt vor Anschlägen auf Privatfahrzeuge von Soldaten. 84 teilweise potentiell tödliche Vorfälle seien bislang gemeldet worden: http://www.rp-online.de/politik/deutschland/Sabotagewelle-alarmiert-Bundeswehr_aid_1011917.html.

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