Die AIK will sich den Bürgern nähern

Dr. Gottfried Linn, Leiter des Fachbereichs Information an der Akademie für Information und Kommunikation der Bundeswehr, hat mich gebeten, eine Stellungsnahme als Beitrag zur Diskussion um die inhaltliche Ausrichtung des geplanten Symposiums Govermedia einzustellen. Das mache ich doch gerne:

„Lieber Herr Stoltenow,

wir nehmen Ihren Kritikpunkt „Bürgerbeteiligung“  sehr ernst und werden das Programm diesbezüglich ergänzen.  Sie haben recht: reden „mit“ ist immer besser als reden „über“. Allerdings gehen wir davon aus, dass sich „bürgernahe“ Experten ohnehin unter den Teilnehmern befinden und schon von daher die „Vertretung“ bürgernaher Interessen sehr wohl gewährleistet ist. Um Ihre Analogie aufzugreifen: wir wollen eben keine „Kaninchen“ sondern gerne mündige Bürger mit in die Diskussion einbeziehen.

Wie Sie wissen, ist die Erstellung eines umfangreichen Programmes zu einem speziellen Thema kein „Wunschkonzert“ sondern abhängig von zahlreichen Bedingungsfaktoren: Auswahl von Referenten, Verfügbarkeit, Interessen der Veranstalter und der eingeladenen Experten, Zielgruppen, Teilnehmerinteressen,  Planungs- und Organisationskapazitäten des Veranstalters, protokollarische Fragen im Ministerienumfeld, etc. Als Teilnehmer größerer Veranstaltungen ist Ihnen dies vermutlich vertraut.

Wie ich Ihnen schon in einem persönlichen Gespräch mitteilte, haben wir nach unserer Auffassung einen „erlebenswerten“, guten Kompromiss gefunden der eine, für alle Beteiligten sehr interessante Veranstaltung erwarten lässt. Gerade die Ausführungen unserer zahlreichen Expertinnen erwarten wir mit besonderem Interesse.

Sie haben, wie andere Experten auch, eine persönliche Einladung erhalten. Wir freuen uns sehr auf ein Treffen an der AIK.

Herzlichen Gruß

Dr. Gottfried Linn“

Ich bleibe gespannt und interessiert.

9 Gedanken zu „Die AIK will sich den Bürgern nähern

  1. Aber schön, dass er auf den von Ihnen angemerkten gender fail im Ursprungsbeitrag mal so gar nicht eingeht. „Expertinnen“ werden zwar erwähnt, aber vermutlich nur, weil das sonst übliche ExpertInnen schlechtes Deutsch ist. Warum auch, wir haben ja in dieser Gesellschaft kein Gleichstellungsproblem… (nur um klarzustellen: Das war Kritik an Dr. Linn, nicht an Ihnen 😉 Ihren Einschub dazu im Beitrag fand ich gerechtfertigt und nötig, danke).

  2. Wenn ich das richtig verstehe, ist „gender fail“ Social Media-Deutsch für fehlende Sensibilität gegenüber der Kategorie Geschlecht. „Gender Mainstreaming“ ist meines Wissens dagegen nicht schädlich, sondern heißt – wörtlich genommen – die Kategorie des Geschlechts zum Teil des Hauptstroms eines Diskurses zu machen. Oder mal ganz praktisch: Wir Menschen versuchen ja immer zu erklären, warum die Dinge so sind, wie sie sind. Dabei klopfen wir systematisch die Erklärungen ab. Bei einigen Dingen kommt man so darauf, dass am Ende des Tages der Unterschied zwischen den Geschlechtern eine wesentliche Erklärung liefert. Im Sinne der angestrebten Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann ist das ein Fehler, der – insbesondere von Männern – gerne übersehen wird. Beim Tennis würde man sagen Doppelfehler.

    Interessant ist, dass man durch mangelnde Sensibilisierung auch sehr häufig systematisch Chancen verschenkt. So gibt es in der Welt da draussen einige Produkte, die bislang nicht an eine weibliche Zielgruppe vermarktet werden, weil die Entscheider primär männlich sind. Eine Analyse des eigenen Produkt- und Serviceportfolios unter Gender-Gesichtspunkten brächte hier einige Vermarktungschancen zu Tage. Warum man das trotz angespannter Wirtschaftslage nicht tut? Weil es leichter ist, das Thema Gender auf Mario-Barth-Niveau zu diskutieren.

  3. Hmm. Und wo ist der Vorteil in unserem Umfeld? (Stammtisch-Niveau: Wir bekommen auch nicht mehr Frauen, wenn wir das G36 schick in Pink anmalen 😉

    Das Wort „schädlich“ bitte nicht (ganz) falsch verstehen. Ich bin ja begeistert von Gleichberechtigung. Wenn ich allerdings in die ZDv 44/10 [überarbeitete Version] sehe, dann dreht sich mir alles um. (Stichpunkt: Der Leitende bzw. die Leitende weist den Soldaten bzw. die Soldatin….)

    Und das ist es, was ich im Moment vor allem an „Gender Mainstreaming“ zu spüren bekomme: Ich kann die Vorschrift nur noch mit Mühe lesen, brauche oft einen zweiten Anlauf, um den Inhalt zu erfassen.
    Sowas soll und darf nicht das Ergebnis der (berechtigten) Forderung nach Gleichberechtigung sein.
    Wenn es nach mir ginge (was es ja bekanntlich nicht tut), dann sähe die Lösung zur Gleichberechtigung einfach so aus, dass ALLE MÄNNLICHEN Funktionsbezeichnung (generisches Maskulinum) durch ihr WEIBLICHES Pendant ersetzt würden (generisches Femininum). Das machen wir als Ausgleich für 46 Jahre ohne Frauen einfach die nächsten 46 Jahre lang und dann
    a) interessiert es mich eh nicht mehr
    b) überlegen wir uns was schönes.

    Kurz: „schädlich“, weil es das lesende Verständnis der Vorschriften erschwert

  4. Eine Frage ist doch: Warum erschwert Ihnen das das Lesen? Die Witzmail mit den völlig verdrehten Buchstaben, bei denen nur der erste und letzte an richtiger Stelle stehen, versteht doch auch jeder. Und ja, natürlich, die Reduktion auf sprachliche Formulierungen wird dem Kern der Debatte nicht gerecht, weshalb ich sie hier auch nicht führen will.

    Was mir aber wichtig ist: Was können wir über Konflikte lernen? Was über Führung? Warum sind wir bereit, zu kämpfen? Woher rühren Ressintements gegen Homosexuelle, etc? Alles spannende Fragen, für die wir bisher nicht die Antworten haben, weshalb wir es uns schlicht und einfach nicht erlauben können, nicht alle Perspektiven beleuchtet zu haben. Das interessiert mich auch über die kommenden 46 Jahre hinaus (bzw. meine Kinder und Enkel).

  5. „Wenn es nach mir ginge (was es ja bekanntlich nicht tut), dann sähe die Lösung zur Gleichberechtigung einfach so aus, dass ALLE MÄNNLICHEN Funktionsbezeichnung (generisches Maskulinum) durch ihr WEIBLICHES Pendant ersetzt würden (generisches Femininum).“

    Tatsächlich wäre das auch sprachlich die korrekteste Variante (und ästhetisch auch… was? Ich hab mal unter anderem Literaturwissenschaft studiert ;)), denn im Gegensatz zu „die Lehrer“, das Lehrerinnen ausschließt, schließt „die Lehrerinnen“ auch die Lehrer mit ein und man spart sich „Liebe Lehrerinnen und Lehrer…“ Außerdem beschreibt Sprache zwar zuallererst Gesellschaft, kann sie aber auch verändern, wenn wir sie lassen.

    Es ist doch so: Letztendlich bedeutet das generische Maskulinum, dass wir zum Beispiel einen Großteil der Berufsgruppen vorrangig als männlich dominiert bzw. männlich zugewiesen empfinden (traurigerweise sind die Berufe, die das generische Femininum bekommen, alles Berufe mit wenig Gehalt, viel anstrengender Arbeit und wenig Sozialprestige… oder seit wann reden wir generisch von Putzmännern und Altenpflegern?). Würde man das ändern… würde sich vielleicht wirklich auch etwas an der geschlechtlichen Zusammensetzung einiger Berufsgruppen (Ingenieurinnen, Informatikerinnen, Soldatinnen…) ändern, weil sie dann nicht mehr als vorrangig männlich dominierte Berufe wahrgenommen würden.

    Dankenswerterweise hat Herr Stoltenow schon schön beleuchtet, warum es überhaupt wichtig ist, dass zum Beispiel solche Podien geschlechterausgeglichen besetzt werden sollten (ich glaube zum Beispiel nicht, dass das Ungleichgewicht nur daher kommt, dass es zu wenige Frauen gibt, die sich mit dem Thema auskennen… sie werden nur schlicht und ergreifend weniger wahrgenommen, weil das Thema in unseren Köpfen praktisch rein männlich zugewiesen ist). Ich hoffe mal, die AIK hat auch bei WIIS.de (das deutsche Chapter von Women In International Security) nach Referentinnen angefragt. Falls das nicht der Fall war… könnten Sie sie ja mal darauf hinweisen, Herr Stoltenow 😉

  6. Liebe Marlene, die Frage, ob die AIK bei WIIS.de nachgefragt hat, können Sie ganz bestimmt selbst beantworten. 😉

  7. Traurigerweise nicht… mein WIIS-Mitgliedschaftsantrag ist noch in Bearbeitung 😉 Mein Gefühl sagt mir, dass die AIK nicht angefragt hat, aber ich lass mich gerne positiv überraschen…

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