Merkels Media Markt

Die Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Afghanistan-Engagement Deutschlands war gut. Was sie aber entgegen anderslautender Darstellung nicht enthielt, war eine Strategie – zumindest keine für Afghanistan. Warum? Folgen wir für einen Moment der behaupteten und so genannten Weisheit der Massen auf Wikipedia. Demnach ist eine Strategie „ein längerfristig ausgerichtetes planvolles Anstreben eines Ziels unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel und Ressourcen.“ Als simpel gestrickter Fallschirmjäger habe ich mir für den Hausgebrauch eine einfache Formel zurechtgelegt: Strategie ist, was ich tun will, Taktik ist, wie ich es tun will. Elemente von beidem enthält auch Merkels Regierungserklärung. Etwas Entscheidendes aber fehlt, oder ist zumindest hinreichend vage: Das Ziel. Zu mehr als den unscharfen Formulierungen „Übergabe in Verantwortung“ und „Schaffung eines sicheren Umfelds“ haben sich weder die Vereinten Nationen noch die Bundesregierung bekannt. Darüber können auch die konkreten Zahlen, die Merkel genannt hat, nicht hinwegtäuschen.

Symbolpolitik

Ein Teil des Problems ist, dass Deutschland schlicht und einfach nicht strategiefähig ist. Dazu ist sowohl der materielle als auch finanzielle Beitrag, den Deutschland in Afghanistan leisten kann und will, nicht bedeutend genug. Das deutsche Afghanistan-Engagement ist vor allem ein Solidaritätsbeweis gegenüber den USA. Das ist wichtig, erlaubt uns aber nicht, strategische Ziele in Bezug auf Afghanistan zu formulieren. Das, was Merkel und ihre Minister präsentiert haben, ist als Strategiesurrogat das Ergebnis einer nach Innen gerichteten – dann doch – Kommunikationsstrategie. Ihr Ziel: Den öffentlichen Diskurs so zu beeinflussen, das es der SPD fast unmöglich gemacht wird, dem Mandat nicht zuzustimmen, ohne den bisherigen sicherheitspolitischen Konsens aufzukündigen. Genau weil das zu gelingen scheint, war Merkels Regierungserklärung gut. Aber sie ist nicht ohne Vorbild.

Wählerverwirrung im politischen Kaufhaus

Blaupause für die politische Rhetorik Merkels sind die Werbekampagnen von Elektronikhändlern, Baumärkten und Möbelhäusern. Diesen ist es durch die permanente Beschallung mit Supersonderpreisen und Rabatten auf alles außer Tiernahrung gelungen, dem Verbraucher jegliches Gefühl für faire Preise zu nehmen. In Merkels sicherheitspolitischem Media Markt wird das erreicht, in dem möglichst viele vermeintlich konkrete Ziele genannt werden – Straßenbau, Wiederaufbauhilfe, Schülerzahlen -, wohl wissend, dass weder ein größeres öffentliches Interesse besteht, noch die dafür nötigen Berichtsstrukturen vorhanden sind. Manchem mag das bedauerlich erscheinen, aber es ist auch Staatskunst. Es ist nicht unplausibel, davon auszugehen, dass dieser Plan auch Guido Westerwelle durch die Afghanistan-Konferenz in London tragen wird. Wer sich dagegen für die wirkliche Afghanistan-Strategie der westlichen Staatengemeinschaft interessiert, wird woanders suchen müssen: In Washington.

3 Gedanken zu „Merkels Media Markt

  1. Staatskunst!? Man glaubt ja immer noch, dass sie die höchste aller Künste sei. Mag sein oder auch nicht. Dass aber nun Merkel’s „fauler innenpolitischer Kompromiss“ als Staatskunst zu sehen wäre, scheint mir doch sehr abwegig. Die von Merkel angestrebte parlamentarische Gemeinsamkeit geht zu Lasten einer klaren Zielsetzung und der Soldaten in Afghanistan. Die Truppe wird mal eben in Schutz-und Ausbildungsbataillone umstrukturiert und soll dann aus dem Stand die afghanische Bevölkerung schützen und gleichzeitig die afghanische Armee ausbilden. Alles natürlich nicht „offensiv“, daher auch weiter mit unzulänglicher Ausstattung. Eine Eier-legende-Wollmilchsau ist nichts dagegen. Dafür weiß Herr zu Guttenberg jetzt, was Kabinettsdisziplin bedeutet. Und die Amerikaner? Die werden jetzt im deutschen Verantwortungsbereich das Kämpfen für die Deutschen übernehmen. Angeblich unter deutschem Kommando. Dann kämpfen amerikanische Soldaten unter dem Kommando des Landes, das den Kampfbeitrag mit eigenen Soldaten verweigert. Bündnissolidarität auf Gutmenschenart! Und die FDP? Die ist stolz, dass die neue Strategie die“Handschrift der FDP“ trägt. Gut zu wissen.

  2. Nachden nun statt 2500 offensichtlich 5000 Mann und ein General in den Norden kommen sollen, ist es m. E. eh nur eine Frage der Zeit bis das die USA auch noch übernimmt.

    Aber wir bleiben ja streng defensiv. 🙂

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