Willkommen in der Arena

Ab jetzt wird zurückgesendet. Thomas Wiegold hat die Web-Seite des ehemaligen Inspekteurs Streitkräftebasis, Hans- Heinrich Dieter gefunden, und was dort zu lesen ist, zeigt nicht nur, was erfahrenen Offizieren passiert, wenn sie quasi ad hoc am Nasenring durch die Medienarena geführt werden, sondern auch, warum die Organisation Bundeswehr im Vergleich zur Organisation Regierung kommunikativ so schwach ist. Vor allem aber zeigt sie, dass Dieter dringend professionelle Hilfe braucht, wenn er nicht in der Ecke der Verschwörungstheoretiker landen will.

Dieter versucht, seine Sicht der Dinge auf seine Entlassung und die seines Kameraden Ruwe durch Verteidigungsminister Jung zu schildern. Anstatt sich aber auf eindeutige Kernaussagen zu fokussieren, bedient er sich unterschiedlicher Stilformen, die er nicht beherrscht und lässt echte und kaum unkenntlich gemachte Personen in einem Drama fast Shakespear´schen Ausmaßes auftreten, ohne auch nur annähernd so begabt zu sein, wie der Dichter aus Stratford. Die Konsequenz: eine klare Botschaft dringt nicht durch. Was tatsächlich oder vermeintlich passiert ist, ist extrem schwer nachzuvollziehen, das Publikum wendet sich ab.

Was Dieter offenkundig nicht weiß, ist, dass er (immer noch) einen Wahlkampf führt, den er schon einmal verloren hat und auch wieder verlieren wird, weil es eben nicht darum geht, wer Recht hat oder nicht, sondern darum, wer die Regeln der Arena am besten beherrscht. Insofern teilt Dieter das Schicksal seines ehemaligen Ministers, der sich ebenfalls – allerdings von Schäuble – zu Beginn seiner Amtszeit hatte vorführen lassen müssen. Dass darüber hinaus die neue Führungsmannschaft vermutlich der Meinung war, einmal im Bendlerblock ordentlich durchkärchern zu müssen, um von eigenen Schwächen abzulenken, hat Dieter auch noch nicht gemerkt. Stattdessen machen er, und seine Dramatis Personae die frustrierende Erfahrung, dass sie mit ihrer naiven Rechtschaffenheit keine Chance haben, den Löwen zu entkommen, geschweige denn sie zu besiegen.

P.S. auch bei mir hat sich der Wehrbeauftragte schon mal für mein Vertrauen bedankt. Danach war es auch weg.

2 Gedanken zu „Willkommen in der Arena

  1. Natürlich lässt sich über die Form immer trefflich streiten. Aber schauen Sie doch bitte in erster Linie auf den Inhalt. GL a.D. Dieter will ja kein Drama schreiben und unterhalten, sondern darstellen, was passiert ist und wie es auf ihn gewirkt hat. Das Geschehen war so komplex, wie es beschrieben wird. Es ist halt ein Stück aus dem Tollhaus, das keinen dramaturgischen Regeln folgt. Wenn Wahrheit publikumswirksamer wäre, hätten die Medien längst auf diesen Fall aufgeschaltet. Viele Journalisten kennen den Fall, aufgegriffen wurde er nur sporadisch. Wäre der Bundestag nicht durch die große Koalition gelähmt, gäbe es längst einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss wie im Fall Dr. Kießling.

  2. Das Stück folgt dramaturgischen Regeln, und zwar denen eines Wahlkampfes. Damit muss es nicht in erster Linie die Frage nach Wahrheit beantworten, sondern die, wer gewinnt. Das wird vor allem deutlich, wenn Sie sich das alternativen Ende der Geschichte anschauen, und zwar beginnend NACH der Indiskretion gegen Dieter. Hätte Dieter gewonnen, wäre der Minister entweder extrem geschwächt oder weg, Dieter aber auch.

    In Bezug auf das Medieninteresse wage ich folgende Prognose: In dem Moment, in dem ein einigermaßen belastbares Urteil vorliegt UND der Minister Schwäche zeigt, werden sich Medien der Sache annehmen. Allerdings nicht, um Dieter zu rehabilitieren sondern um Jung zu stürzen. Das ist die „Wahrheit“, die das Publikum interessiert.

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