Pubertärer Protest – die re:publica will nicht mit der Bundeswehr spielen

Nachdem die Bundeswehr im vergangenen Jahr noch ganz überrascht war, dass es die re:publica überhaupt gibt, wollte sie in diesem Jahr gut vorbereitet sein auf Deutschlands größte zivilgesellschaftliche Konferenz zum Leben in der digitalen Welt. Dumm nur, dass die Veranstalterinnen und Veranstalter sie nicht mitspielen lassen wollten. Warum, das lässt die Bundeswehr auf ihren Kanälen, die sie zur Propaganda nutzt, unerwähnt. Dort heißt es nur, den Soldaten sei der Zugang in Uniform verwehrt worden.

Die Version, die Johnny Haeusler, einer der Erfinder der re:publica erzählt, klingt etwas plausibler.Auf Twitter schreibt er:

Wir möchten keinen Rekrutierungsstand auf unserer Veranstaltung. Und Debatten mit verschiedenen Akteuren wollte die BW nicht.

Und wisst Ihr was, liebe Leserinnen und Leser: Angesichts des Auftritts, den die Truppe vor der Station hinlegt und der Art und Weise, wie sie auf den sozialen Medien darüber spricht, gibt sie den Macherinnen und Macher der re:publica im Nachhinein recht. Die Bundeswehr wollte eine zutieftst zivilgesellschaftliche Veranstaltung zur Abspielstation ihrer plumpe Nachwuchswerbung machen und heult nun rum, dass man sie dort nicht haben wollte.

Eine staatliche Institution, die sich wie ein beleidigter Pennäler aufführt, weil sie nicht mitspielen darf, weil sie sich nicht an die Spielregeln halten will, ist intellektuell in der Pubertät stecken geblieben. Wer auch immer das im Ministerium freigegeben hat, ob dessen Sprecher Jens Flossdorf oder der Verantwortliche für die Arbeitgebermarke der Bundeswehr, Dirk Feldhaus, oder jemand anderes – ihnen fehlt die sittliche Reife, die es in dieser Position braucht.

Und, liebe re.publica: Obwohl sich die Bundeswehr hier aufführt, wie die Axt im Wald – Ihr solltet wirklich überprüfen, von wem Ihr wofür Geld nehmt und einheitliche Maßstäbe anlegen, denn auf dem Spielplatz sieht es auch scheiße aus, wenn man immer nur dem reichen Kind, mit dem niemand spielen will, eine reinhaut.

13 Gedanken zu „Pubertärer Protest – die re:publica will nicht mit der Bundeswehr spielen

  1. > Eine staatliche Institution, die sich wie
    > ein beleidigter Pennäler aufführt

    ist zweitrangig. Und die von Dir geforderten „einheitliche Maßstäbe“ sind ja gerade abzulehnen. Eine Armee ist kein normales Unternehmen. Gute Aktion der re.publica. Ich empfehle Eugen Drewermann

    https://www.youtube.com/watch?v=Jpken853hlQ

    • Nein, keine gute Aktion der re:publica. Empfehlung: Mal nachdenken, was republica eigentlich heißt, und dann überlegen, was das im Endeffekt bedeutet. Aber das passt ja nicht ins festgefahrene Weltbild, nicht wahr?
      Die Bundeswehr als Paria zu behndeln, ist ja mittlerweile Mode. Und dementsprechend wohlfeil sind solche billigen Aktionen…

      • „Bundeswehr als Paria zu behandeln“ hat ja in Wirklichkeit keiner gemacht. Sie haben sich nur selbst so inszeniert. Sahen allerdings am Ende nur aus wie irgendwelche Machodudes, die quengeln weil sie nicht ins Frauencafé dürfen.

  2. „… lässt die Bundeswehr auf ihren Kanälen, die sie zur Propaganda nutzt, …“ An dieser Stelle habe ich aufgehört zu lesen. Der Autor hat sich m.E. damit selbst disqualifiziert, zumal er es definitiv besser weis, mithin Propaganda definieren kann.

    • Halten wir uns doch mal an die Bundeszentrale für politische Bildung: „Charakteristisch für Propaganda ist, dass sie die verschiedenen Seiten einer Thematik nicht darlegt und Meinung und Information vermischt. Wer Propaganda betreibt, möchte nicht diskutieren und mit Argumenten überzeugen, sondern mit allen Tricks die Emotionen und das Verhalten der Menschen beeinflussen, beispielsweise indem sie diese ängstigt, wütend macht oder ihnen Verheißungen ausspricht.“ (Quelle: http://www.bpb.de/gesellschaft/medien-und-sport/krieg-in-den-medien/130697/was-ist-propaganda)

      Ich sage mal: Die Aktion der Bundeswehr trifft das ziemlich gut. Sie stellt den Sachverhalt einseitig dar. Sie hat in zumindest einem Fall einen nicht-aktiven Reservisten im Vorfeld informiert, der dann wiederum die Informationen versucht hat, bei Multiplikatoren zu platzieren und sie hat ein Motiv – „Wir kämpfen auch dafür, dass Du gegen uns sein kannst“ -, das in Folge eines Angriffs auf den Bundeswehr-Showroom in Berlin entstanden ist, auf die re:publica angewandt und damit suggeriert, die re:publica habe die Bundeswehr angegriffen. Das ist nicht nur Propaganda. Das ist perfide.

      • Leider haben Sie mit Ihrer Antwort das Thema verfehlt, Herr Stoltenow. Nochmal das Zitat, hier etwas enger gefasst, damit meine Kritik an Ihrer Formulierung noch klarer wird: „…auf ihren Kanälen, die sie zur Propaganda nutzt…“. Sie unterstellen der Redaktion der Bundeswehr wider besseren Wissens, sie nutze die (bspw. Social Media-/Online-)Kanäle zur Propaganda und agiere damit außerhalb der zulässigen Öffentlichkeitsarbeit als Verfassungsorgan. Gerne dürfen Sie nun noch einmal ihre Definition der BPB heranziehen, auch wenn Sie persönlich natürlich auch die einschlägige militärische Definition von Propaganda kennen. Es ist schon abwegig, wie Sie als ehemaliger OpInfo-Offizier hier argumentieren: „In den letzten beiden Jahren seiner Dienstzeit war er Redakteur bei der Truppe für Operative Information“. (http://www.theeuropean.de/stoltenow)

        Wir kennen uns persönlich, auch wenn das länger her ist. Insofern erlaube ich mir diese deutlichen Worte.

        • Andreas, ja wir kennen uns, und genau die Stelle, die Du zitierst, habe ich bewusst so formuliert. Denn in der Tat vermute ich, dass die Bundeswehr in diesem Fall ihre Kanäle zumindest am Rande dessen nutzt, was zulässig ist. Ist alles, was die Bundeswehr auf ihren Kanälen macht, Propaganda? Nein, bei weitem nicht. Aber eben weil ich zwei Jahre bei OpInfo gedient habe (und vorher 10 Jahre in der Fallschirmjägertruppe), sehe ich hier eine Grenze überschritten. Ob das so ist, werden wir hoffentlich sine ira et studio in der Folge klären.

          • „… in diesem Fall …“ — Danke für diese wichtige Konkretisierung! Ich hatte die Aussage zuvor als Pauschalkritik aufgefasst.

            Versöhnliche Grüße AJ

        • an dieser Stelle noch etwas Verfassungskunde:
          Die Bundeswehr ist kein Verfassungsorgan.

          Organe der Bundesrepublik Deutschland sind:
          der Deutsche Bundestag (Abschnitt III des Grundgesetzes, Art. 38–48)
          der Bundesrat (Abschnitt IV des Grundgesetzes, Art. 50–53)
          der Bundespräsident (Abschnitt V des Grundgesetzes, Art. 54–61)
          die Bundesregierung (Abschnitt VI des Grundgesetzes, Art. 62–69)
          das Bundesverfassungsgericht (Art. 93, 94, 99, 100 des Grundgesetzes)

          Die sog. nichtständigen, d. h. nicht zentralen Verfassungsorgane auf Bundesebene:

          der Gemeinsame Ausschuss (Abschnitt IVa. Art. 53a)
          die Bundesversammlung (Abschnitt V des Grundgesetzes, Art. 54)

  3. Ich habe selbst die Unform getragen. Und kenne den Unterschied von in Uniform und Privatperson und muss hier mal darauf hinweisen, dass zwischen einer Teilhabe an der inhaltlichen Diskussion und der Rekrutenwerbung ein erheblicher und erkennbaren Unterschied besteht. Ohne die Uniform ist der Soldat eben privat. Die Republica hat sich nicht der Auseinadersetzung mit der Bundeswehr verweigert. Ein Angebot zur Auseinandersetzung selbst in einem Podiumsgespräch bestand doch schon letztes Jahr. Aber dazu hätte halt auch jemand mit Aussagewert und Entscheidungskompetenz auftreten müssen, dann wäre dies aber auch ein Feld der politischen Arbeit. Diesem wollte sich aber niemand von seiten und für die „Parlamentsamee“ stellen. Themen wie Cyperwar, Hack-Back und unbedingbare Sicherheitlücken in der IT-Security und Anderes waren den Verantwortlichen wohl zu heiß um sie auf der Republica zu diskutieren. Dann diese Stunt im flecktarn Kampfanzug durchzuziehen und gleichzeitig dies im Netz mit Twitter und Öffentlichkeitsarbeit zu orchestrieren erinnert schon dem Einsatz der Bundeswehr als Propagandatruppe. Und weil die Truppe in Uniform auftrat hatte sie wohl auch einen Befehl oder eine Anordnung dazu. Sie sprach und handelte also im Namen der Bundeswehr. Ich finde es besorgniseregend das hier von Seiten der Bundeswehr gegen einen zivilen Veranstalter in den Internet- und Infowar gezogen wird. Diese Arme ist eigendlich dazu da, die Zivilbevölkerung vor solchen Kräften zu schützen. So legitimiert sich die Truppe wirklich nicht. Vieleicht sollten einige an dieser Aktion beteiligten Offiziere ihre Unform wirklich ablegen und zwar auf Dauer.

  4. Das, was die Bundeswehr hier abgezogen hat, erinnert mich stark an den Deutschen Soldatensender 935, nur eben mit moderneren Mitteln.

    • Naja, die Bw hat mit der re:publica halt das gemacht, was eben genau dieses Milieu gerne mit dem Staat oder konservativen „Gegengruppen“ macht.

      Ich halte es nicht unbedingt für angemessen, dass sich die Bw auf diese Art am Diskurs beteiligt, aber es war sicherlich weder unzulässig noch untypisch für eben jene Veranstalter.

      Von daher muss ich ehrlich gesagt etwas schmunzeln über das entrüstete, ja fast schon weinerliche Verhalten der re:publica und mancher Kritiker hier…

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