Zensur zensiert

Ein Kommentar, der am 20. Juli 2012, im Deutschlandradio ausgestrahlt und auf dessen Website veröffentlicht worden war, ist dort wieder zu finden. In dem Radiobeitrag hatte der Journalist Klaus Pokatzky den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Hellmut Königshaus, kritisiert. Daraufhin hatte dieser sich am 23. Juli in einem Brief (nachzulesen bei Thomas Wiegolds Augen geradeaus!) sowohl an Pokatzky als auch die Gremien des Sender gewandt und gefordert, den Kommentar zu löschen. Das geschah dann auch, sorgte aber, nachdem der Vorgang am 3. August öffentlich wurde, für empörte Reaktionen in einigen Medien. Am 6. August schließlich erklärte der Chefredakteur von Deutschlandradio Kultur, Peter Lange, dass die Entscheidung der Redaktion des Deutschlandradios, den Kommentar zu löschen, falsch gewesen sei. Nun ist der Beitrag wieder online.

39 Gedanken zu „Zensur zensiert

  1. Offenbar haben sich die Qualitätsstandards des Deutschlandradios innerhalb von 48 Stunden mehrfach verändert. Respekt, so viel Dynamik und Flexibiltät hätte ich dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gar nicht mehr zugetraut!

  2. Man hat offensichtliche die rechtlichen Probleme im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Vorgehen erkannt. Jetzt fehlt nur noch die Abstellung des auslösenden Problems…

  3. Sturm im Wasserglas, der außerhalb gewisser selbstverliebter medialer Kreise nicht wahrgenommen worden ist.

  4. Der „Sturm im Wasserglas“ wird wohl diesem Vorgang nicht gerecht, da der Herr Wehrbeauftragte hier versucht hat, mit einem Hurrican vorzugehen, um bei diesen Bildern zu bleiben. Schon merkwürdig, dass hier ein solcher Ton angeschlagen wird. Die Reaktion zeigt doch zumindest, dass hier entweder die Souveränität fehlt oder eine ziemliches Ego am Werke war. Die Empfehlung kann – zumindest nach den klassischen Regeln der Krise(nkommunikation) – nur lauten, Gelassenheit einkehren zu lassen oder sich einen presseverständigen Mitarbeiter zu suchen. Im übrigen verweise ich hinsichtlich der „Bewertung“ auf die treffende Kommentierung des Bendler-Bloggers.
    Diesem und Herrn Wiegold Dank dafür, dass das Geschehen breit kommuniziert wurde (und wahrgenommen werden konnte).

  5. Zwei Blogs entsprechen einer breiten medialen Wahrnehmung?
    Auf die Reichweitenanalyse bin ich ja mal gespannt.

  6. Qualitative Reichweite zählt, und wenn es schon gelingt, blaue Klause hier zum Kommentieren zu bewegen, erreicht dieses Blog bereits deutlich mehr, als ich es beim Start vor 5 Jahren zu hoffen gewagt hätte.

  7. Blaue Klause sind eigentlich passive Leser, nur wenn sich zwei Blogbetreiber stets als angebliches Qualitätsmerkmal gegenseitig zitieren, dann werden blaue Klause auch schon mal zu kritischen Fragenstellern.

  8. Ähem, wenn dieses Blog eine Qualität hat, dann ist dies in der Nutzung durch die Leserinnen und Leser dokumentiert, nicht in der Zitation eines anderen Blogs.

  9. Der einzigen Quelle, die den Brief des Wehrbeauftragten im Wortlaut veröffentlicht hat. Oder sind blaue Klause Anhänger des KT, der ja gerne mal ohne Quelle und so?

  10. @Der blaue Klaus
    „Sturm im Wasserglas, der außerhalb gewisser selbstverliebter medialer Kreise nicht wahrgenommen worden ist.“

    Das würde zumindest dem vordigitalen Denken in bestimmten Ministerien so gefallen, wo man Blogs für grundsätzlich für irrelevant hält. Dass bereits ein Verteidigungsminister über das Web 2.0 gestürzt ist, scheint man dort schlicht und einfach verschlafen zu haben. Der Hinweis auf die „Reichweitenanalyse“ sagt diesbezüglich alles über das verengte Denken dort. Die Herren Wiegold und Stoltenow dürften nahezu 100% der mit Sicherheit und Verteidigung befassten Journalisten, der Mitarbeiter von Abgeordneten im Verteidigungsausschuss, der PR-Abteilungen der Verteidigungsindustrie sowie der mit sicherheitspolitischem Bezug tätigen Mitarbeiter der Parteizentralen etc. erreichen. Dass sind vielleicht zusammen nur ein paar hundert Personen, aber das hat auch in diesem Fall ganz offensichtlich Wirkung gezeigt. Wer nicht ganz hinter dem Mond lebt, hat schon seit langem verstanden, dass durch die gezielte und glaubwürdige Ansprache der „Opinion Leaders“ manchmal mit relativ wenig Mitteln sehr viel Wirkung erzeugt werden kann. Mal schauen, ob die Dinosaurier-Fraktion nach dem nächsten Rücktritt dazulernt. Falls nicht, freue ich mich auf weitere spaßige Demontagen von Personen, die noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen sind.

  11. @Orontes

    Problematisch wird diese „Diktatur des Blogs“ jedoch spätestens dann, wenn sich Blogbetreiber dazu berufen fühlen, Rücktrittsforderungen zu formulieren.

    @Sascha Stoltenow

    Meine verbliebenen drei Haare sind nicht wirklich KT-tauglich.

  12. @Der blaue Klaus
    „Problematisch wird diese “Diktatur des Blogs” jedoch spätestens dann, wenn sich Blogbetreiber dazu berufen fühlen, Rücktrittsforderungen zu formulieren.“

    Als ich das letzte Mal ins Grundgesetz schaute, fiel das noch unter Meinungsfreiheit, und Kritik an der Regierung galt nicht als verwerflich, sondern als wichtiger Bestandteil funktionierender Demokratie. Aber natürlich regiert es sich ohne Widerspruch durch das niedere Volk leichter. Vergessen Sie aber bitte nicht, dass es in Deutschland noch Menschen gibt, die ihren Eid auf „das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes“ sehr ernst nehmen.

  13. So blau, zu glauben, dass die von mir formulierte Rücktrittsforderung auch nur die geringste politische Relevanz hat, bin nicht mal ich. Dennoch ist sie mir als Reserveoffizier und Bürger wichtig. Aber hey, wer weiß, bis zum 3.8. hätte ich auch nicht geglaubt, dass der Wehrbeauftragte das Deutschlandradio auffordert, einen Beitrag zu löschen.

  14. @Orontes und Thomas Wiegold: In diesem Fall kommt die Kritik doch aus der Regierung und trifft ein Hilfsorgan der Legislative. Wer sonst außer der Bild soll diesen „Erfolg“ für sich proklamieren? Sie haben den Spin aus dem Presseinfostab als erstes aufgegriffen. Und bei aller Wertschätzung der Blogs erreicht die BILD eine andere Außenwirkung. Nicht umsonst haben sich der Presseinfostab und Herr Pokatzky dieses Mediums bedient.

    Dass D-Radio erst den Kommentar ohne den Hinweis auf die Rolle des Kommentatoren sendet und ins Netz stellt, ist ebenso wenig professionell wie die Löschung. Der Gipfel der Peinlichkeit ist aber die Selbstdistanzierung von der eigenen Entscheidung und der dazugehörigen Argumentation. Diese deckt sich in keiner Weise mit den öffentlichen Einlassungen des Senders. Es stellt sich die Frage, ob D-Radio auch in Zukunft Kommentare von Mitarbeitern des BMVg, die dessen Kontrollorgan kritisieren, ohne jeden Hinweis auf den Doppelhut sendet oder ob man aus dem Fall etwas gelernt hat.

  15. Wow: „Diktatur des Blogs“! Seine Meinung öffentlich zugänglich zu machen, ist „Diktatur“!? So ganz scheint Der blaue Klaus die Grundprinzipien unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht verstanden zu haben.
    Er hält es wahrscheinlich auch für blöd, dass das von Frau von der Leyen betriebene Gesetz zu Stoppschildern im Internet wieder kassiert wurde. Da hätte Herr Königshaus nur einfach bei der Zentralstelle zur Sperrung unerwünschter Inhalte, früher hieß das Zensor, anrufen können und Blogs wie dieser oder der von Herrn Wiegold hätten ein Stoppschild zwecks Sperre verpasst bekommen. Wo kommen wir denn hin, wenn das einfache Volk seine Meinung äußern und dann auch noch öffentlich zugänglich machen kann … Der blaue Klaus unternimmt hier einen unverhohlenen Versuch, unsere grundgesetzlich garantierten Freiheitsrechte in Frage zu stellen.

    Wer mit der Macht des freien Wortes nicht umgehen kann, hat in öffentlichen Ämtern nichts zu suchen. Ein Rücktritt des aktuellen Wehrbeauftragten ist daher wohl überfällig.

  16. Ich würde ja lachen, wenn sich die IP des blauen Klaus in der organisatorischen Nähe des Wehrbeauftragen finden würde. Oder sollte da tatsächlich ein Troll so schlau sein, für solche Zwecke eine dynamische IP zu verwenden…?

  17. Wenn ich Zeit habe, werde ich die Tage mal die wahre Geschichte dieser Verschwörung im Dreieck BMVg, AIK und OpInfo aufschreiben. Das einzige Detail, das mir noch fehlt, ist eine plausible Begründung, wie es gelang, den Wehrbeauftragten diesen bescheuerten Brief schreiben zu lassen …

  18. Hallo.

    Ich hatte das Thema erst nicht auf dem Schirm und hatte zuerst den Brief des Wehrbeauftragten gelesen. Und dachte: meine Fre**e. Was muss das denn für ein Angriff, für ein Beleidigungsschreiben sein, das einen Bundestagsabgeordneten so sehr dazu bringt schriftlich auszurasten.
    Voller Spannung und mit Angst habe ich dann den Ursprungskommentar gelesen und muss feststellen:
    Kritischer Artikel ja, aber in der Sache richtig.
    Da musste ich mir als Repräsentat dieses Landes auf der Ebene des Bendler-Bloggers aber schon ganz andere Sachen anhören, unter anderm dass ich pauschal ein Mörder sei, etc.

    Ganz ehrlich. Es ist schade dass Herr Robbe nicht weiter gemacht hat, hochkompetent, interessiert und im Amt auch überparteilich gewesen.

    Es ist einfach nur traurig, was sich da abspielt und zum Glück aufgedeckt wird.

  19. Meine Reichweitenanalyse ergibt BILD, BILD online, Spiegel online, TAZ, TAZ online, Sueddeutsche, Sueddeutsche online, Kölner Stadt-Anzeiger, Meedia.de, heise.de, Bendler-Blog, Augengeradeaus, carta.info, newsroom.de mit redaktionellen Beiträgen und diverse weitere Newsportale sowie special interest Seiten wie turi2.de, radioszene.de und radioforen.de etc.

    Wenn das keine Reichweite ist, dann darf man mich „ahnungsloser Klaus“ nennen 😉 Streisand-Effekt eben.

  20. Für die Weichreiter frisch aus den Analytics:
    – 2.8: zwischen 1500 und 2000 Besuche (Unique Visitors) pro Tag.
    3.8.: 3804
    4.8.: 3229
    5.8.: 4718
    6.8.: 5073

    Danke, Hellmut!

  21. Nicht erst seit Wulf wissen wir, dass so mancher nach dem Überschreiten des Rubikon plötzlich doch alles anders ist und man das ja nicht so gemeint hat. Seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgerudert…

  22. Jetzt mal unabhängig von Visitors, Lesern und sonstigen Reichweiten: Ich finde es ja schon bemerkenswert, wenn sich die Rhetorik in einer Debatte zum Thema Meinungsfreiheit plätzlich hart an der Grenze der selbigen bewegt („Diktatur des Blogs“, „… zur Rücktrittsforderderung berufen fühlt“ etc.). Eigentlich warte ich nur darauf, dass endlich jemand dem Stoltenow die Lizenz zum Bloggen entzieht. Oder ihm zumindest einen 10-seitigen Beschwerdebrief schreibt. Ach nein, ich vergaß, das wird nicht passieren – das ist ja alles gar nicht relevant genug für die Zensur-Beauftragten.

  23. Die „Junge Freiheit“ als Zeichen medialer Resonanz. Ich hab hier noch ein paar Strohhalme, nach denen man greifen könnte… 😀

  24. @Sascha Stoltenow
    Die haben Ihren Blog nun einmal nicht zitiert und scheinen anders als die JF auch grundsätzlich nicht zu fairer Behandlung von Bundeswehrthemen in der Lage zu sein. Vor diesem Hintergrund erschließt sich der Vergleich der beiden Blätter für mich nicht. Passender wäre vielleicht ein Vergleich mit der „taz“ gewesen.

  25. @Tom: Danke sehr. Wenn das so weiter geht, halte ich das ins Internetreinschreiben am Ende auch für relevant 😉

  26. Das Thema ist zwar schon älter, aber zu den vielen Kommentaren wollte ich doch noch was loswerden.

    Wie von allen Seiten auf den blauen Klaus eingehauen wurde, wirkt wenig souverän. Vor allem weil es oft nicht sachlich klang, hat man den Eindruck da fühlten sich einige Leute getroffen. Müssen solche Spitzen sein wie Vergleiche mit BILD und Guttenberg?

    Wieso nicht einfach ruhig und mit vernünftigen Argumenten darauf eingehen? Statt so zu tun als sei jeder der Blogs nicht für das Non-plus-Ultra der neuen Medien hält ein rückständiger Idiot. Ich nutze seit bald 20 Jahren das Internet und denke auch dass viele Blogs daran kranken, dass sich da ein kleiner Zirkel mit sich selbst beschäftigt und im Kreis dreht.

    Dass das auf dieses Blog nicht zutreffen mag, umso besser. Es wäre aber schön gewesen, wenn man das auch an der Qualität der Kommentare erkannt hätte.

  27. @Bur: Danke für den Beitrag, und ein Thema ist immer nur so alt, wie die letzte Äußerung dazu.

    So schlimm hat es der blaue Klaus gar nicht abbekommen, wenngleich ich verstehe, dass diese – vielleicht Blog-typische? – Mischung aus sachlicher Auseinandersetzung und polemischen Spitzen dem gegenseitigen Verständnis nicht immer zuträgllich ist. Und trotz der in der Regel gegenteiligen Argumentation vieler „Qualitätsmedien“, die in dem, was wir hier so treiben, den drohenden Untergang des Abendlandes wittern, befinde ich mich eher nicht in Fundamentalopposition zur analogen Welt. Wie auch? Ich bin ja ein Teil von ihr.

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