Informationen über Afghanistan? – Bestellen Sie sich doch eine Broschüre

Mancher erinnert sich vielleicht. Im Mai 2010 habe ich beim Deutschen Bundestag eine Petition eingereicht, mit der ich eine verbesserte, also vor allem transparentere und kontinuierlichere Berichterstattung der Bundesregierung über den Einsatz deutscher Zivilisten und Soldaten in Afghanistan anregen wollte. Eine zentrale Forderung: Die Bunderegierung möge das Parlament und die Öffentlichkeit vierteljährlich sowohl in öffentlicher Sitzung des Bundestages als auch schriftlich in Form eines Afghanistan-Berichtes informieren, also so, wie das beispielweise die kanadische Regierung getan hat. Nun ist das Petitionsverfahren abgeschlossen. Der Petitionsausschuss des Bundestages empfiehlt, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil – und jetzt wird es interessant – „dem Anliegen teilweise entsprochen wurde.“

War die Petition also erfolgreich? Ich bin da zwiegespalten. Einerseits hat sich seit Mai 2010 in der Tat einiges getan. So informiert das Verteidigungsministerium seit Februar 2011 mit seiner „Unterrichtung der Öffentlichkeit“ interessierte Leser über die Lage in den Einsatzgebieten. Diese wiederum sind eine deutlich abgespeckte Version der wöchentlichen Unterrichtung des Parlaments. Bereits im Dezember 2010 hat das Auswärtige Amt erstmals einen Fortschrittsbericht veröffentlicht und diesen im Juli 2011 mit einem Zwischenbericht fortgeschrieben. Andererseits sind diese Berichte inhaltlich sehr eindimensional – über das, was deutsche Soldaten und Helfer in Afghanistan leisten, erfährt man wenig bis nichts – und gestalterisch alles andere als Glanzstücke der Informationsaufbereitung, und von einer offenen Plattform, die es begabteren Akteuren als dem vonBundespresseamt beauftragten Grafikern, erlaubten, die Daten auszuwerten und zu visualisieren, ist weit und breit nichts zu sehen. Das so etwas prinzipiell möglich ist, zeigt unter anderem eine Open Data-Plattform der US-Regierung. Unter www.data.gov/opengovplatform finden sich unter anderem so sensible Daten wie die Selbstmordrate des US Heeres, um nur ein Beispiel zu nennen. Im Detail kann ich die Plattform nicht bewerten, weil ich kein Open Data-Experte bin, halte sie aber für den Ausdruck einer grundsätzlich richtigen Haltung (vzgl. auch die Kurzmeldung bei Heise).

Deutlich anders ist offenkundig die Haltung des Bundestages bzw. des Petitionsausschusses. Dieser sagt, Bürger und Bürgerinnen könnten Fakten und Daten auf der Webseite des Bundesregierung zu Afghanistan in Erfahrung bringen und sich im Übrigen ja Broschüren über den Einsatz bestellen. Nun ja.

Das Parlament kann sich dagegen deutlich besser informiert fühlen, schließlich erhält es wöchentlich die bereits oben erwähnte „Unterrichtung des Parlaments“ den der Einsatzführungsstab des Verteidigungsministeriums erstellt. Diese Unterrichtug ist als „Verschlußsache – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft, enthält aber nicht wirklich kritische Informationen. Es wäre ein Leichtes, diese Daten freizugeben. Allerdings bilden diese Unterrichtungen nur die militärische Perspektive ab. Darüber, was Auswärtiges Amt, BMZ und Innenministerium über Afghanistan zu berichten haben, findet sich nichts.

Interessant ist ein weiteres Detail des abschließenden Schreibens des Petitionsausschusses. Dieser hat nämlich sowohl den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mehrheitlich abgelehnt, die Petition der Bundesregierung als Material zu überweisen, um eine unabhängige Evaluation des Einsatzes der Bundeswehr voranzutreiben, als auch den Antrag der Fraktion Die Linke, die Petition an das Auswärtige Amt und dem BMZ zu überweisen sowie den Fraktionen des Bundestages zur Kenntnis zu geben. Das heißt: Offenkundig dominieren auch im Petitionsausschuß die Interessen der Parteien, nicht die der Bürger. Ich google jetzt mal „Politikverdrossenheit.“

Wer mag, kann Beschlussempfehlung Petition Berichterstattung über den Afghanistan-Einsatz.

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