Praktikanten-Fernsehen

Knapp 10 Jahre ist es her, dass die Bundeswehr damit begonnen hat, die so genannten Einsatzkameratrupps (EKT) aufzubauen. Ausreichend Zeit, sollte man meinen, gewisse Qualitätsstandards zu definieren und einzuhalten. Warum also, muss man fragen, erinnert ein aktueller Beitrag auf dem hochpolierten YouTube-Kanal der Bundeswehr dann eher an einen Offenen Kanal als an professionelle Arbeit?

Das Thema – Kampf- und Rettungshubschrauber – ist super. Die Bilder sind gut. Selbst die deutschen Protagonisten sprechen flüssig in die Kamera und haben wirklich etwas zu sagen. Umso deutlicher fällt auf, dass der Redakteur weder eine Idee noch Talent dazu hat, aus diesem Material eine gute Story zu machen. Hölzern stammelt der Sprecher sinnentleerte Sätze voller Substantive in sein Mikrofon. Spannung gleich null, und die zentrale Botschaft an das Publikum, dass im Raum Kunduz nun echte Kick-Ass Feurkraft für die Jungs und Mädels am Boden verfügbar ist, geht unter.Unverständlich daran ist gleich zweierlei:
1. Warum ist es nicht möglich, Profis diese Arbeit machen zu lassen?
2. Warum werden die Redakteure, die den YouTube-Kanal betreiben, ihrer Verantwortung nicht gerecht und veröffentlichen solche Praktikanten-Beiträgen erst gar nicht?

Oder will man der Öffentlichkeit vorführen, dass man vor den Bundeswehr-Medienkriegern wirklich keine Angst haben muss?

5 Gedanken zu „Praktikanten-Fernsehen

  1. Das Video bräuchte lediglich einen vernünftigen Sprecher und es wäre ganz passabel. Nicht herausragend, aber ok. Absolut unverständlich wenn man es mit der Arbeit anderer Länder vergleicht.

  2. Der Kartoffelsalat schmeckte wirklich toll, wenn die Mayonnaise nicht schlecht wäre? Es zählt doch das Gesamtprodukt, und um das gut zu machen, braucht es mehr als einen Sprecher. Die entscheidende Frage aber ist, warum die Truppe derart herum dilletieren darf?

  3. Nach ihrem Selbstverständnis und auf dem Papier ist die OpInfo Truppe voll mit Profis.
    scheint sich nur irgendwie nicht ganz in der Arbeit nieder zu schlagen 😉

  4. Als TV-Fachjournalist beurteile ich den Beitrag wie folgt:

    – Der Sprecher spricht wie ein Praktikant bei einem lokalen Rundfunksender während der ersten Gehversuche am Mikrofon (der hier allerdings zurecht nicht on air gelassen würde) – zu gepresst, zu hart, nicht betont … braucht man nicht weiter zu dikutieren. Derjenige, der für das overvoicen zuständig war, ist auch kein Deut besser.

    – Der Aufbau des Beitrages ist unpassend. Einfach eine Aneinanderreihung von Bildern, ähnlich dem Aufbau einer persönlichen Vita. In keinem Fall TV-gerecht, da einfach keine Spannung.

    – Falscher Stil: Nachrichtenbeitrag über 4:38 min? Reportageartiger wäre angebrachter – aber der Grundsatz einer Reportage ist die Heldenreise – hier: Helden ja – Reise sein …

    – Falsche Bilderwahl – Beispiel erstes Bild: Wenn man schon mit einem solchen Beitragsbild anfangen möchte, dann sollte man zumindest auf dem Hubschrauber beginnen und die Kamera aufziehen – es sollte auch genannte werden, warum die Fahnen gezeigt werden … „Seit … Jahren sind auch deutsche Truppen vor Ort“ … also – Bild ohne viel Sinn …

    – Der Sinn fehlt gleichermaßen beim Text: „… Hubschrauber sind ein wichtiger Beitrag zu der Fähigkeit der Luftbeweglichkeit …“ ??? … Glückwunsch zu dieser Erkenntnis, aber das hätte auch Oma Liesel gewusst, für die dieser Beitrag aber wohl nicht produziert wurde. Schlimmeres Beispiel direkt im Anschluss: „… Seitdem Gutenberg die Erweiterung des Flugfeldes offiziell eröffnet hat, ist die Anzahl an Luftfahrzeugen stark gestiegen …“ soweit so gut, wenn auch doppelt, denn das eine besagt schließlich das andere – aber aufgepasst, nach dem Redakteur meinte Gutenberg ja scheinbar gar nicht die deutschen Truppen „… gerade die US-amerikanische Truppen haben in den vergangenen Wochen materiell aufgerüstet …“. Also, nicht nur die Bilder, sondern auch die Wörter werden ein wenig wie ein Puzzlekasten präsentiert. Der gesamte Beitrag strotz von solchen Beispielen – bis zum Schluss: regiert man flexibel mit Kampf- und Rettungshubschraubern auf derzeitige Sicherheitslagen??? … als Laie würde ich meinen es handelt sich um Unsicherheitslagen oder Gefahrsituationen …

    – Und auch der Schnitt ist keine Meisterleistung – Bilder bleiben zu lange stehen und ganz oft gibt es Bild-Text-Scheren. Wenn der Sprecher beginnt über Waffen zu sprechen, müssen auch Waffen gezeigt werden, nicht irgendwann mal … (Schönes Einstiegsbild wäre mal am Rande bei 2:03 gewesen / 3:33 ein zweites) … Knacken bei 2:24 …

    Und nach dem Beitrag: Was ist hängengeblieben? Bei mir sehr wenig. Kein Pilot hat von einem Einsatz erzählt oder sonst etwas – man ist den Leuten da einfach so fern geblieben und das darf in einem solchen Stück nicht passieren.

    Zu den oberen Anmerkungen:

    1. Warum ist es nicht möglich, Profis diese Arbeit machen zu lassen?

    Solche Produktionen gehören meiner Meinung nach tatsächlich in die Hand von Medienprofis. Jahrelange Schulungen im TV-Bereich sind nötig um das Handwerk zu beherrschen – kein „dann mach ich das auch mal, wenn man mich lässt“. Unterstützt werden müssten diese Medienprofis natürlich von Angehörigen der Bundeswehr, denn es geht schließlich auch entscheidend um die Fachlichkeit, aber bitte: Schuster bleib bei Deinen Leisten!

    Also, Outsourcing für solche Produktionen – auf jeden Fall unterstützend, wenn nicht komplett.

    2. Warum werden die Redakteure, die den YouTube-Kanal betreiben, ihrer Verantwortung nicht gerecht und veröffentlichen solche Praktikanten-Beiträgen erst gar nicht?

    Also bitte, es liegt doch nicht in der Hand von YouTube, dass solche Beiträge da gepostet werden. Die haben sicher nicht danach gefragt. Und wenn ein solcher Anbieter direkt so einen Beitrag auf die Seite bekommt, dann wäre es ja eine Unglaublichkeit, wenn die den wieder löschen würden – so als handle man anti Bundeswehr … das käme auch nicht so gut … Es fehlt scheinbar ein Profi bei der Bundeswehr, der solche Dinge erst für eine Verbreitung freigeben müsste.

    Ich habe aufgrund einer Aufforderung meine Einschätzungen hier abgegeben – bin daher auch gern für Kritik offen.

  5. @Redaktionsleiter: Herzlichen Dank für die sehr differenzierte Kritik. Sie ist wesentlich konstruktiver als meine, und ich muss zugeben, dass mir für eine vergleichbare Auseinandersetzung Lust und Zeit fehlen – vor allem, weil wir vor zehn Jahren auf einem bescheidenen Niveau angefangen haben und jetzt feststellen, dass Lernkurven nicht immer nach oben verlaufen.

    Zur Anmerkung zu 2.: Natürlich ist es nicht die Aufgabe von YouTube über Qualität zu entscheiden, sondern eben der Bundeswehr-Redakteure, die den Kanal bestücken. Aber warum nimmt man nicht eben wenig Geld in die Hand, um den Kanal aufzusetzen, verzichtet aber auf Investitionen in die Qualität?

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