Der Minister als Ich-AG

Es ist knapp drei Jahre her, dass die Veröffentlichung der so genannten Schädelfotos durch die Bild-Zeitung dem Bundesverteidigungsminister die Präsentation des Weißbuches verdarb. Konnte man damals noch mit gutem Grund davon ausgehen, dass die Bild-Redaktion den Zeitpunkt gewusst gewählt hatte, kann heute niemand eine Medienkampagne dafür verantwortlich machen, dass erneut Bilder aus einem fernen Land die Agenda dominieren.

Dabei wollte doch Minister Jung heute mit der Einweihung des Ehrenmals der Bundeswehr kurz vor dem Ende seiner laufenden Amtszeit ein ganz anderes Zeichen setzen (siehe auch einen Artikel dazu in der taz). Und in der Tat: Als Zeichen der Anerkennung für die Soldatinnen und Soldaten ist das Ehrenmal richtig. Allerdings sind Zweifel geboten, wem das Ehrenmal wirklich gewidmet ist. In quasi jeder Veröffentlichung des Ministeriums drängt sich eine Person unangemessen nach vorne: Der Minister selbst. So auch in der offizielle Ankündigung des Ministeriums zur heutigen Einweihung. Dort heißt es zu Beginn des zweiten Absatzes: „Bundesverteidigungsminister Dr. Franz Josef Jung, auf dessen Initiative das Ehrenmal errichtet wurde, hat zahlreiche Gäste aus dem parlamentarischen Raum und dem öffentlichen Leben eingeladen.“ Diejenigen, die geehrt werden sollen, sind in den fünften Absatz verbannt.

Man mag diese Kritik kleinlich nennen, und sie wäre es auch, wenn sich darin nicht ein Muster zeigte. Denn wenn es einen Menschen gibt, für den sich Franz-Josef Jung wirklich interessiert, dann ist es er selbst. Und vielleicht ist es genau diese Haltung des Ministers als Ich-AG, die ihn gegen Kritik von Außen immunisiert und damit zur Maxime seines Handelns wird – ohne aber in Anspruch nehmen zu können, dass sie zu einem allgemeinen Gesetz tauge. Dramatisch daran ist, dass er damit den öffentlichen Diskurs über die Bundeswehr domniert.  Die Stimmen aber, die eigentlich gehört werden sollten, die Stimmen der Soldatinnen und Soldaten sowie ihrer Angehörigen finden in unserer Gesellschaft kaum Gehör. Es ist höchste Zeit, dass sich das ändert.

3 Gedanken zu „Der Minister als Ich-AG

  1. Das Bild der Ich-AG finde ich gut und treffend. Der Egoismus des Verteidigungsministers ist in dem Zusammenhang sicher zu erkennen, aber wohl nicht viel stärker ausgeprägt, als bei anderen Politikern in hohen Positionen.
    Zur Ich-AG wurde der Minister durch die Selbstüberschätzung, dass er als Obergefreiter d.R. ja schon alles Wichtige für sein Amt weiß und durch ein schlecht ausgesuchtes Beraterumfeld. Bei Amtsantritt staunte das Ministerium nicht schlecht als die „Hessen-Gang“ und die „Boy-Group“ sehr mühsam die Fäden der unterstützenden Funktionen für den Minister aufnahmen. Der sehr jugendliche Leiter Planungsstab aus dem hessischen Umfeld hatte genauso wenig bundes- und sicherheitspolitische Vorerfahrung wie der Minister. Der beamtete Staatssekretär war „abgeflogen“ und glaubte trotzdem nach ca. fünfjähriger Amtspause nahtlos anknüpfen zu können. Der Pressestab hat es in knapp vier Jahren nicht vermocht, den Minister einigermaßen ansprechend zu präsentieren. Und der Generalinspekteur ist – wie aktuell – in Einsatzfragen möglicherweise kein guter Berater, weil er selbst nie als Soldat im Einsatz war und als Vorgesetzter im Einsatz nie Verantwortung getragen hat. In der Kunduz-Krise hat sich General Schneiderhan bisher entweder weggeduckt oder der Minister hat ihn nicht nutzen wollen, um der Öffentlichkeit die bekannten militärischen Hintergründe und Zusammenhänge aus fachkundigem Mund plausibel erklären zu lassen. Ganz abgetaucht ist der Generalinspekteur allerdings nicht, denn er war bei der heutigen Regierungserklärung im Parlament und hat den erbärmlichen Auftritt seines einsamen Ministers miterlebt. Das war hoffentlich der letzte Auftritt dieser „Ich-AG“ im Parlament, die Kritik seiner Kolleginnen und Kollegen war eindeutig!
    Der Minister wird an den vielen Pannen und Unzulänglichkeiten seiner Amtszeit gemessen werden und nicht an der Initiative zum Ehrenmal und seiner Einweihung, da bin ich inzwischen optimistisch.
    Lesen Sie dazu auch: http://www.hansheinrichdieter.de/Klartext3.html

  2. Na dann schauen Sie sich doch mal die Web-Seiten des Bw OnlinePortals an… Da gewinnt der Begriff Propaganda in seiner Ursprünglichkeit Bedeutung. Kein Wunder, alles sehr glatt, unproblematisch und erfolgreich. Es wird Zeit das sich da etwas ändert.

  3. Es hat schon einige Aussagekraft, wenn der Minister im Lazarett im Einsatzland Autogrammkarten verteilt, statt sich um die Belange der verwundeten Soldaten zu kümmern.

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