Schneiderhan macht es sich zu einfach

Wenn die aktuelle Berichterstattung, beispielsweise in Bild.de und Zeit online den Tenor eines Vortrages von Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan beim Jahresempfang des Wehrbeauftragten der Bundesregierung richtig wiedergibt, macht er es sich zu einfach. Angeblich kritisiert Schneiderhan die mangelnde Einsatzbereitschaft von Soldaten, und führt als Beispiel u.a. Beschwerden über mangelhafte Ausrüstung wie beispielsweise ungeeigneter Schlafsäcke für den Kongo-Einsatz an, die zwar von medialem Interesse sei, aber „keine parlamentarische Betroffenheit auslösen“ sollte, so Zeit online.

Mit einer solchen Aussage, so sie denn richtig wiedergegeben ist, zieht Schneiderhan – übrigens in der selben medialen Logik – die tatsächlichen Sorgen der Soldatinnen und Soldaten ins Lächerliche und liefert den „mehreren hundert Gästen aus Politik, Bundeswehr, Wirtschaft und Gesellschaft“ quasi frei Haus ein Alibi, um sich wie bisher einer grundsätzlichen Debatte über Sinn und Zweck sowie konkrete Ausgestaltung der Auslandseinsätze der Bundeswehr zu entziehen. Beschwerden über ungeeignete Schlafsäcke sind so alt, wie die Bundeswehr. Erhebliche private Ausgaben von Soldatinnen und Soldaten für bessere Ausrüstung ebenfalls (man braucht dazu nur die wachsende Zahl von Anbietern militärischer Ausrüstung nachvollziehen. Beides sind aber nur Symptome einer wachsenden Unzufriedenheit damit, dass es keine starke Stimme in der Öffentlichkeit gibt, die sich das Anliegen der Soldatinnen und Soldaten zu eigen macht. Es wäre bedauerlich, wenn nun auch der Generalinspekteur auf die technokratische und teilweise deligimitierende Richtung der politischen Führung des Verteidigungsministeriums einschwenkte.

Nachtrag:

Stephan Löwenstein bloggt auf Faz.net, dass Schneiderhan gesagt habe, dass es ein „Überangebot an Kümmerern“ gebe, die den Soldatinnen und Soldaten einen „Fluchtweg aus der eigenen Verantwortung“ anböten. Löwenstein bewertet diese Aussage als etwas für ihn Unangenehmes, erkennt also die Medienschelte darin und hält sie also für richtig?

Wie dem auch sei: In einer Parlamentsarmee kann es gar nicht zu viele geben, die sich versuchen, um die Belange der Soldatinnen und Soldaten zu kümmern. Es kann aber zu viele geben, die das aus fragwürdigen Motiven tun, und zu viele, die erkennbar nicht wissen, wovon sie sprechen und schreiben.

4 Gedanken zu „Schneiderhan macht es sich zu einfach

  1. Der Generalinspekteur macht es sich tatsächlich etwas zu einfach. Die Parlamentarier und verantwortlichen Politiker müssen sich intensiv um die Bundeswehr und ihre Soldaten im Einsatz kümmern. Die sicherheitspolitischen, strategischen, konzeptionellen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Einsätze müssen stimmen, da gibt es weiß Gott genug zu kümmern; an sich bleibt da dem Parlament kein Raum für Detailfragen.
    Der Generalinspekteur, mit sehr eingeschränkter Truppenführungs- und ohne Einsatzerfahrung, sollte die Ausrüstungsbelange der Soldaten ernst nehmen, sich nicht mokieren und auftretende Mängel umgehend abstellen lassen.
    Die Medien sollten sich noch intensiver kümmern, durch kritische, die Belange der Soldaten allerdings wohlwollend begleitende Berichterstattung.
    So wäre den Soldaten im Einsatz geholfen!
    (siehe auch mein Kommentar zum diesbezüglichen FAZ-Blog)

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