Die Medienzentrale schlägt zurück – und trifft sich selbst

Das nennt man ein klassisches Eigentor. Vermutlich angesichts der kritischen Berichterstattung über das von seinem Haus produzierte Bundeswehrfernsehen bwtv, hatte der Kommandeur der Informations- und Medienzentrale, Oberst Thomas Beier, die Nachrichtenagentur ddp zum Gespräch nach Sankt Augustin eingeladen. Der Versuch, den fatalen Eindruck der bisher erschienenen Artikel zu korrigeren, schlug indes fehl. Statt „Soldaten finden bwtv toll“ lauten die Schlagzeilen „Soldaten-TV vor dem Aus?“ oder „Bundeswehr-TV in der Bredoullie.“ Wie konnte das passieren?

Keine professionelle Medienarbeit der Medienzentrale

Die Vermutung liegt nahe, dass – trotz sicherlich vorhandenen guten Willens – die Akteure der Medienzentrale, allen voran ihr Kommandeur, für professionelle Medienarbeit und Kommunikationsmanagement genauso wenig ausgebildet sind, wie für die professionelle Fernsehproduktion. Dabei hätten sie sich nur Ihrer militärischen Ausbildung bedienen müssen. Eine saubere Analyse der „Feindlage“ und ein „Kampfkraftvergleich“ hätten ergeben, dass die negative Berichterstattung aller Wahrscheinlichkeit nach von der Spitze des Ministeriums initiiert wurde und die Medienzentrale damit von vornherein auf verlorenem Posten stand. Nun mag man den Mut von Oberst Beier bewundern, sich dennoch in die Schlacht zu wagen. Das Ergebnis ist aber, dass nun alle sehen können, wie verloren der Posten wirklich ist. Denn gutem journalistischen Handwerk folgend hat ddp auch beim Presse- und Informationsstab des Verteidigungsministeriums nachgefragt. Dort gab der Sprecher Medien und Koordinator für die Zentrale Truppeninformation, Fregattenkapitän Uwe Tautges, bereitwillig Auskunft über die Planungen zur Zukunft von bwtv. Ganz auf Linie seines obersten Dienstherren und nicht sehr positiv für die Medienzentrale, denn laut Tautges gäbe es Untersuchungen, ob und inwieweit private Anbieter die TV-Aufgaben für die Soldaten nicht ebenso gut oder besser und wirtschaftlicher übernehmen könnten.

Professionelles Fernsehen muss von Profis gemacht werden

In diese Untersuchungen fließen unter Umständen auch die Ergebnisse meiner Master Thesis an der Donau-Universität Krems ein (Ein Abstract findet sich hier). Neben allerlei eher akademischen Erwägungen ist aber bereits schon länger klar, dass es professionelles Personal braucht, um professionelles Fernsehen zu machen und zu managen. Beides fehlt der Bundeswehr. Der Hauptgrund dafür sind eklatante Ausbildungsmängel bzw. die völlige Entkopplung der Bundeswehrkommunikatoren von einer professionellen Kommunikationsausbildung (unter anderem nachzulesen im prmagazin). Angesichts dieser Defizite mutet es fast wie Hohn an, dass der Leiter des Presse- und Informationsstabes zu den Unterzeichnern einer Glückwunschanzeige zur Gründung der Prüfungs- und Zertifizierungskommission der deutschen Kommunikationswirtschaft (PZOK) zählt, in der es unter anderem heißt: „Mit der PZOK geht ein lange gehegter Traum zur Qualitätssicherung unserer Profession in Erfüllung.“ Es bleibt zu hoffen, dass sich diese Qualität auch bald bei der Ausbildung der Bundeswehr-Kommunikatoren wiederfindet. Denn das würde auch die Qualität der über die Medien ausgetragenen Machtkämpfe erhöhen. Wenn schon Intrige, dann bitte richtig und nicht so vordergründig wie bislang.

Wo bleiben die Interessen der Soldaten?

Die entscheidende Frage in diesem Machtspiel bleibt jedoch unbeantwortet: Wer setzt sich für die Bedürfnisse der Soldaten ein? Beier hat es mit seiner Intervention versucht. Allerdings sind die Zahlen, die er dabei präsentierte so schlecht, dass man sie ihm aus der Hand schlagen musste. Gefordert ist nun ein grundsätzlich neues Konzept, wie die Bundeswehr mit ihren (Bewegt-)Bildern umgehen will. Der richtige Weg dazu führt über das Internet als Infrastruktur und redaktionelle Formate, die auf den Bedarf der Soldaten zugeschnitten sind: mehr und aktuellere Nachrichten, Etablierung und Ausbau von bwtw als Medium der Truppenbetreuung sowie verstärkter Nutzung des Materials in der Öffentlichkeitsarbeit. Das kostet zwar etwas mehr Geld als bisher, ist aber angesichts der Anforderungen an einen öffentlichen Akteur wie die Bundeswehr der einzig richtige Weg. Die Alternative wäre, dass die Bundeswehr weiterhin zulässt, dass andere ihr Bild in der Öffentlichkeit prägen. Dieses Reputations- und Legitimationsrisiko ist nicht tragbar.

2 Gedanken zu „Die Medienzentrale schlägt zurück – und trifft sich selbst

  1. „Die Alternative wäre, dass die Bundeswehr weiterhin zulässt, dass andere ihr Bild in der Öffentlichkeit prägen. Dieses Reputations- und Legitimationsrisiko ist nicht tragbar.“

    Es ist für eine Institution eines demokratischen Rechtsstaats sogar eine Selbstverständlichkeit. Als solche ist die Bundeswehr der Wahrheit verpflichtet, nicht dem Imagebuilding. Auch wenns für solche „PR-Profis“ wie Dich dann suboptimal aussieht.

  2. Es gibt keine Verpflichtung zum Imagebuilding und auch keinen Gegensatz von Wahrheit und Image. Das Image der Bundeswehr ist als kollektive Vorstellung ein Resultat, u.a. der Kommunikationsarbeit der Bundeswehr (zu den Begriffen siehe u.a. hier http://www.complus-network.de/data/downloads/Glaubwuerdigkeit.pdf). Genau deshalb muss diese Kommunikationsarbeit professionell gemacht werden. Nur so kann die politische Führung der Bundeswehr die notwendigen Handlungsspielräume schaffen – und nicht mit kleinlichen Intrigen und Grabenkämpfen zwischen Ministerium und Dienststellen, die über die Medien inszeniert werden.

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