Zu viele Köche in der militärischen Social Media-Küche?

Achtung, ich werde Sie, liebe Leserinnen und Leser, jetzt desillusionieren. Bei all den größeren und kleineren Geschichten, die sich um das Militär ranken, ist die wohl größte Lüge oder Täuschung, die Annahme, dass es dort ordentlich zugehe. Ordentlich in dem Sinne, dass es streng organisiert sei, und dass man, um etwas zu bewirken, nur etwas befehlen müsse. Oder, dass dort straff geführt werde. Vergessen Sie es. Es ist mehr Bienenstock oder Ameisenhaufen, mit dem Unterschied, dass wir uns bei den Bienen und Ameisen noch einreden können, dass dort eine phantastische Koordinationsleistung erfolge.

Beim Militär ist das anders. Es ist permanter Versuch und Irrtum, gekleidet in Uniform, die bei vielen die Illusion auslöst, dort geschehe etwas geplant. Dem ist nicht so. Militär ist eine gewaltige Inszenierung. Näher an absurdem Theater als an abstrakter Kunst. Letztere ist nämlich streng logisch und zentral gesteuert – durch das Gehirn des Künstlers.

Warum ich das sage? Der ein oder andere mag mit dem Begriff „Gefecht der verbundenen Waffen“ noch etwas anfangen können. Mancher kann sich sogar unter „Joint Combined Operations“ etwas vorstellen können. Deren Quintessenz, ist auch für Zivilisten verständlich: Zusammen geht es besser. In der Kommunikationsbranche nennen sich die Äquivalente „Integrierte“ oder „Orchestrierte Kommunikation.“ Ganze Agenturen greifen das auf, um ihre Marke damit aufzuladen. Da gibt es „The Orchestra of Ideas“ oder die „Föderation der Ideen.“

Nun lösen sich ja bekanntlich in der Medienwelt derzeit die altbekannten Strukturen auf, wegen dieses Internets. Und, wie es scheint, führt das auch bei der Bundeswehr zu Zerfallserscheinungen. Wie ich darauf komme? Nun, es gibt einige Indizien, die ich hier mal in der gebotenen Zurückhaltung ansprechen möchte:

– So soll die Akademie für Information und Kommunikation der Bundeswehr bis zum Jahresende eine Konzeption für die Nutzung sozialer Netzwerke durch die Bundeswehr erarbeiten. (Randbemerkung: Das heißt also auch, dass bspw. der YouTube-Channel der Bundeswehr ohne Konzept betrieben wird? Das erklärte so einiges.) Dazu hat sich die AIK angeblich sogar durch einen Offizier aus der Truppe für Operative Information verstärkt.

– Im Einsatzführungskommando tut seit neuestem ein Social Media-Offizier Dienst.

– Die Personalwerber sollen, so der Abschiedsbrief des ehemaligen Verteidigungsminister zu Guttenberg, die sozialen Netzwerke ebenfalls nutzen, um jungen Menschen den Weg zur Bundeswehr zu ebnen.

– Die von der Bundeswehr beauftragte Media-Agentur soll ebenfalls eine Studie zu dem Thema erstellen bzw. erstellt haben, weiß davon aber nichts.

– In den Teilstreitkräften haben – teilweise schon seit Jahren – kluge Köpfe seitenweise Papier zu diesemThema schwarz gemacht, und auch im Ministerium dürften einige daran arbeiten.

– Fragen dazu, wie die Bundeswehr mit verschiedenen Gruppen auf Facebook umgeht, die sich einen halb-offiziellen Anstrich geben, beantwortet der Presse- und Informationsstab nicht, bzw. nicht direkt. Wenn ein Blogger sie stellt, bekommt er mit einiger Verspätung elektronische Post aus dem Streitkräfteamt vom InfoService Bürgeranfragen, der praktischer Weise im Haus der Informations- und Medienzentrale sitzt.

Mein Appell: Sprecht doch mal miteinander. Vielleicht sogar in einer geschlossenen Facebook-Gruppe. Es hilft. Wirklich! Und es tut auch gar nicht weh. Und vielleicht erbart sich ja auch mal jemand im Ministerium, den ganzen Köchen in der militärischen Social Media-Küche etwas Führung angedeihen zu lassen. Ich weiß, einige von ihnen sind wirklich gut, und es würde mich sehr freuen, wenn es bald einen Chefkoch gäbe, der sie nicht dauernd bei ihrer Arbeit behindern würde.

Derweil etablieren wir Zivilisten eine freiwillige Expertenkommission. Wir nennen Sie: AKSR – Arbeitsstab Kommunikations-Strukturreform.

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