Nachwuchswerbung: Online-Avertorial bei bild.de

Advertorials, das sind in der Regel die Werbemittel, die man einsetzen muss, wenn man eine Geschichte erzählen will, die niemanden interessiert. Zumindest nicht bei Medien, die ihre redaktionelle Arbeit ernst nehmen. (Dass dies nicht bei allen Medien der Fall ist, dokumentiert aktuell die taz , deren Redakteur gezielt nach den Möglichkeiten für Schleichwerbung recherchierte unf vielfach fündig wurde).

Es wundert also nicht, dass sich auch die Bundeswehr Advertorials bedient, denn die Kommunikationsverantwortlichen tun sich in der Regel schwer, interessante Geschichten zu erzählen. Mehr noch: Sie setzen in der Regel alles daran, zu verhindern, dass Soldatinnen und Soldaten ihre Geschichte erzählen, wie das beispielsweise im auch hier schon vielfach verlinkten Projekt „A Year at War“ der New York Times geschieht. Einer, der es dennoch regelmäßig und mit zunehmender Reichweite tut, ist Marco Seliger, Chefredakteur von loyal, dem Magazin des Reservistenverbandes. Als freier Autor arbeitet er unter anderem auch für die FAZ, die seinen Berichten aus Afghanistan mittlerweile die Reichweite verschafft, die den Texten und den darin portraitierten Soldaten angemessen ist.

Im Rahmen der auch hier kontrovers diskutierten Kampagne der Bundeswehr zur Nachwuchswerbung, ist nun ein Online-Advertorial bei bild.de gestartet. Und, um das Urteil vorweg zu nehmen: Es ist ganz ordentlich geworden – aber auch nicht mehr. Wie bei einem Advertorial üblich, simuliert es das redaktionelle Umfeld des Trägermediums. Leider – und das passiert häufig, wenn man sich die Werbefläche kauft – scheitern die verantwortlichen Texter daran, das journalistische Niveau der Bild-Redakteure zu erreichen. Bemüht und etwas leblos, behördlich also, stellen die Werber verschiedene Jobprofile vor.

Was auffällt: Geschossen, gekämpft oder gar getötet wird bei dieser Bundeswehr nicht. Stattdessen: „Die Tätigkeit des Scharfschützen gliedert sich auf in Annäherung an ein Objekt, das Beobachten und Aufklären mit dem Ziel der Schussabgabe.“

Positiv zu vermerken: Der Einsatz wird thematisiert. Negativ daran: Nicht die Einsatzrealität, sondern die damit verbundenen Verdienstmöglichkeiten. Die Risiken bleiben zwischen den Zeilen eines Zitates unausgesprochen: „Dieser Einsatz war die größte Herausforderung meines bisherigen Lebens. Man lernt die schönen Dinge im Leben schätzen und die Schlimmsten kennen.“  

Außerdem gibt es noch ein schmissiges Musikvideo, das aus Archivmaterial zusammengeschnitten wurde. Nicht schlecht, aber Dutzendware und keine wirklicheWerbung, zumal die Idee in der Eingangssequenz Schule – Schule Bundeswehr, Luftfrachtlogistik – militärische Logistik, Automechaniker – militärische Wartung/Instandsetzung, das Klischee, Soldatsein sei ein Job wie jeder andere, nur in Uniform, bedient.

Das für manche Interessent erfreulichste an diesem Filmchen: Es läuft im bild.de-Video-Channel und an der Spitze der aktuellen Empfehlungen steht derzeit ein Video mit Julia aus Wittenberg, die als Bild-Girl blank zieht und damit jungen Männern das zeigt, was sie vermutlich am meisten interessiert.

3 Gedanken zu „Nachwuchswerbung: Online-Avertorial bei bild.de

  1. Nun gut, es gibt Schlechteres, wie wir leider in letzter Zeit sehen konnten. Negativ faellt mir jedoch auf, wie offen und konsequent die Stichworte „Verdienst“ und „gutes Einkommen“ genannt werden.
    Mit Ehrendienst und der Aussage BM, Geld solle nicht ganz so im Vordergrund stehen, ist das wohl noch nicht kompatibel.

    Einige der Texte und Bilder sind bereits seit einiger Zeit im Intranet Bw eingestellt – im Uebrigen gab es vor Wochen dort einen Aufruf, eigene Taetigkeitsbeschreibungen an das Redaktionsteam einzusenden. Motivation: „Die besten Texte werden veroeffentlicht!“ (im Intranet Bw natuerlich).

    Ein Schelm, wer Boeses dabei denkt 😉 – naja, warum viel Geld fuer externen Sachverstand bezahlen, wenn die Soldatinnen und Soldaten den auch liefern koennen. So, genug gemeckert!

    P.S.: Die Werbe-Schalte auf BILD hab ich ohne Ihren Hinweis ueberhaupt nicht gesehen – gucke eher selten ganz oben rechts hin, dort wo die Grill WM 2011 und Caddy Roncalli ihren Platz haben. Jetzt gilts nur noch, dem Video ordentliche Klickzahlen zu verschaffen, dann liegt Wittenbergs Julia bald nur noch unter ferner liefen

  2. @Sönke: Muss ich noch erwähnen, dass bereits 1995 ein Kamerad seine Diplom-Arbeit zu diesem Thema geschrieben hat und dabei explizit die britischen und französischen Erfahrungen ausgewertet hat?

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