Ach, bwtv

So gut und richtig in der Theorie der Ansatz der vernetzten Sicherheit auch sein mag, die Art und Weise, wie das Bundeswehrfernsehen bwtv diesen derzeit zu erklären versucht, weckt erneut nachhaltige Zweifel an den konzeptionellen und handwerklichen Fähigkeiten der Macher. Die vier aktuell auf der Webseite der Bundeswehr eingestellten Beiträge zu den Themen Schützen, Helfen, Vermitteln, Kämpfen erreichen allenfalls das Niveau von Hobbyreportern, die ihre Beiträge auf dem offenen Kanal ausstrahlen dürfen. Die Diskrepanz zu professionellen journalistischen Beiträgen fällt vor allem – aber nicht nur – auf, weil die Bundeswehr richtiger Weise dazu übergegangen ist, Reportagen von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern auf ihrer Seite einzubinden. Zwar wurde der ZDF-Film „Die Afghanistan-Lüge“ inzwischen im Archiv versteckt, andere Beiträge sind aber weiterhin in der Rubrik Einsätze leicht zu finden.

Man muss sich fragen, ob die Soldaten und Zivilisten bei bwtv kein Fernsehen gucken und entsprechend vergleichbare Qualitätsansprüche an sich selbst stellen, oder ob sie sich bewusst von dem abgrenzen wollen, was sie dort sehen. Möglich ist auch, dass man ihnen befohlen hat, diese Beiträge zu erstellen und sie hatten keine Lust dazu. Das zu zeigen, wäre ihnen dann wiederum vortrefflich gelungen. Die Kommentare bei soldatenglueck.de zeigen, das auch das Publikum erkennt, dass das Mist ist.

Weitere Beiträge zu bwtv im Bendler-Blog:
Was man könnte, wenn man könnte
Totenglocke für bwtv
Die Medienzentrale schlägt zurück – und trifft sich selbst
Wenn man es nicht kann, kann man es doch einfach sein lassen
Immerhin, ein Anfang
Fernsehen zum Lesen

5 Gedanken zu „Ach, bwtv

  1. Man fragt sich warum an diesem offensichtlich nicht leistungsfähigen System festgehalten wird. Die Bundeswehr an sich (inkl. des Wehrbeauftragten) hat ja erkannt, dass es hier immensen Nachholbedarf gibt. Mittlerweile läuft das bwtv-Fernsehen fast 10 Jahre im Probebetrieb – Professionalität bis heute gleich null. Das Programm ist unattraktiv, auf aktuelle Entwicklungen wird spät bis gar nicht reagiert, wenn Beiträge hochwertig sind, dann in der Regel Produktionen von Profis (nämlich der öffentlichen und privaten Sender). Man muss daher fragen, warum viel Geld für diese „Nichtleistung“ ausgegeben wird.
    Die Beurteilung der Effektivität (..die richtigen Dinge machen) und der Effizienz (die Dinge richtig machen) obliegt dem Pressestab des Ministeriums in Berlin. Das hier nicht die geballte Kompetenz in Sachen Medien und Unternehmenskommunikation vorhanden ist, dafür gibt es viele Beispiele (z.B. war die Medienarbeit der Bw im Zuge des Bombenabwurfs in Kundus ein Desaster…). Das bw-eigene Fernsehen ist ohnehin nie bei wichtigen Ereignissen präsent (meist ist dann ja auch schon Dienstschluss in St. Augustin…).
    Fazit: Dinge, die Profis besser können, sollte man auch Profis machen lassen. Die Operationen in Afghanistan werden ja auch nicht vom Chefkameramann des ZDF geführt sondern richtigerweise von Soldaten…. wir brauchen keinen eigenen Sender – er hatte 10 Jahre Zeit – sie können es nicht!!

  2. Also Ihre unsachlichen Verbalattacken gegen bwtv, sowie die Behauptung das Programm sei unattraktiv, wirken auf mich sehr befremdlich. Warum diese „Schärfe“? Was steckt dahinter?
    Ich schau bwtv jedenfalls ganz gerne, weil dort die Truppe und ihre Mitarbeiter mal von einer ganz anderen Seite beleuchtet werden. Sicher, nicht über jedes Thema müsste man langatmig berichten, aber das Gefühl habe ich auch bei anderen Sendern gelegentlich. Und auch die vielen englischen Namen & Abkürzungen müssen nicht sein. Aber das ist sicher Geschmacksache. Auch braucht es nicht rund um die Uhr Nachrichten – dafür gibts NTV u. andere Anbieter. Mir gefällt die Idee, das Programm mit guten öffentlich-rechtlichen Reportagen und Unterhaltung rund ums Thema Sicherheit & Militär zu erweitern, jedenfalls ganz gut. Dann bleiben bestimmt auch die Kosten im Rahmen und man hat ein akzeptables Gesamtpaket für die Truppe

  3. Hallo S Kühne,

    bevor ich auf Ihre Fragen eingehe, erlaube ich mir ebenfalls ein paar Fragen zu stellen, und hoffe, Sie beantworten Sie mir:

    1. Inwiefern ist meine Kritik unsachlich? Ich beziehe mich auch mit dem obigen Kommentar konkret auf vier auf der Webseite der Bundeswehr publizierte Beiträge. Diese sind redaktionell und handwerklich unzureichend und wären bei einem professionellen Sender nicht durch die Abnahme gekommen.

    2. An welcher Stelle habe ich geschrieben, dass mir die Programmerweiterung nicht gefällt? Im Gegenteil: Genau das halte ich für richtig, und es wäre auch widersprüchlich, wenn ich es ablehnen würde, denn schließlich schlage ich das mindestens fünf Jahren immer wieder vor.

    3. Welche Kosten glauben Sie, fallen denn für bwtv an? Ihre Kalkulation würde mich ernsthaft interessieren. Auf dieser Basis können wir dann auch gerne darüber diskutieren, was in diesem Rahmen möglich wäre. Seien Sie sicher, das Gesamtpaket, dass sich aus einem intelligenten Mix zwischen interner und externer Redaktion gestalten ließe, wäre weitaus mehr als akzeptabel (vgl. Y-Magazin).

    Damit wären wir bei Ihren Fragen.

    Warum diese Schärfe?
    Weil viele Beiträge wirklich schlecht sind. Die verantwortlichen Redakteure dürfen sich mit ihren Beiträgen gerne mal der Kritik einer Redaktion eines privaten bzw. öffentlich-rechtlichen Senders stellen (und ich meine nicht Trash-TV). Deren Kritik fiele im Zweifelsfall deutlich herber aus.

    Was steckt dahinter?
    Meine Überzeugung, dass es in einer Mediengesellschaft, in der die Soldatinnen und Soldaten quasi ständig unter Beobachtung stehen, wichtig ist, professionelle „Gegenbilder“ zu schaffen. Weil es eine zentrale Aufgabe der internen Kommunikation ist, die Leistungen der Bundeswehr-Angehörigen anzuerkennen – und zwar unabhängig von den Aufregungszyklen der öffentlichen Medien.

  4. Hallo Herr stoltenow,

    zu Pkt. 1) Unsachlich

    Sie schreiben: „…Professionalität bis heute gleich null. Das Programm ist unattraktiv, auf aktuelle Entwicklungen wird spät bis gar nicht reagiert, wenn Beiträge hochwertig sind, dann in der Regel Produktionen von Profis (nämlich der öffentlichen und privaten Sender). Man muss daher fragen, warum viel Geld für diese “Nichtleistung” ausgegeben wird…“

    Ich habe diesen Eindruck nicht. Offensichtlich reine Geschmacksache. Zum Thema Aktualität habe ich Ihnen meinen Meínung bereits geschrieben.
    Eine „Nichtleistung“ kann ich nicht erkennen, tut mir leid.

    Zum Thema Kosten (Pkt 3)

    Ein 24-Stunden Vollprogramm (davon geisterte etwas im bw-Intranet herum, glaube ich) schwebt einigen im Ministerium vor.
    Also: Die Deutsche Welle hat einen Jahresetat von ca. 269 Millionen Euro. Zugegeben einen Gesamtetat. Der WDR hat ein Budget von 1,3 Milliarden Euro. Nur der Bereich Fernsehen (also 24 Stunden Vollprogramm!), wird vom WDR aktuell mit 432,1 Millionen Euro angesetzt – Quelle WDR-Homepage. Nennen Sie mir jetzt mal den Jahresetat von bwtv, dann können wir in etwa abschätzen, was hier geleistet wird.

    MfG
    S Kühne

  5. Hallo S Kühne,
    ich führe wirklich gerne eine professionelle Diskussion. Dazu gehört aber auch, präzise zu argumentieren. Die von Ihnen zitierte Passage steht im Kommentar zum Artikel und stammt von einem Nutzer, der sich das Pseudonym „notheycannot“ gegeben hat. Dieser fällt das Pauschalurteil „Nichtleistung“ – nicht ich. Ich beziehe mich in meinen Beiträgen konkret auf Beiträge, die sich jeder im Internet anschauen kann und freue mich sehr, wenn ich mal einen Beitrag loben kann. Beispielsweise diesen hier über die Ausbildung zum Panzerfeldwebel: http://www.deutschesheer.de/portal/a/ha/aktuel/nachrichten/jahr2010/april2010?yw_contentURL=/C1256F870054206E/W284ZBV7587INFODE/content.jsp

    Den Qualitätsmaßstab habe ich im Übrigen nicht selbst definiert (obwohl ich ihn natürlich teile). „Das Programm wird in state-of-the-art Fernsehqualität produziert und entspricht somit in Qualität und Anmutung öffentlich rechtlichen Sendeanstalten“, heißt es in den Unterlagen zum Interessensbekundungsverfahren der gebb.

    Noch viel genauer müssen wir sein, wenn es um Zahlen geht. Ein 24-Stundenvollprogramm heißt nicht, 24 Stunden Sendematerial selbst zu produzieren. Es bringt nichts, wenn wir hier spekulative Zahlen nennen. Ihre an mich gerichtete Frage, Ihnen den Etat von bwtv zu nennen, kann ich aus zwei Gründen nicht beantworten: a) Vertraulichkeit b) die Medienzentrale kann es selbst nicht (auch das genauer auszuführen, verstieße gegen die Vertraulichkeit). Insofern bleibt mir derzeit nichts anderes, als Ihnen zu versichern, dass ich mich nun schon seit Jahren mit dem Thema befasse und es definitv möglich ist, im Rahmen des durchschnittlichen Budgets der vergangenen Jahre ein attraktives 24 Stunden-Programm (inkl. Wiederholungen und Programmübernahmen/Lizenzierungen) und einen intelligenten, leistungsfähigen Mix aus internen und externen Ressourcen umzusetzen.

    Abschließend noch eine kleine Polemik angesichts der von Ihnen genannten Zahlen: Der Jahresetat von Phoenix liegt bei 34 Millionen. Der des Parlamentsfernsehens bei 5. Professionell sind beide – und im Übrigen auch bereit Programminhalte zur Verfügung zu stellen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.